Theo Stuss
01.09.2001, 14:47 |
Sind DM-Scheine der Währungsreform eingetauschte Hjalmar-Schacht-Wechsel? Thread gesperrt |
1948 wurden 1.651 Mio DM sogenannter Kredite der Notenbank an die Kreditinstitute vergeben und zwar gegen 1.445 Mio an Wechseln und 205 Mio Lombardpapiere, wie Dottore nachgewiesen hat.(Reallexikon). Die geringe Menge an Lombardpapieren oder Staatsanleihen erklärt sich daraus, daß in der Zeit von 1934 bis Kriegeende nur wenige die Staatspapier kaufen wollten, nach allem, was nach dem I.Weltkrieg passiert war. Die Sache mit den Wechseln war viel diskreter, das konnte man am grünen Tisch regeln. Ich habe folgende Fragen an das hohe Forum:
Wie hat Hitler die Banken dazu gebracht für die Wechsel zu bürgen?
Hatte er die Entschuldung durch den Krieg versprochen?
War es Hjalmar Schacht gewesen, der die Idee mit den Wechseln hatte?
Hatte Roosevelt nicht dieselbe Strategie verfolgt?
Kam auch Roosevelt der Krieg nicht gerade recht, weil auch er seine New Deal bezahlen mußte?
Wie auch immer, von den Siegermächten können die Wechsel ja wohl kaum stammen und bei wem hätte man zwischen 1945 und 1948 wohl deutsche Lombardpapiere kaufen können.
Nur hatte die Sache von Anfang an einen Haken. Auf Verfügung der Siegermächte hatte der deutsche Staat aufgehört zu existieren. Auch alle juristischen Personen waren aufgelöst und waren nunmehr lediglich ausführende Organe der Besatzungsmächte. Den deutschen Staat als Schuldner gab es zum Zeitpunkt der Währungsreform garnicht mehr. Es gab einen allierten Kontrollrat und der fühlte sich nicht als Schuldner. Die Gläubigerfirmen und Konzerne waren, wie eben gesagt, als juristische Personen inexistent, ebenso die Banken als Bürgen. Jeder Fabrikdirektor hatte wieder einen Militär als Vorgesetzten und jeder Bankfilialleiter ebenfalls.
Als Gläubiger gab es nur diejenigen Deutschen, die trotzdem Staatsanleihen gekauft hatten, jene 205Mio. an Lombardpapieren, auf die Dottore hingewiesen hat. Aber den Schuldner hatten sie verloren. Wozu also der ganze Zinnober mit den Wechseln, die gegen DM ausgetauscht wurden? Man zog zwar die Rechsmark aus dem Verkehr und alle entsprechenden Bankguthaben, aber die Vorkriegsschulden des NS-Staates an die Industrie reichte man fast 1:1 an die zukünftigen Bundesbürger weiter. Warum?
Es war doch eh alles plattgemacht worden. Oder gab es nicht durch die Festlegung des Wechselkurses zum Dollar eine Bestandsgarantie der DM?
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dottore
01.09.2001, 15:50
@ Theo Stuss
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Re: Sind DM-Scheine der Währungsreform eingetauschte Hjalmar-Schacht-Wechsel? |
>Wie hat Hitler die Banken dazu gebracht für die Wechsel zu bürgen?
Nachdem es schon vorher Ideen ähnlicher Machart gegeben hatte, gründeten im Mai 1933 der Reichswehrminister und die Reichsbank die MEtallurgische FOrschungs GmbH
Das Kapital von - ich glaube - 1 Mio RM wurden von Rüstungsfirmen gehalten. Die Rüstungslieferanten zogen zur Bezahlung ihrer Aufträge Mefo-Wechsel auf die MEFO, die dann off balance von der Reichsbank rediskontiert wurden.
Die Wechsel verschwanden im Lauf der 30er Jahre, soweit mir bekannt.
>Hatte er die Entschuldung durch den Krieg versprochen?
Mir ist dazu keine Stelle bekannt. Er stellte sich wohl vor, eine Entschuldung mit Hilfe von Eroberungen zu finanzieren.
>War es Hjalmar Schacht gewesen, der die Idee mit den Wechseln hatte?
Ja, auch er. Es war allerdings mehr ein Gemeinschaftsprodukt aller Beteiligten, endlich wieder reichsbankfähige Wechsel zu haben und im Gegenzug Bargeld zu erhalten.
>Hatte Roosevelt nicht dieselbe Strategie verfolgt?
Er hat zunächst Gold aufgewertet und den Aufwertungsgewinn an die Regierung ausschütten lassen. Ansonsten finanzierte er seine großen Projekte (Tennessee, Hoover) mit Hilfe von Staatsanleihen.
>Kam auch Roosevelt der Krieg nicht gerade recht, weil auch er seine New Deal bezahlen mußte?
Schwer zu beantworten. Jedem Schuldner kommt immer etwas"gerade recht", was ihm bei der Entschuldung helfen kann.
>Wie auch immer, von den Siegermächten können die Wechsel ja wohl kaum stammen und bei wem hätte man zwischen 1945 und 1948 wohl deutsche Lombardpapiere kaufen können.
Zwischen 1945 und 1948 stand das Geldwesen unter alliierter Kontrolle. Es wurden in sehr geringem Maße Handelswechsel rediskontiert. Die Wirtschaft lag darnieder.
>Nur hatte die Sache von Anfang an einen Haken. Auf Verfügung der Siegermächte hatte der deutsche Staat aufgehört zu existieren. Auch alle juristischen Personen waren aufgelöst und waren nunmehr lediglich ausführende Organe der Besatzungsmächte. Den deutschen Staat als Schuldner gab es zum Zeitpunkt der Währungsreform garnicht mehr.
Doch. Die Auslandsschulden wurden weiter gebucht und erst im Londoner Schuldenabkommen zu Beginn der 50er Jahre abgelöst. Ein Staat hat immer einen Rechtsnachfolger, obwohl das auch strittig ist, z.B. fühlte sich Preußen nicht für die Schulden des Königreichs Wesdtfalen zuständig, obwohl es nach der Napoleonischen Zeit von ihm als Staatsgebiet übernommen worden war.
>Es gab einen allierten Kontrollrat und der fühlte sich nicht als Schuldner.
Das ist wohl richtig. Die Währung war ganz einfach kaputt.
>Die Gläubigerfirmen und Konzerne waren, wie eben gesagt, als juristische Personen inexistent, ebenso die Banken als Bürgen.
Nein, Firmen und Konzeren wie auch Banken existierten komplett weiter, sie wären sonst im HR gelöscht worden. Die von mir geerbte Firma wurde von den Sowjets aus den HR gelöscht. Das war das allereinfachste Verfahren, um jemanden zu enteignen.
>Jeder Fabrikdirektor hatte wieder einen Militär als Vorgesetzten und jeder Bankfilialleiter ebenfalls.
>Als Gläubiger gab es nur diejenigen Deutschen, die trotzdem Staatsanleihen gekauft hatten, jene 205Mio. an Lombardpapieren, auf die Dottore hingewiesen hat. Aber den Schuldner hatten sie verloren. Wozu also der ganze Zinnober mit den Wechseln, die gegen DM ausgetauscht wurden? Man zog zwar die Rechsmark aus dem Verkehr und alle entsprechenden Bankguthaben, aber die Vorkriegsschulden des NS-Staates an die Industrie reichte man fast 1:1 an die zukünftigen Bundesbürger weiter. Warum?
Nein, siehe die von mir gezeigte Statistik 1.04 der Bundesbank.
>Es war doch eh alles plattgemacht worden. Oder gab es nicht durch die Festlegung des Wechselkurses zum Dollar eine Bestandsgarantie der DM?
Die DM wurde erst in den 50er Jahren"frei konvertierbar". 4,20: 1. Bis dahin stand sie unter Devisenbewirtschaftung.
Gruß
d.
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Jochen
01.09.2001, 16:46
@ dottore
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Re: Sind DM-Scheine der Währungsreform eingetauschte Hjalmar-Schacht-Wechsel? |
>>Wie hat Hitler die Banken dazu gebracht für die Wechsel zu bürgen?
>Nachdem es schon vorher Ideen ähnlicher Machart gegeben hatte, gründeten im Mai 1933 der Reichswehrminister und die Reichsbank die MEtallurgische FOrschungs GmbH
Nicht nur Ideen. Zu nennen wären noch Steuergutscheine (bereits unter Papen)und Arbeitsbeschaffungswechsel. Sonderbanken wie die Ã-ffa (Deutsche Gesellschaft für öffentliche Arbeiten) akzeptierten die Wechsel und verpflichteten sich zur Einlösung.
Gruß
Jochen
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