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Aber ich trau mich ja fast nicht, weil sich dottore mit Dir"verbündet" hat.
Dottore scheint aber unter einem"Tausch" irgendwie etwas anderes zu verstehen.
Hier also, wie ich die Sache sehe.
Du schreibst:
... durch Tausch wird niemals Wirtschaftswachstum erzwungen, denn es wechselt nur schon vorhandenes den Besitzer.
Das ist so natürlich nicht richtig! Wenn Du eine Versicherung abschließt, so tauschst Du ein gegenwärtiges Gut gegen eine durchaus ungewisse zukünftige Leistung. Und so ist es in sehr vielen anderen Fällen auch: beim Kreditkauf, beim Kauf auf Termin und den zahlreichen Varianten dieser Vorgänge in der Wirtschaft.
Der Gedanke, der aber hinter Deinen Worten zu stecken scheint (wenn wir vorerst einmal der Klarheit halber das Wort"erzwingen" durch"schaffen" oder"generieren" ersetzen; mir ist die Konsequenz der Verwendung des Wortes"erzwingen" in diesem Zusammenhang nicht ganz klar!), Dein Gedanke also ist offenbar der, den man schon bei Aristoteles (N.E. 1133 a14-22), Thomas (S.T., Bd. iii, 77/1, S. 344) und Locke (1692, S. 65) findet: die (moralische) Forderung nämlich, daß nur"gleiche" Werte gegeneinander getauscht werden dürfen, weil alles andere Betrug sei. Du dagegen folgerst aus diesem Satz anscheinend, daß - den Tausch gleicher Werte vorausgesetzt, - niemals ein Mehrwert entstehen könne. Diese Schlußfolgerung ist aber deshalb unrichtig, weil am Markt eben nicht Gleiches, sondern tatsächlich stets subjektiv größere gegen subjektiv als geringer empfundene Werte"eingetauscht" werden.
Denn Werte sind eben etwas durchaus Subjektives! Bei absoluter Gleichheit der Tauschgegenstände käme es mangels ausreichender Motivation der Tauschenden niemals zu einem Tausch. - Ein Sachverhalt, der durch das (fälschlich) Johannes Buridan zugeschriebene Bild vom Esel verdeutlicht wird, der sich vor zwei gleich großen Futterhaufen für keinen von beiden entscheiden kann und folglich trotz reichlichen Futterangebotes verhungern muß (cf. »Buridans Esel«; Schopenhauer 26. Jan. 1839). Die simple Tatsache, daß in Tat und Wahrheit aber alle Welt ständig Tauschakte ausführen, beweist, daß dem eben nicht so ist.
Der erste Ã-konom der Neuzeit, dem es gelingt, diesen scheinbaren Widerspruch aufzulösen, war übrigens m. W. Ferdinando Galiani (vgl. Tabarelli W., Ferdinando Galiani - Über das Geld, Düsseldorf 1999; pag. 181). Galiani hat erkannt: was »gleich« sein muß, ist die jeweilige Intensität, mit der ein Bedürfnis durch den Erwerb eines (letzten Teilquantums eines) Gutes bei den beiden Tauschpartnern nach Stillung verlangt. Auf pag. 133 des erwähnten Werkes heißt es: »Ich stelle fest, daß sich die Schar derer irrt, die glaubt, der Wert sei in einer den Dingen eigenen inneren Qualität begründet und sei nicht eine Relation, die sich je nach dem Ort, je nach der Zeit und je nach der jeweiligen Person verändert.« Das bedeutet: die äußeren Eigenschaften der getauschten Güter können und werden, ja müssen(!), in jedem Tauschakt eben unterschiedlich sein! Und so kommt es eben doch - subjektiv! - zu einem"Surplus". Marx stand sich mit seiner (unhaltbaren) Theorie des objektiven Wertes selbst im Wege und konnte den Sachverhalt deshalb nicht erkennen. Menger dagegen hat die Sache 150 Jahre nach Galiani nochmals mit wissenschaftlicher Präzision herausgearbeitet und bewiesen.
Diese Erkenntnis hat nun natürlich eine Reihe von Konsequenzen: Wieso etwa kommt es, fragt Galiani, daß gerade die lebenswichtigsten Güter, etwa landwirtschaftliche Produkte, das Brot, praktisch nichts kosten? Während gewisse Kunstwerke bisweilen zu horrenden Preisen verkauft werden? Die Antworten, die Galiani findet, sind zwar amüsant zu lesen, befriedigen aber unter streng wissenschaftlichen Aspekten nicht immer. Joseph Schumpeter hat jedoch 1912 mit seiner"Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung - Eine Untersuchung über Unternehmergewinn, Kapital, Kredit, Zins und den Konjunkturzyklus" eine unerschütterliche theoretische Basis für die Beantwortung dieser und einer Reihe damit zusammenhängender Fragen geschaffen. Die diesbezüglichen Überlegungen sind jedoch zu komplex, als daß sie hier in ein oder zwei Sätzen zusammengefaßt werden könnten.[/b]
So, das wär's!
Noch einen schönen Sonntag wünscht
G.
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>Aber ich trau mich ja fast nicht, weil sich dottore mit Dir"verbündet" hat.
Also, ich schreib, was mir einfällt, und wenns mir um die Ohren gehauen wird, dann hab ich wieder was gelernt.
>Dottore scheint aber unter einem"Tausch" irgendwie etwas anderes zu verstehen.
Ja.
>Hier also, wie ich die Sache sehe.
>Du schreibst:
>... durch Tausch wird niemals Wirtschaftswachstum erzwungen, denn es wechselt nur schon vorhandenes den Besitzer.
>Das ist so natürlich nicht richtig! Wenn Du eine Versicherung abschließt, so tauschst Du ein gegenwärtiges Gut gegen eine durchaus ungewisse zukünftige Leistung. Und so ist es in sehr vielen anderen Fällen auch: beim Kreditkauf, beim Kauf auf Termin und den zahlreichen Varianten dieser Vorgänge in der Wirtschaft.
Ein Kreditkauf ist kein Tausch, sonst könnte ich das, was ich haben will, ja sofort haben. Wozu dann noch Kredit? Kredit ist doch die Lösung des Problems, daß ich jetzt etwas haben will, aber erst später zahlen kann.
Leiste ich sofort, dann muß diese Leistung ja schon da sein.
>Der Gedanke, der aber hinter Deinen Worten zu stecken scheint (wenn wir vorerst einmal der Klarheit halber das Wort"erzwingen" durch"schaffen" oder"generieren" ersetzen; mir ist die Konsequenz der Verwendung des Wortes"erzwingen" in diesem Zusammenhang nicht ganz klar!), Dein Gedanke also ist offenbar der, den man schon bei Aristoteles (N.E. 1133 a14-22), Thomas (S.T., Bd. iii, 77/1, S. 344) und Locke (1692, S. 65) findet: die (moralische) Forderung nämlich, daß nur"gleiche" Werte gegeneinander getauscht werden dürfen, weil alles andere Betrug sei. Du dagegen folgerst aus diesem Satz anscheinend, daß - den Tausch gleicher Werte vorausgesetzt, - niemals ein Mehrwert entstehen könne. Diese Schlußfolgerung ist aber deshalb unrichtig, weil am Markt eben nicht Gleiches, sondern tatsächlich stets subjektiv größere gegen subjektiv als geringer empfundene Werte"eingetauscht" werden.
Ja.
Ich leime mal einen Text von Dottore ran, vielleicht wirds dann klarer (ist vom 9. Juni). Ich kann das nicht so sauber formulieren.
"1. Die Tauschtheorie des Geldes ist fraglos vom simplen Augenschein abgeleitet: Es wird ein (werthaltiges) Geldstück gegen eine Ware getauscht. Tatsächlich ist das ein Warentausch. Geld ist ein Tauschgegenstand, aber kein Tauschmittel.
2. Geld ist nicht als Tauschmittel entstanden, sozusagen, um den Tauschvorgang überhaupt zu ermöglichen oder zu erleichtern bzw. evtl. zu beschleunigen oder zu"optimieren". Dies ist historisch falsch.
3. Es gibt Wirtschaften, in denen getauscht wurde. Und Tauschen ist bis heute jederzeit möglich. Aber das bleibt Tausch und hat mit Geld nichts zu tun. Ich tausche also keinen Geldschein gegen eine Ware, sondern ich bezahle damit.
4. Bezahlen kann ich aber immer nur eine vorangegangene Schuld. Dies ist beim Kaufakt die Schuld gegenüber dem Verkäufer. Aber dieses Bezahlen ist nur eine Zession der im Geld verbrieften Schuld. Dise Schuld kommt erst aus der Welt, nachdem der erste Schuldvorgang, aus dem das Geld einst (Wandlung in Banknoten usw.) entstanden ist, seinerseits getilgt ist.
5. Beim Tausch müssen beide Parteien sich absolut über das einig sein, was sie jeweils geben und nehmen. Die Einschätzung von Wert und Gegenwert ist also nur auf diese beiden Parteien begrenzt. Dritte, vierte usw. Parteien würden evtl. einen solchen Tausch wie die beiden ersten ihn vereinbart haben, nicht akzeptieren.
6. Damit aus Warentauschsystemen Geld entstehen kann, also etwas, das auch Dritte, Vierte usw. akzeptieren (womit wir letztlich Geld als"für andere" bzw. schließlich"für alle geltend" haben) muss sich eine Ware herausbilden, die diese Eigenschaft hat. Das wurde in der Geschichte Edelmetall aufgrund seiner allseits bekannten physischen Eigenschaften.
7. Dieses Warengeld war nach wie vor eine Ware. Und da ihre Wertschätzung etwas mit der Seltenheit zu tun hat, ergeben sich für diese Ware enstsprechend aufwendigere Produktionen. Was nicht selten ist (und seine Seltenheit durch die aufwendigere Produktion darstellt), kann nicht diese Ware sein. Ein Basaltsteinchen ist (fast) so haltbar wie Edelmetall, aber es hat praktisch keinen Wert, das seine Herstellung (Findung) nichts kostet.
8. Je aufwendiger also die Produktion bzw. Findung, desto seltener und desto wertvoller ist diese Ware. Soziologisch-historisch kann diese Ware in ihrem Wert variieren, aber letztlich hat der Häuptling eben Adlerfeder (selten, Adler schwer zu erlegen) im Kopfschmuck und keinen Spatzenfedernflaum. Aber damit sind wir immer noch beim Warentausch.
9. Tauschkontrakte können in die Länge gezogen werden. Dadurch wird der Charakter des Tausches als eines schuldrechtlichen Vorgangs deutlich. Die Überbrückung dieser zeitlichen Länge muss bezahlt (Zins) und besichert (Eigentum) werden.
10. Läuft dieser gestreckte Tauschvorgang über Zeit, haben wir es also mit einem Kredit zu tun. Dieser Kredit kann zunächst über Waren aller Art lauten. Lautet er auf Edelmetall lautet er über eine Ware, die mehr Tauschinteressierte anzieht als ein Warenkredit über etwas, das sich nur auf wenige oder gar nur einen beschränkt. (Das muss nicht sein, aber wir lassen jetzt mal Kredite über andere Güter weg; ein Kredit über Adlerfedern würde z.B. nur den interessieren, der dann, wenn er selbst die Schuld einfordert, diese Feder auch nutzen kann - was aber im Indianerfall nur Häuptlinge oder Häuptlingsaspiranten interessieren würde).
11. Eine Kredit über eine Ware, die sich also bei einer möglichst großen Zahl von Menschen durchgesetzt hat, ist also interessanter als ein Kredit über eine Ware, die eine kleinere Zahl interessiert. Diesen Kredit kann ich zedieren, weil andere gern in ihn eintreten, aber dann ist es immer noch ein unbesicherter Kredit.
12. Es wird sich also ein Kredit als Zessionsmittel durchsetzen, der obendrein auch noch besichert ist und zwar durch Eigentum. Dabei hat unbewegliches Eigentum gegenüber beweglichem den Vorteil, dass es nicht während der Kreditlaufzeit entfernt und damit dem Zugriff des jeweiligen Gläubigers entzogen werden kann. Daher sind im Vorteil: Grund und Boden bzw. in Depositenanstalten (Tempel, später Banken) gesichert liegende Metalle. Grund und Boden wiederum ist im Vorteil gegenüber Tempeln (Banken), da letztere geplündert werden können (die Plünderung von"Schatzhäusern" hat von der griechischen Antike über Augustus und Napoleon bis Saddam in Kuwait eine alte Tradition).
13. Der Schuldner kann zwar auch Besicherung anbieten, da er aber bereits Schuldner ist (bzw. davor steht einer zu werden), ist er in einer schlechteren Position als derjenige, der als Nichtschuldner unbelastetes Eigentum zur Besicherung anbieten kann. Daher der Vorgang A schuldet B, und C (am A/B-Verhältnis völlig unbeteiligt) besichert den A/B-Kontrakt (ob er dafür entschädigt wird, spielt keine Rolle).
14. Wir haben also aus der Ware erst den Warenkredit, dann den besicherten Warenkredit entwickelt. Da nur seltene (produktionskostenintensive) Waren für den Warenkredit in Frage kommen, muss die Produktion dieser Ware ihrerseits finanziert werden (Zeitüberbrückung). Damit ist Warengeld ohne"Produktionsumwege" nicht vorstellbar. Warengeld kann nur seinen Wert durch ein vorangegangenes Schuldverhältnis erhalten, weil es sonst beliebig und wertlos wäre."
Gruß
Jochen
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