R.Deutsch
14.08.2001, 09:50 |
Nur mal zur Klärung - dottore Thread gesperrt |
Lieber Dottore,
waren die Gold und Silbermünzen, mit denen früher gekauft und bezahlt wurde, nun Geld oder nicht?
Wenn ich es jetzt richtig sehe, willst Du nach wie vor sagen, das war kein Geld, es gab nie Warengeld, und Gold und Silber waren nie Geld. Bin etwas ratlos, nach Deiner Antwort an Cujo, aber so sehe ich es und wäre für eine klare Antwort dankbar.
Gruß
Reinhard
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Ecki1
14.08.2001, 10:10
@ R.Deutsch
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Re: Erklärungsversuch |
>Lieber Dottore,
>waren die Gold und Silbermünzen, mit denen früher gekauft und bezahlt wurde, nun Geld oder nicht?
Hallo Reinhard
Die Gold- und Silbermünzen, mit denen früher gekauft und bezahlt wurde, waren derivative Instrumente mit Zahlungsmittelcharakter. Die aufgeprägte Zahl mit Recheneinheit bezeichnete dabei den Geldwert. Gleichzeitig enthielten sie eine Putoption auf den am Markt realisierbaren Gelderlös ihres Edelmetallgehalts, ausgedrückt in der Recheneinheit der jeweils gültigen Währung. Auch die heutigen Banknoten und Scheidemünzen enthalten im Prinzip dieses derivative Element der Materialverwertung, jedoch sind deren erzielbare Materialpreise vernachlässigbar gering! Was hältst du von dieser Erklärung?
Gruss: Ecki
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R.Deutsch
14.08.2001, 10:31
@ Ecki1
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Re: Erklärungsversuch |
>Lieber Dottore,
>waren die Gold und Silbermünzen, mit denen früher gekauft und bezahlt wurde, nun Geld oder nicht?
Hallo Reinhard
Die Gold- und Silbermünzen, mit denen früher gekauft und bezahlt wurde, waren derivative Instrumente mit
Zahlungsmittelcharakter. Die aufgeprägte Zahl mit Recheneinheit bezeichnete dabei den Geldwert. Gleichzeitig enthielten
sie eine Putoption auf den am Markt realisierbaren Gelderlös ihres Edelmetallgehalts, ausgedrückt in der Recheneinheit
der jeweils gültigen Währung. Auch die heutigen Banknoten und Scheidemünzen enthalten im Prinzip dieses derivative
Element der Materialverwertung, jedoch sind deren erzielbare Materialpreise vernachlässigbar gering! Was hältst du von
dieser Erklärung?
Gruss: Ecki
[b]ja, ich glaube das will dottore sagen, aber ich finde die Erklärung, dass dabei eine genormte Edelmetallmenge gegen eine Leistung getauscht wurde einfacher, klarer und plausibler und verstehe nicht, warum diese Erklärung als falsch ausgeschlossen werden muss.
Gruß
Reinhard
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Ecki1
14.08.2001, 10:57
@ R.Deutsch
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Re: Erklärungsversuch |
Salü Reinhard
Du schreibst:
ja, ich glaube das will dottore sagen, aber ich finde die Erklärung, dass dabei eine genormte Edelmetallmenge gegen eine Leistung getauscht wurde einfacher, klarer und plausibler und verstehe nicht, warum diese Erklärung als falsch ausgeschlossen werden muss.
Sicherlich ist es möglich, vereinfachend von Tauschvorgängen zu sprechen, was den alltäglichen Umgang mit den Münzen, wie wir wissen, nicht beeinträchtigte. Dies verschleiert jedoch die altbekannten zwei Punkte:
1. Die Edelmetallgewinnung musste mit Leistungsversprechen (Schuld) vorfinanziert werden mit Verwertungsmöglichkeit des Minenareals. Der Auftraggeber hatte somit eine Forderung gegenüber dem Edelmetallförderunternehmen, vielleicht sogar ursprünglich ausgedrückt in der Recheneinheit"Gewicht Edelmetall".
2. Die Münz-Tauschtheorie kann nicht erklären, weswegen trotz der immer wiederkehrenden Münzverschlechterungen die aufgeprägte Einheit auf den Münzen gleich blieb. So bezeichnete also etwa die Prägung der ersten Münzauflage das Gewicht und den Feinheitsgrad der Münzen. Nach der Münzverschlechterung ging diese Einheit verloren, und man hatte das o.a. derivative Instrument, bestehend aus Geldwert und Münzmaterial-Putoption.
3. Auch kann die Münz-Tauschtheorie nicht erklären, warum es immer wieder zu Münzverschlechterungen kam. Hatte etwa ein schlauer Kopf von Münzherr die Putoption ausgeübt?
Gruss: Ecki
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R.Deutsch
14.08.2001, 12:42
@ Ecki1
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Re: Kleine Umfrage |
Es würde mich jetzt doch mal interessieren, wer hier im Forum der folgenden Erklärung von Gold- und Silbermünzen zustimmt:
Die Gold- und Silbermünzen, mit denen früher gekauft und bezahlt wurde, waren derivative Instrumente mit
Zahlungsmittelcharakter. Die aufgeprägte Zahl mit Recheneinheit bezeichnete dabei den Geldwert. Gleichzeitig enthielten
sie eine Putoption auf den am Markt realisierbaren Gelderlös ihres Edelmetallgehalts, ausgedrückt in der Recheneinheit der jeweils gültigen Währung.
und wer der Meinung ist:
mit Gold- und Silbermünzen wurde eine bestimmte Menge Edelmetall gegen eine Leistung getauscht.
Stehe ich denn tatsächlich mit dieser Meinung allein auf weiter Flur?
Gruß
R
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Ecki1
14.08.2001, 13:54
@ R.Deutsch
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Re: Kleine Umfrage |
Hallo Reinhard
Gute Idee! Umfragen sind immer wieder spannend und unterhaltsam! Damit wir aber auch aus dem Umfrageergebnis lernen können, möge doch bitte jeder Teilnehmer der Umfrage angeben, welche Grundannahmen sein Abstimmungsverhalten bestimmt haben.
Gruss: Ecki
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Diogenes
14.08.2001, 14:33
@ Ecki1
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Re: Erklärungsversuch |
Hallo Ecki,
>1. Die Edelmetallgewinnung musste mit Leistungsversprechen (Schuld) vorfinanziert werden mit Verwertungsmöglichkeit des Minenareals. Der Auftraggeber hatte somit eine Forderung gegenüber dem Edelmetallförderunternehmen, vielleicht sogar ursprünglich ausgedrückt in der Recheneinheit"Gewicht Edelmetall".
A:
Genau das ist die Schwachstelle im Debitismus, man kann mit Kredit die Wirtschaft nicht booten.
1) Es wurden noch keine Kredite vergeben, folgt
2) Es kann noch nichts produziert worden sein, folgt
3) Es können keine Kredite vergeben werden, folgt
4) Es kann nichts produziert werden.
So kann es nicht laufen, es ist notwendig, daß schon vor der Kreditwirtschaft gewirtschaftet worden sein muß. Aber wie?? Tausch?
B:
Gold kann mit Hilfe von Kredit produziert werden, trotzdem existiert Gold immer netto, nur die Schuldkontrakte entstehen und verschwinden.
Der Forderung in der Bilanz des Gläubigers steht nicht das Vermögen in der Bilanz des Schuldners (z.B. Goldreserven), sondern eine Verbindichkeit gegenüber.
Das Vermögen hat nur den Charakter einer Sicherheit, auf die der Gläubiger in Falle der zahlungsunfähigkeit zurückgreifen kann (deswegen schauen die Banken aufs Eigenkapital = Vermögen - Verbindlichkeiten ="Sicherheitspolster" für den Gläubiger).
C:
Kreditbeziehungen lösen das Tauschproblem nicht, sie verschieben es nur von der Tauschebene auf die Kreditebene. Was ist Recheneinheit und Schuldentilgungsmittel?
Sind die Schuldverschreibungen selber die Recheneinheit/Schuldentilgungsmittel, dann haben wir ein Pyramidenspiel, ähnlich dem, das wir momentan bewundern dürfen.
D:
Wo bleibt mein John Law, dottore? ;-)
>2. Die Münz-Tauschtheorie kann nicht erklären, weswegen trotz der immer wiederkehrenden Münzverschlechterungen die aufgeprägte Einheit auf den Münzen gleich blieb. So bezeichnete also etwa die Prägung der ersten Münzauflage das Gewicht und den Feinheitsgrad der Münzen. Nach der Münzverschlechterung ging diese Einheit verloren, und man hatte das o.a. derivative Instrument, bestehend aus Geldwert und Münzmaterial-Putoption.
Gedankenexperiment:
Wie entwickeln sich die Preise? Ich nehme stark an, daß sie steigen.
Sagen wir, der Feingehalt würde um 50 % reduziert, d.h. die Summe an Geld verdoppelt sich, die Waren bleiben die selben.
Folgen:
Die augeprägte Einheit verliert an Kaufkraft, die Preise verdoppeln sich.
Die Menge an Silber die zu Kauf eine Ware nötig ist, bleibt gleich.
Wo ist da die Putoption? Es gibt keine, es kann keine geben, weil niemand garantieren kann, daß es für eine gewisse Summe an Geldeinheiten eine gewisse Menge an Waren erhältlich ist.
>3. Auch kann die Münz-Tauschtheorie nicht erklären, warum es immer wieder zu Münzverschlechterungen kam. Hatte etwa ein schlauer Kopf von Münzherr die Putoption ausgeübt?
Nein, er hat seine Gläubiger übers Ohr gehauern, deswegen blieb ja die aufgeprägte Einheit gleich. Hätten die Kreditverträge auf Unzen fein gelautet, so hätte eine Münzverschlechterung kaum Sinn gemacht.
>Gruss: Ecki
Gruß
Diogenes
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dottore
14.08.2001, 14:41
@ R.Deutsch
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Re: Nur mal zur Klärung - dottore |
>Lieber Dottore,
>waren die Gold und Silbermünzen, mit denen früher gekauft und bezahlt wurde, nun Geld oder nicht?
Lieber Reinhard,
ich möchte die Gelddiskussion mangels einer brauchbaren Definition von Geld, die es selbst und nicht seine etwaigen Eigenschaften bezeichnet, ungern fortführen, um das Forum nicht zu blockieren.
Gold- und Silbermünzen sind Waren. Man sieht ihnen sofort an, dass sie hergestellt wurden wie jede andere Ware auch. Der Preis dieser Waren ergibt sich aus dem, was dafür erhältlich war, wobei es mit Stückkäufen begann, nicht mit Gattungskäufen. Also mit Einzel-, nicht mit Sammelbewertung.
Durch die Prägung wurden zunächst (Antike) Gewicht und Feinheit garantiert, die Ware Münze also standardisiert (hier: Geld, weil jedes Stück in sich gleich viel galt - abgesehen vom al pezzo und al marco-Problem).
Da es möglich war, Gewicht und Feinheit zu verändern ohne dies durch neue Prägung kenntlich zu machen, konnten mit später geprägten Münzen (lautend auf ein ursprüngliches, also früher standardisiertes Gewicht in vorgegebener Feinheit) Schulden, die auf früher geprägte Münzen als Nominal lauteten, getilgt bzw. Kontrakte erfüllt werden.
Dass dies Betrug war, versteht sich von selbst (Gläubigerenteignung).
Gold- und Silbermünzen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt erschienen sind, müssen also immer im Kontext mit gleichen (oder ähnlichen) Münzen gesehen werden, die zeitlich früher geprägt wurden.
In diesem Sinne kann von Gold- und Silbermünzen als Geld - sozusagen als einer weltgeschichtlichen Konstante - nicht gesprochen werden, da sie immer mit zeitlich früheren bzw. späteren Münzen verglichen werden müssen.
>Wenn ich es jetzt richtig sehe, willst Du nach wie vor sagen, das war kein Geld, es gab nie Warengeld, und Gold und Silber waren nie Geld.
Es gab Waren in Form von Gold- und Silbermünzen, selbstverständlich. Diese Waren können aber nur immer in einem zeitlich relativ kurzen Zeitraum als Geld bezeichnet werden, nämlich für den Zeitraum, in dem sie in unveränderter Form (Gewicht, Feinheit) ausgebracht wurden, also"galten".
In diesem Sinne waren die baylonischen Shekel (nur abgewogen, zwei Feinheiten wurden unterschieden, das gewöhnliche und das"weiße" Silber) Geld, wie ich gegenüber Dimi konzediert hatte, um die Debatte zu vereinfachen. Ich nehem dabei in Kauf, ein Unwort zu verwenden, aber wir wollen schließlich vorwärts kommen.
Sobald aus den Shekeln (Gewicht) geprägte Münzen wurden, hatten wir vermutlich während einer kurzen Zeit noch das selbe Geld, aber wie schon das Beispiel von Kroisos zeigt (erst 10, dann 8 g schwere Statere in Gold und Silber) war mit der Ausbringung der neuen Stücke neues Geld entstanden, das alte Geld (alte Statere) war wieder in den reinen Warenzustand (nach Gewicht) zurück versetzt worden.
Kein Mensch hätte daran gedacht, eine auf 100 Statere lautende Schuld mit 100 alten, schweren Stateren zu bezahlen, selbstverständlich nahm er erleichtert jetzt die neuen. Die alten hatten ihren Geld-Status verloren, da nicht mehr das Gewicht, sondern nur das Nominal einzufordern war.
Abgesehen davon hatten die frühen, schweren Münzen eindeutig einen begrenzten Geldcharakter im Sinne von Tauschgegenständen (Zeitüberbrückung bei Hergabe von ertragbringenden Stücken - daher immer Terminpreis bzw. -kurs). Sie dienten nicht dem Alltagsverkehr (siehe Etrurien als Beispiel) und waren selbstverständlich niemals Tauschmittel!
Auch Gold- und Silbermünzen der späteren Geschichte ware keine Tauschmittel, bis zum Ende von Silber- und Goldstandard nicht. (Im Goldstandard waren zwar die Scheidemünzen bis weit herunter aus Silber, Pfennige usw. aus Cu, aber es galt dann eben kein Silberstandard mehr, unter dem wiederum Cu-Prägungen Scheidemünzen waren, im Silberstandard war Gold eine frei ausgepreiste Ware).
Gruß
d.
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Ecki1
14.08.2001, 14:47
@ Diogenes
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Re: Erklärungsversuch |
Hallo Diogenes
Die Warenpreise steigen nicht, weil oder wenn die Münzmenge steigt, sondern wenn die Nachfrage steigt.
Doch, die Putoption gab es. Sie sicherte den Münzeigentümer unter anderem gegen die monetären Folgen eines Herrschaftswechsels ab.
Der Kreditbegriff des Debitismus ist durchaus ein abstrakter. Um vor Aufkommen einer allgemein gebräuchlichen Recheneinheit einen Kreditkontrakt zu schliessen, hatten sich die Kontrahenten der Vertragsfreiheit bedient hinsichtlich vereinbarter Leistungen und Gegenleistungen, Fälligkeit, Zinsen, Verzugsvereinbarungen, Vertragszeugen, Besicherung. Zum historischen Ablauf möge uns vielleicht bitte Dottore auf die Sprünge helfen?
Gruss: Ecki
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dottore
14.08.2001, 17:23
@ Ecki1
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Re: Erklärungsversuch, der mir sehr gefällt! |
>Hallo Reinhard
>Die Gold- und Silbermünzen, mit denen früher gekauft und bezahlt wurde, waren derivative Instrumente mit Zahlungsmittelcharakter. Die aufgeprägte Zahl mit Recheneinheit bezeichnete dabei den Geldwert.
Den aktuellen, sozusagen einen fiktiven Kassapreis.
>Gleichzeitig enthielten sie eine Putoption auf den am Markt realisierbaren Gelderlös ihres Edelmetallgehalts, ausgedrückt in der Recheneinheit der jeweils gültigen Währung.
Die Option lief open end, jedenfalls so lange mit den jeweiligen Münzen gearbeitet wurde. Sie wechselten bekanntlich häufig. Open end, weil sich aus Gold mit einer Nullverfallskurve eine permanente Option konstruieren lässt. Immer bezogen auf künftige Preise anderer Waren, diese wiederum gemessen in Gold als Gewicht. Und dies ad infinitum, jedenfalls solange es für Metall noch andere Waren einzutauschen gibt (im wesentlichen Stücke, keine Alltagswaren).
Gruß
d.
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dottore
14.08.2001, 18:19
@ R.Deutsch
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Re: Erklärungsversuch - leider wird es immer komplizierter |
Hi,
>ja, ich glaube das will dottore sagen, aber ich finde die Erklärung, dass dabei eine genormte Edelmetallmenge gegen eine Leistung getauscht wurde einfacher, klarer und plausibler und verstehe nicht, warum diese Erklärung als falsch ausgeschlossen werden muss.
Das Problem ist: Die Edelmetallmenge wird nicht gegen eine Leistung getauscht. Warum sollte jemand eine Leistung, die er erbracht und jetzt vermarktbar hat, in Edelmetall tauschen?
Angenommen er hat Fische gefangen. Die sind jetzt vermarktbar und will jetzt Brot haben, weil er Hunger auf Brot hat. Warum sollte er den Umweg über Metall gehen?
Das haut also nicht hin.
Wenn jemand etwas gegen Edelmetall tauscht, dann verzichtet er auf einen künftigenErtrag, nicht auf eine gegenwärtig von ihm benötigte andere Ware.
Er will mit Hilfe des Metalls (kein Verfall!) offenbar etwas später tauschen, von dem er aber nicht sicher weiß, ob und in welcher Menge er es dann bekommen kann. Diese Unsicherheit lässt er sich bezahlen - eben mit mehr als ein vorgestellter (!) Kassapreis ausmachen würde.
Also: Er hat ein Boot zum Fischen. Das Boot bringt täglich 1000 Fische. Er verkauft das Stück (Boot), tauscht es also gegen Gold.
Jetzt muss er auf seinen Ertrag von 1000 Fischen täglich verzichten. Er stellt sich vor, in 10 Tagen ein neues, besseres Boot gegen sein jetzt bei ihm befindliches Gold tauschen zu können. Ein Fisch kostet 1 g Gold (gedachter Preis).
Wenn er jetzt sein altes Boot gegen 1000 g Gold tauscht, macht er einen Verlust, da er nicht nur einen Tag, sondern zehn Tage lang auf seinen Bootsertrag verzichtet (= Summa 10000 Fische).
Also gibt er sein Boot nur her, wenn derjenige, der ihm Gold dafür anbietet, ihm zunächst 1000 Fische mal je 1 g (= 1 Kilo Gold) dafür bietet.
Dann hat er den Preis, den er für seine Fische in der Zwischenzeit erlösen hätte können, in den Preis für sein altes Boot (ausgedrückt in die Gewichtsmenge Gold, die er verlangt) eingebaut.
Dieses Beispiel bezieht sich in etwa nur auf den Ersatz eines Bootes, das 1000 Fische täglich bringt, durch ein anderes Boot, das ebenfalls 1000 Fische täglich bringt.
Da ein neues Boot aber möglicherweise 2000 Fische bringt und die 2000 Fische, die er nach Einsatz des neuen Bootes fangen wird, den Fischpreis (gedacht als 1 g Gold) im Preis auf je 0,1 g Gold sinken lassen (gedachter Preis), mindert sich auch das Gewicht des von ihm geforderten Goldes, das er während der Zeit hält, in der er statt des Bootes (ertragbringend) das Gold (ertraglos) besitzt.
Er fordert nur 0,2 Kilo Gold.
Da dieser Prozess natürlich laufend und in allen Varianten Statt findet, sich ständig verbreitert, weil sich die Märkte vergrößern usw. und obendrein diverse Variablen hat (Zeit, Preis, Gewichtsmengen, Zustand des alten Stücks, Zustand und Ertragskraft des erwarteten neuen Stücks usw.), können theoretisch nur Näherungslösungen versucht werden.
Wie es der Markt dann konkret handhabt und diese Handhabungen von den Marktteilnehmern eingeschätzt werden und wurden (Erfahrungstatsachen), ergibt sich dann aus dem konkreten Wirtschaften heraus von selbst.
Jedenfalls ist ein [b]Barkauf Ware (sofort verfügbare und sofort zu konsumierende Ware!) gegen Edelmetall ganz und gar unsinnig. Wer Edelmetall akzeptiert, abeitet immer mit Zeitüberbrückungsvorstellungen, weshalb immer eine Option eingebaut sein muss - egal, ob sie später aufgeht oder nicht.
Und da es immer einen Edelmetallbesitzer vor dem jeweiligen Edelmetallbesitzer gegeben haben muss, ist dieser Prozess vorwärts und rückwärts beliebig fortzusetzen bzw. fortgesetzt denkbar.
Bis wir wieder an die erste Produktionsstätte von Edelmetall kommen, die ihrerseits mit etwas, das nicht Edelmetall sein kann, vorfinanziert sein muss. Dabei kommen dann jeweils andere Waren in Frage, die - sofern es nicht Direktkonsumwaren sind - ihrerseits mit eingebauten Optionen operieren müssen, z.B. andere Waren mit flacherer Verfallskurve über die Zeit als Direktkonsumgüter.
Was bin ich froh, dass unsere Vorfahren, dies alles einfach ausprobiert und gemacht haben (trial & error) und nicht davor lange theoretische Überlegungen anstellen mussten, bevor sie mit dem Wirtschaften gestartet sind!
Gruß
d.
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PuppetMaster
14.08.2001, 18:20
@ dottore
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Re: Erklärungsversuch - leider wird es immer komplizierter |
>Hi,
>>[b]ja, ich glaube das will dottore sagen, aber ich finde die Erklärung, dass dabei eine genormte Edelmetallmenge gegen eine Leistung getauscht wurde einfacher, klarer und plausibler und verstehe nicht, warum diese Erklärung als falsch ausgeschlossen werden muss.
>Das Problem ist: Die Edelmetallmenge wird nicht gegen eine Leistung getauscht. Warum sollte jemand eine Leistung, die er erbracht und jetzt vermarktbar hat, in Edelmetall tauschen?
>Angenommen er hat Fische gefangen. Die sind jetzt vermarktbar und will jetzt Brot haben, weil er Hunger auf Brot hat. Warum sollte er den Umweg über Metall gehen?
>Das haut also nicht hin.
kann ja sein dass er mehr fisch gefangen hat als er brot braucht. fisch verdirbt bekanntlich schnell.
gruss
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dottore
14.08.2001, 19:17
@ Diogenes
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Re: Erklärungsversuch - immer noch kompliziert, sorry! |
>Hallo Ecki,
>>1. Die Edelmetallgewinnung musste mit Leistungsversprechen (Schuld) vorfinanziert werden mit Verwertungsmöglichkeit des Minenareals. Der Auftraggeber hatte somit eine Forderung gegenüber dem Edelmetallförderunternehmen, vielleicht sogar ursprünglich ausgedrückt in der Recheneinheit"Gewicht Edelmetall".
>A:
>Genau das ist die Schwachstelle im Debitismus, man kann mit Kredit die Wirtschaft nicht booten.
Doch, nur so. Die Wirtschaft basiert nicht auf dem Kredit, das stimmt insofern schon, sondern darauf, dass der Kredit nicht nur getilgt, sondern auch verzinst werden muss, wobei die Verzinsung in irgendeiner Form den Zeitablauf kompensieren muss, in dem der Kreditgeber nicht über das verkreditierte Gut verfügen kann.
Gäbe es keine Kompensation, welche auch immer, gäbe es keinen Grund auf die Sicherheit, die ein nicht verkreditiertes Gut seinem Eigentümer verschafft (= permanente Verfügbarkeit), zu verzichten, indem er es physisch hergibt.
>1) Es wurden noch keine Kredite vergeben, folgt
>2) Es kann noch nichts produziert worden sein, folgt
>3) Es können keine Kredite vergeben werden, folgt
>4) Es kann nichts produziert werden.
Diesen vier Punkten ist der alles entscheidende Punkt der Schuld und zwar der zeitlich zuerst erscheinenden Schuld voranzustellen. Dein Kredit deckt immer eine bereits vorhandene Schuld ab. (Deshalb auch der schöne Name"Debitismus" und nicht"Kreditismus" - was im nachhinein erfreut, da es sonst statt"Debilismus" gar"Kretinismus" geheißen hätte -:-)).
Letztlich landen wir also leider immer wieder bei der vermaledeiten Urschuld, die ihrerseits duch Zeitablauf größer wird. Die Urschuld ist mit der Existenz des Menschen selbst untrennbar verbunden. Sie kann selbstverständlich durch den Jeweiligen selbst abgetragen werden (Selbsternährer), aber sie kann nur mit Hilfe anderer abgetragen werden, wenn der Jeweilige sie nicht selbst bewältigen kann.
Beispiel Missernte. Der Bauer hat keine Möglichkeit mehr, sich selbst zu helfen, also muss er entweder untergehen oder bei einem anderen um einen Kredit (Ware zunächst) nachsuchen. Der Kredit bezieht sich letztlich zunächst nicht auf eine zusätzliche Produktion durch den Kreditschuldner, der diese Produktion vornehmen kann oder auch nicht, sondern auf einen Produktionsausfall bei ihm.
Der Kredit kann gewährt werden oder nicht (Warenüberlassung). Wird er gewährt, muss der Schuldner ihn durch zusätzliche Produktion abarbeiten (egal jetzt ob mit oder ohne Zins). Jedenfalls ist einen Mehrproduktion zwangsläufig (1. Ersatz des ausgefallenen Produkts muss nachgeliefert bzw. nacherzeugt werden und 2. Die außerdem laufende Urschulddeckung muss auch noch geleistet werden).
Natürlich gibt es auch Kredite, um Produktion als solche (ohne die eben beschriebene Zwangslage mit Schuldknechtschaft, also Stellung von Familienmitgleidern als Sicherheit usw.) zu steigern. Aber der Beginn kann immer nur eine Urschulddeckung sein.
>So kann es nicht laufen, es ist notwendig, daß schon vor der Kreditwirtschaft gewirtschaftet worden sein muß. Aber wie?? Tausch?
Es beginnt mit Krediten, die aber nicht vergeben werden, ohne dass jemand in einer Zwangslage steckt, sondern mit Krediten, die vergeben werden (können), nachdem jemand in der Zwangslage (Verschuldung) steckt.
>B:
>Gold kann mit Hilfe von Kredit produziert werden, trotzdem existiert Gold immer netto, nur die Schuldkontrakte entstehen und verschwinden.
Gold wird netto verbucht. Aber seine Entstehung kann immer nur mit Hilfe von Investitionen, also Vorfinanzierungen erklärt werden.
>Der Forderung in der Bilanz des Gläubigers steht nicht das Vermögen in der Bilanz des Schuldners (z.B. Goldreserven), sondern eine Verbindichkeit gegenüber.
Ein Gläubiger kann eine Goldforderung in seiner Bilanz haben (aktiv) und der Schuldner kann das Gold ebenfalls aktiv in seiner Bilanz haben, allerdings hat er dann eine Verbindlichkeit in gleicher Höhe gegenüber dem Gläubiger.
Sobald Gläubiger und Schuldner auftreten, kann es keine reinen Warenbilanzen mehr geben, wobei Waren ohnehin nicht passiv verbuchbar wären. Dort würde dann eben so etwas stehen wie"Lebenskapital".
>Das Vermögen hat nur den Charakter einer Sicherheit, auf die der Gläubiger in Falle der zahlungsunfähigkeit zurückgreifen kann (deswegen schauen die Banken aufs Eigenkapital = Vermögen - Verbindlichkeiten ="Sicherheitspolster" für den Gläubiger).
Unstreitig. Aber das setzt wiederum eine Kreditwirtschaft voraus. In einer Tausch/Tausch-Wirtschaft (ohne jeglichen Zeitablauf, erfüllt wird jeweils uno actu) gibt es weder Forderungen noch Verbindlichkeiten. Der einzige Motor, dann zu wirtschaften, ist wiederum der Selbsterhalt.
>C:
>Kreditbeziehungen lösen das Tauschproblem nicht, sie verschieben es nur von der Tauschebene auf die Kreditebene. Was ist Recheneinheit und Schuldentilgungsmittel?
>Sind die Schuldverschreibungen selber die Recheneinheit/Schuldentilgungsmittel, dann haben wir ein Pyramidenspiel, ähnlich dem, das wir momentan bewundern dürfen.
Das Pyramidenspiel beginnt, sobald ein Schuldaufnahmebegehren Statt findet und ihm Gewähr geleistet wird. Deshalb haben wir rätselhafterweise schon in den allerfrühesten Überlieferungen (Moses, Solon, Hammurabi) ausführlichste Auseinandersetzungen mit dem Schulden- alias Pyramidenspiel. Man denke an die Erlassjahre oder die Seisachtheia.
>D:
>Wo bleibt mein John Law, dottore? ;-)
Bei mir. ;-)
>>2. Die Münz-Tauschtheorie kann nicht erklären, weswegen trotz der immer wiederkehrenden Münzverschlechterungen die aufgeprägte Einheit auf den Münzen gleich blieb. So bezeichnete also etwa die Prägung der ersten Münzauflage das Gewicht und den Feinheitsgrad der Münzen. Nach der Münzverschlechterung ging diese Einheit verloren, und man hatte das o.a. derivative Instrument, bestehend aus Geldwert und Münzmaterial-Putoption.
>Gedankenexperiment:
>Wie entwickeln sich die Preise? Ich nehme stark an, daß sie steigen.
Die (gedachten) Kassapreise ja. Aber wenn wir uns den starken Abschlag bei den Terminnotierungen für Crude Oil anschauen - würdest Du es als Inflation bezeichnen oder als Deflation? Wer heute Ã-l Lieferung Dec 2002 kauft, bezahlt definitiv 23 $ pro bbl. Heute liegt der Kassapreis bei ca. 26 $ / bbl.
Wer nimmt also"stark an", dass die Preise steigen?
>Sagen wir, der Feingehalt würde um 50 % reduziert, d.h. die Summe an Geld verdoppelt sich, die Waren bleiben die selben.
Die Waren werden zur Kasse natürlich mit dem gleichen Gewicht Silber gekauft wie vor der Feingehaltsreduzierung. Da findet keinerlei Inflation statt.
Konkret: Es wird in der Kasse mit genau demselben Gewicht Silber bezahlt wie vorher. Das Nominal ist nur Tarnung und die"Verdoppelung" des Preises bezieht sich nicht auf einen Verdoppelung des Silbers, das gegen Waren geliefert werden muss.
Was aber Statt findet, ist eine Enteignung der Gläubiger, die nominal 100 fodern können, aber nur mit einem Nominal 100 abgefertigt werden, das nur noch 50 % enthält.
>Folgen:
>Die augeprägte Einheit verliert an Kaufkraft, die Preise verdoppeln sich.
Die Einheit, aber nicht das Metall. Dessen Kaufkraft bleibt völlig gleich.
>Die Menge an Silber die zu Kauf eine Ware nötig ist, bleibt gleich.
Da steht's ja. Sorry.
>Wo ist da die Putoption? Es gibt keine, es kann keine geben, weil niemand garantieren kann, daß es für eine gewisse Summe an Geldeinheiten eine gewisse Menge an Waren erhältlich ist.
Es gibt keine Garantie für eine Option. Die Option, die hier von Ecki herausgearbeitet wurde, bezieht sich nicht aufs Nominal, sondern auf das Gewicht. Die bedeutet auch nicht, dass"mehr" Silber geliefert werden muss, sondern dass in den Preis eines Stücks der Verzicht auf den Ertrag des Stücks für die Zeit des Verzichts auf das Stück eingearbeitet sein muss.
>>3. Auch kann die Münz-Tauschtheorie nicht erklären, warum es immer wieder zu Münzverschlechterungen kam. Hatte etwa ein schlauer Kopf von Münzherr die Putoption ausgeübt?
>Nein, er hat seine Gläubiger übers Ohr gehauern, deswegen blieb ja die aufgeprägte Einheit gleich. Hätten die Kreditverträge auf Unzen fein gelautet, so hätte eine Münzverschlechterung kaum Sinn gemacht.
Ganz genau! Es geht bei Münzverschlechterungen usw. einzig und allein darum, die Schuldner besser zu stellen und die Gläubiger zu rasieren. Dies setzt natürlich entsprechende Machtstrukturen voraus, wobei logischerweise das Münzmonopol beim Inhaber des Machtmonpols liegen muss.
Gruß
d.
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dottore
14.08.2001, 19:27
@ Ecki1
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Re: Erklärungsversuch |
>Hallo Diogenes
>Die Warenpreise steigen nicht, weil oder wenn die Münzmenge steigt, sondern wenn die Nachfrage steigt.
>Doch, die Putoption gab es. Sie sicherte den Münzeigentümer unter anderem gegen die monetären Folgen eines Herrschaftswechsels ab.
>Der Kreditbegriff des Debitismus ist durchaus ein abstrakter. Um vor Aufkommen einer allgemein gebräuchlichen Recheneinheit einen Kreditkontrakt zu schliessen, hatten sich die Kontrahenten der Vertragsfreiheit bedient hinsichtlich vereinbarter Leistungen und Gegenleistungen, Fälligkeit, Zinsen, Verzugsvereinbarungen, Vertragszeugen, Besicherung. Zum historischen Ablauf möge uns vielleicht bitte Dottore auf die Sprünge helfen?
>Gruss: Ecki
Hi Ecki,
ich glaube, Du hast den Kern erwischt. Leider ist das alles furchtbar kompliziert, aber ich finde, wir kommen der Sache immer näher. Ich werde nochmal durch die babylonischen Bücher gehen (mein Beitrag zur Zinsentstehung für die Real-Enzyklopädie steht auch noch aus, sorry) und dann oder damit versuchen, das Ganze möglichst einfach darzustellen.
Ich hatte selbst mal auf der Option herumgedacht (in der Krisenschaukel oder so stand wohl was von Gold als einer permanenten Option), aber nicht scharf genug. Deshalb vielen Dank für diesen Scharfsinnsschub Deinerseits.
Wenn ich daran denke, was mainstreamig zu solchen extrem schwierigen Themen geboten wird, z.B. im gerade ausgelieferten neuen Mankiw, wird mir ganz schlecht. Die akademische Ã-konomie ist ihrem wichtigsten Gegenstand, nämlich dem Geldproblem, in keiner Weise gewachsen.
In der Buba habe ich diverse Lehrbücher eingesehen, wo sich Cracks wie Bofinger (ja, der Euro-Bofinger) zu Wort melden - und es ist einfach bodenlos. Zu anderen ZBs muss ich vorerst leider schweigen.
Gruß
d.
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dottore
14.08.2001, 19:34
@ PuppetMaster
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Re: Erklärungsversuch - leider wird es immer komplizierter |
>>Hi,
>>>[b]ja, ich glaube das will dottore sagen, aber ich finde die Erklärung, dass dabei eine genormte Edelmetallmenge gegen eine Leistung getauscht wurde einfacher, klarer und plausibler und verstehe nicht, warum diese Erklärung als falsch ausgeschlossen werden muss.
>>Das Problem ist: Die Edelmetallmenge wird nicht gegen eine Leistung getauscht. Warum sollte jemand eine Leistung, die er erbracht und jetzt vermarktbar hat, in Edelmetall tauschen?
>>Angenommen er hat Fische gefangen. Die sind jetzt vermarktbar und will jetzt Brot haben, weil er Hunger auf Brot hat. Warum sollte er den Umweg über Metall gehen?
>>Das haut also nicht hin.
>kann ja sein dass er mehr fisch gefangen hat als er brot braucht. fisch verdirbt bekanntlich schnell.
>gruss
Richtig. Wir müssen dann schon Güter mit gleichen Verfallskurven nehmen, was aber letztlich nichts an der Geschichte selbst ändert. Nehmen wir also zwei gleich schnell verfallende Waren.
Im übrigen kann er die Fangmenge dosieren, so dass er jedesmal genau hinkommt.
Wie wärs mit diesem Beispiel (von meinem ersten VWL-professor von Beckerath, Bonn): Der landete per Schiff in Neapel und bat einen Mann, der am Hafen saß, ihn beim Transport der Koffer zu helfen.
Der Mann blickte kaum auf uns antwortete:"Nein. Ich habe schon gegessen."
Sehr schöne Illustration zum Thema Leistungstausch.
Gruß
d.
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