Ein weiterer Sargnagel:
Die schwache US-Konjunktur erreicht die Mobile-Home-Industrie
Ocoee, Florida, 29. August (Bloomberg) - In den Vereinigten Staaten haben die Zahlungsausfälle auf Hypotheken im letzten Jahr den höchsten Stand seit neun Jahren erreicht. Im Bereich der Mobile Homes stiegen sie sogar auf einen neuen 25-Jahres-Rekord. Zwei Prozent der Mobile-Home-Kredite haben zu Pfändungen geführt. Rund 100.000 dieser transportablen Häuser werden pro Jahr im Auftrag der Banken verkauft und engen den Markt für neue Mobile Homes ein. Bei Herstellern wie Fleetwood Enterprises Inc., Clayton Homes Inc. und Champion Enterprises Inc. schlägt sich dies den Ergebnissen nieder.
Beau Jarrell, Präsident der All Pro Recovery Inc. in Ocoee, muss nicht erst in den Wilden Westen, um Geisterstädte zu sehen. Die hat er auch vor der eigenen Haustür in Floridas Mobile-Home- Siedlungen. Jarrell hat im laufenden Jahr 200 Mobile Homes aufgesucht, um säumigen Schuldnern im Auftrag von Kreditgebern wie der Bank of America Corp. oder der Bank One Corp. Pfändungsbescheide an die Tür zu kleben. Die Schuldner haben dann noch 72 Stunden Zeit, ihren Verpflichtungen nachzukommen.
Im Unterschied zu früher kommen die Besitzer aber nicht mit dem Geld bei oder geben wenigsten eine Erklärung, wenn er die Schlösser austauscht."Wenn ich wieder komme, sind die Häuser meist leergeräumt", erklärt Jarrell. Er vermutet, dass lediglich zehn der 200 Schuldner ihre Rechnungen beglichen haben.
Die schwierige Lage auf dem Markt für transportable Häuser hat auch die Börsenkurse der Hersteller im vergangenen Jahr einbrechen lassen. Nach Überzeugung der Firmen soll der Tiefpunkt der Nachfrage aber erreicht sein. Die Aktien befinden sich schon wieder auf dem Weg nach oben. Champion-Aktien haben sich beispielsweise im laufenden Jahr verdreifacht, nachdem sie im Jahr 2000 zwei Drittel ihres Wertes verloren hatten.
Nicht alle Volkswirte sind so optimistisch. Solange die Arbeitslosigkeit in den USA wächst, tragen insbesondere die Arbeiter das Risiko, erst ihre Beschäftigung und dann ihr mobiles Zuhause zu verlieren."Es wird noch mehr Zahlungsausfälle und Privatinsolvenzen geben", erwartet Gary Shoesmith, Direktor des Center for Economic Studies der Babcock Graduate School of Management an der Wake Forest University."Bevor eine Besserung eintritt, wird es erst noch mal schlechter."
Obwohl Besitzer von transportablen Häusern insgesamt über eine schlechtere Bonität verfügen, werden ihnen Kredite zu Verfügung gestellt. Die Kreditgeber können bei diesen Finanzierungen bis zu vier Prozentpunkte höhere Zinsen verlangen als bei normalen Hypothekenkrediten. Als Sicherheit dient allerdings nur eine robuste Konjunktur.
Die wirtschaftliche Lage in den USA hat sich inzwischen aber grundlegend geändert. Das Bruttoinlandsprodukt stieg im zweiten Quartal nur mit einer geschätzten Jahresrate von 0,2 Prozent. Es ist das niedrigste Wachstum seit über acht Jahren, so das US- Wirtschaftsminsterium.
Die lahmende Konjunktur kostete die Kreditgeber einiges Lehrgeld. Conseco Inc. berichtete Anfang des Monats von einem Verlust über 30,3 Mio. Dollar im zweiten Quartal. Die eigene Finanzierungstochter wurde durch steigende Zahlungsausfälle auf Mobile-Home-Kredite belastet. Die Bank of America in Charlotte musste Abschreibungen über 1,25 Mrd. Dollar vornehmen, teilweise weil sie das Geschäft mit Kreditnehmern schlechterer Bonität aufgibt.
Inzwischen müssen Kunden im Fleetwood Home Center in Marietta, Georgia, damit rechnen, dass ihre Kreditanträge eher zurückgewiesen als angenommen werden."Die Anträge wurden vor zwei Jahren geprüft, und jetzt werden sie eben auch wieder genau unter die Lupe genommen", erläutert Clay Polston, Geschäftsführer bei Fleetwood. Er und seine Kollegen von der Konkurrenz versuchen, Mobile-Home-Käufer davon zu überzeugen, auch das Land zu kaufen, auf dem sie ihr Haus 'abstellen' wollen. Dadurch erhöhen sich zwar die Gesamtkosten für den Kreditnehmer. Jedoch handelt es sich dann nicht mehr um ein Personaldarlehen, sondern um einen Hypothekenkredit. Die Zinsen sinken dadurch von 14 auf acht Prozent, so Polston. Außerdem könne die Beratung der Federal Housing Administration in Anspruch genommen werden.
Der Erfolg lässt sich an den Zahlen ablesen. Während 1994 lediglich neun Prozent neuer Mobile Homes mit Hypothekenkrediten finanziert wurden, stieg der Anteil im letzten Jahr nach Angaben des Manufactured Home Institute auf 22 Prozent.
Besitzer von Mobile Homes mit eigenem Grundstück treten nach den Erfahrungen von Polston in schwierigen Zeiten nicht gleich die Flucht an, sondern suchen nach anderen Wegen, um ihren Zahlungsverpflichtungen nachkommen zu können. Die Hersteller sind auch dazu übergegangen, teurere Häuser wie etwa zweistöckige Versionen für eine wohlhabendere Kundschaft ins Angebot zu nehmen.
Den Mobile-Home-Herstellern bleibt momentan nicht viel mehr, als abzuwarten, bis sich die neuen Strategien auszahlen und bis der Bestand an gepfändeten Häusern weiter verkauft ist. Der Umsatzrückgang schwächt sich momentan ab. Die Auslieferungen neuer Mobile Homes gingen von Januar bis Juni um 35 Prozent zurück, nachdem sie im Januar allein um 42 Prozent eingebrochen sind, so das Manufactured Home Institute. Es prognostiziert für das vierte Quartal einen Anstieg der Auslieferungen.
Doch die Branchenbeobachter sind sich nicht sicher. Bei der auf Wohnungsfinanzierungen spezialisierten Greenpoint Financial Corp. unterschieden sich die Zahlungsausfälle des zweiten Quartals von denen des ersten kaum, schrieb Ivy L. Zelman, Analyst der Credit Suisse First Boston Inc., im Juli in einer Unternehmensanalyse. Eigentlich wurde ein Rückgang erwartet. Greenpoint geht nun davon aus, dass sich die Zahlungsausfälle in den nächsten 24 Monaten sogar noch leicht erhöhen könnten."Das führt zu der Schlussfolgerung, dass einige Kreditgeber ihre Bücher noch nicht bereinigt haben. Weder die gegenwärtige Wirtschaftsschwäche noch die Möglichkeit, dass diese länger als angenommen dauern könnte, ist angemessen berücksichtigt", befürchtet Zelman.
Lediglich Beau Jarrell von Pro Recovery dürfte sich nicht beschweren, wenn die wirtschaftliche Abkühlung noch anhält. Jedes ausgetauschte Türschloss bei einem Mobile Home bringt ihm 300 Dollar. Dafür müssten pro Tag durchschnittlich 40 Autos gepfändet werden. Jarrell freut sich auf ein Rekordjahr.
Gruss
tofir
<center>
<HR>
</center> |