Dass ich für direkte Demokratie bin wissen ja manche, die hier mitlesen. Die Stellvertreter in der repräsentativen Demokratie machen ihren Stellvertreterjob zu ihrem Hauptberuf, und daher werden sie umgehen, wenn sie ihr Mandat haben, korrumpiert. Ihr bisheriges Hauptinteresse tritt sofort in den Hintergrund, wie ehrenhaft es auch oft seien mag. Ich denke nicht, dass das alles von vornherein Menschen mit schlechten Absichten sind. Meist sogar im Gegenteil.
An allen anderen Interessen zieht aber sofort das Interesse am Erhalt des einigermassen einträglichen Mandats vorbei. Dabei kann nichts gutes rauskommen, ausserdem entsteht eine ganz falsche Perspektive: Gesetze werden nicht mehr "von uns für uns" gemacht, wie es in einer Demokratie sein sollte, sondern "von uns für die Bevölkerung." Es wird sofort eine Trennung wahrgenommen, die so in einer Demokratie nichts zu suchen hat.
Deshalb hat mich folgender Artikel gefreut, den ich zugeschickt bekommen habe. Aus dem Tagesspiegel von heute.
Gruss in die Runde,
-caspar
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Volksentscheid</h3>
Mehr Demokratie wagen
Alle Bundestagsfraktionen wollen die Bürger stärker beteiligen. Strittig
ist, welche Hürden aufgebaut werden sollen.
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Sascha Klettke
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Es will das größte Bündnis für mehr Demokratie sein. Die Einführung des
Volksentscheides auf Bundesebene - mit niedrigeren Hürden als von Rot-Grün
vorgeschlagen - fordert eine Initiative"Menschen für Volksabstimmung", die
sich am Dienstag in Berlin präsentierte. Ihr gehören mehr als 80 Verbände
an. Auch Marianne Birthler, die Chefin der Stasi-Unterlagen-Behörde,
unterstützt die Initiative.
Und auch die SPD macht jetzt Tempo beim Thema Volksentscheid. Noch vor
Ostern soll ein Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht werden, sagte der
SPD-Abgeordnete Hermann Bachmaier dem Tagesspiegel. Bachmaier, der für seine
Fraktion die Eckpunkte des Gesetzes mit den Grünen ausgehandelt hat, zeigte
sich bei den Details kompromissbereit."Mir liegt daran, dass der
Volksentscheid in die Verfassung kommt. Dafür muss man eine andere Gangart
einschlagen als bei anderen Fragen", sagte er. Damit Bürger Gesetze auf den
Weg bringen und beschließen können, müsste eine Zwei-Drittel-Mehrheit in
Bundestag und Bundesrat zustimmen. Aus der Union kamen vor allem ablehnende
Stimmen. Die FDP zeigte sich zwar gesprächsbereit, äußerte aber Zweifel am
Zeitplan. Die PDS signalisierte Zustimmung.
Wenn Opposition und Regierung über die Volksentscheide auf Bundesebene
verhandeln sollten, würde es vor allem um die Hürden gehen, die eine
Gesetzesinitiative von Bürgern überspringen muss, bevor sie im Bundestag
diskutiert oder von Wahlberechtigten abgestimmt wird. SPD und Grüne haben
sich auf ein dreistufiges Verfahren geeinigt. Bei der ersten Stufe, der
Volksinitiative, müssten Bürger 400 000 Unterschriften für ein Gesetz
sammeln. Der Bundestag muss sich dann mit dem Thema beschäftigen. Wenn er
innerhalb von acht Monaten keine Entscheidung fällt, die den Initiatoren
zusagt, können sie ein Volksbegehren in die Wege leiten. Nach den rot-grünen
Plänen müssten dabei fünf Prozent der Wahlberechtigten - rund drei Millionen
Menschen - unterschreiben. Entweder das Parlament stimmt dem Gesetz dann zu
- oder es kommt zum Volksentscheid. Dabei werden wie bei einer
Bundestagswahl alle Bürger zur Abstimmung aufgefordert. Beteiligen sich
mindestens 20 Prozent der Wahlberechtigten und stimmt die Mehrheit von ihnen
für das Gesetz, dann tritt es in Kraft. Bei Gesetzen, die im Bundesrat
zustimmungspflichtig sind, müssen die Bürger in so vielen Ländern zustimmen,
dass es theoretisch auch eine Mehrheit im Bundesrat geben würde. Für
Grundgesetzänderungen müssten 40 Prozent zur Abstimmung gehen, von denen
zwei Drittel mit Ja stimmen.
Die Sprecherin des Vereins"Mehr Demokratie", Claudine Nierth, appellierte
am Dienstag an die Union, ihren Widerstand aufzugeben. Zwei Drittel der
Unions-Anhänger seien nach Umfragen für direkte Demokratie auf Bundesebene.
Von Kanzlerkandidat Edmund Stoiber, der in der Vergangenheit Zustimmung zu
Volksentscheidungen auf Bundesebene signalisiert hatte, war bislang keine
Stellungnahme zu erhalten.
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