Gekürzt aus dem Buch: Wolkenkratzer von Judith Dupre, dt. Ausgabe, ISBN 3-89508-294-5
Am Freitag, dem 26.Februar 1993, um 12.18 Uhr wurde einer der schlimmsten Alpträume der Stadt Wirklichkeit: Im World Trade Center (WTC) explodierte eine Bombe. Wände fielen zusammen, Feuer brachen aus, und 50 000 Arbeitnehmer und Besucher rangen nach Luft und verliefen sich in der Finsternis der 110 stöckigen Hochhäuser. Die Explosion riß ein 61 Meter breites und fünf Etagen tiefes Loch in die unteren Stockwerke..
.. 1974 lief der berühmte französische Seiltänzer Philippe Petit zum Entzücken der applaudierenden Zuschauer auf dem Seil von einem Turm zum anderen, ein unglaubliches Kunststück. Bei seiner Festnahme erkärte Petit:"Wenn ich Organgen sehe, muß ich jonglieren und wenn ich zwei Hochhäuser sehe, muß ich auf dem Seil laufen.
Diese beiden ganz wichtigen verschiedenartigen Ereignisse zeigen, dass ein Gebäude ganz unweigerlich ein wechselhaftes Schicksal hat, besonders wenn es hoch und teuer ist.
Die Geschichte der WTC begann 1960 als Lieblingsprojekt von David Rockefeller, der damit das untere Manhattan wiederbeleben wollte. Die Fortsetzung folgte 1962, als es offiziell in den Besitz seines Hauptmieters, der Porth Authority of New York und New Jersey, überging und zu einem internationalen Hauptsitz des Import und Export erklärt wurde.
Der vielgeschmähte Entwurf für die 417 Meter hohen Zwillingstürme (brüderliche Zwillinge - mit 2 Metern Höhenunterschied-, die bald nach den Rockefeller Brüdern David und Nelson getauft wurden) stammt von dem kleinen 1,70 Meter großen Minoru Yamasaki und dem Büro Emery Roth & Sons, das in New York auch für den Ritz Tower und das Pan Am Building verantwortlich zeichnete. Die Eintönigkeit der quaderförmigen, aluminiumverkleideten Hochhäuser wurde in der Presse und auf den Straßen breit diskutiert und stieß auf wenig Gegenliebe...
.. Sehr hohe Gebäude lösen heftige Ängste und Gefühle aus. Viele Menschen leiden unter Höhenangst, Angst vor großen Objekten oder Angst, zu hohen Objekten aufzusehen. Mit einigen Wolkenkratzern verbindet sich jedoch etwas Positives - das magische Chrysler Building und der Eifelturm kommen in den Sinn. Eine negative Darstellung der Wolkenkratzer in den Medien kann die kollektive Phantasie jedoch nachhaltig beeinflussen - die Schreckensbilder von dem Bombenanschlag auf das WTC und später dann die Tragödie von Oklahoma City beherrschten die Schlagzeilen und Fernsehschirme wochenlang. So kann ein einziges Gebäude zum Repräsentanten einer ganzen Stadt, ja selbst einer ganzen Kultur werden.
Die Geschichte dieser zwei Gebäude ist nun zu Ende gegangen.
Eine seltsame Leere sieht man am Horizont wenn die Kameras immer wieder über die Südspitze Manhattan streifen.
Was sagte heute ein Amerikaner im Fernsehen."Die Börse ist wieder auf. Das Leben muß weitergehen. Wir werden uns nicht unterkriegen lassen.."
Ich bin mir nicht so sicher ob ihm einige Schritte nach dem Interview nicht doch die Tränen in die Augen schossen.
Ja, das Leben muß weitergehen und es wird weitergehen.
Aber es wird ein großes Loch bleiben, in der Stadt und in den Seelen der Menschen.
Die Autorin schrieb am Anfang: <.. wurde einer der schlimmsten Alpträume der Stadt Wirklichkeit.. >
Es gab eine tief verdrängte Ahnung des Unmöglichen. Und nun ist es doch geschehen.
Der Blick von den Aussichtsplattformen auf das Häusermeer wird der jetzigen Generation nicht mehr ganz so unbeschwert gelingen wie noch vor dem letzten Dienstag.
Die Bombe in der Tiefgarage war ein Unglück, aber sie hat keinen bleibenden Schaden hinterlassen.
Diesmal wird es anders sein.
Hoffen wir gemeinsam das diese Katastrophe sehr viele Menschen in dieser Welt zum Nachdenken anregen wird.
das wünscht sich
nereus
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