B U S H D R O H T T E R R O R I S T E N
"Wir werden sie ausräuchern"
Mit den bisher schärfsten Worten hat US-Präsident George W. Bush den
Verantwortlichen der Anschläge auf die USA gedroht."Diejenigen, die gegen die USA
Krieg führen, haben ihre eigene Zerstörung gewählt", sagte Bush in Camp David.
Washington - Zusammen mit seinen Beratern bereitet der
US-Präsident zur Zeit die militärische Antwort auf die
Anschläge von New York und Washington vor."Wir befinden
uns im Krieg", sagte Bush im Fernsehen."Wir werden sie
ausräuchern!" Als wahrscheinlichstes Ziel eines
Vergeltungsangriffs kommt der Topterrorist Bin Laden in
Frage."Er ist unser Hauptverdächtige", erklärte Bush.
Die pakistanische Regierung sagte unterdessen den USA
uneingeschränkte Unterstützung zu. Daraufhin drohte das
Taliban-Regime in Kabul jedem Land mit Krieg, das die USA bei
einer möglichen Vergeltungsaktion gegen Afghanistan
unterstützt. Damit setzen die Machthaber in Kabul vor allem
den Nachbarstaat Pakistan aber auch ehemalige GUS-Staaten
unter Druck. Der Botschafter der Taliban in Islamabad, Abdul
Salam Saif drohte jedem Unterstützerland der USA mit einem
"Vergeltungskrieg".
Die Drohung richtete sich besonders gegen andere islamische
Staaten in der Region. Ein Land, das seinen Luftraum oder Boden für Angriffe auf
Afghanistan zur Verfügung stelle,"würden wir angreifen und besetzen", sagte Saif. Pakistan
gab offenbar einer Liste von Wünschen der Vereinigten Staaten nach. Die USA hatte
angefragt, den pakistanischen Luftraum überfliegen zu dürfen. Ferner die Stationierung
einer multinationalen Truppe und die Schließung der 1560 Meilen langen Grenze zwischen
Pakistan und Afghanistan.
An den Gesprächen auf dem Landsitz des US-Präsidenten in Camp David sollten unter
anderem Außenminister Colin Powell, Verteidigungsminister Donald Rumsfeld und die
Nationale Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice teilnehmen, sagte Präsidialamtssprecher
Ari Fleischer. Dabei werde weiter geplant und Informationen gesammelt. Dagegen hieß es
aus Regierungskreisen, es würden die ersten Entscheidungen über Vergeltungsmaßnahmen
erwartet."Das morgige Treffen ist viel mehr dazu da, um Entscheidungen zu treffen", hieß
es. Allerdings würden nicht notwendigerweise bereits alle getroffen.
Freie Hand für Bush
Der US-Kongress hatte am Freitag Präsident Bush ermächtigt, Vergeltungsschläge wegen
der jüngsten Terrorattacken anzuordnen. Über Ziel und Zeitpunkt einer möglichen
Militäraktion herrscht weiter Unklarheit. Mit 420 Ja-Stimmen bei einem Gegenvotum fiel der
Ermächtigungsbeschluss nach fünfstündiger Debatte im Abgeordnetenhaus deutlich aus.
Zuvor hatte der Senat einstimmig die Resolution verabschiedet.
Sie ist keine förmliche Kriegserklärung. Allerdings
sagten die Fraktionschefs im Kongress, die Resolution
sei ähnlich abgefasst. Gleichzeitig müsse sicher
gestellt sein, dass die Abgeordneten rechtzeitig
informiert und konsultiert würden.
In dem Entwurf der Resolution heißt es:"Der Präsident
ist ermächtigt, alle notwendigen und angemessenen
Mittel gegen diejenigen Nationen, Organisationen und
Personen einzusetzen, die nach seiner Einschätzung
die Terroranschläge vom 11. September 2001 geplant,
angeordnet, begangen und unterstützt haben oder die
solchen Organisationen oder Personen Unterschlupf
gewährt haben."
Der demokratische Abgeordnete David Obey
begründete die rasche Entscheidung damit, dass das Land Entschlossenheit zeigen wolle.
Und weiter:"Dieses Organ wird die notwendigen Ressourcen zur Verfügung stellen, um der
Herausforderung zu begegnen - nicht nur heute, nicht nur morgen, sondern so lange, wie es
nötig ist." Der Mehrheitsführer im Abgeordnetenhaus, der Republikaner Dick Armey, warnte
allerdings, die Entscheidung könne schlimme Konsequenzen haben."Es wird Mamas und Papas
geben, deren Herz gebrochen wird."
Im Anschluss an die Verabschiedung der Resolution
billigte der Kongress ein Notmittel-Paket in Höhe von
40 Milliarden Dollar (fast 85 Milliarden Mark) zur
Bekämpfung des Terrorismus und für Rettungs- und
Aufräumarbeiten. Nach dem Beschluss könnte das
US-Schatzamt erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg
Kriegsanleihen geben.
Mit Zustimmung von US-Präsident George W. Bush
hatte das US-Verteidigungsministerium bisher 35.500
Reservisten einberufen. Bush habe den nationalen
Notstand ausgerufen und damit die Genehmigung für
die Einberufung von bis zu 50.000 Reservisten erteilt,
hieß es in einer Mitteilung. Die Reservisten sollten
unter anderem in Häfen, in der medizinischen
Versorgung sowie in der Heimatverteidigung
eingesetzt werden. Zunächst würden 13.000 Reservisten der Luftwaffe, 10.000 des Heeres
und 3000 der Marine sowie 7500 Elitesoldaten und 2000 Reservisten der Küstenwache
einberufen.
Das Transportkommando der US-Marine hat nach Angaben Schiffsmaklern drei Tankschiffe
gebucht. Zwei Tanker sollen demzufolge 235.000 Barrel Schiffsdiesel (1 Barrel = 159 Liter)
für die Marine von Kuwait zum Marinestützpunkt Diego Garcia im Indischen Ozean und von
Südkorea nach Japan bringen. Außerdem habe die Marine den unter zyprischer Flagge
fahrenden Tanker Presnya gebucht, um 28.000 Tonnen Kerosin von Griechenland nach
Südspanien zu bringen. Der Termin für die Verladung des Schiffsdiesel sei für 25. bis 27.
September geplant. Das Kerosin werde am 15. September verladen.
Unterdessen hat der Nachrichtensender CNN den Titel seiner Berichterstattung geändert.
Liefen die Sendungen bislang stets unter dem Titel"Angriff auf Amerika" titelt CNN nun
"Amerikas neuer Krieg".
Taliban: Angriff der USA wäre selbst ein Terrorakt
Zuvor hatte die US-Regierung bereits angekündigt, sie werde als
Reaktion auf die Terroranschläge eine umfassende längerfristige
militärische Aktion durchführen. Verteidigungsminister Donald
Rumsfeld sagte in einer Botschaft an die Truppen:"Sehr, sehr viel
wird von euch in den nächsten Wochen und Monaten verlangt
werden. Das gilt vor allem für diejenigen draußen im Feld."
Angesichts eines möglichen Militärschlags gegen Afghanistan hat
das dort herrschende Taliban-Regime den Amerikanern
entgegengehalten, ein Vergeltungsschlag sei selbst ein
Terrorakt."Ich erwarte keine schnelle (Vergeltungs-) Aktion
ohne Vorliegen von Beweisen (für eine Mitschuld Afghanistans an
den Anschlägen in den USA). Wenn Amerika dennoch angreift,
verübt es selbst einen Terroranschlag", sagte der Botschafter
der radikal- islamischen Taliban in Pakistan, Abdul Salam Saif, in
Islamabad.
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Saif wiederholte eine Erklärung von Taliban-Führer
Mohammed Omar, wonach die ersten
US-Ermittlungsergebnisse einem"Freispruch für
Osama" gleichkämen, denn dieser verfüge über keine
Piloten. Die Ausbildung von Piloten sei Sache einer
funktionierenden Regierung. In Afghanistan gebe es
keine Ausbildungsmöglichkeiten. Nach Angaben von
US-Fahndern besuchten einige der mutmaßlichen
Selbstmordattentäter eine Flugschule in Florida.
Powell: Bin Laden ist Hauptverdächtiger
US-Außenminister Colin Powell sagte unterdessen, der
"Hauptverdächtige" der Terroranschläge in den USA sei Osama Bin Laden, als Urheber der
Anschläge sei er allerdings noch nicht identifiziert. Es war der bislang stärkste offizielle
Hinweis, dass Washington den aus Saudi-Arabien stammenden mutmaßlichen
Terroristenführer für den Drahtzieher hält und Maßnahmen gegen ihn vorbereitet.
Gleichzeitig verlautete jedoch aus Regierungskreisen, dass mehr als eine Tätergruppe
beteiligt gewesen sein könnte."Wir wollen nicht voreilig handeln. Wir wollen sicher sein,
dass wir alle Verbindungen verstehen, nicht nur eine."
Der stellvertretende Verteidigungsminister Paul Wolfowitz kündigte an, es werde nicht
einen einzelnen Militärschlag geben, sondern einen Feldzug. Die USA würden die
Vergeltungsaktion gegen die Verantwortlichen und deren Helfer so lange fortführen, bis der
Terror beendet sei, sagte er weiter.Einzelheiten eines Einsatzes nannte Wolfowitz nicht.
Bush stehe eine ganze Palette von Möglichkeiten zur Wahl. Der Kampf gegen die Urheber
der Anschläge werde nicht nur auf die Streitkräfte begrenzt bleiben, erklärte Wolfowitz.
Ziele sind Schlupfwinkel und helfende Staaten
Es gehe nicht nur darum, Menschen gefangen zu nehmen und zur Rechenschaft zu ziehen,
sondern Schlupfwinkel und helfende Systeme sowie Staaten auszuschalten (ending states),
die Terrorismus unterstützten.
Der stellvertretende US-Außenminister Richard Armitage wird am 19. und 20. September
Gespräche in Brüssel und Moskau führen, teilte US-Außenamtssprecher Richard Boucher mit.
In Russland trete die gemeinsame Arbeitsgruppe über Afghanistan zusammen. Das
Ministerium lobte darüber hinaus eine Belohnung von fünf Millionen Dollar für Hinweise aus,
die zur Ergreifung der für die Terrorserie Verantwortlichen führen.
Alle für einen
Die Nato betrachtet die Terroranschläge in den USA als Angriff auf das gesamte Bündnis,
falls sie von einem fremden Staat aus eingeleitet worden sein sollten. Das teilte
Generalsekretär George Robertson nach der Sondersitzung des Nordatlantikrates in Brüssel
mit. In diesem Fall wären erstmals in der mehr als 50-jährigen Geschichte der Nato alle
Mitglieder der Allianz zur gemeinsamen Verteidigung verpflichtet, wobei das Ausmaß der
Beteiligung von den Entscheidungen der einzelnen Regierungen abhängen würde.
Dass sich die Bundeswehr direkt an einem militärischen Vergeltungsschlag beteiligt, gilt als
unwahrscheinlich. Die Bundesregierung bereitet sich jedoch auf eine weit reichende
deutsche Unterstützung vor. Bundeskanzler Gerhard Schröder beriet darüber am
Donnerstag mit den zuständigen Ministern und engen Mitarbeitern. Verteidigungsminister
Rudolf Scharping warnte jedoch vor Panikmache."Wir stehen nicht vor einem Krieg, wir
stehen vor der Frage, was ist eine angemessene Antwort", sagte er in der ARD.
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