Analysten sehen Existenz kleiner Versicherungen bedroht 
 
 Köln (vwd) - Vielen kleineren deutschen Versicherern droht nach Ansicht 
von Marktbeobachten das Aus, falls sie in diesem Jahr ihre Aktienbestände in 
großem Umfang abschreiben müssen. Die nicht-börsennotierten Assekuranzen 
dürften nach Einschätzung der WestLB Panmure inzwischen 80 Prozent ihrer 
stillen Reserven eingebüßt haben. Bei den börsennotierten Gesellschaften 
schätzt WestLB-Analyst Carsten Zielke den Verlust auf ein Drittel. Hoher 
Abschreibungsbedarf und die Belastung aus den Terroranschlägen in den USA 
könnten kleinere Unternehmen zur Aufgabe zwingen, sagte Ralph Bressler vom 
Düsseldorfer Bankhaus Lampe am Freitag zu vwd. 
 
 Bereits im vergangenen Jahr hätten die Versicherer zwischen 15 und 16 
Prozent ihrer Bewertungsreserven auf Grund der schlechten Verfassung der 
Aktienmärkte verloren, erklärte Zielke. Die Versicherungsvereine auf 
Gegenseitigkeit seien von diesen Entwicklungen besonders stark betroffen, da 
sie nicht nach dem Rechnungslegungsstandard IAS bilanzierten und ihre 
Aktienbestände überwiegend in der Mitte der 90er Jahre aufgebaut hätten. 
Zahlreiche Versicherungsnehmer würden in diesem Jahr keine 
Überschussbeteiligung erhalten. 
 
 Um die angesparten Mittel der Lebensversicherten fürchtet Zielke jedoch 
nicht. Die Solidarität in der Branche sei hoch, viele finanzstarke 
Unternehmen würden in Not geratenen Gesellschaften die Bestände abkaufen. 
Das Garantieversprechen von vier Prozent Zins auf Alt- und 3,25 Prozent auf 
Neuverträge könnten die Lebensversicherer dieses Jahr halten, sagte Michael 
Haid vom Bankhaus Sal. Oppenheim. Darüber hinaus werde es für einige Häuser 
schwierig. Bei einer Aktienquote von 25 Prozent und einer Rentenquote von 75 
Prozent müsste ein Unternehmen schon 40 Prozent stille Reserven in Aktien 
haben, um Abschreibungen auf Wertpapiere auszugleichen, rechnet Haid vor. 
 
 Dabei unterstellt er ein Minus von 40 Prozent seit Jahresbeginn im 
Aktienmarkt und ein Plus von fünf Prozent auf Renten. Konkret rechnet er bei 
der Swiss Life und der Hannover Leben mit Schwierigkeiten. Riesenprobleme 
werden bei kleineren und mittleren Rückversicherern erwartet. Die zehn 
weltgrößten Unternehmen würden vom veränderten Schadenszenario mit höheren 
Prämien profitieren und könnten die Durststrecke am Kapitalmarkt besser 
verkraften, so Haid. So habe das Aktienportfolio der Münchener 
Rückversicherungs-Gesellschaft seit Jahresbeginn von 73,8 Mrd EUR auf 51,5 
Mrd EUR Marktwert verloren, schätzt er. 
 
 Die Änderung des strengen Niederstwertprinzips betreffe jedoch nicht 
allein die Assekuranz, fügte Haid hinzu. Auch andere Branchen hätten hohe 
Abschreibungen auf Aktienbestände zu verkraften, sofern sie nach HGB 
bilanzierten. Nach Einschätzung von Bressler rechnet der Kapitalmarkt nicht 
damit, dass die Versicherer ihre Aktienbestände in großem Umfang veräußern 
werden, um die Verluste nicht nur in der Handelsbilanz, sondern auch in der 
Steuerbilanz geltend zu machen. Die am Freitag bekannt gewordene Forderung 
des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) habe bisher 
den DAX nicht beeinflusst. 
 
 Der Versicherungsverband hatte die Bundesregierung angesichts des 
drastischen Kursverfalls aufgefordert, die Bilanzierungsregeln noch in 
diesem Jahr zu ändern. Konkret geht es um den Paragrafen 341 b HGB, der das 
strenge Niederstwertprinzip vorschreibt. Der GDV erwartet, dass Versicherer 
die Aktien, die sie drastisch im Wert berichtigen müssen, auch verkaufen 
werden. Denn nur realisierte Verluste können auch steuerlich geltend gemacht 
werden. +++ Monika Lier 
vwd/28.9.2001/lie/har/sei 
 
 
<center> 
 
<HR> 
 
</center>  |