Baldur der Ketzer
01.07.2001, 18:21 |
Das Wort zum Sonntag - vom Verfall der Kultur Thread gesperrt |
Liebe Brüder und Schwestern, Schöngeister, Kulturbanausen, Schmierer und Schönschreiber,
das Land der Dichter und Denker hat nichts mehr übrig für Kultur, wie uns Bruder BossCube schreibt.
Was sind die Hintergründe?
Wenn wir in die GeCHichte, das Lieblingsthema unseres fett-und saumagensüchtigen Ex-Kanzlers, zurückgehen, so sehen wir Monumente kultureller Darstellung, seien es Siegestempel wie das Völkerschlachtdenkmal in Leipzig oder die Befreiungshalle in Kelheim.
Wir finden auch Monumente der Leistung, wie die Walhalla in Regensburg, oder das deutsche Museum in München.
Kultur war synonym mit"dem Wahren, Schönen, Guten".
Kultur ist an excellente Schriftsteller, Denker, Erfinder, Vordenker und Leitfiguren gekoppelt, und manches an kulturellem Wert entstand parallel zu großen technischen und wirtschaftlichen Fortschritten, wurde davon inspiriert, ins Leben gerufen, finanziert, und verwirklicht.
Schauen wir uns heute um in unserer Lebensecke, so finden wir wirre Graffittis, zeichen von Vandalismus und Unvernunft, also das Gegenteil des schöngeistigen Aufbaus. zerstörung, Zerfall und Siechtum kommen uns als Begriffe in den Sinn.
Statt harmonischen Formen begegnen wir schroffen Ecken und Kanten, statt ansprechender Empfindung überkommt uns Schauder und Entsetzen.
Dies scheint ja denn auch Programm zu sein, denn statt nach positiven Ereignissen und Leistungen zu suchen, entstehen nur noch Schandmale als Zeichen ewiger Scham und Befremdnis, für Dinge und Taten, die nicht ein einziger der heutigen und der vorhergehenden Generation zu verantworten hat.
Der Stachel im kollektiven Fleisch des Volkskörpers, hier scheint er entgegen aller anderen Ansichten existent, weil hilftreich zu sein, dieser Stachel ist wie ein Radiergummi des Positiven, wie ein Gift im edlen Wasser des Positiven.
Von morgens bis abends sind wir von mahnenden Zeigefingern umgeben, wir bekommen tagtäglich die ewige Schuld und Scham über den Kopf gegossen, und bereits in der Schule beginnt der Terror des Problembewußtseins, nachdem themenverfehlt und mit 6 zu benoten ist, was keine Probleme sieht, sondern Lösungen, Problemfreies, Normales, oder das schlicht alltägliche Leben.
Nein, das ist etwas, das nicht sein darf, weil es nicht sein soll.
Ohne überladene Problemaspekte wächst unsere Jugend nicht auf, soll es nicht, und bevor die Schönheit einer Orchideenblüte Thema eines schulischen Aufsatzes sein kann, ist es die immerwährende, progressive Übersteigerung von Demut, Scham, aufoktroyierter Schuld und Unverständnis, was unsere Kinder auf dem Weg in den Berufsalltag zu prägen hat.
Unter diesem Knüppel von Vorwurf und Repression kann freilich kein freier, produktiver Geist gedeihn, und alle Erinnerung an bessere, wenig schuldbeladene Zeit ist zu tilgen.
Wen wundert es da noch, wenn Monumente der goldenen Zwanziger zu verschwinden haben, seien es Volksbäder oder Fabrikhallen, es soll schlicht keine Erinnerung mehr geben an normale Zeiten, in denen Deutsche nur Menschen waren wie andere auch.
Sollte es gelingen, die restlichen Erinnerungen an Zeiträume vor dem Jahr 1933 zu tilgen, so wäre das Ziel erreicht, einen selektiv-kritischen homo germanicus erschaffen zu haben.
Eingedenk der Schande, blind für das Andre.
Laßt mich hier abbrechen, das Thema ist brisant,
wie es drum bestellt ist, zeigt unser Land.
Das Land der Dichter und Denker,
es wurde zur Heimstatt der Henker,
warum und wieso, ist keine Frage,
wir müssen es glauben, heut und alle Tage.
Die Gesinnung der Obrigkeitsmacht,
sie raubt uns auch heut noch den Schlaf bei Nacht,
ist sie ein deutsches Phänomen,
will sie keine Fakten sehn?
Wir müssen sein, was wir sein sollen,
ertrag es bereit, ohne Murren und Grollen,
heut gibt es zweierlei Maß auf der Welt-
und kämpfst Du dagegen, bist Du kein Held.
In diesem Sinne beende ich mein unbefriedigendes Wort zum Sonntag und mache mir Gedanken, wo eine unnatürliche Entwicklung wohl ihr Ende finden könnte, ob überhaupt, wenn ja, wie und durch wen, und, ob sie einer von uns noch erleben wird.
Beste Grüße von Euren Baldur, dem Ketzer im Exil
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JüKü
01.07.2001, 18:34
@ Baldur der Ketzer
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Re: Das Wort zum Sonntag - vom Verfall der Kultur |
>In diesem Sinne beende ich mein unbefriedigendes Wort zum Sonntag und mache mir Gedanken, wo eine unnatürliche Entwicklung wohl ihr Ende finden könnte, ob überhaupt, wenn ja, wie und durch wen, und, ob sie einer von uns noch erleben wird.
>Beste Grüße von Euren Baldur, dem Ketzer im Exil
Unbefriedigend, meinst du?
Es gibt immer Zeiten und Phasen von mehr oder weniger schöpferischer Kreativität. Vielleicht wirkt zurzeit auf uns etwas, müsste André oder Amanito uns mal sagen, oder ManfredF.
Ich sitze jedenfalls seit Längeren am Wochenupdate und ich finde es bisher auch nicht befriedigend. Seltsam. Obwohl ich dein Wort zum Sonntag immer sehnsüchtig erwarte, und ich hoffe, das bleibt noch lange so.
Danke für das heutige!
P.S.: Hatte ich schon gesagt, dass das Päckchen angekommen ist? Habe den Inhalt aber noch nicht gesehen, vielleicht heute Abend.
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Baldur der Ketzer
01.07.2001, 18:38
@ JüKü
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Re: unbefriedigende Ergebnisse - was wirkt? |
HAllo, JüKü,
schau mal rein unter dem u.a. Link.
Ich finde, der Mann liegt gut mit seinen prognosen.
Erst war Merkur rückläufig, und auch jetzt noch ist irgendetwas im Quadrat.
Vielleicht liegts daran.
Ich wußte nicht, was ich schrieben sollte, Jan´s Beobachtung gab einen guten Aufhänger, aber, frei nach Karl Valentin, trauen hab ich mich nicht lassen mögen, mehr daraus zu machen.
Beste GRüße vom Baldur
P.S.: prima, daß die Post gespurt hat, ist alles ganz 08-15, willkürlich aus dem Fundus gepickt. Ich hoffe, wenigstens echt.
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Baldur der Ketzer
01.07.2001, 18:39
@ Baldur der Ketzer
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Re: hier der Link (owT) |
<ul> ~ hier, Bauers Astrowoche online</ul>
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Josef
01.07.2001, 20:48
@ Baldur der Ketzer
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Re: Das Wort zum Sonntag - vom Verfall der Kultur: STIMMT SO NICHT! |
Hallo Baldur, du Kulturpessimist. Warum blickst du meistens auf die negativen
Aspekte im Lande? Sieh' doch auch mal die positiven Seiten.(Aldibroker konnte
das hervorragend, aber er wurde hier herausgeekelt)
Die meisten deiner Beitraege habe ich gelesen. Als selbstaendiger mittelstaendi-
scher Unternehmer scheinst du mit unserem Staat schlimmes erlebt zu haben.
Die Mehrheit der Bevoelkerung sind aber keine Unternehmer und auch die Mehrheit
der Intelligenzia sind keine Unternehmer und kennen deine Probleme kaum.
Traeger einer Kultur sind immer nur wenige in einem Volk, noch weniger davon
sind aktive Traeger d.h. wenige sind kreativ und ausuebend. Dazu zaehle ich zum
Beispiel Musiker, Maler, Bildhauer, Schriftsteller, die meisten Professoren und
Forscher, viele Aerzte, Pfarrer beider Konfessionen usw. Hinzu kommen zahlreiche
Bildungs- und Sozialeinrichtungen im ganzen Land wie z.B. Diakonisches Werk,
Caritas, Arbeiterwohlfahrt, Volkshochschulen in jeder Kleinstadt usw.
In den meisten dieser Eirichtungen arbeiten zahllose unterbezahlte oder oft auch
freiwillige unbezahlte Kraefte aus Idealismus. Dann gibt es noch die Krankenhaeuser
und Rehabilitationseinrichtungen, wo man dich nach schwerer Krankheit wieder
hochbringt. Das ganze Deutschland ist flaechendeckend ueberzogen mit solchen
Institutionen. Das alles zaehle ich zu Kultur. Zu solchem Kulturpessimismus, wie
du ihn hier aufzaehlst, besteht kein Anlass.
Freundliche Gruesse Josef
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Fontvieille
01.07.2001, 22:05
@ Baldur der Ketzer
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Re: von der Wahrheit in der Kultur |
Hallo Baldur,
da hast Du doch noch vor wenigen Wochen ein kritisches Wort über die Sicherheiten unseres Seins geschrieben - und nun beschwerst Du Dich, daß andere (z.B. Künstler) ebendiese Unsicherheit in anderer Form darstellen. Immer schon haben Künstler versucht, Wahrheiten über unser Leben auf dieser Welt darzustellen, und wenn diese Wahrheiten nicht nur schön und angenehm sind, was können sie denn dafür? Sollen sie lügen und uns eine schöngefärbte Märchenwelt darstellen (ewiges Wachstum und Prosperität ohne Arbeit, zum Beispiel?) Alle Diktatoren dieser Welt haben immer nur das Schöne und Angenehme darstellen lassen und alle Künstler verfolgt, die kritisch die Häßliche Realität aufzeigten ("Entartete Kunst"). Denn Diktatoren mussten"Heilslehren" vertreten (und den schönen Schein blutig erzwingen), die niemals funktionieren konnten, können und können werden (siehe auch posting von dottore dazu von heute). Und da müssen sie die Stimmen, die auf die häßlichen Wahrheiten dieser Welt hinweisen, mundtot machen.
Das kannst Du nicht wollen, und ich glaube, das willst Du auch nicht. Und deshalb ist das, was Dich pessimistisch und traurig werden läßt, eigentlich das Gegenteil davon: es zeigt, daß noch andere hinter die Kulisse schauen, einen Scheißhaufen auch einen Scheißhaufen sich nennen trauen (erst dann kann man auch eine Rose eine Rose nennen, und es ist echt). Und das finde ich positiv, Kulturoptimistisch.
Gruß, F.
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Baldur der Ketzer
01.07.2001, 23:24
@ Fontvieille
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Re: von der Wahrheit in der Kultur - ;-))))))) danke! mfG oT |
>Hallo Baldur,
>da hast Du doch noch vor wenigen Wochen ein kritisches Wort über die Sicherheiten unseres Seins geschrieben - und nun beschwerst Du Dich, daß andere (z.B. Künstler) ebendiese Unsicherheit in anderer Form darstellen. Immer schon haben Künstler versucht, Wahrheiten über unser Leben auf dieser Welt darzustellen, und wenn diese Wahrheiten nicht nur schön und angenehm sind, was können sie denn dafür? Sollen sie lügen und uns eine schöngefärbte Märchenwelt darstellen (ewiges Wachstum und Prosperität ohne Arbeit, zum Beispiel?) Alle Diktatoren dieser Welt haben immer nur das Schöne und Angenehme darstellen lassen und alle Künstler verfolgt, die kritisch die Häßliche Realität aufzeigten ("Entartete Kunst"). Denn Diktatoren mussten"Heilslehren" vertreten (und den schönen Schein blutig erzwingen), die niemals funktionieren konnten, können und können werden (siehe auch posting von dottore dazu von heute). Und da müssen sie die Stimmen, die auf die häßlichen Wahrheiten dieser Welt hinweisen, mundtot machen.
>Das kannst Du nicht wollen, und ich glaube, das willst Du auch nicht. Und deshalb ist das, was Dich pessimistisch und traurig werden läßt, eigentlich das Gegenteil davon: es zeigt, daß noch andere hinter die Kulisse schauen, einen Scheißhaufen auch einen Scheißhaufen sich nennen trauen (erst dann kann man auch eine Rose eine Rose nennen, und es ist echt). Und das finde ich positiv, Kulturoptimistisch.
>Gruß, F.
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