Hi!
Das ist hier noch einmal eine"nette" Nachtlektüre; der IWF als Insolvenzverwalter vor neuen Aufgaben.
Aus der FTD vom 28.11.2001
<font size="4">Gläubigerschutz auch für Staaten </font>
Von Sebastian Dullien, Norbert Häring und Lucas Zeise
Der internationale Währungsfonds (IWF) prüft die Einführung eines geregelten Insolvenzverfahrens für hoch verschuldete Staaten und damit eine bedeutende Reform des Weltfinanzsystems.
Ein entsprechendes Konzept stellte die Erste Stellvertretende Direktorin des IWF, Anne Krueger, Montagabend überraschend in Washington vor. Der IWF-Vorstand will darüber noch im Dezember beraten.
Forderungen nach einem internationalen Konkursrecht für Staaten waren schon häufiger vorgebracht worden, aber lange Zeit am Widerstand der USA gescheitert. Mit den Äußerungen Kruegers hat sich nun erstmals eine hochrangige Funktionärin des IWF für eine solche Regelung ausgesprochen. Und da nach Angaben der IWF-Vizechefin auch die USA und Großbritannien den Vorstoß unterstützen, gibt es realistische Chancen für eine Umsetzung.
Kontrollen verhindern Kapitalflucht
Nach den Vorstellungen Kruegers sollen Staaten, die sich in ernsten Zahlungsschwierigkeiten befinden, Gläubigerschutz beantragen können. In Phasen, in denen ein Abkommen zwischen dem Schuldnerland und dessen Gläubigern über die Umstrukturierung der ausstehenden Kredite verhandelt wird, wäre der Schuldendienst ausgesetzt. Parallel sollen Kapitalverkehrskontrollen sicherstellen, dass es in dieser Zeit nicht zur Kapitalflucht aus dem Krisenland kommt.
Sollten die Pläne umgesetzt werden, wäre das"eine umwälzende Neuerung der Finanzbeziehungen", sagte Oliver Stönner von der Commerzbank. Bisher ist meistens der IWF mit Krediten eingesprungen, wenn ein Land in Zahlungsschwierigkeiten geriet. Die Kreditgeber konnten sich darauf verlassen, dass bei politisch oder wirtschaftlich bedeutenden Ländern wie Russland am Ende Bankkredite und Bonds doch bedient wurden.
IWF als Moderator
Künftig wäre die Rolle des IWF eher die eines Moderators im Konkursverfahren. Der Privatsektor müsste einen größeren Teil der Kosten tragen, wenn ein Land in Zahlungsschwierigkeiten gerät.
Das hätte auch Konsequenzen für die Finanzierungsbedingungen für Schwellenländer."Eine entsprechende Regelung würde das Kreditrisiko erhöhen und damit die Kapitalkosten", sagte Rainer Schweickert vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel. Für einige Länder könnte es schwer werden, überhaupt Zugang zum internationalen Kapitalmarkt zu erhalten. Ohnehin haben die Schwellenländer nach Schätzungen des internationalen Bankenverbandes Institute of International Finance (IIF) in Washington von 1998 bis 2001 netto praktisch keine neuen Kredite mehr erhalten. Bankkredite gingen sogar um über 100 Mrd. $ zurück. Nur über den zunehmenden Absatz von Anleihen konnte dieser Einbruch ausgeglichen werden.
Die Möglichkeit, Anleihen international zu platzieren, verdankten die betreffenden Länder vor allem der Tatsache, dass bei Anleihen ein Forderungsverzicht schwerer durchzusetzen ist als bei Bankkrediten und deshalb das Risiko eines Kapitalverlustes geringer ist. Ein Konkursrecht würde diesen Vorteil von Bonds aus Investorensicht beseitigen."Es wird schwerer für diese Länder, Anleihen zu platzieren", sagte Oliver Stönner.
Kritik an"falschen Signalen"
Auch Charles Dallara, Managing Director beim IIF, kritisierte die Vorschläge als"Kur, die schädlicher wäre als die Krankheit". Ein formalisiertes Insolvenzrecht für Staaten würde die falschen Signale an Länder schicken, die sich bemühen, ihre Verpflichtungen zu erfüllen. Der Wiederaufbau des Vertrauens in die Kreditwürdigkeit der Schwellenländer würde dadurch ernsthaft gefährdet.
Zudem lasse sich der Gedanke des Insolvenzverfahrens von Unternehmen kaum auf Staaten übertragen. Dazu brauche man einen unabhängigen Insolvenzrichter."Das kann der IWF nicht sein, denn er ist selbst Gläubiger", kritisierte Dallara. Zudem könne im Fall der Unternehmensinsolvenz das Management ausgewechselt werden, was im Fall von Staaten kaum möglich oder erstrebenswert sei.
Für Länder, die bereits überschuldet sind oder sich wie Argentinien am Rande der Zahlungsunfähigkeit befinden, käme das neue Verfahren zu spät. Nach Kruegers Plänen soll es nur für neue Kredite und Bonds gelten. Auch der Weg zu einer Umsetzung wäre noch lang. Das IWF-Verfahren müsste in allen betroffenen Ländern geltendes Recht sein, damit nicht während der Umschuldungsverhandlungen einzelne Gläubiger ihr Geld einklagen."Selbst wenn wir die politische Unterstützung aller Länder hätten, würde es zwei bis drei Jahre dauern, bis das System implementiert ist", sagte Krueger.
© 2001 Financial Times Deutschland
Kommentar: Jetzt wird es spannend welcher Staat da den Vorreiter spielen darf. Kurz ist die Liste ja nicht.
Gruss
Cosa
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