dottore
31.01.2002, 11:14 |
US-Immo-Blase (2) Thread gesperrt |
Hi,
kleines Zwischenergebnis, um die Größenordnungen"drauf" zu haben.
- Der Gesamtwert des US-Wohnungsmarkts wuchs seit 1993 von 7,6 Bio. Dollar auf heute ca. 11 Bio. Dollar - alle US-Immos werden inzwischen auf ca. 17,5 Bio Dollar taxiert.
- Zu Beginn der Aktienhausse (1982) musste ein Hauskäufer ca. ein Fünftel des Kaufpreises als"Eigenmittel" nachweisen. Inzwischen ist dies auf ca. ein Zwanzigstel gefallen. Finanzierende Banken akzeptieren auch Aktienportefeuilles als Sicherheit (diese zu einem Drittel bis zur Hälfte des jeweiligen Tageskurses), so dass der Hebel immens ist.
Und natürlich in beiden Richtungen wirkt: Fallen die Titel im Kurs, müssen eigene Mittel nachgeschossen werden. Daher eine Aktienbaisse den Immo-Markt nicht unbeeinflusst lassen kann.
Umgekehrt werden Preissteigerungen auf dem Immo-Markt dem"Eigentümer" zugerechnet. Er kann über die Differenz aktueller Wert minus Kauf- oder Herstellpreis praktisch zusätzlich verfügen.
Dass sich ein solches"System" gegenseitig hochschaukelt, bedarf keiner Erläuterungen.
Die Hypothekenschulden der Privathaushalte lagen zu Beginn der Aktienhausse bei ca. 1 Bio. $. Inzwischen werden sie auf über 5 Bio $ geschätzt (eine Originärquelle habe ich nicht eingesehen), wobei Hypothekenfinanzierungen nicht nur unter dem Rubrum"financial sector" erscheinen (lt. Fed führen die"commercial banks" als real estate credits gerade 1,7 Bio $ auf).
Eine Hypothek über 300.000 $ über 30 Jahre bei 7 % Zinssatz bedeutet monatliche Zahlungen von knapp 2.000 $ (Finanzmathematik lässt sich nicht überlisten). Das ist ein Haufen Holz und kann auf Dauer nicht durch steigende Häuserpreise oder Aktienkurse, also wie von einer gütigen Feee, zum Verschwinden gebracht werden.
Es ist halt wie es ist: Die USA leben von steigenden Immobilienpreisen, die steigenden Aktienkurse sind eine willkommene Begleitmusik, aber notfalls ginge es auch a capella.
Da die Immo-Preise letztlich ein Funktion zusätzlicher Hypothekenkredite sind, ist deren Entwicklung, siehe dazu Cosa's Chart:
[img][/img]
ins Zentrum der Abschätzung der kommenden Entwicklungen zu stellen.
Da interessanterweise die Hypothekenzinsen wieder leicht anziehen, was nicht ohne Folgen für das gesamte Zinsniveau bleiben kann und damit letztlich auch wieder auf die Fed-Sätze Einfluss haben muss, bahnt sich eine catch-22-Situation an:
- Ohne weitere Hypothekenkredite keine Preissteigerungen im Immo-Sektor.
- Steigende Hypothekennachfrage = tendenziell steigendes Zinsniveau.
- Steigendes Zinsniveau = tendenziell sinkende Aktienkurse.
- Sinkende oder stagnierende Akienkurse = Probleme bei der Hausfinanzierung ("Eigenmittel").
- Probleme bei den"Eigenmitteln" = tendenziell sinkende Nachfrage nach Hypotheken.
- Nachlassende Hypothekennachfrage = stagnierende, wenn nicht sinkende Immo-Preise.
Also irgendwo muss der Fuchs aus dem Bau.
Gruß
d.
PS: Selbst wenn die Gesamtzahlen nicht"bedrohlich" erscheinen sollten, z.B. Geamtwert aller Immos verglichen mit den Immo-Krediten, so darf nicht übersehen werden, dass der Immo-Markt letztlich nicht anders wirkt als der Aktienmarkt.
Angenommen 100 Mio shares oustanding. Kurs = 10."Wert" aller Aktien = 1 Mrd. Werden nur 100 shares zu 9 verkauft, ist der Wert aller Aktien ebenfalls nur jeweils 9 und der Gesamtwert ist von 1000 auf 900 Mio gesunken.
An den 100 umgesetzten shares wurden 100 verloren. Aber insgesamt gingen 100 Millionen flöten.
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Emerald
31.01.2002, 12:04
@ dottore
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Re: US-Immo-Blase (2) |
@Dottore, na also diese analyse und die zahlen zeigen mindestens uns europäer
was da sehr schnell passieren kann, wenn nur ein faktor sich negativ ent-
wickeln wird, geschweige denn das ganze kartenhaus fällt in sich zusammen.
nachdem in silicon - valley die deutschen autos der super-klasse zu hunderten
billigst zu haben sind, dürften wir bald auch mit farb-prospekten über billigste
residental homes in calif., florida und amerika-weit bedient werden.
die amerikaner können einem eigentlich leid tun, zuerst verpatzen sie ihr
geld an der new oeconomy, dann verschulden sie sich bei den kreditkarten-
organisationen über die ohren hinaus um patriotische einkäufe zu tätigen und
zuletzt bricht noch das sicherste der investments, das eigene haus, wegen
den billigst-zinsen überbezahlt unter dem hintern weg.
wir müssen allerdings wissen::::: die amerikaner sind leidensfähig und dafür
dürfte jetzt die zeit gekommen sein.
besten dank für den ausführlichen beitrag.
Emerald.
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XERXES
31.01.2002, 12:18
@ Emerald
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Re: US-Immo-Blase (2) |
>wir müssen allerdings wissen::::: die amerikaner sind leidensfähig und dafür
>dürfte jetzt die zeit gekommen sein.
Sind sie nicht
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Diogenes
31.01.2002, 13:03
@ dottore
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Re: US-Immo-Blase (2) / das Maß ist weit voller |
Hi dottore,
Die Auswirkungen auf die Aktien sind vergleichsweise harmlos:
1) Der seidener Faden: Das vielgepriesene Consumderspending lebt von der Refinanzierung der Hypotheken ("Chash out" = Umschulden in höhere Kredite und längere Laufzeiten). Daher hat sich die Nachfrage bisher noch recht gut gehalten - auch eine Funktion zusätzlicher Kredite.
2) Der wirklich böse Hammer: Die Hypotheken werden dann von den GSE's sekurisiert, heißt durch Derivate abgesichert, und landen dann als Tripple A Schuldverschreibungen in Geldmarktfonds. Platzt die Blase, dann haben wir null-komma-nichts eine Krise auf den Kreditmarkt und bei den Derivaten. Rußland und LTCM sind verglichen damit ein Ministrantenausflug. Ganz zu schweigen davon, daß die Geldmarktfonds plötzlich das Geld fehlt.
Gruß
Diogenes
P.S. Für die Deflastrategie"immer kürzere Fristigkeiten, dann Cash, dann Gold" verheißt das nichts gutes. Um Geldmarktfonds würde ich einen rießengroßen Bogen machen.
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Cosa
31.01.2002, 13:17
@ Diogenes
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Re: US-Immo-Blase (2) / das Maß ist weit voller |
Hi!
Die Refinanzierungsaktivität scheint schon etwas von der Dynamik verloren zu haben, siehe:
[img][/img]
mal schauen wie das Spiel weiter geht.
Gruss
Cosa
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Diogenes
31.01.2002, 14:02
@ Cosa
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Re: US-Immo-Blase (2) / das Maß ist weit voller |
>Hi!
>Die Refinanzierungsaktivität scheint schon etwas von der Dynamik verloren zu haben, siehe:
>[img][/img]
>mal schauen wie das Spiel weiter geht.
>Gruss
>Cosa
Hi Cosa,
Guter Chart ("schön" wäre zynisch ;-)). Man sieht schön den ersten Spike 97 in der Asienkrise als der Kredithahn aufgedreht wurde, der zweite war bei Rußland/Ltcm und nun Nummero drei bei WTC und nach Blatzen der Technoblase.
Bis jetzt haben die Zinssenkungen (und der Manipulationsversuch bei den 30-jährigen Ende Oktober) das Werkelchen am Laufen gehalten. Mir schwant, so langsam gehen Greeny die Kaninchen aus, viel kann er nicht mehr aus dem Hut zaubern. Deswegen gestern auch keine Zinssenkung, er muß sparsam mit den letzten paar Prozentpunkten umgehen.
Wenn die Immoblase kracht, dann ist Feierabend. Die Kreditmaschinerie bekommt den Kolbenreiber und die Derivate verbreiten die Katastrophe von einem Markt zum anderen rund um die Welt.
Es wird ein großartiges Schauspiel werden, wie es zu betrachten nur wenigen je vergönnt war und sein wird. Genießen wir es wie eine Flasche 50 Jahre alten Rothschild. Den Kater haben wir so und anders.
Gruß
Diogenes
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dottore
31.01.2002, 14:32
@ Diogenes
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Re: Danke! Die GM-Fonds sind offenbar schon mohnblattdünn... Sehr eng alles! (owT) |
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ManfredZ
31.01.2002, 14:35
@ dottore
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Re: US-Immo-Blase (2) |
Hallo Dottore,
danke für die gute Zusammenstellung.
Das eigentlich Erschreckende ist, daß im amerikanischen Wirtschaftssystem alles"verhebelt" ist wie verrückt, d.h. wenn 20% Anzahlung notwendig sind, ist der"Hebel" 5, wenn nur mehr 5% notwendig sind, dann ist der"Hebel" bereits 20. Das ist der eigentliche Sprengstoff. Wenn Jupiter aus dem Krebs geht jetzt im Sommer und noch stärker wenn Saturn 2003 in den Krebs geht, dann Schluß mit lustig.
Gruß,
Manfred
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