Ghandi
14.07.2001, 18:44 |
Tauschmittel oder Geld? - @Geld-Matadoren - @Herr Deutsch Thread gesperrt |
Hallo,
erst mal großes Lob für die facettenreichen Beiträge.
Sehr ermutigend fand ich dottores und Reinhard´s
konstruktive Ansätze zur möglichen Gestalt eines
zukünftigen Geldes (Finanz-Systems).
Wie wäre jetzt noch, zur Klärung der Frage,
ab wann man historisch von Tauschmittel bzw.
von Geld sprechen sollte, eine Prise"gesunder
Menschenverstand"?
Da meine Denke diesbezüglich durch die Lektüre
in diesem Forum schon ähnlich"verdorben" ist,
wie die eure ;-), nehme ich hilfsweise den
fiktiven Blick meiner Oma als Maßstab.
Die Frage an Oma lautet also: Ist DIESES Geld?
1. Ich zeige ihr einen zehn Kilo-Barren Silber.
- Oma, grinsend: Da würde mein Bäcker aber blöd gucken.
Urteil: Nein
2. Ich zeige ihr ein schönes rundes Goldstück mit dem
glänzenden Bildnis von Verona Feldbusch drauf.
- Oma, schelmisch grinsend: Hast Du das selbst gemacht?
Urteil: Nein
3. Ich zeig ihr so was kleines dubioses Rundes, bestehend aus
zwielichtiger Metall-Legierung mit einem Adler-Symbol drauf.
- Oma spontan: Das ist ein Zwei-Mark-Stück, Bub, das seh
ich auch ohne Brille!
Urteil: Ja
Okay.
Was können wir also für uns als Minimalanforderung festhalten?
2 Dinge:
1. Der Wiedererkennungswert = allgemeine Akzeptanz
2. Herausgeber des Geldes kann nur eine allg. anerkannte
Autorität sein, weswegen meine Verona-Feldbusch-Münze
gnadenlos durchfällt.
Wäre das ein Ansatz?
Schönes Wochenende
G.
PS.
>Herr Deutsch schrieb:
>ich weiß, dass ich Ihnen noch eine Antwort schuldig bin. Ich habe versucht sie >mit in meinen Beitrag von heute morgen (Wieselgeld) einzupacken. Wenn Sie >glauben, dass noch etwas offen ist, gerne mehr.
Diese"Schuld" lastet hoffentlich nicht allzu schwer auf Ihnen.
Den Kredit darauf gewähre ich Ihnen jedenfalls zinslos und komme
gerne noch auf Ihr Angebot zurück. ;-)
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Galiani
14.07.2001, 23:14
@ Ghandi
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Re: Tauschmittel oder Geld? |
Hallo Ghandi
Ein interessanter Einwurf. Aber wenn Du schreibst:
>Was können wir also für uns als Minimalanforderung festhalten?
>2 Dinge:
>1. Der Wiedererkennungswert = allgemeine Akzeptanz
>2. Herausgeber des Geldes kann nur eine allg. anerkannte
>Autorität sein, weswegen meine Verona-Feldbusch-Münze
>gnadenlos durchfällt.
>Wäre das ein Ansatz?
so lasse ich allenfalls die erste Voraussetzung (mit Einschränkungen) gelten. Die zweite nicht unbedingt. Das ist nur in unserem (obrigkeitshörigen) Kultur- und Zivilisationskreis so, aber nicht denknotwendig! Heinrich Harrer berichtete in einem seiner Bücher und bestätigte mir das im persönlichen Gespräch, daß er bei einer seiner Expeditionen in Papua-Neuguinea noch in den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts Lebensmittel gegen Kauri-Muscheln - nota bene: kein Emittent! - eingetauscht habe und daß dies ein ganz selbstverständlicher alltäglicher Vorgang gewesen sei. Die Chinesen verwendeten bis Anfang des letzten Jahrhunderts, als die Kolonialherren sie zwangen, den Yuan (wörtlich"kreisrundes Stück") einzuführen, ungeprägtes Silber als Geld, das sie sich zuwogen; - also auch kein Emittent! Kindleberger berichtet, daß im Mailand des 18. Jahrhunderts 50 verschiedene (ausländische) Geldsorten in Geltung waren, wo also der Emittent ebenfalls unbekannt oder zumindest bisweilen räumlich sehr weit weg war. Desgleichen in Rußland, wo man überhaupt erst unter Peter dem Großen damit anfing, eigenes (Groß-)Geld zu emittieren. Und laut Helferich waren sogar in Deutschland bis zur Geldreform nach 1870/71 an die 100 Münzsorten parallel in Geltung, von denen niemand wirklich wußte, wer sie eigentlich geprägt hatte. Neulich hat jemand im Forum sehr richtig bemerkt, daß die Leute - in guten Zeiten, wenn sie sich sicher wähnen, letztendlich reale Befriedigung erhalten zu können, - stets nahezu alles als Zahlungsmittel akzeptiert haben, was man ihnen vorsetzte, wenn es nur praktischer war, als Goldmünzen mit sich herumschleppen zu müssen. Insofern ist, wie eingangs angedeutet, noch nicht einmal die oben angeführte erste Voraussetzung wirklich zwingend. Denn die allgemeine Akzeptanz ist - zumindest, wie gesagt, in guten Zeiten - bald einmal gegeben.
Grüße
G.
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Ghandi
15.07.2001, 11:04
@ Galiani
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Re: Geld ist (auch) Tauschmittel - aber wann ist das Tauschmittel Geld? |
Sapperlot Galiani,
wollte heute doch eigentlich nur mal kurz die E-Mails abrufen ;-)
In den interessanten Beiträgen unten geht´s um die
historische ENTWICKLUNG (ganz wichtig) vom Tauschen
zum Geld. Und die ´Jungs´ beharken sich u.a., weil
immer noch keiner genau defininiert hat, was Geld ist.
Wenn wir also ein Objekt vor uns haben, das im Wandel
begriffen ist (von der Muschel über Silber und Gold
zum virtuellen Geld von heute) dann ist es eine reine
Definitionsfrage, ab welchem Stadium Du den Tausch-
vorgang der da stattfindet als ein BEZAHLEN MIT GELD
bezeichnest.
Und was liegt da näher als die HEUTIGE VORSTELLUNG von
Geld als DIE Schablone zur Beurteilung des jeweiligen
geschichtlichen Tauschvorgangs heran zu ziehen?
Sonntägliche Grüsse
G
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Galiani
15.07.2001, 11:54
@ Ghandi
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Da hast Du natürlich recht! Grüße G. (owT) |
>Sapperlot Galiani,
>wollte heute doch eigentlich nur mal kurz die E-Mails abrufen ;-)
>In den interessanten Beiträgen unten geht´s um die
>historische ENTWICKLUNG (ganz wichtig) vom Tauschen
>zum Geld. Und die ´Jungs´ beharken sich u.a., weil
>immer noch keiner genau defininiert hat, was Geld ist.
>Wenn wir also ein Objekt vor uns haben, das im Wandel
>begriffen ist (von der Muschel über Silber und Gold
>zum virtuellen Geld von heute) dann ist es eine reine
>Definitionsfrage, ab welchem Stadium Du den Tausch-
>vorgang der da stattfindet als ein BEZAHLEN MIT GELD
>bezeichnest.
>Und was liegt da näher als die HEUTIGE VORSTELLUNG von
>Geld als DIE Schablone zur Beurteilung des jeweiligen
>geschichtlichen Tauschvorgangs heran zu ziehen?
>
>Sonntägliche Grüsse
>G
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