dottore
23.12.2001, 15:14 |
Real-Enzyklopädie (25):"Ersparnisse" Thread gesperrt |
Hi,
immer wieder wird die Behauptung aufgetischt, dass es in einem Kreditgeld-System so etwas wie"Ersparnisse" geben könne.
Das Modell, das - auf den ersten Blick einleuchtend - dahinter steht, sieht so aus:
Ein Arbeiter erhält 1000 € Lohn oder Gehalt und legt davon 200 € auf die Seite. Dabei hortet er nicht etwa die 200 € (Matratze), sondern zahlt die 200 auf einer Bank ein.
Hat der Arbeiter etwas gespart?
Zunächst scheint es so. Es ist aber mitnichten der Fall.
Verfolgen wir nämlich die 1000 € bis zu ihrer Entstehung, kommen wir zu einem ganz anderen Ergebnis. Die 1000 € nehmen wir der Einfachheit halber als Banknoten.
Diese Banknoten existieren nicht als solche, sondern sind immer Resultat eines Geschäftes zwischen einer Bank und der Notenbank, bei der diese Bank als Geschäftspartner zugelassen ist.
Die Bank kann nur an die 1000 € kommen, nachdem sie ein Pfand in gleicher Höhe auf dem Pfandkonto der Notenbank hinterlegt hat.
Dieses Pfand ist - wie oft genug gepostet - heute immer ein Schuldtitel.
In der Bankbilanz sieht das so aus:
Aktiva (zunächst):
10.000 € Schuldtitel (Pfandbriefe, Schuldverschreibungen. Staatspapiere).
Aktiva (nach der Pfandoperation mit anschließender Vergabe von 1000 € Banknoten an die Geschäftsbank):
1000 € Banknoten
9000 € noch nicht verpfändete Titel.
(Die Operation wird realiter über einen Ausgleichstitel auf der Passivseite - Position 1b - abgewickelt, wodurch formell die 10.000 € aktiv erhalten bleiben und 1000 € passiviert werden, was aber für die Sache selbst keine Rolle spielt.)
Dadurch, dass die Bank überhaupt 1000 € bar in ihre Bücher nehmen kann, verändert sich die Aktivseite in keiner Weise - sie besteht nach wie vor auf 10.000 € (saldiert mit dem 1000 € betragenden Passivposten).
Die Bank reicht dann die 1000 € an die Firma weiter, bei welcher der Arbeiter beschäftigt ist und diese an den Arbeiter.
Damit hat jetzt der Arbeiter die 1000 € in Form von Banknoten. Er hat diese Banknoten - durchgerechnet - nicht als eine in sich ruhende Nettoposition, sondern die 1000 € sind nach wie vor nichts anderes als der Ausdruck für die jene 1000 €, die im aller ersten Schritt von der Geschäftsbank gegen Verpfändung von 1000 € Sicherheiten bei der Notenbank abgeholt wurden.
Zahlt der Arbeiter jetzt 200 € bei der Geschäftsbank (dem Bankensystem) ein, kann die Bank diese 200 € genau so wieder an einen anderen Kunden weitergeben wie sie schon die ersten 1000 € an die Firma weitergereicht hat, die den Arbeiter beschäftigte.
Sie kann die 200 € aber auch verwenden, um ein Pfand in gleicher Höhe bei der Notenbank auszulösen.
Was die Bank tun wird, entscheidet ihre Kalkulation.
Sie hat sicher:
Die Zinsen auf das bei der Notenbank hinterlegte Pfand.
Sie muss sicher:
Die Monopolprämie bezahlen ("Notenbanksatz"), der ihr von der Notenbank abgefordert wird und dies für die Zeit, da sie das nur von der Notenbank erstellbare gesetzliche Zahlungsmittel benötigt.
Nehmen wir an, der Monopolsatz entspricht dem Zinssatz des hinterlegten Pfandes, dann muss die Geschäftsbank den Zinssatz berücksichtigen, den sie ihrerseits bezahlen muss, um die Sicherheit (Pfand) zu finanzieren, die sie selbst finanziert hat.
Beispiel A:
Sicherheit (Pfand) verzinst sich mit 5 % p.a. Die Refinanzierung der Sicherheit kostet 4 % p.a. Der Notenbanksatz liegt bei 5 % p.a. Die Marge der Bank liegt also bei 1 % p.a. Für diese 1 % p.a. kann sie die von der Notenbank angebotene Liquidität in Form von gesetzlichem Zahlungsmittel nutzen, was durchaus Sinn macht, zumal, wenn sie für die Weitergabe von Banknoten noch eine zusätzliche Marge einstreichen kann.
Die Marge muss wenigstens die Kosten der Bank decken. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass die Refinanzierung auf Dauer nur möglich ist, wenn sie zu den 5 % p.a. durchgeführt wird, die Liquidität letztlich kostet.
Da notenbankfähige Sicherheiten bereits refinanziert sind, dauert die Anpassung entsprechend ihre Zeit.
Beispiel B:
Sicherheit: 5 % p.a. Notenbanksatz 5 %. Refinanzierung neuer Sicherheiten ebenfalls 5 % (die alten Sicherheiten wurden im Zeitablauf sämtlich fällig und können nur zu diesen Konditionen prolongiert bzw. neue zu diesen Konditionen aufgenommen werden).
Sind die Konditionen querbeet erreicht, werden sich die Geschäftsbanken neues Notenbankgeld nur beschaffen wollen, wenn sie sicher sind, dass sie eine Marge am Markt für die Vergabe von gesetzlichem Zahlungsmittel erzielen, die ihre Kosten (inkl. Abschreibungen, Risikovorsorge usw.) decken.
Es kommt also niemals auf die Zinshöhe selbst an, sondern immer ur darauf, ob die Margen weiter gereicht werden können.
Nun zu den Ersparnissen:
Eine Ersparnis kann es in einem Kreditgeldsystem - gesamtwirtschaftlich - niemals geben. Denn alles, was gespart wird, ist nichts als eine potenzielle Reduktion der bereits existenten Verschuldung.
In einem System, das nur auf Verschuldung bzw. deren Verschiebung auf der Zeitachse (aus Pfandbrief mach - gegen Monopolprämie - Bargeld) sind sämtliche Ersparnisse in summa nichts anderes als potenzielle oder aktuelle Verschuldungsminderungen. Potenziell: Sie können von den Banken, in die sie - konkret in Form von Forderungszessionen - zurückkehren noch ein weiteres Mal zum Ersatz abgeschlossener Verschuldungsvorgänge genutzt werden.
Oder aktuell: Die Banknoten, die bei einer Bank eingezahlt werden gehen von dieser sofort an die Notenbank zurück, um die dort von der Bank hinterlegten Pfänder auszulösen.
Was letztlich Folgendes bedeutet:
1. Es kann niemals in Form der Weiter- bzw. Rückgabe von Forderungen gespart werden.
2. "Echte" Ersparnisse sind niemals schuldrechtlich möglich.
3. "Echte" Ersparnisse sind ausschließlich sachenrechtlich ("real") möglich).
4. Ein Kredit- und (!) Kreditgeldsystem kann keine Ersparnisse kennen.
5. Das Verleihen von Forderungen ist ein Unding. Das Beleihen ist jederzeit möglich ("Kreditpyramide").
6. Wenn jemals eine Rückkehr zum"Sparen" beabsichtigt wird, dann kann es nur über das Sparen in"real things" gehen. Dazu bietet sich vor allem GOLD an.
Die ist zum einen theoretisch ableitbar. Die Ã-konomie geht bekanntlich von der einfachen Gleichung aus: Y = C + I. (Y = Yield = Sozialprodukt) besteht also aus Konsum- und Investitionsgütern. Investitionsgüter unterscheiden sich von Konsumgütern dadurch, dass sie in der Periode selbst nicht verkonsumiert werden. Ob sie auch als"Investitionen" wirken, d.h. später zur Erstellung (z.B. über ein Werkzeug oder eine Maschine) von BIP in späteren Perioden dienen, ist dabei völlig offen (und interessiert hier nicht weiter).
Letztlich müssten sie ohne hin zur Erzeugung von Konsumgütern dienen, denn die Erstellung von Investitionsgütern, aus denen nichts"kommt", was eben etwas"Verwendbares", also"Verkonsumierbares" wäre, macht keinerlei ökonomischen Sinn. Die Probleme von historische bedeutsamen Investitionen (= Nichtkonsum), die erschienen sind (Kirchen, Pyramiden etc.) muss natürlich gesondert untersucht werden, was auch zu einer Erweiterung des Konsumbegriffs führen könnte (Kirchgang als Konsum, Bestaunen von Pyramiden als Konsum usw.).
Zweifellos handelt es sich aber bei I um etwas tatsächlich Erstelltes. Somit besteht das Y aus erstellten Konsum- und Nichtkonsumgütern.
Nun gibt es eine zweite Gleichung: Y = C + S. S ist dabei die"Ersparnis". Und aus beiden Gleichungen wird dann abgeleitet: I = S. Diese Ersparnis kann zunächst keine in Form von Forderungen sein, wie es allgemein verstanden wird, also in dem Sinne, dass alle die erstellten Konsumgüter verbrauchen und daneben Forderung auf andere Konsumgüter haben, deren Genuss man aber noch in die Zukunft vortragen will. Auch eine Deutung, dass K direkt verkonsumierte Konsumgüter sind und S Ansprüche auf erzeugte Konsumgüter, die ein Teil der Berechtigten anderen Konsumenten abtritt, kann nicht funktionieren, da sonst nur Konsumgüter erzeugt worden wären: Solche, die ein Teil verkonsumiert und solche, die ein anderer Teil verkonsumiert, denen sie in Form von S"geliehen" worden waren.
Dann wäre Y = K, wobei sich die Verteilung der K unterschiedlich darstellt: Die einen verzichten auf K, die anderen konsumieren mehr K als ihnen - durchschnittlich - zustünde, usw..
Das kann also nicht weiter führen. Wenn das I = S überhaupt einen Sinn machen soll, dann muss es sich bei I um konkrete Gegenstände handeln, die nicht verkonsumierbar sind, woraus folgt, dass nur in etwas gespart werden kann, was nicht verkonsumierbar ist.
Womit wird wieder bei der Realgeschichte des Sparens sind, die jahrhundertlang aus dem Sparen in Edelmetall bestanden hat, was auch erklärt, dass es eine fast unübersehbare Häufung von Münzfunden gibt, die Forschern immer neue Achtung und Bearbeitung abfordern, vgl. neben vielem anderen
Coin Finds and Coin Use in the Roman World (Oxforder Symposion, erschienen 1996) oder Patrick M. Brunn: Die spätrömische Münze als Gegenstand der Thesaurierung (1987).
Das Thesaurieren war also nichts als"Sparen" im wahren Sinn des Wortes, das sich bis zum Ende des 15. Jh. auch als äußerst lohnend erwies, da der Preis der Ersparnisse (Silberkaufkraft All-time-High 1477) ständig stieg (verglichen mit der Menge anderer Waren, die man dafür tauschen konnte).
Wie schon an anderer Stelle erwähnt, gab es zu Beginn des 16. Jh. für Einlagen bei Bankiers (für"Ersparnisse" mit Sonderverwahrung also) keine Einlagenzinsen (Beispiel: Einlagen des Humanisten Peutinger bei der Welser-"Bank" in Augsburg). Zumeist musste für die Depositen vom Deponenten sogar eine Gebühr bezahlt werden, woraus der Gewinn der Bank resultierte.
Auch die wenig später entstandenen"Banquen" (Venedig, Nürnberg, Amsterdam, Hamburg) waren keine Banken, die Spareinlagen einnahmen; das bei ihnen deponierte Edelmetall blieb unverzinslich und diente ausschließlich dazu, Giralgeschäfte abzuwickeln (man schrieb auf den Konten zu oder ab).
Der Quantensprung hin zur Entgegennahme von Depositen gegen Zins erfolgte Mitte des 17. Jh. durch Banken in England und die bekannten schottischen Landbanken (vgl. Gilbart: Laws of the Currency, Stat. Journal 1854), wobei es zum Zins auch Varianten gab (kostenlose sonstige Geschäftsbesorgung u.ä.).
In den älteren Handelsgesetzen werden auch Deposita (also, was wie heute als"Ersparnisse" bezeichnen), die vom Depot weiter benutzt werden konnten, erwähnt (Piacenza 1371, Bergamo 1457); anderseits wurden in Spanien Wechsler, die das bei ihnen liegende Geld weiter"verwendeten" ausdrücklich als Räuber bezeichnet (vgl. Hübner, Die Banken, 58). Entsprechend gab es den"Bankrott" = die"Banca rotta" - den umgestürzten Tisch des Wechslers, der das Depot nicht herausrücken konnte.
Doch der große Trend startete erst um 1700. Zum einen wurden Gelder (also vorhandenes Metall) gebündelt und zu Aktiengesellschaften vereint, von denen die Bank of Scotland die erste war:
Eine ähnliche"Special-Garantie" gab es schon vorher bei Gerichtsdepositen und Mündelgeldern.
Aus diesen Anfängen heraus entwickelten sich dann auf breiter Front die"modernen" Banken, deren gemeinsames Merkmal allerdings stets geblieben war, konkrete Ersparnisse, d.h. also Edelmetall als Depositum entgegen zu nehmen.
Hübner hatte sich die Mühe gemacht, sämtliche Mitte des 19. Jh. existierenden 1305 Banken zu untersuchen und kam dabei auf diese Zahlen:
1. Bankkapital insgesamt: 1,085 Mrd Taler (Tlr = später = 3 Mark).
2. Ausstehende Noten insgesamt: 1,026 Mrd Tlr.
Da die Noten zunächst Depotscheine waren (die allerdings ihrerseits wieder zu"Ersparnissen" herangezogen werden konnten) und die"Deckungen" höchst unterschiedlich waren, lassen sich keine weiteren detaillierten Aussagen treffen (auch fehlen vielerseits Angaben). Aber immerhin sind Größenvorstellungen möglich, z.B. betrug der deutsche Bargeldbestand 1876 dann etwas mehr als 3 Mrd. Mark (= 1 Mrd. Tlr).
Um zum Ausgangspunkt zurückzukehren: In der Zeit einer Metallwährung existierten also konkrete"Ersparnisse" in Form von Depositen in specie (Metall), die bei Banken hinterlegt waren (unbeschadet deren Weiterverwendung durch die Depotanstalt, alias Bank).
Von diesen Ersparnissen unterscheidet sich das, was wir heute als"Ersparnisse" bezeichnen fundamental. R.Deutsch hatte in Friedrichroda ausführlich auf diese Dinge hingewiesen.
Wer heute 100.000 € in einer Bank einzahlt, zahlt nicht eine"Sache" ein, sondern er übergibt der Bank eine Forderung. In Forderungen kann aber nicht"gespart" werden. Forderungen eignen sich nur zur Abtretung (Zession).
Da sämtliche Forderungen immer gleich hohen Verbindlichkeiten (Schulden) entsprechen, bedeutet"Sparen" heute immer nur die Minderung von Verbindlichkeiten, gesamtwirtschaftlichen natürlich.
Würden alle Banknoten an die Banken, aus denen sie letztlich nur ans Publikum gekommen sein können, da nur Banken Zugang zur Notenbank haben, zurückgegeben ("gespart"), würden die Banken die Noten sämtlich an die Notenbank zurückgeben, da sie das Publikum nicht mehr benötigt.
Die"Ersparnisse" wären physisch verschwunden. Was bliebe, wären Ansprüche des Publikums, wieder mit Banknoten ausgestattet zu werden, sobald die"Sparfrist" abläuft. Um sich die dann benötigten Banknoten zu beschaffen, müssten die Banken wieder in Geschäftsbeziehung zur Notenbank treten und sich dort - gegen Hinterlegung dann ZB-fähiger, also bereits existenter Schuldtitel - die benötigte Beträge in Form von Banknoten abholen.
So wenig wie es Nettogeld geben kann, kann es also Nettoersparnisse geben. Dies gilt sub summa aller Volkswirtschaften, auch wenn der Augenschein uns anderes zu lehren scheint, nämlich wenn wir Leute sehen, die Geld"in Händen haben" oder"sparen". Es können immer nur einzelne sein, niemals alle.
Weihnachtsgrüße
d.
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JüKü
23.12.2001, 16:03
@ dottore
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Re: Real-Enzyklopädie (25): |
>So wenig wie es Nettogeld geben kann, kann es also Nettoersparnisse geben. Dies gilt sub summa aller Volkswirtschaften, auch wenn der Augenschein uns anderes zu lehren scheint, nämlich wenn wir Leute sehen, die Geld"in Händen haben" oder"sparen". Es können immer nur einzelne sein, niemals alle.
>Weihnachtsgrüße
>d.
Danke für diese Verdeutlichung!
Und somit müssen AM ENDE alle"Ersparnisse", die nicht real sind, also z. B. Gold/Silber, verdampfen. Gesamtwirtschaftlich gibt es nie"Ersparnisse", nur für Einzelne, aber früher oder später gehört"der Einzelne" zur"Gesamtwirtschaft". Denn Staatsschulden sind die Schulden jedes Einzelnen, was man aber immer erst am Ende merkt.
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Fontvieille
23.12.2001, 17:13
@ JüKü
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Re: Real-Enzyklopädie (25): |
>>So wenig wie es Nettogeld geben kann, kann es also Nettoersparnisse geben. Dies gilt sub summa aller Volkswirtschaften, auch wenn der Augenschein uns anderes zu lehren scheint, nämlich wenn wir Leute sehen, die Geld"in Händen haben" oder"sparen". Es können immer nur einzelne sein, niemals alle.
>>Weihnachtsgrüße
>>d.
>Danke für diese Verdeutlichung!
>Und somit müssen AM ENDE alle"Ersparnisse", die nicht real sind, also z. B. Gold/Silber, verdampfen. Gesamtwirtschaftlich gibt es nie"Ersparnisse", nur für Einzelne, aber früher oder später gehört"der Einzelne" zur"Gesamtwirtschaft". Denn Staatsschulden sind die Schulden jedes Einzelnen, was man aber immer erst am Ende merkt.
Das verstehe ich nicht ganz."Ersparnisse" macht niemand als Selbstzweck oder zum Spaß, sondern um damit später eigene Verpflichtungen erfüllen zu können. Dazu kann ich aber auch Forderungen bzw. zedierbare Schuldtitel verwenden. Es ist doch zunächst einmal wurscht, ob ich meine eigenen Verpflichtungen mit einem Stück Gold oder mit einer zedierbaren Forderung begleiche. Entscheidend ist doch nur, ob mein Vertragspartner das eine und das andere akzeptiert und im Falle der Forderung, daß sie auch Eintreibbar ist. Die Forderung als"Ersparnis" ist doch nur dann problematisch, wenn sie"faul" ist oder wird, d.h. vom Schuldner nicht bedient werden kann. Weshalb kann das Anhäufen von Forderungen (zedierbaren Schuldtiteln) keine"Ersparnis" darstellen, mittels derer ich später eigene Verpflichtungen erfülle? Ist Gold oder Silber nicht auch so etwas wie eine ewige Call-Option auf Gegenleistung (z.B. Weihnachtsstollen)?
Gruß, F.
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JüKü
23.12.2001, 17:35
@ Fontvieille
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Re: Real-Enzyklopädie (25): |
>>>So wenig wie es Nettogeld geben kann, kann es also Nettoersparnisse geben. Dies gilt sub summa aller Volkswirtschaften, auch wenn der Augenschein uns anderes zu lehren scheint, nämlich wenn wir Leute sehen, die Geld"in Händen haben" oder"sparen". Es können immer nur einzelne sein, niemals alle.
>>>Weihnachtsgrüße
>>>d.
>>Danke für diese Verdeutlichung!
>>Und somit müssen AM ENDE alle"Ersparnisse", die nicht real sind, also z. B. Gold/Silber, verdampfen. Gesamtwirtschaftlich gibt es nie"Ersparnisse", nur für Einzelne, aber früher oder später gehört"der Einzelne" zur"Gesamtwirtschaft". Denn Staatsschulden sind die Schulden jedes Einzelnen, was man aber immer erst am Ende merkt.
>Das verstehe ich nicht ganz."Ersparnisse" macht niemand als Selbstzweck oder zum Spaß, sondern um damit später eigene Verpflichtungen erfüllen zu können. Dazu kann ich aber auch Forderungen bzw. zedierbare Schuldtitel verwenden. Es ist doch zunächst einmal wurscht, ob ich meine eigenen Verpflichtungen mit einem Stück Gold oder mit einer zedierbaren Forderung begleiche. Entscheidend ist doch nur, ob mein Vertragspartner das eine und das andere akzeptiert und im Falle der Forderung, daß sie auch Eintreibbar ist. Die Forderung als"Ersparnis" ist doch nur dann problematisch, wenn sie"faul" ist oder wird, d.h. vom Schuldner nicht bedient werden kann.
So weit völlig OK. dottores Posting zeigt, dass gesamtwirtschaftliches Sparen gar nicht möglich ist, was"der Einzelne" aber nicht merkt, so lange"heile Welt" ist und weiter aufgeschuldet werden kann. Der Einzelne kann natürlich schon sparen, das tun wir ja auch alle mehr oder weniger. Problematisch wird es eben, wie oben ausgeführt, wenn die Schulden faul werden. Und sie MÜSSEN es früher oder später werden.
Weshalb kann das Anhäufen von Forderungen (zedierbaren Schuldtiteln) keine"Ersparnis" darstellen, mittels derer ich später eigene Verpflichtungen erfülle?
Wie gesagt, das funktioniert so lange, wie die Masse nicht merkt, dass es"nur" Forderungen sind, die da gesammelt werden. Und wenn genügend viele Forderungen gesammelt sind, ist der Schuldner überfordert.
Ist Gold oder Silber nicht auch so etwas wie eine ewige Call-Option auf Gegenleistung (z.B. Weihnachtsstollen)?
>Gruß, F.
Ja, eben EWIG. Seit Tausenden Jahren haben Gold und Silber einen (Tausch-)Wert. Es ist mit großer Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass zu den Tausenden Jahren noch"ein paar" hinzu kommen. Der entscheidende Unterschied zu"Geld" ist der, dass keine Regierung der Welt dem Gold seinen Wert nehmen kann - wie es jede Regierung mit"Geld" leicht tun kann - und in der Geschichte immer wieder getan hat. Alles nur eine Frage der überschaubaren Zeit.
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Fontvieille
23.12.2001, 18:27
@ JüKü
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Re: Real-Enzyklopädie (25): |
>>Das verstehe ich nicht ganz."Ersparnisse" macht niemand als Selbstzweck oder zum Spaß, sondern um damit später eigene Verpflichtungen erfüllen zu können. Dazu kann ich aber auch Forderungen bzw. zedierbare Schuldtitel verwenden. Es ist doch zunächst einmal wurscht, ob ich meine eigenen Verpflichtungen mit einem Stück Gold oder mit einer zedierbaren Forderung begleiche. Entscheidend ist doch nur, ob mein Vertragspartner das eine und das andere akzeptiert und im Falle der Forderung, daß sie auch Eintreibbar ist. Die Forderung als"Ersparnis" ist doch nur dann problematisch, wenn sie"faul" ist oder wird, d.h. vom Schuldner nicht bedient werden kann.
>So weit völlig OK. dottores Posting zeigt, dass gesamtwirtschaftliches
aha, darum ging es. Mir war nicht klar, daß es in dem Posting nur um das"große Ganze" geht. So gesehen hat dottore völlig Recht.
Sparen gar nicht möglich ist, was"der Einzelne" aber nicht merkt, so lange"heile Welt" ist und weiter aufgeschuldet werden kann. Der Einzelne kann natürlich schon sparen, das tun wir ja auch alle mehr oder weniger. Problematisch wird es eben, wie oben ausgeführt, wenn die Schulden faul werden. Und sie MÜSSEN es früher oder später werden.
>Weshalb kann das Anhäufen von Forderungen (zedierbaren Schuldtiteln) keine"Ersparnis" darstellen, mittels derer ich später eigene Verpflichtungen erfülle?
>Wie gesagt, das funktioniert so lange, wie die Masse nicht merkt, dass es"nur" Forderungen sind, die da gesammelt werden. Und wenn genügend viele Forderungen gesammelt sind, ist der Schuldner überfordert.
das ist gut auf den Punkt gebracht
>Ist Gold oder Silber nicht auch so etwas wie eine ewige Call-Option auf Gegenleistung (z.B. Weihnachtsstollen)?
>>Gruß, F.
>Ja, eben EWIG. Seit Tausenden Jahren haben Gold und Silber einen (Tausch-)Wert. Es ist mit großer Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass zu den Tausenden Jahren noch"ein paar" hinzu kommen. Der entscheidende Unterschied zu"Geld" ist der, dass keine Regierung der Welt dem Gold seinen Wert nehmen kann - wie es jede Regierung mit"Geld" leicht tun kann - und in der Geschichte immer wieder getan hat. Alles nur eine Frage der überschaubaren Zeit.
Danke für die Antwort.
Gruß, F.
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André
23.12.2001, 21:03
@ dottore
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Re: Real-Enzyklopädie (25): - Sparen? |
Hallo dottore,
eine sehr schöne weihnachtliche Zusammenstellung!
Wenn die 2.Gleichung Y=C+S benutzt wird, denkt halt jeder mikroökonomisch. Aber was auf dieser Ebene richtig ist, muß makroökonomisch überhaupt nicht mehr stimmen, was Du ja sehr schön dargelegt hast und zumeist verkannt wird.
Wenn man nun in facto gesamtwirtschaftlich nur in realen Gütern sparen kann, so hat das leider auch so seine Macken.
Reale Güter sind auch Grund und Boden, aber der ist ja nicht vermehrbar, also verbleiben dann nur Verteilungs- und Bewertungsfragen. Anders vielleicht bei Bauten, aber die sind ja langlebige Konsumgüter, also Teil von C.
Aber selbst bei Gold und Silber (wie auch dem berüchtigten Faß Ã-l, das Lagerhaltungskosten verursacht) stoßen wir an die Grenzen, wenn wir die Sache global betrachten. Spätestens wenn alles Edelmetall gefördert ist, kann es kein Sparen mehr geben. Und was ist mit dem wesentlichen Teil, der z.Zt."gespart", d.h. gehortet wird, stammt er nicht aus fremden Horten oder eingeschmolzenem Schmuck?
Goethe hatte ja bekanntlich bereits vorgeschlagen, die Schätze im Boden zu lassen und handelbare Zertifikate drüber auszustellen ;-).
Egal wie, das gesamtwirtschaftliche S ist und bleibt somit eine äusserst fragwürdige Größe.
Mit den besten weihnachtlichen Wünschen
A.
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André
30.12.2001, 21:01
@ dottore
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@ dottore, Re: Real-Enzyklopädie (25): Zur gesamtwirtschaftlichen Gleichung |
>Hi,
>immer wieder wird die Behauptung aufgetischt, dass es in einem Kreditgeld-System so etwas wie"Ersparnisse" geben könne.
>Eine Ersparnis kann es in einem Kreditgeldsystem - gesamtwirtschaftlich - niemals geben. Denn alles, was gespart wird, ist nichts als eine potenzielle Reduktion der bereits existenten Verschuldung.
>Was letztlich Folgendes bedeutet:
>1. Es kann niemals in Form der Weiter- bzw. Rückgabe von Forderungen gespart werden.
>2. "Echte" Ersparnisse sind niemals schuldrechtlich möglich.
>3. "Echte" Ersparnisse sind ausschließlich sachenrechtlich ("real") möglich).
>4. Ein Kredit- und (!) Kreditgeldsystem kann keine Ersparnisse kennen.
>5. Das Verleihen von Forderungen ist ein Unding. Das Beleihen ist jederzeit möglich ("Kreditpyramide").
>6. Wenn jemals eine Rückkehr zum"Sparen" beabsichtigt wird, dann kann es nur über das Sparen in"real things" gehen. Dazu bietet sich vor allem GOLD an.
>Die ist zum einen theoretisch ableitbar. Die Ã-konomie geht bekanntlich von der einfachen Gleichung aus: Y = C + I. (Y = Yield = Sozialprodukt) besteht also aus Konsum- und Investitionsgütern. Investitionsgüter unterscheiden sich von Konsumgütern dadurch, dass sie in der Periode selbst nicht verkonsumiert werden. Ob sie auch als"Investitionen" wirken, d.h. später zur Erstellung (z.B. über ein Werkzeug oder eine Maschine) von BIP in späteren Perioden dienen, ist dabei völlig offen (und interessiert hier nicht weiter).
>Letztlich müssten sie ohne hin zur Erzeugung von Konsumgütern dienen, denn die Erstellung von Investitionsgütern, aus denen nichts"kommt", was eben etwas"Verwendbares", also"Verkonsumierbares" wäre, macht keinerlei ökonomischen Sinn. Die Probleme von historische bedeutsamen Investitionen (= Nichtkonsum), die erschienen sind (Kirchen, Pyramiden etc.) muss natürlich gesondert untersucht werden, was auch zu einer Erweiterung des Konsumbegriffs führen könnte (Kirchgang als Konsum, Bestaunen von Pyramiden als Konsum usw.).
>Zweifellos handelt es sich aber bei I um etwas tatsächlich Erstelltes. Somit besteht das Y aus erstellten Konsum- und Nichtkonsumgütern.
>Nun gibt es eine zweite Gleichung: Y = C + S. S ist dabei die"Ersparnis". Und aus beiden Gleichungen wird dann abgeleitet: I = S. Diese Ersparnis kann zunächst keine in Form von Forderungen sein, wie es allgemein verstanden wird, also in dem Sinne, dass alle die erstellten Konsumgüter verbrauchen und daneben Forderung auf andere Konsumgüter haben, deren Genuss man aber noch in die Zukunft vortragen will. Auch eine Deutung, dass K direkt verkonsumierte Konsumgüter sind und S Ansprüche auf erzeugte Konsumgüter, die ein Teil der Berechtigten anderen Konsumenten abtritt, kann nicht funktionieren, da sonst nur Konsumgüter erzeugt worden wären: Solche, die ein Teil verkonsumiert und solche, die ein anderer Teil verkonsumiert, denen sie in Form von S"geliehen" worden waren.
>Dann wäre Y = K, wobei sich die Verteilung der K unterschiedlich darstellt: Die einen verzichten auf K, die anderen konsumieren mehr K als ihnen - durchschnittlich - zustünde, usw..
>Das kann also nicht weiter führen. Wenn das I = S überhaupt einen Sinn machen soll, dann muss es sich bei I um konkrete Gegenstände handeln, die nicht verkonsumierbar sind, woraus folgt, dass nur in etwas gespart werden kann, was nicht verkonsumierbar ist.
>d.
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Wie seriös sind die gesamtwirtschaftlichen Gleichungen?
Y=C+I,
d.h. das gesamtwirtschaftliche Ergebnis (yield) oder Volkseinkommen ensteht p.a. durch die Produktion von Konsumgütern C und Investitionsgütern I.
Soweit einleuchtend.
Jetzt aber:
Y=C+S
Das Volkseinkommen wird p.a. verwendet zum Verkonsumieren und Nichtkonsumieren, wobei Nichtkonsumieren = Sparen S gesetzt wird.
Wie definiert sich aber hier die Größe C?
Achtung, es sind nicht die innert Jahresfrist produzierten Konsumgüter,
denn es gibt bekanntlich Konsumgüter, die sich über mehere Jahre erst verzehren.
Also, es kann nur der periodisierte Konsum dieser Güter (hilfsweise die Abschreibung) sein. Somit erscheint das C der zweiten Gleichung bereits ungleich dem C der ersten Gleichung, zumal auch Investitionsgüter verschleissen, d.h. zeitanteilig"verkonsumiert" werden und wiederum Teil des C bilden sollten.
Wenn wir jetzt die p.a. produzierten Investitionsgüter (erste Gleichung =I) mit den den p.a. nicht konsumierten Gütern (2. Gleichung = S) vergleichen und nach dem bekannten mathemat. Verfahren per Gleichung gleichsetzen, kommen wir trotz der oben aufgezeigten Diskrepanzen in den zwei C zu einer gewissen und auch keineswegs überraschenden Entsprechung.
Versehen mit einer"Wagenladung" c.gr.s. (cum grano salis) ist I = S.
Das Ergebnis ist somit eine großartige Banalität:
Was dem Produzieren dient, nämlich die Investitionsgüter=I,
wird nicht konsumiert, ist also ein p.a. Erspartes = S.
Aber es zeigt sich aus den Gleichungen, wenn man auf die zugrundeliegenden Begriffe zurückgeht, unmittelbar, dass die Zahlungsseite (Geld) voll und ganz außen vor bleibt, d.h. Geld als Forderungs-/Kreditgeld und Zahlungsmittel in dieser Gleichung nicht vorkommt und auch nichts, aber auch garnichts zu suchen hat.
Das Hineininterpretieren von Geld in die 2. Gleichung (Ersparnis) stammt aus der unzulässigen Gedankenassoziation:"Erspartes sei Geld (genauer: Kredit-/Forderungsgeld)".
Insoweit untermauert die unmittelbare Betrachtung der gesamtwirtschaftlichen Gleichungen Deine aus dem Geldsystem abgeleitete Aussage:
Es gibt keine gesamtwirtschaftliche monetäre Nettoersparnis in einem Kreditgeldsystem. Es gibt stets immer nur reale Dinge, die noch nicht oder niemals konsumiert werden.
Mit den besten Wünschen für 2002!!!
A.
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André
30.12.2001, 21:04
@ André
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Re: Real-Enzyklopädie (25): - Sparen? Nachtrag |
Wie seriös sind die gesamtwirtschaftlichen Gleichungen?
Y=C+I,
d.h. das gesamtwirtschaftliche Ergebnis (yield) oder Volkseinkommen ensteht p.a. durch die Produktion von Konsumgütern C und Investitionsgütern I.
Soweit einleuchtend.
Jetzt aber:
Y=C+S
Das Volkseinkommen wird p.a. verwendet zum Verkonsumieren und Nichtkonsumieren, wobei Nichtkonsumieren = Sparen S gesetzt wird.
Wie definiert sich aber hier die Größe C?
Achtung, es sind nicht die innert Jahresfrist produzierten Konsumgüter,
denn es gibt bekanntlich Konsumgüter, die sich über mehere Jahre erst verzehren.
Also, es kann nur der periodisierte Konsum dieser Güter (hilfsweise die Abschreibung) sein. Somit erscheint das C der zweiten Gleichung bereits ungleich dem C der ersten Gleichung, zumal auch Investitionsgüter verschleissen, d.h. zeitanteilig"verkonsumiert" werden und wiederum Teil des C bilden sollten.
Wenn wir jetzt die p.a. produzierten Investitionsgüter (erste Gleichung =I) mit den den p.a. nicht konsumierten Gütern (2. Gleichung = S) vergleichen und nach dem bekannten mathemat. Verfahren per Gleichung gleichsetzen, kommen wir trotz der oben aufgezeigten Diskrepanzen in den zwei C zu einer gewissen und auch keineswegs überraschenden Entsprechung.
Versehen mit einer"Wagenladung" c.gr.s. (cum grano salis) ist I = S.
Das Ergebnis ist somit eine großartige Banalität:
Was dem Produzieren dient, nämlich die Investitionsgüter=I,
wird nicht konsumiert, ist also ein p.a. Erspartes = S.
Aber es zeigt sich aus den Gleichungen, wenn man auf die zugrundeliegenden Begriffe zurückgeht, unmittelbar, dass die Zahlungsseite (Geld) voll und ganz außen vor bleibt, d.h. Geld als Forderungs-/Kreditgeld und Zahlungsmittel in dieser Gleichung nicht vorkommt und auch nichts, aber auch garnichts zu suchen hat.
Das Hineininterpretieren von Geld in die 2. Gleichung (Ersparnis) stammt aus der unzulässigen Gedankenassoziation:"Erspartes sei Geld (genauer: Kredit-/Forderungsgeld)".
Insoweit untermauert die unmittelbare Betrachtung der gesamtwirtschaftlichen Gleichungen Deine aus dem Geldsystem abgeleitete Aussage:
Es gibt keine gesamtwirtschaftliche monetäre Nettoersparnis in einem Kreditgeldsystem. Es gibt stets immer nur reale Dinge, die noch nicht oder niemals konsumiert werden.
Mit den besten Wünschen für 2002!!!
A.
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