dottore
12.10.2001, 13:41 |
Historiker arbeiten mit"Fälschungen im Dienst der Wahrheit"! @T.S. und wer willThread gesperrt |
Lieber Theo Stopka,
meine Antwort dazu:
"Ich habe keine Probleme damit zuzugeben, daß ich Geschichte nur als Hobby betreibe, meine Beiträge waren Meinungsäußerungen, keine Dissertationen."
Sie schrieben aber dann auch gleich noch:
"Die älteste erhaltene Handschrift von Cäsars"de bello gallico" ist aus dem 9.Jhr. und kein Elaborat des 15Jhr."
War dies also ("ist") auch eine Meinungsäußerung? Oder die Feststellung einer Tatsache? Falls Letzteres, erbitte ich eine Antwort auf meine Zweifel an der Textüberlieferung des Bellum Gallicum, an seinem Autor, an dessen Datierung. Im Voraus besten Dank.
Dann schreiben Sie weiter:
"Wenn Du und Dottore so weitermachen, dann hat es am Ende auch keinen Homer gegeben, keinen Plato und keinen Aristoteles. Das was hier gesagt wird, paßt doch in die Bestseller-Literatur."
Ich finde, dies ist nun keine einfache"Meinungsäußerung" mehr, sondern ein schwerer Vorwurf an einen Fach-Historiker (der ich nun mal bin), gegen den ich mich anhand verschiedener Beispiele zu Wehr setzen muss. Bestseller-Literatur wird offensichtlich als etwas Unwissenschaftliches dargestellt. Dagegen darf ich mich als Wissenschaftler wehren. Einverstanden?
Dann kommt ein weiterer, schwerer Vorwurf der Unwissenschaftlichkeit, nämlich von Ihnen in dieser Form:
"Mann-oh-Mann, zum Glück ist das hier ein Wirtschaftsforum. Aber unter Historikern könnt Ihr Euch <font color="FF0000">damit nicht blicken lassen.</font> Eher schon unter Exegeten, die verstehen nämlich weder etwas von Geschichtswissenschaften, noch Quellenforschung, noch Archeologie."
Da auch ich mit"Euch" gemeint bin, muss ich mich dagegen wehren dürfen, vor allem gegen die von Ihnen zusätzlich geäußerte Meinung, ich sollte mich besser bei Leuten blicken lassen, die nichts von Geschichtswissenschaften oder von Quellenforschung verstehen. Damit, dass ich mich dagegen wehren darf, sind Sie doch hoffentlich einverstanden?
Dann schreiben Sie in einer weiteren Antwort:
"Ihre Art zu reagieren, scheint doch auf eine Profilneurose schließen zu lassen. Ein wirklicher Profi hätte einem Laien doch in väterlicher Güte an seinem Wissen teilhaben lassen. Da konnten Sie also nicht an sich halten und haben mir alles das zusammengeschrieben? Nur wegen mir. Ich hoffe, Sie verbringen jetzt eine ruhige Nacht."
Ich habe keinerlei Profilneurose, es sei denn, Sie bezeichnen Leute, die existierende Wissenschaft, die bis in die Schulbücher tradiert wird, kritisch hinterfragen als Profilneurotiker.
Professionalität erweist sich durch Kenntnis im Detail. Wie anders kann ich allgemein gehaltene Geschichtsbilder und Vorwürfe an jene, die sie kritisch hinterfragen, aus der Welt schaffen als durch die Erbringung und Diskussion von Details?
Ihr Hinweis, ich könnte mich unter Historikern "nicht blicken lassen" kann nicht anders entkräftet werden als durch das Durchgehen jener Details, aus denen die Historiker selbst ihr Weltbild zimmern. Und siehe da: Bei den"Historikern" stimmt hinten nichts und vorne auch nichts.
Ansonsten bitte ich um Diskussionen der Details. Denn wenn diese nicht einer kritischen Überprüfung standhalten, sind alle aus solchen Details (Quellen!) abgeleiteten Folgerungen wertlos.
Und bitte weiter bei Ihnen:
"Der Spruch, 'was kümmert es den Mond, wenn ihn der Hund anbellt', scheint Ihnen nicht geläufig zu sein. Ich bin Prof.Hunger mehrfach begegnet und kann mich nicht erinnern, daß der jemals so aus der Haut gefahren wäre. Leider ist er jetzt verstorben und kann nicht mehr zu seinem Buch Stellung nehmen. Manche Autoren differenzieren ja viele Aussagen im Nachhinein."
Es geht nicht um Differenzierungen im Nachhinein, also um spätere Korrekturen in der Interpretation von Details. Es geht um die pauschale Aussage der Historiographie, dass"grundsätzlich" alles richtig sei (die berühmten"großen Züge" der Geschichte plus die entsprechenden Chronologien), was sie behauptet.
Da die Historiker viele ihrer Behauptungen auf von vorneherein nicht existente und/oder gefälschte Details (Quellen) stützen, ist leider in diesem Zusammenhang (= weite Passagen der Geschichte) grundsätzlich alles falsch. Fällt ein tragender Pfeiler, fällt das gesamte Gebäude in sich zusammen.
Ich darf nochmals um Detail-Diskussion bitten. Ich hatte genügend offeriert.
Weiter:
"Welche historischen Quellen können denn überhaupt vor Ihrem gestrengen Auge bestehen? Können Sie da einige namhafte Mitstreiter benennen, die es so genau nehmen wie sie?"
Sehr viele Quellen sind selbstverständlich nicht gefälscht bzw. auch nicht fälschbar (archäologische, archäometallurgische vor allem, auch große Teile der Numismatik und Epigraphik). Bei den schriftlichen Quellen wird's schon ziemlich dunkel. Papyri sind als Quellen zumeist verlässlich, Interpretationen und Datierungen kompliziert bis fragwürdig. Nag Hamadi sollte wie auch Qumran keinerlei Probleme bilden. Pergament vor 1000, vor allem"datiertes" Pergament, fast komplett gefälscht, es gibt eine hochinteressante Aktenlage dazu aus dem Umkreis von Cluny, von mir selbst eingesehen, vieles Spätere auch, die Literatur über gefälschte Kloster-"Urkunden" ist riesig.
Ab dem 13. Jh. bewegen wir uns auf sichererem Terrain. Was ab dann datiert in den Archiven lagert, ist nur in wenigen, bisher bekannten Ausnahmefällen gefälscht. Regalien-Urkunden, z.B. Verleihungen von"Rechten" sind zumindest in der Datierung fast immer gefälscht, nach dem Motto"Gutes Recht muss alt sein", vgl. als Beispiel: Hägermann, Deutsches Königtum und Bergregal im Spiegel der Urkunden (bis 1272), 1984. Der ganze Komplex"Lehenswesen" ist gefälscht, vgl. Reynolds: Fiefs and Vassals. The Medieval Evidence (aha!) Reinterpreted, Oxford University Press 1994. Und so weiter.
Mitstreiter gibt es viele, jedenfalls sollten alle sauber arbeitende Historiker dazu gehören. Ihr Problem: Sobald sie etwas tiefer bohren, und Ungereimtheiten entdecken, haben sie schnell ihre beruflichen Chancen verwirkt. Wo soll ein Historiker schon arbeiten, wenn nicht in etablierten Forschungseinrichtungen und Universitäten?
Als Beispiele darf ich zwei junge Leute anführen, die den St. Galler-Klosterplan (um 830, St. Gallen Nr. 1092) und die Wandalgarius-Hs. (St. Gallen Nr. 731) bearbeiten wollten und zurückgepfiffen wurden.
Bei Nr. 731 besonders skurril, da als Datum drauf steht 1. November 793 und so auch als wissenschaftlich gesichert bezeichnet wird, vgl. Cimelia Sangallensia, 1998, 36 f., die darin mit Abbildungen (!) erwähnte Münzreform Karls des Großen aber erst auf dem Frankfurter Konzil, beginnend am 1. Juni 794, beschlossen wurde (Hägermann, Karl der Grosse, 2000, S. 336).
Was sagt Ihnen das?
Die Historiker nennen das <font color="FF0000">"Fälschungen im Dienste der Wahrheit"</font> (so wörtlich Prof. Horst Fuhrmann, langjähiger Präsident des Instituts der Momumenta Germaniae Historica, also oberster Verwalter der Quellen zur deutschen Geschichte und Präsident der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, in: Überall ist Mittelalter, 1996, 48 ff.).
Und (Fuhrmann, 54): <font color="FF0000">"Sie (die Fälschungen) hatten, von der Entstehungszeit her gesehen, antizipatorischen Charakter."</font>
Wollen Sie eine Wissenschaft, die mit"vorausschauend gefälschten" Quellen arbeitet, wirklich als eine"Wissenschaft" bezeichnen? Und einem Historiker wie mir, der sich mit solchem Unsinn nicht anfreunden kann, sagen, ich könne mich bei solchen Leuten"nicht blicken lassen"?
Gern höre ich dazu Ihre Antwort.
Und weiter:
"Ich habe Sie also abgewatscht. War gar nicht meine Absicht. Entscheidend ist, daß Sie sich abgewatscht fühlten. Habe ich etwa einen geschiedenen, oder nie verheirateten Einzelgänger vor mir?"
Wenn mir solches gesagt wird, was Sie - siehe oben - gesagt haben, ist dies eine objektive Abwatschung (noch dazu gewürzt mit einem den Beitrag beschließenden"Nichts für ungut" - so nach der Art: Mit solchen Deppen muss man sich nicht groß beschäftigen). Außerdem verstehe ich nicht, was meine Familienverhältnisse mit meiner wissenschaftlichen Arbeit zu tun haben sollen (die sich im übrigen völlig anders darstellen, was bei 5 Kindern nicht verwundern sollte).
Mit dem Einzelgänger-Argument könnten Sie gern Immanuel Kant (1724 - 1804) erledigen, wie wär's?
Dazu (Lange-Eichbaum/Kurth, 7. Aufl. 1987, 63):
"Klein, asthenisch, schizoid (bei neurotischer Persönlichkeit).- Verschlossen, einsam, Empiriker... kontaktschwach, Ängste, sparsam, introvertierter Denktypus..."
Weiter noch, bitte:
"Unter Ingenieuren gibt es solche Streitereien nicht, da unsrere Wissenschaft objektiver ist. Also gibt es auch weniger Streit. Höchstens darum, ob eine technische Lösung, die funktioniert, sich als weiterführend erweist, oder in die Sackgasse führt. Unsere Erfindungen sind freilich nicht immer segensreich. Aber wenigstens wissen wir, wovon wir reden und wir wissen auch, was wir nicht wissen."
Ingenieure sind ein Segen! Jedem Ingenieur, mit dem ich Kontakt hatte, hat sofort verstanden, wo das Loch in der heute offiziell gelehrten und applizierten Wirtschaftswissenschaft ist. Hat er sich dann mit Wirtschaftswissenschaftlern unterhalten, wurde er mit dem Argument abgefertigt, er sei doch"Ingenieur".
Außerdem ist einer der führenden Quellenkritiker (Prof. H.U. Niemitz) Technikhistoriker. Und wenn er historischen Unfug enttarnt, dann hört er das Argument, er sei als"Techniker" nicht zuständig.
Weiter:
"Hier im Forum streiten sich aber Wirtschaftswissenschaftler in den unterschiedlichsten Beiträgen um den Kern ihrer Wissenschaft selbst, der doch eigentlich klar sein sollte."
Mir ist der Kern klar. Mehr kann ich dazu nicht sagen.
Und:
"Sie mögen viel gelesen haben, aber die Art Ihrer Präsentation scheint im Ganzen nicht zitierfähig, da zu aufgeplustert."
Hier wurde keine wissenschaftliche Arbeit verfasst, sondern ein Forumsbeitrag. Sie können wissenschaftliche Arbeiten von mir in diversen wissenschaftlichen Zeitschriften nachlesen, vielen Dank, einschließlich der"Historischen Zeitschrift" (HZ).
Besten Gruß
d.
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Theo Stuss
12.10.2001, 14:26
@ dottore
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Re: Historiker arbeiten mit |
Sehr geehrter Herr Dr.Martin,
der grundsätzliche Unterschied zwischen mir und Ihnen beruht vor allem in der Methode. Unabhängig davon, wer nun schlußendlich Recht behalten wird, wann die erste Handschrift von De Bello gallico erschienen ist. Mag ich in Einzelfragen Unrecht bekommen und Sie Recht. Ich bleibe dabei, daß am Ende insgesamt derjenige am ehesten Recht behält, der das Kind nicht mit dem Bade ausschüttet.
Für Sie ist alles Schwindel und Humbug, ich sehe mancherorts Unsicherheiten in den Quellen, bei einer Reihe von Fälschungen.
Sie machen einen ganzen Wissenschaftszweig nieder, den zu diffamieren ich als E-Techniker mich nicht trauen würde.
Ihnen mögen ja die Grundprinzipien der Wirtschaftswissenschaft klar sein, aber laut UMBRUCH wird durchaus glaubhaft dargetan, daß es gar nicht so klar ist, was Geld ist.
In der Geldtheorie beweisen Sie viel Geduld, alles den Freigeldwirten zu erklären. Wenn es um Geschichte geht, platzen Sie vor Wut.
Kritische Neubewertung von Quellen ist immer gut, die Abrißbirne ist schlecht! Ich bin eben kein Extremist, ja bin erst recht nicht Nonkonformist aus Prinzip. Ich bin ein Mensch, der sich abwartend verhält.
Solange wir uns hier nicht einig sind, drehen wir uns im Kreise.
Gruß,
T.S.
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PuppetMaster
12.10.2001, 14:39
@ Theo Stuss
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Re: Historiker arbeiten mit |
>Ich bin ein Mensch, der sich abwartend verhält.
find ich gut - besser abwartend als abwertend...:)
gruss
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Victor
12.10.2001, 14:45
@ dottore
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Historikerstreit: Weitere Quellen zum nachlesen? |
Hallo Dottore,
es ist immer wieder faszinierend für mich, deinen Ausführungen zu folgen.
Für Geschichte habe ich mich schon immer (hobbyhaft) interessiert. Wenn es mir auch im ersten Moment schwerfällt, die Existenz von z.b. Alexander dem Grossen, Platons, Karl des Grossen etc. in Frage zu stellen.
Deine Exkurse machen mir immer Lust, diese Thematik zu vertiefen. Allein, ich weiss nicht so recht, wo ich anfangen soll.
Mich würden ein paar Literaturangaben interessieren, wo ich einsteigen könnte, um einen ersten Überblick über die von der mainstream-Lehrmeinung abweichende Richtung zu gewinnen. Hättest du bitte ein paar Tipps für mich parat?
Ausserdem wäre ich dir dankbar für eine kleine Übersicht deiner Veröffentlichungen zu diesem Thema.
Besten Dank schon im Voraus.
Und ich hätte nicht gegen weitere Informationen auf diesem Gebiet.
Gruss
Viktor
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XERXES
12.10.2001, 14:56
@ Victor
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Re: Historikerstreit: Weitere Quellen zum nachlesen? |
Als amuesanten Einstieg, alles von Joachim Fernau.
Immer wieder schoen, seine Seitenhiebe auf Mommsen.
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Euklid
12.10.2001, 18:03
@ Victor
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Re: Historikerstreit: Weitere Quellen zum nachlesen? |
>Hallo Dottore,
>es ist immer wieder faszinierend für mich, deinen Ausführungen zu folgen.
>Für Geschichte habe ich mich schon immer (hobbyhaft) interessiert. Wenn es mir auch im ersten Moment schwerfällt, die Existenz von z.b. Alexander dem Grossen, Platons, Karl des Grossen etc. in Frage zu stellen.
>Deine Exkurse machen mir immer Lust, diese Thematik zu vertiefen. Allein, ich weiss nicht so recht, wo ich anfangen soll.
>Mich würden ein paar Literaturangaben interessieren, wo ich einsteigen könnte, um einen ersten Überblick über die von der mainstream-Lehrmeinung abweichende Richtung zu gewinnen. Hättest du bitte ein paar Tipps für mich parat?
>Ausserdem wäre ich dir dankbar für eine kleine Übersicht deiner Veröffentlichungen zu diesem Thema.
>Besten Dank schon im Voraus.
>Und ich hätte nicht gegen weitere Informationen auf diesem Gebiet.
>Gruss
>Viktor >
Wenn es Plato nicht gegeben hätte dürften die Platonischen Körper auch nicht so heißen.Ich habe keinerlei Ahnung von Geschichte!Vielleicht wurde ein anderer um den Erfolg betrogen.Vielleicht hat ein anderer verhindert daß der wahre Begründer der platonischen Körper nicht im Geschichtsbuch erscheint.Gerade bei Naturwissenschaftlern wurde furchtbar getrickst,weil einer den anderen ausstechen wollte.Hier darf ich nur die Lösung der kubischen Gleichung anführen die Cardano sich angeeignet hat aber normalerweise hat Tartaglia das Ding gelöst.
In meiner Bibliothek steht ein Band (goldbeschrifteter Rücken)
mit dem Titel Geschichte der Mathematik und Naturwissenschaften im Altertum.
Dies ist der fünfte Band erste Abteilung zweite Hälfte von Handbuch der Altertumswissenschaft.
Herausgeber C.H.Becksche Verlagsbuchhandlung München MCMXXV.
Begründet wurde das Handbuch der Altertumswissenschaft von Iwan v.Müller und die Neubearbeitung erfolgte von Walter Otto o.Professor Universität München.
Das zitierte Geschichte der Mathematik und Naturwissenschaften im Altertum wurde von Professor I.L.Heiberg Uni Kopenhagen verfaßt.
Der Band enthält Mathematik,Astronomie,Astrologie,Meteorologie,Alchymie,Mechanik,Optik,Musik,Geographie,Zoologie,Botanik,Mineralogie,Medizin,Tiermedizin.Das Buch ist im Juli 1925 erschienen und ich wollte es immer mal wieder lesen aber leider macht die Zeit einen Strich durch gutgemeinte Absichten.
Das Buch ist erschlagend gefüllt mit Literaturhinweisen die es mir garantiert unmöglich machen würde alle zu lesen selbst wenn ich bis ans Lebensende forschen wollte.Daher nehme ich an daß dieses Buch etwas für Forscher oder Historiker ist und ich in Geschichte dumm sterben werde.
Eine Kostprobe aus dem Buch:Die Quadratur des Kreises beschäftigte auch damals die Dilettanten.Also mache sich hier im Forum ja keiner an die Arbeit die Quadratur zu finden!
Bei Interesse kann Sascha mal ein paar Seiten (Inhaltsverzeichnis usw.) in den Scanner legen um zu beurteilen was das Ding hergibt!
Eine Beurteilung zur Person der Professoren ist mir absolut unmöglich!
Gruß EUKLID
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dottore
12.10.2001, 18:17
@ Victor
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Re: Versuch's damit - aber WARNUNG! Alle werden Dich auslachen... |
>Hallo Dottore,
>es ist immer wieder faszinierend für mich, deinen Ausführungen zu folgen.
>Für Geschichte habe ich mich schon immer (hobbyhaft) interessiert. Wenn es mir auch im ersten Moment schwerfällt, die Existenz von z.b. Alexander dem Grossen, Platons, Karl des Grossen etc. in Frage zu stellen.
Also ich bedanke mich zunächst sehr. Ich bin auf Punktschuss spezialisiert und habe keinerlei zusammenhängende Geschichtsbilder (außer den bekannen mainstreamigen natürlich). Mir ist auch ganz wurscht, ob und wer existiert hat. Ich finde es nur unsachlich und unsauber, Leute wie KdG aufzutischen und zu datieren, und an diesem Phantom bis ins Aschgraue festzuhalten, obwohl da nun wirklich nichts stimmt und nichts zusammenpasst.
Da muss man dann gestehen, sorry, die Figur ist nicht zu halten und wir haben jetzt ein Loch und wissen nicht wie wir es füllen können.
Mir geht's da wie bei der Evolutionsdebatte. Ich bin der Meinung, Darwin ist nicht zu halten, bin aber auch kein Kreationist, der Kreationismus ist nach meiner Meinung ebenfalls nicht zu halten. Ich sage dann eben: Ich weiß es nicht. Und fertig.
Das Problem in der Historie ist außerdem: Solche Forschungen werden von Leuten betrieben, die entweder Außenseiter sind (nicht an Unis forschen und lehren und wenn, dann in"anderen" Fachgebieten) oder halt sehr platte"Gegen"-Geschichtsbilder aus dem Hut zaubern, wenn nicht gar -klitterungen betreiben.
Ich nenne jetzt ohne Wertung einige Namen, evtl. mit Kurzkommentar:
Jean Hardouin (1646-1729; Jesuit, verwies viele antike Autoren, incl."Kirchenväter" ins Märchenland, kriegte Riesenprobleme).
Robert Baldauf (Basler Sprachforscher, 1902 sein Buch"Historie und Kritik", mir nur als Bd. 1 jemals untergekommen).
Wilhelm Kammeier (1889-1959; sehr zurückgezogen lebender Lehrer, wenn ich mich richtig erinnere, erbärmlich abgegangen; seine These: zahlreiche"antike" Texte erst im 15. Jh. entstanden. Das erschließt sich mir übrigens auch, nachdem ich die ersten Bibliotheken des später MAs bzw. der frühen Neuzeit, Florenz, Venedig als rekonstruiert und als solche gesehen habe, die Reste halt)
Nikolaus Morosow (1854-1946; großer Chronologie-Kritiker, mit zahlreichen Nachfolgern bis heute, u.a. Fomenko, Garbovitch)
Marcellin Berthelot (1827-1907; legt dar, dass alle sog."Alchimistentexte", die aus dem Arabischen Raum stammen sollen, nicht stimmen können, sondern aus dem 15. Jh. ff. stammen)
Die Namen Heinsohn, Niemitz, Illig usw. sind schon gefallen. Uwe Topper hat Diverses publiziert, gerade jetzt erst wieder (starker Außenseiter, muss aber"reißerisch" arbeiten, um überhaupt einen Verleger zu finden).
>Deine Exkurse machen mir immer Lust, diese Thematik zu vertiefen. Allein, ich weiss nicht so recht, wo ich anfangen soll.
Am besten vergleichen. Was sagen aktuelle Kritiker (Schwanitz stellt in seinem Bildungsbuch Illig übrigens fairerweise deutlich heraus, er kann es sich leisten) und wo trägt ihre Kritik und wo nicht. Einfach ist das leider nicht, weil man jedem Einwand und dem, wozu ein Einwand, nachgehen muss.
>Mich würden ein paar Literaturangaben interessieren, wo ich einsteigen könnte, um einen ersten Überblick über die von der mainstream-Lehrmeinung abweichende Richtung zu gewinnen. Hättest du bitte ein paar Tipps für mich parat?
Ich würde mit Werner Fuld: Das Lexikon der Fälschungen, Piper, Taschenbuch 19,90 DM anfangen. Das ist seriös und hat hohen Unterhaltungswert. Dann ein Spezialgebiet suchen und vertiefen.
>Ausserdem wäre ich dir dankbar für eine kleine Übersicht deiner Veröffentlichungen zu diesem Thema.
Zuletzt in"Zeitensprünge", Mantisverlag (Illig), aber eben Punktschüsse, aus denen ich hier schon einiges gebracht hatte (Numismatik, Paläographie).
>Besten Dank schon im Voraus.
>Und ich hätte nicht gegen weitere Informationen auf diesem Gebiet.
Ja, Victor:
Mundus decipi vult, ergo decipiatur! Die Welt will betrogen sein, also soll sie's.
Noch ein Punkt, der mir gerade einfällt:
Die Texte von Nag Hammadi liegen seit 1978 mindestens einer breiten Ã-ffentlichkeit vor. Im Klartext sind sie ein schwerer Schlag (u.a. Thomas-Evangelium!) gegen die kanonisierte Bibel (NT) und die aktuelle Kirche.
Über Fund, Fundumstände und die Texte hat vor allem ein DDR-Forscher gebrütet: Prof. Kurt Rudolph, Leipzig. Wissenschaftlich alles von ihm erste Sahne.
Meinst Du Ratzinger schert sich einen Dreck drum? Nicht eine Sekunde.
Oder als Bonbon: Im ältesten Fuldaer Bibliotheksverzeichnis um 800 ist (später ausradiert, aber wieder sichtbar gemacht) steht eine Paulusapokalypse. Die gibt's natürlich auch in Nag Hammadi. Ein völlig neues Gott- und Christusverständnis. Sensationell!
Die wurde also in Fulda (wann auch immer) gelesen, immerhin dem frühmittelalterlichen Bollwerk der christlichen Theologie. Ich habe mich mit Theologen noch und noch unterhalten - meinst Du die juckt das?
Dabei geht's gar nicht mal um die Theologie, sondern um historische Abläufe.
Und wenn Du mich direkt fragen solltest: Das ganze NT ist erst um oder nach 1000 überhaupt erst zusammen gestellt worden.
Und Spitzen-Bibelforscher wie Burton Mack wissen das natürlich ganz genau, lies sein Buch"Wer schrieb das Neue Testament" (vor zwei Jahren etwa auf dt. erschienen) - Du merkst genau, wie unwohl ihm ist. Seinen Schlussgag möchte ich hier nicht vorweg nehmen (Auf einem einzigen Tisch liegt nur ein Buch...)
Gruß
d.
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dottore
12.10.2001, 19:12
@ Theo Stuss
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Re: Geschichte kommt von"schichten" und wer mit gefälschten Quellen arbeitet.. |
... kann seine Arbeit nicht so fortsetzen als seien die Quellen nicht gefälscht.
Warum gehen Sie nicht auf Fuhrmanns Eingeständnis ein (LeGoff schreibt im Grund das selbe), dass die Geschichtswissenschaft über weite Strecken eine Märchenstunde ist?
Wer arbeitet denn mit"antizipatorischen Fälschungen"? Doch wohl die mainstream-Historiker.
>der grundsätzliche Unterschied zwischen mir und Ihnen beruht vor allem in der Methode. Unabhängig davon, wer nun schlußendlich Recht behalten wird, wann die erste Handschrift von De Bello gallico erschienen ist. Mag ich in Einzelfragen Unrecht bekommen und Sie Recht. Ich bleibe dabei, daß am Ende insgesamt derjenige am ehesten Recht behält, der das Kind nicht mit dem Bade ausschüttet.
Hier wird kein Kind mit dem Bade ausgeschüttet, sondern hier wurden konkrete Fragen nach konkreten Personen und Abläufen behandelt, die zu dem herkömmlich tradierten Geschichtsbild nicht passen. Es gibt keine zweierlei Methoden, jedenfalls nicht in der Historie. Dann könnte letztlich jeder alles frei erfinden.
Da die Geschichte nun mal"Geschichte" heißt, d.h. Schicht auf Schicht, ist sie epochen- oder periodenweise erledigt, wenn auch nur eine Schicht nicht existiert oder nicht stimmt.
>Für Sie ist alles Schwindel und Humbug, ich sehe mancherorts Unsicherheiten in den Quellen, bei einer Reihe von Fälschungen.
Für mich ist keineswegs alles Schwindel und Humbug. Das habe ich niemals behauptet. Es gibt allerdings keine"Unsicherheiten" bei Fälschungen. Nehmen sie das Buch von Prof. Theo Kölzer: Studien zu den Urkundenfälschungen des Klosters St. Maximin vor Trier (10.-12. Jh), 1989. Kölzer ist der beste Urkundenforscher, den es im dt. Sprachraum vermutlich gibt. Er folgert klar, dass"St. Maximim völlig seine... Vorreiterrolle auf dem Boden des mittelalterlichen deutschen Reichs in rechtsgeschichtlicher Sicht (verliert)".
Nun kann er aber nicht so weit gehen, wie Le Goff, der in Knaurs großer Kulturgeschichte geschrieben hatte:
<font color="FF0000">"Ein Mittelalter ohne Urkunden und ohne Inschriften taucht aus der Geschichte auf."</font>
Das geht natürlich für einen Mittelalterhistoriker nicht. Also muss er sich distanzieren und schreibt:"Manche übereifrige Adepten haben ihn (Le Goff) gründlich missverstanden..."
Was gibt's bei gefälschten Quellen eigentlich misszuverstehen?
>Sie machen einen ganzen Wissenschaftszweig nieder, den zu diffamieren ich als E-Techniker mich nicht trauen würde.
Hier wird kein Wissenschaftszweig nieder gemacht, denn es gibt exzellente Historiker, wie noch und noch von mir gepostet. Und das Wort"diffamieren" passt schon gar nicht, weil Diffamieren etwas ist, was man - trotz besseren Wissens - betreibt.
Wie wär's mit umgekehrt: Wer mittelalterliche Historiographie mit eindeutigen Belegen (davon hatte ich nun wirklich diverse gebracht) konkret als unwissenschaftlich und mit gefälschten Quellen arbeitend enttarnt, wird diffamiert?
>Ihnen mögen ja die Grundprinzipien der Wirtschaftswissenschaft klar sein, aber laut UMBRUCH wird durchaus glaubhaft dargetan, daß es gar nicht so klar ist, was Geld ist.
>In der Geldtheorie beweisen Sie viel Geduld, alles den Freigeldwirten zu erklären. Wenn es um Geschichte geht, platzen Sie vor Wut.
Ich habe mich nur gegen ihr Posting gewehrt, von wegen ich könnte mich bei Historikern"nicht blicken lassen", das konnte ich mir"nicht bieten lassen". Ich bitte um Nachsicht und Verständnis.
Ich saß mal in einem Bonner Oberseminar einem Professor aus Heidelberg gegenüber, der geschrieben hatte, Zwingli hätte mit dem Schwert hinrichten lassen. Da mich dies interessierte, habe ich die Quelle eingesehen. Tatsächlich hatte Zwingli die Delinquenten in einem zugenähten Sack in der Limmat versenken lassen - was ja ein Unterschied ist.
Als ich den Professor darauf aufmerksam gemacht hatte, platzte der vor Wut und forderte mich zum Verlassen des Raumes auf ("lassen Sie sich bloß hier nicht mehr blicken!"). Ich blieb sitzen und der Professor verließ den Raum und ließ sich in Bonn nicht mehr blicken.
>Kritische Neubewertung von Quellen ist immer gut, die Abrißbirne ist schlecht!
Ja, was soll ich da noch sagen? Wie soll jemand gefälschte Quellen"kritisch neubewerten". Man kann die Fälschung als Fälschung bewerten, z.B. die"Konstantinische Schenkung" an den römischen Papst. Aber als Quelle für die Zeit, aus der sie angeblich stammen soll (Kaiser Konstantin), ist die Quelle logischerweise unbrauchbar.
>Ich bin eben kein Extremist, ja bin erst recht nicht Nonkonformist aus Prinzip. Ich bin ein Mensch, der sich abwartend verhält.
Ich wünsche Ihnen von Herzen nicht allzu viele und große Enttäuschungen zu erleben.
>Solange wir uns hier nicht einig sind, drehen wir uns im Kreise.
Warum sollten wir uns nicht einig werden? Detailliert vorgetragene Kritik an Lehrinhalten hat nichts mit Nonkonformismus zu tun. Eins meiner Kinder musste sich mit Karl dem Großen beschäftigen (lt. Lehrbuchinhalt). Ich habe meine Kritik präzis vorgetragen. Und der Kaiser verschwand vom Stundenplan.
Wir sollten auch ein wenig Zivilcourage zeigen.
Gruß
d.
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Firmian
12.10.2001, 22:52
@ dottore
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Re: Geschichte kommt von (owT) |
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dottore
13.10.2001, 20:29
@ PuppetMaster
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Re: Historiker arbeiten mit gefälschten Quellen (warum DAS weglassen???) |
>>Ich bin ein Mensch, der sich abwartend verhält.
>find ich gut - besser abwartend als abwertend...:)
Hier geht's nicht um abw e rtend (hünsches Wortspiel zu abw a rtend). Sondern einfach darum, Fälschungen und die darauf aufbauenden Geschichtsbilder zu decouvrieren, also zu enttarnen. Und damit Geschichte zu hinterfragen.
Oder kreist die Sonne immer noch um die Erde?
Wenn alle abgewartet hätten, weil die Alternative"abwertend" gewesen wäre - JA!
Nö, so nich. Ich jedenfalls nicht.
Ein bisschen Mut & Zivilcourage sollte sein. Wenigstens das noch.
Gruß
d.
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