Der Schmusekurs ist endgültig vorbei. Die größte deutsche Softwareschmiede SAP spielt mit dem Gedanken, auch in Deutschland Kündigungen auszusprechen. Dazu sollen leistungsschwache Mitarbeiter gezielt ermittelt werden. „Sollten leistungsfördernde Maßnahmen keinen ausreichenden Erfolg haben und Mitarbeiter weiter unterhalb gemeinsam erarbeiteter Erwartungen bleiben, müssen wir auch im Einzelfall die Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Betracht ziehen.“ Der Ton ist neu in Walldorf und er kommt von Vorstandschef Hasso Plattner persönlich. Die verblümte Drohung mit Rauswurf ist Teil einer e-mail an SAP-Führungskräfte, die der „Financial Times Deutschland“ vorliegt.
Auch dem einstigen Vorzeigeunternehmen der deutschen Technologiewelt weht mittlerweile ein rauer Wind entgegen. Offenbar sind nicht nur die Ergebnisse des USA-Geschäfts enttäuschend. Hier hat Plattner schon vergangene Woche angekündigt, Entlassungen vorzunehmen. Die Software-Umsätze im dritten Quartal in Amerika sind, verglichen mit dem Vorjahresquartal, um rund ein Drittel eingebrochen. So schlimm sieht es in Deutschland zwar nicht aus. Doch die Erwartungshaltung ist hoch. Das im Oktober vorgelegte Quartalsergebnis war schwach, der Reingewinn ging im zweistelligen Prozentbereich zurück. Die grundsätzliche Entscheidung, den Mittelstand als Kunden stärker ins Visier zu nehmen, ist zwar vernünftig. Doch hier sind die Margen niedriger als bei großen Konzernen. So liegt es nahe, wieder ein Stück der vielbeachteten Unternehmenskultur bei SAP zu opfern. Durch Mitarbeitergespräche sollen Arbeitnehmer mit einer schwächeren Leistungsbilanz zu mehr Engagement gebracht werden. Wenn das nicht klappt, steht wohl die Kündigung ins Haus. Bis in welche Ebene die Rauswürfe angedroht, ist auch unklar. Bekannt ist aber, dass es ein regelrechtes Identifizierungsprogramm gibt, mit dem leistungsschwache SAP´ler ausfindig gemacht werden sollen. Die Nervosität von Plattner ist durchaus berechtigt. Weltweit machen Siebel Systems und Oracle den Deutschen das Leben schwer. SAP, einmal angetreten, um den etablierten Amis das Fürchten zu lehren, wird selbst zum Gejagten. Und der Aktienkurs lässt wenig Spielraum für schlechte Nachrichten. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis für 2002 liegt bei geschätzten 50. Das ist viel, nicht nur für einen Dax-notierten Titel. SAP verliert bis zum frühen Mittag 0,4 Prozent auf 145,90 Euro.
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