Aus der FTD vom 30.1.2002
Glasfaserbetreiber stehen am Abgrund
Von René Gribnitz, Hamburg, und Helene Laube, San Francisco
Nach der Pleite von Global Crossing könnten weitere Anbieter den Überkapazitäten zum Opfer fallen.
Die Krise der Glasfaserbetreiber verschärft sich. Einen Tag nachdem Global Crossing Konkurs anmeldete, kamen am Dienstag alarmierende Nachrichten von Konkurrent Level 3. Danach bekommt Level 3 den Schuldenabbau zwar mühsam in den Griff, allerdings sank der Umsatz im vierten Quartal 2001 um mehr als 100 Mio. $ auf 326 Mio. $ - Tendenz fallend. Der Nettoverlust wurde mit 3,3 Mrd. $ oder 54 $ pro Aktie beziffert. Level 3 warnte, dass es Umsatzzusagen nicht einhalten kann, die das Unternehmen gegenüber Gläubigern gemacht habe. Voraussichtlich Mitte des Jahres werde Level 3 gegen die Auflagen verstoßen. Unter ähnlichen Umständen hatte Global Crossing Konkurs melden müssen.
Die Unternehmen leiden wie die gesamte Branche am Preisverfall und der schwachen Nachfrage für so genannte Carrierleistungen. Mit dem Internetboom der letzten zehn Jahre hatten Unternehmen wie Global Crossing, Level 3, BT Ignite, Qwest oder 360Networks Milliarden in den Ausbau weltweiter Glasfasernetze investiert, die Dienstleistungen wie Telefon, Internet, Videokonferenzen und andere Datenübertragung ermöglichen. Seit Ende der 1980er Jahre wurden 475 Millionen Kilometer Glasfaserkabel verlegt. Aneinandergereiht würden sie die Erde 11.300-mal umrunden."Man könnte die Welt in Glasfaser einwickeln", sagt Ben Verwaayen, designierter Chef des Telekomkonzerns British Telecom, zu dem BT Ignite gehört.
Hohe Verluste...
Doch mit der Internetkrise wurden die hochfliegenden Erwartungen enttäuscht. Rund 90 Prozent der Glasfaserkabel weltweit liegen derzeit ungenutzt im Boden oder auf dem Meeresgrund. Die Glasfaserbetreiber machen hohe Verluste, zugleich drückt sie insgesamt ein Schuldenberg von geschätzten über 600 Mrd. $. Global Crossing ist unter der Last zusammengebrochen. Das Unternehmen meldete am Montag in New York Konkurs, mit Vermögenswerten von 22,4 Mrd. $ ist das die bisher größte Pleite in der Telekombranche. Das auf den Bermudas angesiedelte Unternehmen hatte sich durch den Aufbau seines weltweiten Hochleistungsnetzes mit rund 12 Mrd. $ verschuldet.
Dass Global Crossing, das als einer der schlagkräftigsten Herausforderer der alteingesessenen Telekomanbieter im Breitbandmarkt galt, angesichts der Überkapazitäten in die Pleite schlitterte, lässt für das Schicksal der kleineren Konkurrenten wenig Gutes erahnen.
Level 3 kündigte am Dienstag an, rund 3,2 Mrd. $ des Wertes seiner Netze abzuschreiben. Anders als Global Crossing hat das Unternehmen aus dem US-Bundesstaat Colorado bereits damit begonnen, Teile seiner Cash-Reserven aufzuwenden, um den Schuldenberg abzutragen. Zugleich wurde mehr als ein Viertel der Belegschaft entlassen, darunter auch in Deutschland.
...und hohe Schulden
Der Konkurrent Qwest erklärte am Dienstag, dass er möglicherweise Vermögenswerte veräußern werde, um seinen Schuldenberg um bis zu 2 Mrd. $ zu vermindern. Qwest-Vorstandschef Joseph Nacchio meldete für das vierte Quartal einen Umsatzrückgang von sechs Prozent auf 4,7 Mrd. $ und eine Ausweitung des Verlustes von 116 Mio. $ auf 516 Mio. $. Schuld war auch hier das schwache Telefon- und Datenübertragungsgeschäft. Für das laufende Jahr rechnet Nacchio deshalb damit, dass der Umsatz am unteren Ende der zuvor prognostizierten 19,4 bis 19,8 Mrd. $ liegen wird.
Die rapide gesunkene Nachfrage zwingt auch die traditionellen Telekommunikationsunternehmen zu Richtungsänderungen bei ihren Glasfaserplänen. So lösten British Telecom und der US-Telekomkonzern AT&T ihr Glasfaser-Gemeinschaftsunternehmen Concert auf und verteilten die Kunden auf beide Unternehmen. Der ebenfalls zur British Telecom gehörende Telekomdienstleister- und Glasfaserbetreiber BT Ignite hat unterdessen seinen verlustreichen europäischen Auslandstöchtern einen rigiden Sparkurs verordnet. Allein in Deutschland sollen mehrere Hundert Arbeitsplätze wegfallen. BT Ignite hat in der ersten Hälfte des bis Ende März laufenden Geschäftsjahres 2001/02 einen operativen Verlust vor Abschreibungen und außerordentlich Aufwendungen von 165 Mio. £ gemacht. Im Vorjahreszeitraum belief sich das Minus auf 14 Mio. £. Verantwortlich für den Anstieg seien die schlechten Geschäfte auf dem Kontinent, und dort vor allem in Deutschland.
Auch France Telecom versucht bei der im vergangenen Juli aufgekauften niederländischen Datentochter Equant die Verluste einzudämmen. Nach einem massiven Stellenabbau im vergangenen Jahr bestätigte Equant am Dienstag erneut, im vierten Quartal 2001 beim operativen Ergebnis vor Steuern, Zinsen, Abschreibungen und Amortisationen einen positiven Wert erreicht zu haben. Der Umsatz stieg um 16,3 Prozent auf 3 Mrd. Euro.
© 2002 Financial Times Deutschland
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