Hedging-Strategien sind umstritten
Goldpreis bewegt die Gemüter der Anleger
UDO RETTBERG
HANDELSBLATT, 13.2.2002
FRANKFURT/M. Der Goldmarkt erwacht zu neuem Leben. Der jüngste Preissprung auf zeitweise 310 $ je Feinunze war vor allem auf eine Ankündigung des südafrikanischen Minengiganten Anglo Gold Ltd. zurückzuführen. Dieser will das Volumen der Preissicherungsgeschäfte (das „Hedge Book“) weiter deutlich reduzieren. Einige Minengesellschaften schlossen sich dieser Maßnahme an, andere warten noch ab.
Bei derartigen Transaktionen verkaufen Minen einen Teil ihres noch im Boden befindlichen Goldes im Voraus, um sich Kapital zu beschaffen. Diese Hedging-Geschäfte laufen oft über mehrere Jahre hinweg. So sichern sich Minen nicht nur den aktuellen Goldpreis, sie erhalten in der Regel auch einen Aufschlag, der bei Derivaten in entfernteren Lieferterminen in der Regel eingepreist ist. Bei einem steigenden Goldpreis, können die Minen jedoch unter Druck geraten. Denn sie müssen entweder den Kontrakt zu höheren Kosten zurückkaufen oder ihrer Verpflichtung zur Lieferung physischen Golds nachkommen. Wenn Hedging-Strategien zu kurzfristig angelegt und sich das im Voraus verkaufte Gold noch im Boden befindet und nicht geliefert werden kann, müssen die Minen physisches Gold am Kassamarkt kaufen. Dies würde die Aufwärtsbewegung der Preise dort verstärken. Doch „Goldkäufe der Minen aus Hedging-Geschäften dürften kaum großen Einfluss auf die Nachfrage haben“, sagt Peter Ward von Lehman Brothers.
Andere Marktteilnehmer sehen das anders. „Das Hedging erweist sich vor allem in Baissemärkten als sinnvoll“, sagt Robert R. McEwen, Vorstandschef von Kanadas Goldcorp Inc. im Gespräch mit dem Handelsblatt. McEwen gilt als scharfer Gegner des Gold-Hedgings. Er lehnte eine Mitgliedschaft seines Unternehmen im World Gold Council - der Marketing-Organisation der Goldbranche ab. Die Begründung: Seine Konkurrenten hielten den Goldpreis durch Preissicherungsgeschäfte künstlich auf einem zu niedrigen Niveau. „Steigt Gold weiter, könnten sich einige unserer Mitbewerber gezwungen sehen, ihre offenen Terminverkäufe durch den Kauf physischen Golds einzudecken“, sagt McEwen.
Peter Lalor, Chairman von Australiens Sons of Gwalia, will indes an der aggressiven Preissicherungsstrategie des Unternehmens festhalten. „Es besteht kein Zweifel daran, das sich die Stimmung in der Goldbranche im Hinblick auf das Hedging derzeit ändert“, hat aber auch Lalor erkannt. Schlechte Erfahrungen mit dem Hedging der Produktion machten vor allem Ghanas Goldriese Ashanti Goldfields und Kanadas Cambior, die nach Förderproblemen vor rund zwei Jahren wegen eines damals kurzen Preisanstiegs in arge finanzielle Probleme geraten waren.
An den Märkten wird nicht nur über die Preissicherung der Goldproduzenten, sondern auch der Zentralbanken spekuliert, die bekanntlich über hohe Goldreserven verfügen. Europas Notenbanken wollen ihre Bestände peu à peu reduzieren. Einige Notenbanken haben über Hedgingstrategien Einnahmen auf diese Vorräte erzielt. Gerüchte, wonach die Goldbestände mehrere Male auf Termin verkauft worden sein sollen, bestätigten sich indes nicht.
In den USA ist der ehemalige Football-Profi Bill Murphy ein engagierter Gold-Fans. Dem Ex-Händler von Rohstoff-Derivaten wurde der Vorsitz des Gold Anti-Trust Action Committee (Gata) übertragen. Diese Vereinigung bezichtigt das US-Finanzministerium, einige Notenbanken, führende Finanzhäuser und andere Finanzorganisationen in der Welt der Konspiration. Der Vorwurf der Gata: Diese Institute hätten Konjunkturdaten manipuliert und Gold - auch durch den Einsatz von Derivaten - künstlich auf einem ungerechtfertigt niedrigen Niveau gehalten.
HANDELSBLATT, Mittwoch, 13. Februar 2002, 06:01 Uhr
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