Wal Buchenberg
04.01.2002, 07:34 |
Hinweis nur für die Geldtheoretiker Thread gesperrt |
„In der Zirkulation der Wertzeichen (des Papiergelds) erscheinen alle Gesetze der wirklichen Geldzirkulation umgekehrt und auf den Kopf gestellt.
Während das Gold zirkuliert, weil es Wert hat, hat das Papier Wert, weil es zirkuliert.
Während bei gegebenem Tauschwert der Waren die Quantität des zirkulierenden Goldes von seinem eigenen Wert abhängt, hängt der Wert des Papiers von seiner zirkulierenden Quantität ab.
Während die Quantität des zirkulierenden Goldes steigt oder fällt mit dem Steigen oder Fallen der Warenpreise, scheinen die Warenpreise zu steigen oder zu fallen mit dem Wechsel in der Quantität des zirkulierenden Papiers.
Während die Warenzirkulation nur bestimmte Quantität Goldmünze absorbieren kann, daher abwechselnde Kontraktion und Expansion des zirkulierenden Geldes sich als notwendiges Gesetz darstellt, scheint das Papiergeld in jeder beliebigen Ausdehnung in die Zirkulation einzugehen.
Während der Staat die Gold- und Silbermünze verfälscht..., sollte er die Münze auch nur 1/100 Gramm unter ihrem Nominalgehalt ausgeben, vollzieht er eine völlig richtige Operation in der Ausgabe wertloser Papierzettel...
Während die Goldmünze augenscheinlich nur den Wert der Waren repräsentiert, soweit dieser selbst in Gold geschätzt oder als Preis dargestellt ist, scheint das Wertzeichen (Papiergeld) den Wert der Ware unmittelbar zu repräsentieren.
Es leuchtet daher ein, warum Beobachter, die die Phänomene der Geldzirkulation einseitig an der Zirkulation von Papiergeld mit Zwangskurs studierten, alle inneren Gesetze der Geldzirkulation verkennen mussten.
In der Tat erscheinen diese Gesetze nicht nur verkehrt in der Zirkulation des Papiergelds, sondern ausgelöscht, da das Papiergeld, wenn in richtiger Quantität ausgegeben, Bewegungen vollzieht, die ihm nicht als Wertzeichen eigentümlich sind, während seine eigentümliche Bewegung, statt direkt aus der Verwandlung der Waren zu stammen, aus Verletzung seiner richtigen Proportion zum Gold entspringt.“ K. Marx, Zur Kritik der Politischen Ã-konomie, MEW 13, 100f.
Ich will hier nicht die x-te Debatte über Geld anzetteln (meine Kenntnisse in Sachen Geldtheorie reichen nicht für eine klärende Diskussionsteilnahme).
Da ich aber den Eindruck habe, dass Gegner wie Anhänger von Marx zu 90 Prozent den originalen Marx nicht kennen, will ich seine Geldtheorie in authentischer Form als zitierfähiges Exzerpt vorstellen:
Entstehung (Wesen) des Geldes
Funktionen des Geldes.
Gruß Wal Buchenberg
<center>
<HR>
</center> |
chiquito
04.01.2002, 10:11
@ Wal Buchenberg
|
Re: @ Wal Buchenberg - Geldtheorie |
Erst mal möchte ich bemerken: Als wissenschaftlich denkender Mensch kann man, meiner Ansicht nach, Marx nicht wie einen"toten Hund" behandeln oder vor lauter Angst, dass man sich"mit marxistischem Gedankengut infiziert", jeder ernsthaften Beschäftigung mit ihm aus dem Weg gehen. An Max Weber oder Keynes würde ich nicht kritisieren, dass sie sich mit Marx auseinandergesetzt haben, sondern vielmehr, dass sie versucht haben, es zu verheimlichen.
Jetzt aber zu dem zitierten Text von jenem deutschen Emigranten, der so viel Erschröckliches geschrieben haben soll. Da gibt es nämlich folgenden Satz:
>Während die Goldmünze augenscheinlich nur den Wert der Waren repräsentiert, soweit dieser selbst in Gold geschätzt oder als Preis dargestellt ist, scheint das Wertzeichen (Papiergeld) den Wert der Ware unmittelbar zu repräsentieren.
Diesen Satz versteh ich nicht und ich würde mich freuen, wenn man mir ihn verständlich machen könnte.
chiquito
<center>
<HR>
</center> |
Wal Buchenberg
04.01.2002, 10:57
@ chiquito
|
Re: @ Wal Buchenberg - Geldtheorie |
>Jetzt aber zu dem zitierten Text von jenem deutschen Emigranten, der so viel Erschröckliches geschrieben haben soll. Da gibt es nämlich folgenden Satz: >
>>Während die Goldmünze augenscheinlich nur den Wert der Waren repräsentiert, soweit dieser selbst in Gold geschätzt oder als Preis dargestellt ist, scheint das Wertzeichen (Papiergeld) den Wert der Ware unmittelbar zu repräsentieren.
>Diesen Satz versteh ich nicht und ich würde mich freuen, wenn man mir ihn verständlich machen könnte.
>chiquito
Hallo Chiquito,
Gold ist ein Wert neben und außer der Ware, deren Preis in Gold genannt wird. Die Preisangabe in Gold (x Menge der Ware Y ist z Gold wert) ist offensichtlich ein Wertvergleich zwischen zwei (Waren)Werten.
Da aber Papiergeld keinen eigenen Wert besitzt, kann es sich bei einer Preisangabe in Papiergeld (x Menge der Ware Y ist z Euro wert) (scheinbar) nicht um einen Wertvergleich handeln. Scheinbar wird hier der Wert der Ware Y nicht durch einen Wertvergleich ermittelt, sondern die Wäre erhält einen beliebig (staatlich) festgesetzten Wertnamen.
Gruß Wal
P.S. Ich hoffe, es kommen nicht weitere Anfragen. Mein Wissen ist damit erschöpft!;-)
<center>
<HR>
</center> |
Jochen
04.01.2002, 13:38
@ Wal Buchenberg
|
Re: @ Wal Buchenberg - Geldtheorie |
Tip: du könntest dich auch mal mit den Ergebnissen Heinsohn/Steigers auseinandersetzen, die die grundsätzlichen Fehler der klassischen Wirtschaftstheorie Smith, Ricardo, Marx aufgezeigt haben. Vielleicht als Einstieg http://www.km21.de/capital/heinsohn-steigerA_1996.htm.Da bleibt vom Marxismus nicht mehr viel übrig.
Gruß
Jochen
<center>
<HR>
</center> |
chiquito
04.01.2002, 16:16
@ Jochen
|
Re: @ Jochen: Heißt Wissenschaft, dass man mit Namen um sich schlägt? |
>Tip: du könntest dich auch mal mit den Ergebnissen Heinsohn/Steigers auseinandersetzen, die die grundsätzlichen Fehler der klassischen Wirtschaftstheorie Smith, Ricardo, Marx aufgezeigt haben. Vielleicht als Einstieg http://www.km21.de/capital/heinsohn-steigerA_1996.htm.Da bleibt vom Marxismus nicht mehr viel übrig.
>Gruß
>Jochen
Das war ja vielleicht nicht an mich gerichtet, aber ich möchte doch mal antworten.
In Brechts"Galileo Galilei" kommt ein"Aristoteliker" zu Galilei. Der Physiker bietet dem Philosophen verständlicherweise sein Fernrohr an, damit der Schriftgelehrte vielleicht mal ein Blick auf die Tatsachen, nämlich die Jupitermonde wirft. Der Philosoph aber lehnt den Blick durchs Fernrohr ab, indem er mit Aristoteles-Zitaten"beweist", dass es keine Jupitermonde geben kann.
Ich finde diese Stelle bei Brecht auch deshalb so witzig, weil ich mir einen Aristoteles nur so vorstellen kann, dass er sicherlich durch ein Fernrohr geschaut hätte - selbst auf die Gefahr hin, dass er seine bisherigen Überzeugungen hätte in Frage stellen müssen.
So werde ich schon skeptisch, wenn sich jemand als"Marxist" bezeichnet, weil ich von Marx weiß, dass er immer wieder seine theoretischen Ansätze überdacht und an der Wirklichkeit zu überprüfen suchte - während sich viele Marxisten dadurch"ausgezeichnet" haben, dass sie"passende" Marx-Stellen zitierten und sich vor dem unverstellten Blick (bei Brecht: der Blick durchs Fernrohr) auf die Wirklichkeit zu scheuen schienen.
Umgekehrt gibt es dann aber auch wohl diejenigen, für die jeder Hinweis auf Marx offensichtlich schon ein rotes Tuch bedeutet, das man auf die Hörner nehmen muß.
Wenn Heinson/Steiger den Adam Smith, den Ricardo und den Marx widerlegt haben sollen, wieso kann dann jeder sich auf Smith oder Ricardo berufen (das passiert tagtäglich bei den Ã-konomen), aber wenn einer mit Marx kommt, dann haut man ihm Heinson/Steiger um die Ohren und sagt:"Der Marxismus ist doch erledigt". So wie die"Marxisten" auf Marx verweisen, so verweisen die"Anti-Marxisten" auf irgendwas anderes, aber die wirkliche inhaltliche Auseinandersetzung fehlt.
Übrigens: Wenn Marx mitbekommen hätte, was manche"Marxisten" mit ihm angefangen haben, er hätte sich, wie man so sagt, noch im Grabe rumgedreht.
Marx selber hat, nachdem 1873 eine schwere Krise ausbrach (die mit einigem Ab und Auf und Ab bis in die Mitte der 90er Jahre gehen sollte), gewissermaßen die Schreibfeder, mit der er am Band III des"Kapital" arbeitete, fallen lassen, weil er die"detaillierte Beobachtung" für notwendig hielt, die"für den Erforscher der kapitalistischen Produktion und für den professionellen Theoretiker [...] von höchster Wichtigkeit ist" [MEW 34, 372].
Mit anderen Worten, als Marx - während die Krise noch lange nicht vorbei war - dann starb, gab es nur fragmentarische Ansätze zu einem dritten Band des"Kapital". Engels hat allerdings, nachdem er vom Cheftheoretiker der damaligen Sozialdemokratie, Karl Kautsky, immer wieder unter Druck gesetzt worden war, etwas übers Knie gebrochen, indem er nach vielen Jahren aus vielen Manuskripten von Marx (von denen die meisten keineswegs druckreif waren, weil sie eher den Charakter von Exzerpten und Selbstverständigungs-Texten hatten)etwas zusammengestellt (und auch verändert und"ergänzt"), was dann als"Dritter Band des Kapital von Karl Marx" der Welt vorgestellt wurde.
Mit anderen Worten: Die Sozialdemokratie konnte sich jetzt selber (und den Arbeitern) vormachen, dass sie im Besitz der"ganzen""Wahrheit", nämlich der"wissenschaftlichen Weltanschauung" von Marx sei.
In Wirklichkeit sind die theoretischen Ansätze von Marx ein Torso geblieben, mit dem es allerdings lohnen könnte, sich auseinanderzusetzen.
Leider scheint es aber wenige zu geben, die sich wirklich wissenschaftlich mit ihm auseinanderzusetzen bereit sind; es scheint vielmehr so, dass es auf der einen Seite einige"Marxisten" gibt, auf der anderen Seite"Anti-Marxisten", für die jeder Hinweis auf Marx schon ein rotes Tuch zu sein scheint.
Eigentlich schade!
chiquito
<center>
<HR>
</center> |
Jochen
04.01.2002, 16:59
@ chiquito
|
Re: @ Jochen: Heißt Wissenschaft, dass man mit Namen um sich schlägt? |
>>Tip: du könntest dich auch mal mit den Ergebnissen Heinsohn/Steigers auseinandersetzen, die die grundsätzlichen Fehler der klassischen Wirtschaftstheorie Smith, Ricardo, Marx aufgezeigt haben. Vielleicht als Einstieg http://www.km21.de/capital/heinsohn-steigerA_1996.htm.Da bleibt vom Marxismus nicht mehr viel übrig.
>>Gruß
>>Jochen
>Das war ja vielleicht nicht an mich gerichtet, aber ich möchte doch mal antworten.
Gern.
>In Brechts"Galileo Galilei" kommt ein"Aristoteliker" zu Galilei. Der Physiker bietet dem Philosophen verständlicherweise sein Fernrohr an, damit der Schriftgelehrte vielleicht mal ein Blick auf die Tatsachen, nämlich die Jupitermonde wirft. Der Philosoph aber lehnt den Blick durchs Fernrohr ab, indem er mit Aristoteles-Zitaten"beweist", dass es keine Jupitermonde geben kann.
>Ich finde diese Stelle bei Brecht auch deshalb so witzig, weil ich mir einen Aristoteles nur so vorstellen kann, dass er sicherlich durch ein Fernrohr geschaut hätte - selbst auf die Gefahr hin, dass er seine bisherigen Überzeugungen hätte in Frage stellen müssen.
Das Beispiel zieht hier nicht, weil H/S sich den Marxismus sehr wohl angeschaut haben, also durch das Fernrohr geschaut haben.
>Umgekehrt gibt es dann aber auch wohl diejenigen, für die jeder Hinweis auf Marx offensichtlich schon ein rotes Tuch bedeutet, das man auf die Hörner nehmen muß.
Marx ist für mich kein rotes Tuch. Ich finde nur, Marxisten (mal als Sammelbegriff für Kommunismus, Sozialismus usw. verwendet, ja, ich weiß, Einspruch usw.) sollten sich mit mind. zwei Dingen auseinandersetzen: Die historischen Herleitungen sind völlig unhaltbar, und es gibt keinen Ansatz, wie denn das gelobte Reich nun aussehen soll. Da kommt meistens so was wie freie Assoziationen von freien Menschen u.ä. schwurbeligem Zeug.
>Wenn Heinson/Steiger den Adam Smith, den Ricardo und den Marx widerlegt haben sollen, wieso kann dann jeder sich auf Smith oder Ricardo berufen (das passiert tagtäglich bei den Ã-konomen),
Ist halt der Mainstream, da läuft keiner Gefahr, sich aus der Diskussion auszuschließen.
> aber wenn einer mit Marx kommt, dann haut man ihm Heinson/Steiger um die Ohren und sagt:"Der Marxismus ist doch erledigt". So wie die"Marxisten" auf Marx verweisen, so verweisen die"Anti-Marxisten" auf irgendwas anderes, aber die wirkliche inhaltliche Auseinandersetzung fehlt.
Die inhaltliche Auseinandersetzung mit Marx kannst du bei H/S lang und ausführlich nachlesen, da gibts mehr als genug für lange Winterabende:-) Wann aber hinterfragt mal ein Marxist die Worte seines MeIstars.
>Marx selber hat, nachdem 1873 eine schwere Krise ausbrach (die mit einigem Ab und Auf und Ab bis in die Mitte der 90er Jahre gehen sollte), gewissermaßen die Schreibfeder, mit der er am Band III des"Kapital" arbeitete, fallen lassen, weil er die"detaillierte Beobachtung" für notwendig hielt, die"für den Erforscher der kapitalistischen Produktion und für den professionellen Theoretiker [...] von höchster Wichtigkeit ist" [MEW 34, 372].
>Mit anderen Worten, als Marx - während die Krise noch lange nicht vorbei war - dann starb, gab es nur fragmentarische Ansätze zu einem dritten Band des"Kapital". Engels hat allerdings, nachdem er vom Cheftheoretiker der damaligen Sozialdemokratie, Karl Kautsky, immer wieder unter Druck gesetzt worden war, etwas übers Knie gebrochen, indem er nach vielen Jahren aus vielen Manuskripten von Marx (von denen die meisten keineswegs druckreif waren, weil sie eher den Charakter von Exzerpten und Selbstverständigungs-Texten hatten)etwas zusammengestellt (und auch verändert und"ergänzt"), was dann als"Dritter Band des Kapital von Karl Marx" der Welt vorgestellt wurde.
Absolut korrekt. Nur hat Marx eben das Wesen der Krise, die eben eine Kreditkrise war, nicht erkannt. Krise kann jeder schreien, aber mit der Beschreibung ist es halt nicht getan.
>In Wirklichkeit sind die theoretischen Ansätze von Marx ein Torso geblieben, mit dem es allerdings lohnen könnte, sich auseinanderzusetzen.
Es gibt überall Bruchstücke, die verwendbar sind. Aber es gibt so viele. H/S haben z.B. mal James Steuart wieder ausgegraben, nur so als Anregung.
>Leider scheint es aber wenige zu geben, die sich wirklich wissenschaftlich mit ihm auseinanderzusetzen bereit sind; es scheint vielmehr so, dass es auf der einen Seite einige"Marxisten" gibt, auf der anderen Seite"Anti-Marxisten", für die jeder Hinweis auf Marx schon ein rotes Tuch zu sein scheint.
>Eigentlich schade!
Muß ich dir rechtgeben, auch mit deinem Titel, wie ich zu meiner Schande eingestehen muß. Wir können gern die H/S-Kritik hier im Forum auswälzen, aber ich befürchte, da schalten dann viele aus Desinteresse ganz ab.
Gruß
Jochen
<center>
<HR>
</center> |
H. Thieme
04.01.2002, 17:58
@ chiquito
|
unser lieber BB |
>In Brechts"Galileo Galilei" kommt ein"Aristoteliker" zu Galilei. Der Physiker bietet dem Philosophen verständlicherweise sein Fernrohr an, damit der Schriftgelehrte vielleicht mal ein Blick auf die Tatsachen, nämlich die Jupitermonde wirft. Der Philosoph aber lehnt den Blick durchs Fernrohr ab, indem er mit Aristoteles-Zitaten"beweist", dass es keine Jupitermonde geben kann.
>Ich finde diese Stelle bei Brecht auch deshalb so witzig, weil ich mir einen Aristoteles nur so vorstellen kann, dass er sicherlich durch ein Fernrohr geschaut hätte - selbst auf die Gefahr hin, dass er seine bisherigen Überzeugungen hätte in Frage stellen müssen.
Nur jammerschade, daß unser lieber G. im Drama sein leibliches Wohl dann doch vor die Erkenntnis stellt."Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral", so sprach unser lieber BB und auch sein Oberphilosoph G. bekennt sich dann doch lieber zum Kapital; ein wackerer Bursche.
Insofern sind bei BB der Philosoph und der Physiker doch nicht wirklich unterschiedlich angelegt, der eine weiß und ist käuflich, der andere will es lieber gar nicht wissen und ist auch käuflich.
So stehen wir nun und sehn betroffen den Vorhang zu und alle Fagen offen.
qed
Heiko, der Philosoph
<center>
<HR>
</center> |