dottore
28.09.2001, 14:00 |
US-Geldmenge - freut Euch bitte nicht zu früh! Thread gesperrt |
Hi,
nur ganz kurz:
Wie bekannt sehe ich - im Gegensatz zu meiner früheren Karriere als Monetarist - heute keinerlei Zusammenhang mehr zwischen Geldmenge und Daten wie BIP, Infla usw.
Die theoretische Begründung hatte ich schon mal gebracht, kann ich jetzt nicht ausführlich wiederholen; Stichwort: GM, die aus Liquidisierung von bei der ZB verpfändeten Aktiva entsteht, dient bei Überschuldung nicht (!) zu zusätzlichen Käufen, sondern zunächst dazu, die Überschuldung selbst zu beseitigen, zu"strecken" bzw. Schulden zu zahlen, woraufhin das Geld letztlich immer wieder in der ZB verschwindet und mit Hilfe immer neuer Pfänder, also neuer Verschuldungstatbestände (!) wieder rausgeholt werden muss, solange bis alle Überschuldungstatbestände abgebaut sind -
<font color="FF0000">was wg. gleichzeitigen Preisminuseffekten (Stichwort: Deflation bei realisierten, nicht bei Angebotspreisen!) und Hochbuchungen niemals einzuholen ist, usw., usw.
Also: Keinerlei Real- oder gar Preispluseffekt (Inflation auf den Warenmärkten).
Und selbst Börseneffekt höchst unwahrscheinlich, obwohl dort andere,"zügigere" Meschanismen greifen, z.B. Psychologie (man kauft eben, weil M1 so toll läuft, ohne darüber nachzudenken, dass Börsenkäufe immer auch Börsenverkäufe sind und sich"fresh money" dort nur einfinden kann, wenn gehebelt, also gesamthaft mit"new credits" (Beleihungen usw.) gearbeitet wird.</font>
Nun aber die Zahlen aus Japan.
M 1 gegen Vj:
2000/I: plus 11,7 %
II: + 10,2
III: + 6,3
IV: + 4,8.
Da die starke M1-Erhöhung von 2000/I nach der"Lehre" (Friedman usw.) sich mit time-lag von ca. 9 Monaten (kann 6, kann 12 sein, egal)"irgendwo" zeigen muss, am besten in der Real-Ã-konomie (Arbeitsplätze usw.), notfalls auch nur in der"Finanzsphäre" (Börsenkurs rauf), hätte Japan spätestens Anfang 2001 irgendetwas"erleben" müssen.
Tatsächlich sind aber Real-Ã-konomie und Börse runter und runter gegangen .
Nebenbei: Erhöhung der"Optimum Quantity (!) of Money" nach Friedman und Monetaristen irgendwo zwischen 4 und 6 %, weil dem"natürlich Wachstumspfad" der Volkswirtschaft entsprechend und daher ohne Infla-Effekte.
Jetzt in 2001 Japan mit neuem Versuch:
Prozentplus M 1 pro Monat gg. Vj:
Jan 4,4
Feb 4,5
Mar 4,8
Apr 5,6
Mai 6,8
Jun 7,9
Jul 8,6
Aug 9,7
Das sieht wieder"heftig" aus und müsste also alsbald was bringen.
Dass ich das bezweifle, muss ich nicht wiederholen.
Meine Meinung: GM steigt jetzt auch in den USA Ã la"Hockey stick" oder exponentiell und?
<font color="FF0000">Nix.</font>
Es würde mich freuen, wenn's anders käme, aber dann hätte das nie und nimmer was mit M 1 zu tun, sondern mit"new credits". Ob die von Verbrauchern (siehe deren Vertrauen) oder Unternehmen genommen werden? So wie's ausschaut: NEIN.
Gruß
d.
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le chat
28.09.2001, 15:13
@ dottore
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Re: US-Geldmenge - freut Euch bitte nicht zu früh! |
Hi Dottore,
>Die theoretische Begründung hatte ich schon mal gebracht, kann ich jetzt nicht ausführlich wiederholen; Stichwort: GM, die aus Liquidisierung von bei der ZB verpfändeten Aktiva entsteht, dient bei Überschuldung nicht (!) zu zusätzlichen Käufen, sondern zunächst dazu, die Überschuldung selbst zu beseitigen, zu"strecken" bzw. Schulden zu zahlen, woraufhin das Geld letztlich immer wieder in der ZB verschwindet und mit Hilfe immer neuer Pfänder, also neuer Verschuldungstatbestände (!) wieder rausgeholt werden muss, solange bis alle Überschuldungstatbestände abgebaut sind -
Kann man es vereinfacht so sagen. Es werden weitere Sicherheiten gebracht
bis die Überschuldung beseitigt ist. In der Natur der Sache liegt dann wohl
auch dass das Rating dieser Sicherheiten nicht mehr Triple AAA ist, sondern
etwas abtrippelt.
Letztendlich läuft es dann so wie in Japan und hat deflationären Charakter.
beste Grüsse
le chat
PS. Dank Ihrer Bemühungen habe ich viel gelernt, jedoch fehlt mir immer
noch etwas die Kombinationsgabe um die ganze Tragweite richtig einzuschätzen.
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dottore
28.09.2001, 16:34
@ le chat
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Re: US-Geldmenge - freut Euch bitte nicht zu früh! |
>Kann man es vereinfacht so sagen. Es werden weitere Sicherheiten gebracht
>bis die Überschuldung beseitigt ist.
ZB-fähige Sicherheiten selbst sind en masse vorhanden (Euro-Raum: >6 Bio €);
daher keine Illiquiditätsgefahr des Systems;
natürlich ausschließlich verzinste Papiere als Pfand für die Vergabe von Liquidität (= M 1);
nun beginnt das Rat Race um die Aufbringung der Zinsen (der verpfändeten -! - Papiere, nicht des ZB-"Kredits");
nur möglich, wenn immer neues ZB-Geld bei Zinszahlungsterminen herangeschleppt wird, eben wiederum durch Verpfändung - ein perpetuum mobile.
Wie kommen wir da runter? Nur durch Zinszahlungen, die, in Form von dafür, den Zinszahlungen also (!), einem als"Mehr" geliefertem BIP entsprechen, das dann als endgültig geliefert bezeichnet werden: Man beseitigt das als"Zins" vom Schuldner angeschleppte BIP.
Wodurch? KONSUM - oder Kaufen und gleich in Müll oder halt wie Autos langsam aus Gebrauchsmöglichkeit kommen lassen).
Was heißt: Falls von den Gläubigern - egal auf welcher Stufe, also incl. Banknotenhaltern, die genau so Gläubiger sind (wenn auch gut getarnt) - nicht entsprechend den fälligen Zinszahlungen konsumiert wird, muss die Zins hochgebucht werden.
Da dieser Prozess heute schon weit über alle Points of no Return hinaus ist, hat sich eine"ungleiche" Verteilung ergeben, die immer stärker werden muss, da mit Steigen der Guthaben, die darauf fälligen Zinsen immer weniger konsumiert werden können (welcher"Reiche" trinkt täglich 100 Pullen Schampus?) wird der Zins wieder zum Guthaben (vice versa zur Schuld) geschlagen, was die Verteilung noch ungleicher macht.
Das Elend aller"Wohlstandskulturen" im finalen Stadium, siehe Florenz, 14./15. Jh.:
[img][/img]
<font color="FF0000">Immer weniger haben immer mehr, kriegen aus dem Mehr noch Mehr (Zins, Zinseszins) und können immer weniger davon konsumieren.
Zum Schluss spitzt sich alles upmarket zu ("verfeinerte Lebensart"), hilft aber auf Dauer vor allem dann nichts, wenn viele Schuldner (Regel: Staat) ihrerseits noch nicht mal Anstrengungen unternehmen oder -nehmen können, BIP anzubieten (das die Gläubiger vielleicht konsumieren könnten), weil Staat weder selbst was produziert noch Steuerzahler über Abgabenzwang entsprechend produzieren lässt (= Etatlöcher immer größer).</font>
Lage: a u s w e g l o s!
Folge, siehe Geschichte, immer massive Umwälzungen (wie damals in Florenz, Ciompi-Revolte 1378, dann Expansionskriege, Pisa usw. = Schuldenproblem wurde exportiert; dann Gewaltherrschaft Medici, dann Komplettrevolution, Savonarola); diesmal vermutlich zum 1. Mal im Weltmaßstab ("Globalisierungs"-Problem).
>In der Natur der Sache liegt dann wohl
>auch dass das Rating dieser Sicherheiten nicht mehr Triple AAA ist, sondern
>etwas abtrippelt.
Da hauptsächlich Staatspapiere, als Wechsel auf künftige, aber niemals eintreffende Steuern, ja. Zum Downgrading: Japan aktuell.
>Letztendlich läuft es dann so wie in Japan und hat deflationären Charakter.
So sehe ich es jedenfalls auch. An Mega-Defla führt m.E. keinerlei Weg vorbei. Damit: Krise, Gläubiger in Angst (wg. Banken, wg. Demonstrationen, wg. Protest, usw.) und noch weniger konsumbereit, zumal"Zeigen" von Geld (Konsum de luxe) dann unpassend und gefährlich.
In der Zwischenzeit mahlen die Zinsmühlen unerbittlich weiter. Tag und Nacht.
>beste Grüsse
>le chat
>PS. Dank Ihrer Bemühungen habe ich viel gelernt, jedoch fehlt mir immer
>noch etwas die Kombinationsgabe um die ganze Tragweite richtig einzuschätzen.
Vielleicht jetzt einfacher?
Besten Gruß zurück
d.
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XERXES
28.09.2001, 16:40
@ dottore
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Re: US-Geldmenge - freut Euch bitte nicht zu früh! |
TOLL BEAENGSTIGEND - Nur, welcher Volkswirt ist bereit, dies in unsere Zeit zu projizieren, wo doch heute ALLES anders ist!
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