Theo Stuss
10.10.2001, 08:17 |
Außerthematisch: Die aramäische Lesart des Koran. Zwei Rezensionen Thread gesperrt |
Karl-Heinz Ohlig
Eine Revolution der Koran-Philologie
Zum Buch von Christoph Luxenberg, Die syro-aramäische Lesart des Koran. Ein Beitrag zur Entschlüsselung der Koransprache. Berlin (Das arabische Buch) 2000, 311 S.
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Vor einigen Wochen erschien das Buch eines offensichtlich pseudonymen Autors, gerade noch rechtzeitig, dass ich vor der Endredaktion eines eigenen Buchs (Weltreligion Islam. Eine Einführung, Mainz, Luzern 2000, 381 S.) noch kurz darauf eingehen konnte.
Der Autor geht davon aus, dass ein"in weiten Teilen... philologisch nicht geklärter Text" (1) erst richtig verstanden werden kann, wenn man die syro-aramäische Sprache heranzieht, in deren Umfeld der Koran als erstes arabisches Buch entstanden ist. Dann könnten die bisher als dunkel bezeichneten Stellen des Koran - manche sprechen von bis zu einem Viertel des Textes - in ihrer Aussage entschlüsselt werden, darüber hinaus aber auch eine Reihe ursprünglich arabischer Begriffe neu gelesen werden.
Grundlage dieses Vorgehens ist zum einen die enge Verwandtschaft der beiden Sprachen Syro-aramäisch und Arabisch, die viele gemeinsame Wortstämme besitzen, aber in den jeweiligen Sprachen oft Bedeutungsvarianten kennen, zum anderen die Schreibweise des Arabisch: Die Buchstabenzeichen für die Konsonanten - Vokale wurden zunächst nicht geschrieben - sind nicht eindeutig; einige Zeichen können bis zu fünf verschiedene Konsonanten bezeichnen. In der späteren Zeit und im heutigen Arabisch werden die Zeichen durch diakritische Punkte über oder unter ihnen eindeutig den einzelnen Konsonanten zugeordnet. Die ältesten Koranhandschriften aber kannten keine diakritischen Punkte und auch keine Vokalzeichen, so dass der Text mehrdeutig war. Die These des Autors ist nun, dass die Redaktoren, die in den folgenden Jahrhunderten den Text festlegten, dies von einem arabischen Sprachverständnis her versuchten, wobei sie nicht mehr wußten, dass die Verfasser des Koran eine Reihe von syrischen Worten in arabischer mehrdeutiger Schrift niedergeschrieben hatten.
Der Autor schreibt zur Anwendung seiner Methode:"Im Ergebnis wird sich zeigen, dass möglicherweise noch mehr Stellen im Koran mißverstanden wurden als die, deren Unklarheit von den bisherigen Korankommentatoren und -übersetzern zugestanden wurde. Darüber hinaus wird die Analyse teilweise erhebliche Defizite bei der bisherigen Interpretation mancher Aspekte der syntaktischen Struktur der Koransprache enthüllen" (9).
Das Buch ist nicht leicht zu lesen, weil die untersuchten Texte in arabischer und syrischer Schrift wiedergegeben werden und die philologische Diskussion den Nichtfachmann oft überfordert. Was aber jeder Leser leicht sehen wird: Die neuen Bedeutungsvorschläge ergeben auf einmal einen klaren Sinn und passen besser in den Kontext des Koran. Alle einzelnen Schritte sind durch Rückgriff auf klassische arabische und syrische Lexika belegt; der Autor verzichtet darauf, Vorschläge zu machen, die nicht überprüfbar sind.
Aus der Fülle der neuen Einsichten sollen nur einige vorgestellt werden. So zeigt z.B. der Autor, dass der Koran - der Begriff bezeichnet ein Lektionar der syrisch-christlichen Liturgie - sich selbst als Teil und Bestätigung des Alten und Neuen Testaments versteht (57-83):
"Damit besteht er zum einen aus »getreuen« Auszügen aus der »Urschrift«, d.h. der »kanonischen Schrift«, zum anderen aus mit der Urschrift »vergleichbaren«, etwa apokryphen und sonstigen Schriften entnommenen Teilen" (83).
Er geht auf zahlreiche einzelne Verse und Begriffe ein. Für den Leser am wichtigsten bietet er neue Bedeutungen unter der Überschrift"Verlesung und Mißdeutung thematischer Inhalte" (221-269) und"Analyse einzelner Suren" (269-285). Beispiel für eine Fehllesung von Inhalten im Koran sind für ihn die Passagen über Huris oder Paradiesjungfrauen und die Jünglinge im Paradies. Er zeigt auf, dass der Begriff Huri ("die weißen", Adjektiv fem. Plural) keineswegs weiße (Jungfrauen) bezeichnet, die den Männern im Paradies zur Verfügung stehen, sondern"weiße (Trauben)" meinen, ein Anklang an Trauben und Wein, die im christlichen Paradies zur (symbolischen) Ausstattung gehören und die der christliche Theologe Ephräm der Syrer in Hymnen, die damals im Umlauf waren, besungen hat; ähnliches gilt für die angeblichen Jünglinge."Die koranische Aussage ist eigentlich klar und schließt jede Phantasievorstellung aus. Mehr als Essen und Trinken gibt es im Paradies nicht" (247). Er hält es für"eine gute Portion Dreistigkeit..., bei einer heiligen Schrift, die ja der Koran ist, sich überhaupt so etwas auszudenken und dies dem Koran zu unterstellen" (249).
Bei seiner Untersuchung ganzer Suren, die er auf syro-aramäische Weise liest, geht er auf S. 108 und 96 ein. S. 108, die in der bisher vermuteten Bedeutung mehr als dunkel war, erschließt sich als ein Anklang an 1 Petr 5,8.9 sowie einen Hymnus der christlichen komplet; S. 96, die als älteste Sure gilt, ist ein durch und durch christlicher Text, der mit der Aufforderung endet:"nimm an der Abendmahlliturgie teil" (296); auf eine vergleichbare Aussage verweist er für S. 5,114, die als jüngste Sure gilt. Vor daher erhärtet er die bisher unbewiesene Hypothese Günter Lülings, dass es einen vorkoranischen Grundstock von Hymnen aus der christlich-syrischen Liturgie gibt, die in den Koran eingeflossen sind.
Das Buch erschließt ganz neue Einsichten in den jetzt plausiblen Korantext sowie in die enge Verwobenheit des Koran mit dem syrischen Christentum; Islamwissenschaft und auch Religionswissenschaft müssen in einer Reihe von Punkten umdenken. Der Autor schreibt im Vorwort:"Mit dieser Arbeit wird ein Bruchteil umfangreicherer Untersuchungen zur Sprache des Koran der Ã-ffentlichkeit vorgelegt" (VII). Man darf also erwarten, dass er noch weitere Ergebnisse seiner Forschungen vorlegen wird.
Saarbrücker Islamwissenschaftler:"Etwa ein Fünftel des Koran muss neu gelesen werden!"
Datum der Mitteilung: 08.12.1999
Absender: Dr. Manfred Leber
Einrichtung: Universität des Saarlandes
Kategorie: überregional
Forschungsprojekte, Forschungsergebnisse
Gesellschaft, Sprache und Literatur, Geschichte, Religion und Philosophie
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Mit dem spektakulären Fund früher Koranhandschriften in der großen Moschee von Sanaa (Jemen) und ihrer Restaurierung unter Mitwirkung von Wissenschaftlern der Universität des Saarlandes ist die Quellenlage moderner Koranforschung in ganz erheblichem Maße erweitert worden. Die Vorbereitung einer historisch-kritischen Ausgabe des Korans liegt nahe. In ihr könnte, so die Einschätzung des Saarbrücker Experten Dr. Gerd-Rüdiger Puin, das eine Fünftel des Korans, das auch"Eingeweihten" als schwer verständlich gilt, eine weitgehende Erhellung erfahren. Es handelt sich bei diesen dunklen Stellen zumeist um das Ergebnis arabischer Sprachinterpretationen, in denen die Bedeutung des Aramäischen innerhalb der arabischen Sprache zur Zeit des Religionsstifters Mohammed und unmittelbar danach verkannt wurde.
Nach islamischer Lehre ist der Koran das für alle Zeiten gültige Wort Gottes, das Mohammed offenbart wurde. Textliche Abweichungen innerhalb der bislang bekannten schriftlichen Koranüberlieferungen werden von muslimischer Seite normalerweise als Abschreibfehler disqualifiziert. Aber auch von der westlichen Koranforschung wurde zumindest nie nachhaltig in Frage gestellt, dass der Koran ausschließlich auf die Verkündigungen des historischen Mohammed zurückgeht, dass eine"kritische" Edition diverser Koranüberlieferungen und deren Vereinheitlichung unter Osman, dem dritten Kalifen nach Mohammed, stattfand, und die Kairoer Koranausgabe von 1924 deren letztgültige Fassung darstellt.
Entsprechend bedeutsam ist vor diesem Hintergrund der Fund ältester, zum Teil bereits 50 Jahre nach dem Tod Mohammeds entstandener Koranfragmente in der großen Moschee von Sanaa aus dem Jahre 1972. Ihre Restaurierung ist mittlerweile abgeschlossen und die wissenschaftliche Auswertung hat begonnen. Den zu erwartenden philologischen Ertrag bringt der Saarbrücker Islamwissenschaftler Dr. Gerd-Rüdiger Puin auf folgenden Nenner:"Etwa ein Fünftel des heute maßgeblichen Koran muss neu gelesen werden".
Was nun ist an diesen neuen alten Schriften aus Sanaa anders als am sogenannten Kairoer Koran? Und was berechtigt zu der Annahme, dass in den Varianten ein erster Schlüssel zum besseren Verständnis der dunklen Stellen liegt? Könnte man einfach von nicht weiter aufregenden, da historisch nicht zum Tragen gekommenen Varianten sprechen? Puins Antwort darauf ist ein klares Nein. Denn das Spannende an den nach über tausend Jahren wiedergefundenen alten Schriften ist, dass sie weitgehend nur aus dem Rasm (Spur) bestehen. Darunter versteht man die ursprüngliche Schreibweise der arabischen Sprache, die weder die Schreibung von kurzen Vokalen noch die (schriftgeschichtlich ebenfalls erst später eingeführten) diakritischen Zeichen zur genaueren Festlegung der Konsonanten kennt. Der Rasm besteht aus lediglich 18 Buchstaben, von denen jeder wieder für bis zu fünf verschiedene Konsonanten stehen kann! Diese einfache arabische Grundschrift, wie sie zu Mohammeds Zeit und unmittelbar danach gebräuchlich war, ist damit bedeutungsoffener als die heutige arabische Schrift. Im Lauf der Schriftentwicklung wurde über die eindeutige Festlegung der Buchstaben auch die Bedeutung des Geschriebenen festgelegt. Aber anders verhält es sich eben mit dem ursprünglichen Rasm, wo die Bedeutung über den Kontext erschlossen, d.h. interpretiert werden musste - und dies ist, wenn man mit Puin vor dem Hintergrund der gefundenen alten Schriften die Festlegungen des heutigen offiziellen Korantextes kritisch überprüft, oft nicht befriedigend erfolgt.
Die gemessen an anderen Alternativen, die der ursprüngliche Rasm offen hält, unplausiblen Festlegungen der offiziellen Koranfassung, so ein weiterer Befund Puins, haben durchaus System. Zu einem Großteil zeichnen sie sich durch eine Vernachlässigung, wo nicht bewusste Abkehr von den Aramaismen der früheren arabischen Sprache aus. Puin erläutert:"Das Aramäische, eine sogenannte Nahsprache des Arabischen, war im Arabischen der frühen Koranrezitationen mit zahlreichen Lehnworten präsent. Gegenüber ihrem jeweiligen arabischen Nahwort, zu dessen Gunsten die spätere Textinterpretation des Korans in der Regel ausfiel, hatten sie aber im Allgemeinen einen mehr oder minder abweichenden Sinn." Eine Philologie, die dies konsequent berücksichtigt, so die Puinsche These, kann hinter die nach dem Prinzip"Arabisierung vor Plausibilität" erfolgten wortgeschichtlichen Entwicklungen zurückgehen und damit zahlreiche"dunkle" Stellen des Koran erhellen.
An einem einfachen Beispiel kann dies verdeutlicht werden: Das Wort sakînah wird von den arabischen Lexikographen mit der arabischen Wurzel s-k-n in Verbindung gebracht; diese bedeutet 'ruhig sein, (be)wohnen'. Der koranische Gebrauch des Wortes sakînah hat aber weniger mit 'Ruhe' zu tun als mit der 'Gegenwart (Gottes)', die in Hebräisch/Aramäisch schekhîna heißt. Denn dieses Wort hat die gleiche Wurzel s-k-m, gibt aber im Kontext sämtlicher Koranstellen, an denen es vorkommt (2:248, 48:4, 48:18, 9:26, 9:40, 48:26), einen besseren Sinn. Auch der Anklang an den Sprachgebrauch"Gegenwart/Herrlichkeit Gottes" der Bibel, auf die der Koran in vielfältiger Weise Bezug nimmt, spricht für diese Lesart. - In einer neueren Koranübersetzung ins Deutsche, an der auch Muslime mitgewirkt haben, wird sakînah mit"(Gottes) Ruhe spendende Gegenwart" übersetzt - eine Lösung des Problems, die sowohl dem traditionellen (arabischen) Verständnis ('Ruhe'), als auch der philologischen Einsicht in die Bedeutung des aramäischen Wortes ('Gegenwart') gerecht wird (Der Koran. Übers. v. Adel Th. Khoury. Gütersloh: Mohn 1987).
Dass der Koran entgegen seiner Selbstaussage,"klar" zu sein, selten so wahrgenommen wurde, ist ein offenes Geheimnis. Die Apparate zur Erläuterung der schwer verständlichen Stellen wachsen in der nicht-muslimischen wie in der muslimischen Gelehrtenwelt; und die Mystifizierung dessen, was man nicht ohne weiteres nachvollziehen kann, zu einer im letzten unfasslichen Poesie, erwies sich durch die Zeiten als die herrschende Rezeptionsweise der Muslime, vom einfachen Gläubigen bis hin zum hohen Gelehrten."Wohl eine Zauberkraft muss sein in dem woran / Bezaubert eine Welt so hängt wie am Koran", schreibt der spätromantische Lyriker, Übersetzer und Orientalist Friedrich Rückert. Es ist eine ebenso poetische wie gelehrte Hommage an das Ineinanderfließen von Ästhetik und Religion, die für das unmittelbare Erleben einer Koranrezitation durch einen gläubigen Muslim ebenso bezeichnend ist wie für ihren wissenschaftlichen Nachhall in dem in diesen Tagen viel beachteten Buch"Gott ist schön. Das ästhetische Erleben des Koran" von Navid Kermani (Beck Verlag, München 1999). Nicht selten jedoch, so der eher philologisch arbeitende Islamforscher Puin, beruht die ästhetische Qualität des Koran gewiss auf einem kreativen Missverstehen seiner Sprache.
Eine historisch-kritische Auswertung des frühen Fragmentbestands ist nun das nächste Ziel, das Puin angehen möchte. Realisiert werden soll sie auch mit elektronischen Hilfsmitteln, was die Möglichkeit bietet, an den deutungsbedürftigen Textstellen die verschieden Ebenen 1. Kairoer Koran, 2. den von dessen diakritischen Zeichen radikal"entkleideten" Rasm, 3. den - soweit vorhanden - entsprechenden Rasm eines Sanaa-Fragments, 4. die dazugehörigen Kommentare des Herausgebers und schließlich 5. die aus dem aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand resultierende Bedeutung miteinander zu verbinden. Das Projekt bedarf allerdings noch der Unterstützung - sowohl technischer Art mit einer geeigneten Software, die zur Erstellung der entsprechenden Textebenen die diakritischen Zeichen in Gänze"wegradieren", sie partiell aber auch wieder einfügen kann, als auch finanzieller Art, um den notwendigen Sach- und Personaleinsatz zu ermöglichen.
Ob das Benötigte auch gefunden werden kann, ist im Augenblick nicht abzusehen. Denn schwer kalkulierbar ist, wie es um die allgemeine Akzeptanz für eine historisch-kritische Arbeit am Koran steht. Die ersten vorsichtigen Schlussfolgerungen, die Puin aus"seinen" Sanaa-Fragmenten zog, wurden über einen Artikel des Wissenschaftsjournalisten Toby Lester"What is the Koran?" zu Beginn des Jahres (Januar-Ausgabe der Zeitschrift"The Atlantic Monthly") erstmals einer größeren Ã-ffentlichkeit zugänglich gemacht. Harsche Reaktionen von orthodoxen Gläubigen, denen"ihr" Koran Wort für Wort heilig ist, waren die Folge. Mit Widerständen rechnet Puin aber auch bei der wissenschaftlichen Fachwelt einschließlich der deutschen. In den Augen des Saarbrücker Koranforschers hat sich diese - u.a. in der Tradition Rückerts - in letzter Zeit eher um kongeniale Einfühlung in das, was ihr vorgegeben wurde, als um dessen kritische Analyse bemüht. Andererseits: Kein Wissenschaftler wird sich am Ende über eine philologisch besser als bisher begründetes Textverständnis hinwegsetzen können. Auch ist kein gläubiger Muslim gezwungen, zwischen einem revidierten Koran-Verständnis und dem Glauben an die zeitlose Gültigkeit von Allahs Wort einen Gegensatz zu sehen. Schließlich handelt es sich bei der hier dargestellten Koran-Forschung nicht um das erste abwägende Bemühen, den"richtigen" Koran-Text sicherzustellen. Angesichts der Unsicherheit, die aufgrund von einander abweichenden Koran-Überlieferungen schon wenige Jahre nach Mohammeds Tod entstanden ist, ließ der dritte Kalif Osman (reg. 644 - 655 A.D.) von den Gelehrten seiner Zeit die bis heute weitgehend anerkannte Koran-Edition besorgen. Auch sie wurde nur von Menschen gemacht!
Mit Illustrationen ist der Text dieser Pressemitteilung als Titel der neuen Ausgabe der Universitätszeitschrift campus (campus 4/1999) erschienen. Über den spektakulären Fund von Sanaa, die aufwendige Restaurierung der Pergamentfragmente und ihre kunsthistorische Zuordnung berichtete bereits campus 3/99. campus ist bei der Pressestelle der Universität des Saarlandes erhältlich, Tel. 0681/302-2601. Weitere Fragen beantwortet Ihnen Dr. Gerd-Rüdiger Puin, Tel. 0681/302-2736.
Zur Person:
Dr. Gerd-Rüdiger Puin, geb. 1940 in Königsberg, studierte von 1962 bis 1969 in Bonn Islamwissenschaft, Wirtschaftsgeographie und Wirtschaftspolitik. Zum Auslandstudium ging er 1964/65 für sieben Monate an die Universität in Riyad in Saudi-Arabien, die er al erster Nicht-Muslim besuchen konnte. Nach der Promotion war er zunächst am Deutschen Orient-Institut in Hamburg tätig, bevor er 1972 an die Universität des Saarlandes kam. 1981 bis 1985 wurde er beurlaubt, um bei der Jemenitischen Antikenbehörde in Sanaa das Kuturhilfeprojekt des Auswärtigen Amts"Restaurierung und Katalogisierung Arabischer Handschriften" zu leiten. Anschließend übernahm sein Saarbrücker Kollege, der Kunsthistoriker und Spezialist für islamische Buchmalerei Dr. Hans-Caspar Graf von Bothmer, die örtliche Leitung dieses mit einer Förderung in Millionenhöhe bislang größten Kulturerhaltungsprojektes. Von den Zehntausenden Pergament- und Papierfragmenten, die 1972 bei Umbauarbeiten der im Jahr 628, also noch zu Lebzeiten Mohammeds errichteten Großen Moschee gefunden wurden, sind mittlerweile die Pergamentfragmente - sie stammen aus 926 verschiedenen Koranhandschriften - restauriert, katalogisiert und kunsthistorisch eingeordnet. Nach Plänen von Puin richtete die jemenitische Antikenbehörde eine ständige Koranausstellung im"Haus der Handschriften" ein, in der - u.a. als Attraktion für Staatsbesucher - eine Auswahl der Fragmente zu sehen ist. Puin selbst stehen für seine Forschungsarbeiten Mikrofilme zur Verfügung, die von Bothmer zum Abschluss des Projekts 1997 im Jemen angefertigt hat.
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XERXES
10.10.2001, 08:35
@ Theo Stuss
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Welch ein Zufall, dass Jesu Muttersprache auch Aramaeisch war. (owT) |
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Theo Stuss
10.10.2001, 09:16
@ XERXES
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Re: Welch ein Zufall, dass Jesu Muttersprache auch Aramaeisch war. (owT) |
Guten Morgen Xerxes,
natürlich ist das kein Zufall. Neben dem Griechischen war das Aramäische nun einmal die Kultursprache der Region und nicht Arabisch. Zum Teil nimmt der Koran ja auch ganz aus ausdrücklich auf das Alte Testament Bezug, wobei die Darstellung sehr verstümmelt wird. Hier ist die Verwechslung mit Mariam, der Schwester des Mose mit der neutestamentlichen Maria besonders peinlich.
Am Anfang ihrer Herrschaft waren die arabischen Moslems auch auf Juden und aramäische Christen angewiesen. Die vielgepriesene Fortschrittlichkeit des mittelalterlichen Islam ist nichts anderes als eine Rezeption der Kulturgüter des syrischen Christentums und Judentums. Dazu gehört die Architektur der Moscheen, die Literatur und die Musik. Auch die Philosophie ist hier zu nennen. Zwar erhielt das Abendland umfangreiche Kenntnis des Aristotelismus über die arabischen Averroisten, diese rezipierten Aristoteles aber aus dem syrischen Christentum.
Durch die Byzantiner konnte Aristoteles nicht an den Okzident überliefert werden, weil diese sich einseitig für den Platonismus entschieden haben. Der Aristotelismus stand im Ruf des Rationalismus und wurde von den syrischen Nestorianern ausgeübt. Erst als Thomas von Aquin eine Symbiose aus Aristoteles und Platon zustandebrachte, erwachte von Neuem in Konstantinopel das Interesse am Stagiriten. Aber auch das war nur eine Zwischenperiode. Die heutige Orthodoxie ist dem Aristoteles spinnefeind.
Der Islam ist ein Synkretismus aus jüdischen, christlichen und gnostischen Elementen, eine Art Trivialmosaismus für Heiden. der Autor"Luxenberg" ist ein christlicher Libanese.
Da es zwar eine ganze Reihe von Personen in der Region gibt, die sowohl Aramäisch als auch Arabisch sprechen können, aber keine wissenschaftliche Qualifikation besitzen, ist sein Zeugnis als Sprachwissenschaftler dieser beiden semitischen Sprachen sehr wertvoll. Es gibt oft die Kombination Aramäisch mit Hebräisch, aber"Luxenberg" ist als muttersprachlicher Araber, der als Christ auch immer das Aramäische praktizierte und sich zusätzliche eine sprachwissenschaftliche Promotion an einer deutschen Universität zulegte, ein Unikum.
Vor einigen Monaten, als der"Spiegel" seinen umfangreichen Beitrag zum Islam veröffentlichte, wollte Luxenberg sein Buch im Rahmen der Spiegel-Publikation vorstellen. Aufgrund massiver Drohungen ließ der SPIEGEL von seinem ursprünglichen Vorhaben ab. Einer der Chefredakteure scheint auch selbst Moslem zu sein. Da Luxenberg befürchten muß, der Fatwa zu verfallen, gibt er seinen Namen nicht Preis. Ich habe einen Freund, der für seine Zeitung ein Gespräch mit dem Autoren geführt hat. Ihm ist die wahre Idenität bekannt.
Gruß,
T.S.
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mguder
10.10.2001, 15:53
@ Theo Stuss
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Re: Außerthematisch: Die aramäische Lesart des Koran. Zwei Rezensionen |
Hi,
das ist sehr interessant und passt haargenau zu Carottas Theorie, daß der Islam den gleichen Ursprung hat wie das Christentum(nämlich den Kult des Divus Julius).Auch die Übersetzungsprobleme sind ähnlich wie bei den Evangelien.
Nicht zu vergessen sei auch die Stelle im Koran, die sagt, Jesus sei nicht gekreuzigt worden, sondern es sei nur vorgespielt worden.
Danke für die interessante Information.
<ul> ~ http://www.carotta.de</ul>
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SchlauFuchs
10.10.2001, 16:46
@ mguder
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wenn dottore Zeit hat,... |
>Hi,
>das ist sehr interessant und passt haargenau zu Carottas Theorie, daß der Islam den gleichen Ursprung hat wie das Christentum(nämlich den Kult des Divus Julius).Auch die Übersetzungsprobleme sind ähnlich wie bei den Evangelien.
>Nicht zu vergessen sei auch die Stelle im Koran, die sagt, Jesus sei nicht gekreuzigt worden, sondern es sei nur vorgespielt worden.
>Danke für die interessante Information.
dann könnte er vielleicht mal zwei Worte dazu sagen, was seine Historik-Kenntnisse dazu meinen...
ciao!
SchlauFuchs
<ul> ~ Carotta - Zusammenfassung</ul>
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Theo Stuss
10.10.2001, 17:59
@ SchlauFuchs
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Re: wenn dottore Zeit hat,... |
Hallo Schlaufuchs,
was hälst Du davon, wenn man die Verehrung von Jesus Christus durch die ersten Christen, die aus dem Judentum herkamen, einfach ganz konventionell durch die jüdische Messiaserwartungen erklärt.
Der römische Kaiserkult hält weitaus besser her zur Erklärung des byzantinischen bzw. zaristischen Cäsaropapismus, wo ein Monarch im Christentum eine quasi lehramtliche Autorität erhält, wenn auch in abgemildeter Form. Dem Kaiser wurden keine Opfer mehr dargebracht, aber er nahm im östlichen Christentum das Abbild des ewigen"Rex Gloriae" und des"Pantokrator" ein.
Bei den Römern war der Kaiser"Divus", später bei den christlichen Byzantinern"Agios", nämlich heilig und unantastbar.
Die These vom Divus Julius der durch den Kult Jesu ersetzt wird, wirkt doch ein bißchen an den Haaren herbeigezogen. Umgekehrt wird ein Schuh draus:
Die Römer, die es gewohnt waren den Kaiser zu vergöttlichen, suchten in christlicher Zeit eine neue Legitimation für diese Verehrung. Nach dem sich die Christen, nennen wir sie ruhig beim Namen, die Katholiken sich im reich durchsetzten, lehnte sich der Kaiserkult an Jesus Christus an und nicht umgekehrt.
Folgendes Gebet aus dem alten römischen Missale, welches wohl schon in die Spätantike zurückreicht soll das verdeutlichen:
Oratio für den römischen Kaiser:
Gott, Schirmherr aller Reiche und
vor allem des christlichen Kaisertums,
verleihe Deinem Diener, unserem (erwählten)
Kaiser N.N.(z.B. Delirius Tremens), die Gabe,
den Triumph Deiner Kraft weise zu vervollkommnen,
damit er, der durch Deine Anordnung Fürst ist, aus Deiner
Hand dauernde Macht zum Geschenke empfange.
Bei einem König war man schon bescheidener:
Wir bitten Dich, allmächtiger Gott, Dein Diener unser
König N., der durch Deine Huld des Reiches Steuerruder
führt, möge auch Wachstum in allen Tugenden (die er wahrscheinlich
nicht besitzt) gewinnen, damit er in ihrem Schmucke jegliches Unwesen
böser Lüste (deren er wohl reichlich fröhnt) von sich weise und reich
an Gnadengaben (an denen es ihm mangelt) zu Dir zu gelangen vermöge.
Man sieht die Abschwächung. Schon sehr bescheiden, fast ernüchternd dieses Gebet.
Noch einmal das Gebet für den römischen Kaiser aus der alten Karfreitagsliturgie:
Lasset uns beten für den allerchristlichsten Kaiser (christianissimo Imperatore nostro), daß unser Gott und Herr (Dominus et Deus) alle Barbarenvölker
ihm untertan mache zu unserem beständigen Frieden.
Lasset uns beten. Beugen wir die Knie. Erhebet euch.
Allmächtiger ewiger Gott, in Deiner Hand sind die Gewalten und die Rechte
aller Reiche, schau gnädig herab auf das römische Reich, auf daß die Völker,
die auf ihre rohe Kraft vertrauen (Völkerwanderung)durch Deine mächtige Hand gebändigt werden.
Der Titel"Dominus et Deus" war ein Titel der römische Augusti in heidnischer Zeit. Er wird in diesem Gebet dem Kaiser bewußt gegenübergestellt, der nunmehr den Titel"Dominus et Deus" in christlicher Zeit nicht mehr führen kann, aber sich als Vollstrecker des Pantokrators legitimiert weiß. Das Gebet atmet den Geist der Spätantike, der es vor der Völkerwanderung bang war.
Das Christentum selbst benötigte keine Vorbilder eines Divus Julius, da es Vorbilder im Alten Testament reichlich genung gab. Der Messias ist zwar einerseits bei den Propheten der leidende Gottesknecht, so bei Jesajas und Jeremias, aber auch der König des Himmels mit endzeitlichem Gepräge.
Divus Theo finde ich da schon besser als Divus Julius.
Salve!
T.S.
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mguder
10.10.2001, 18:10
@ Theo Stuss
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Carotta erst lesen, dann urteilen! |
Die Sache ist nicht so simpel, wie sie auf den ersten Blick scheint.
Was Du z.B. völlig übersiehst ist, daß der Kaiserkult nicht mit dem Kult des Divus Julius identisch ist.
Gruß
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SchlauFuchs
10.10.2001, 19:01
@ Theo Stuss
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Re: wenn dottore Zeit hat,... |
>Hallo Schlaufuchs,
>
>was hälst Du davon, wenn man die Verehrung von Jesus Christus durch die ersten Christen, die aus dem Judentum herkamen, einfach ganz konventionell durch die jüdische Messiaserwartungen erklärt.
>Der römische Kaiserkult hält weitaus besser her zur Erklärung des byzantinischen bzw. zaristischen Cäsaropapismus, wo ein Monarch im Christentum eine quasi lehramtliche Autorität erhält, wenn auch in abgemildeter Form. Dem Kaiser wurden keine Opfer mehr dargebracht, aber er nahm im östlichen Christentum das Abbild des ewigen"Rex Gloriae" und des"Pantokrator" ein.
>Bei den Römern war der Kaiser"Divus", später bei den christlichen Byzantinern"Agios", nämlich heilig und unantastbar.
>Die These vom Divus Julius der durch den Kult Jesu ersetzt wird, wirkt doch ein bißchen an den Haaren herbeigezogen. Umgekehrt wird ein Schuh draus:
>Die Römer, die es gewohnt waren den Kaiser zu vergöttlichen, suchten in christlicher Zeit eine neue Legitimation für diese Verehrung. Nach dem sich die Christen, nennen wir sie ruhig beim Namen, die Katholiken sich im reich durchsetzten, lehnte sich der Kaiserkult an Jesus Christus an und nicht umgekehrt.
>Folgendes Gebet aus dem alten römischen Missale, welches wohl schon in die Spätantike zurückreicht soll das verdeutlichen:
>Oratio für den römischen Kaiser:
>Gott, Schirmherr aller Reiche und
>vor allem des christlichen Kaisertums,
>verleihe Deinem Diener, unserem (erwählten)
>Kaiser N.N.(z.B. Delirius Tremens), die Gabe,
>den Triumph Deiner Kraft weise zu vervollkommnen,
>damit er, der durch Deine Anordnung Fürst ist, aus Deiner
>Hand dauernde Macht zum Geschenke empfange.
>Bei einem König war man schon bescheidener:
>Wir bitten Dich, allmächtiger Gott, Dein Diener unser
>König N., der durch Deine Huld des Reiches Steuerruder
>führt, möge auch Wachstum in allen Tugenden (die er wahrscheinlich
>nicht besitzt) gewinnen, damit er in ihrem Schmucke jegliches Unwesen
>böser Lüste (deren er wohl reichlich fröhnt) von sich weise und reich
>an Gnadengaben (an denen es ihm mangelt) zu Dir zu gelangen vermöge.
>Man sieht die Abschwächung. Schon sehr bescheiden, fast ernüchternd dieses Gebet.
>Noch einmal das Gebet für den römischen Kaiser aus der alten Karfreitagsliturgie:
>Lasset uns beten für den allerchristlichsten Kaiser (christianissimo Imperatore nostro), daß unser Gott und Herr (Dominus et Deus) alle Barbarenvölker
>ihm untertan mache zu unserem beständigen Frieden.
>Lasset uns beten. Beugen wir die Knie. Erhebet euch.
>Allmächtiger ewiger Gott, in Deiner Hand sind die Gewalten und die Rechte
>aller Reiche, schau gnädig herab auf das römische Reich, auf daß die Völker,
>die auf ihre rohe Kraft vertrauen (Völkerwanderung)durch Deine mächtige Hand gebändigt werden.
>Der Titel"Dominus et Deus" war ein Titel der römische Augusti in heidnischer Zeit. Er wird in diesem Gebet dem Kaiser bewußt gegenübergestellt, der nunmehr den Titel"Dominus et Deus" in christlicher Zeit nicht mehr führen kann, aber sich als Vollstrecker des Pantokrators legitimiert weiß. Das Gebet atmet den Geist der Spätantike, der es vor der Völkerwanderung bang war.
>Das Christentum selbst benötigte keine Vorbilder eines Divus Julius, da es Vorbilder im Alten Testament reichlich genung gab. Der Messias ist zwar einerseits bei den Propheten der leidende Gottesknecht, so bei Jesajas und Jeremias, aber auch der König des Himmels mit endzeitlichem Gepräge.
>Divus Theo finde ich da schon besser als Divus Julius.
>Salve!
>T.S.
Danke für deine ausführliche Antwort. Ich habe bisher erst wenig Fachbücher zur Spätantike - Frühmittelalter gelesen, und zwar vor allem Bücher von Karlheinz Deschner wie"Die Kriminalgeschichte des Christentums" in bisher 6 Bänden zu ca 600 Seiten. Soweit ich das beurteilen kann, gibt es wohl gewaltig viel mehr schriftliche Dokumente zu Julius Caesar als zu Jesus Christus,
der selbst in christlicher Dokumentation nicht vor dem 2 Jahrhundert unserer Zeitrechnung genannt wird. Aber, und da wird dottore wohl begeistert zustimmen, Dokumente und Biographien der letzten 2 Jahrtausende sind entweder gefälscht oder erfunden oder beides.
Ein Bekannter von mir betreibt privat etwas Bibelforschung, und er meint, es ist gar nicht so schwer, in der Bibel hinzuerfundene Passagen zu lokalisieren, im alten wie in den neuen Testamenten. Und die ev. Kirche hat seit 1958 etwa 70% der Bibel umschreiben lassen, offiziell, um der Sprachentwicklung folge zu leisten und lutherische Übersetzungsfehler zu korrigieren, es ist aber wohl eher darum gegangen, eine P<span style="font-size:75%">OLITICAL</span>C<span style="font-size:75%">ORRECT</span>-Bibel zu schreiben.
ciao!
SchlauFuchs
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dottore
10.10.2001, 20:27
@ SchlauFuchs
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Re: (hat er, aber nur kurz, sorry), Caesar, Jesus, Koran usw. |
Hi Schlaufuchs,
die hier angestoßene"Aramäisch"-Debatte ist von allergrößter Wichtigkeit und vorweg einen herzlichen Dank an Theo Stuss für sein"Außerthematisch"-Posting (was dies keineswegs war, denn nichts wird uns in der nächsten Zeit mehr beschäftigen als Koran- und Islamprobleme - und zwar ganz REAL und ANLAGEN-technisch; jeder, der also mit Geld umzugehen hat, sollte dort gefälligst seine Hausarbeiten machen, die ich selbstverständlich auch noch nicht gemacht habe...).
Ich stehe vor Bergen von Material und Literatur und versuche, mir einen ersten Überblick zu verschaffen. Dazu (kurz, da selbst noch allround-dilettierend):
1. Die von Theo angegebene Buch vom"Christoph Luxemburg" habe ich leider noch nicht, aber bestellt. Mehr dazu in due course of time.
2. Das"aramäische" Problem ist schon seit längerem bekannt, ich verweise auf George M. Lamsa: Die Evangelien in aramäischer Sicht, Lugano/Gossau-St. Gallen/Bern usw. 1963 (keine ISBN). Immerhin enthält der aramäische Text endlich die richtige Übersetzung des"Kamel geht durch ein Nadelöhr" (Kamel = Strick, was auch im Griechischen schon klar wird = kamälus = Kamel, kamilos = Strick; aramäisch beidees"gamla").
3. Die"Jesus starb nicht am Kreuz"-Theorie hat inzwischen Eingang auch in die christliche-theologische Diskussion gefunden: Barbara Thiering: Jesus the Man. New Interpretation from the Dead Sea Scrolls, über amazon.com als Paperback in 4 bis 6 Wochen leider erst lieferbar; habe mein Ex. verliehen, daher keine ISBN bei mir.) Die Autorin ist Theologie-Professorin in Australien und extrem kompetent. Jedenfalls war das mein Eindruck (Jesus starb friedlich nach +70 in Ephesos).
4. Der Koran in Sure 4, 156 ff.:
"Und weil sie sprachen: Getötet haben
Wir den Messias, Jesus, Sohne Marias;
Und haben doch ihn nicht getötet noch gekreuzigt,
Es täuschte sie ein Scheinbild nur...
Sie aber haben ihn in Wahrheit nicht getötet.
Erhoben hat ihn Gott zu sich,
Denn Gott ist stark und weise
(...)
Ob solcher Frevel derer, die sich Juden nennen,
Verboten wir denselben Gutes,
Das ihnen sonst erlaubt war,
Und weil sie viel von Gottes Weg ablenken,
Und weil sie Zinsen nehmen, was ihnen doch untersagt ward,
Und das Vermögen Anderer verzehren sündlich;
Bereitet aber haben wir
Den Leugnern unter ihnen scharfe Pein..."
[b]<font color="FF0000">Eine ZENTRALE STELLE, die in der unausweichlich auf uns zukommenden Diskussion und Auseinandersetzung (ZINS-System!) eine Rolle spielen wird!</font>
5. Zu Carottas These. Es ist extrem schwierig, sich darüber ein Urteil zu bilden. Vieles spricht dafür, vieles dagegen. Es gibt inzwischen Deutungen, Caesar sogar als Erfindung des frühen"Humanismus" (Renaissance) zu bezeichnen, wofür u.a. spricht, dass der Bellum Gallicum ein Elaborat des 15. Jh. ist (die Ausgrabungen der letzten Gallierfestung widersprechen dem Bericht Caesars komplett, was nicht stimmig sein kann, denn der Bellum Gallicum konnte von den damals noch lebenden Legionären Caesars unschwer als Unfug entlarvt werden, vgl. Schanzenbildungen usw.).
6. Zu Caesar als"mildem" Herrscher. Ich zeige hier die letzten Münze, die von ihm bekannt ist:
BUCA soll der zuständige Münzmeister gewesen sein.
Es gibt also schwer was zu tun. Ran, ran so lang Ihr Tag habt (Th. Müntzer).
Das nur kurz als Zwischenruf.
Und Gruß mit großem Dank für Diskussionsanstoß
d.
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dottore
10.10.2001, 20:42
@ SchlauFuchs
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Re: wenn dottore Zeit hat,... |
>>Der Titel"Dominus et Deus" war ein Titel der römische Augusti in heidnischer Zeit.
NEIN! D und D in diesem Sinne gab's auf Münzen und Inschriften nicht. Alle Manuskripte (Papyri, Pergament)) sind komplett fragwürdig.
DD. = Dedicatur (= gewidmet).
D.D. = Dicta Dedicat (= weiht und widmet)
DD. = Domini (= Herren)
D.D. = Dono dedit (= gab zum Gescnekn).
DD. = duces (=Herzöge).
Also, ich weiß nicht...
>Er wird in diesem Gebet dem Kaiser bewußt gegenübergestellt, der nunmehr den Titel"Dominus et Deus" in christlicher Zeit nicht mehr führen kann, aber sich als Vollstrecker des Pantokrators legitimiert weiß. Das Gebet atmet den Geist der Spätantike, der es vor der Völkerwanderung bang war.
Atmet den Geist späterer Zeit?
>>Das Christentum selbst benötigte keine Vorbilder eines Divus Julius, da es Vorbilder im Alten Testament reichlich genung gab. Der Messias ist zwar einerseits bei den Propheten der leidende Gottesknecht, so bei Jesajas und Jeremias, aber auch der König des Himmels mit endzeitlichem Gepräge.
>>Divus Theo finde ich da schon besser als Divus Julius.
>>Salve!
>>T.S.
>Danke für deine ausführliche Antwort. Ich habe bisher erst wenig Fachbücher zur Spätantike - Frühmittelalter gelesen, und zwar vor allem Bücher von Karlheinz Deschner wie"Die Kriminalgeschichte des Christentums" in bisher 6 Bänden zu ca 600 Seiten. Soweit ich das beurteilen kann, gibt es wohl gewaltig viel mehr schriftliche Dokumente zu Julius Caesar als zu Jesus Christus,
Nein, nein. Julius Caesar ist extrem windig. Außerdem: Deschner ist blind vorWut und erzählt viel dummes Zeugs. Warte mal ab, wie meine Korrektur des"frühen Christentums" ausschauen wird. Zum Beispiel: Wo kommt das"Kreuzsymbol" wirklich her?
>der selbst in christlicher Dokumentation nicht vor dem 2 Jahrhundert unserer Zeitrechnung genannt wird. Aber, und da wird dottore wohl begeistert zustimmen, Dokumente und Biographien der letzten 2 Jahrtausende sind entweder gefälscht oder erfunden oder beides.
Um ehrlich zu sein: Es gibt m.M. keinerlei Christentum in der sog."römischen Zeit". Du hast völlig Recht: Schwindel und Fälschungen ohne Ende...
>Ein Bekannter von mir betreibt privat etwas Bibelforschung, und er meint, es ist gar nicht so schwer, in der Bibel hinzuerfundene Passagen zu lokalisieren, im alten wie in den neuen Testamenten. Und die ev. Kirche hat seit 1958 etwa 70% der Bibel umschreiben lassen, offiziell, um der Sprachentwicklung folge zu leisten und lutherische Übersetzungsfehler zu korrigieren, es ist aber wohl eher darum gegangen, eine P<span style="font-size:75%">OLITICAL</span>C<span style="font-size:75%">ORRECT</span>-Bibel zu schreiben.
>ciao!
>SchlauFuchs
Ja, es geht Instituionen nur noch um"Correctness", denn wie sollten sie anders als durch Kanoniseriungen überleben?
Gruß (die Diskussion wird sehr lange dauern und sehr interessant werden).
Gruß
d.
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Theo Stuss
10.10.2001, 22:52
@ SchlauFuchs
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Nicht irgendwelche Bibelforscher befragen. Papyrologen sind besser |
Hallo Schlaufuchs,
kurze Antwort:
> Soweit ich das beurteilen kann, gibt es wohl gewaltig viel mehr schriftliche Dokumente zu Julius Caesar als zu Jesus Christus,
Die älteste erhaltene Handschrift von Cäsars"de bello gallico" ist aus dem 9.Jhr. und kein Elaborat des 15Jhr. Wenn Du und Dottore so weitermachen, dann hat es am Ende auch keinen Homer gegeben, keinen Plato und keinen Aristoteles. Das was hier gesagt wird, paßt doch in die Bestseller-Literatur.
>der selbst in christlicher Dokumentation nicht vor dem 2 Jahrhundert unserer Zeitrechnung genannt wird. Aber, und da wird dottore wohl begeistert zustimmen, Dokumente und Biographien der letzten 2 Jahrtausende sind entweder gefälscht oder erfunden oder beides.
Da sollte man wohl einige Papyrologen, wie zum Beispiel Carsten Peter Thiede konsultieren. Die Payrologie geht vor allem mit kriminolgischen Kriterien vor. Thiedes Arbeiten z.B. an dem Qumran-Fundstück 7Q5 sind wegweisend.
>Ein Bekannter von mir betreibt privat etwas Bibelforschung, und er meint, es ist gar nicht so schwer, in der Bibel hinzuerfundene Passagen zu lokalisieren, im alten wie in den neuen Testamenten. Und die ev. Kirche hat seit 1958 etwa 70% der Bibel umschreiben lassen, offiziell, um der Sprachentwicklung folge zu leisten und lutherische Übersetzungsfehler zu korrigieren, es ist aber wohl eher darum gegangen, eine P<span style="font-size:75%">OLITICAL</span>C<span style="font-size:75%">ORRECT</span>-Bibel zu schreiben.
>ciao!
>SchlauFuchs
Was? erst im 2.Jhr. und ich war so naiv, daß ich auf Josefus Flavius hereingefallen bin, der schon unmittelbar nach dem jüdischen Krieg entsprechende Zeugnisse geliefert hat.
Mann-oh-Mann, zum Glück ist das hier ein Wirtschaftsforum. Aber unter Historikern könnt Ihr Euch damit nicht blicken lassen. Eher schon unter Exegeten, die verstehen nämlich weder etwas von Geschichtswissenschaften, noch Quellenforschung, noch Archeologie. Immerhin beruhigend, daß es in ein paar Jahrzehnten Hitler nicht mehr geben haben wird und er in Wahrheit ein Elaborat der Weisen von Sion war. Tatsächlich wurde ja"mein Kampf" erst im Jahre 2015 geschrieben. Leute, es gibt nicht nur Sekundär- und Tertiärliteratur, die man auf Bahnhöfen ersteht.
Nichts für ungut,
T.S.
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werner
11.10.2001, 18:19
@ Theo Stuss
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Hallo Theo, Du bringst mein Weltbild wieder in Ordnung! Habe mir gestern alle |
damit zusammenhängende Beiträge herauskopiert und wollte mich am Wochenende damit befassen. Du hast mir diese Arbeit mit Deinem Beitrag erspart (und das Wochenende gerettet). Danke.
Zweifellos ist es anregend, wenn man von Zeit zu Zeit wieder einmal überprüft, was man so alles ganz einfach für"selbstverständlich" hält. Aber es ist - insbesondere, wenn es in der Fülle kommt wie hier im Forum - auch ungeheuer anstrengend.
Grüße
W.
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