Japans Regierungschef spricht sich für Inflationsziel aus - Massiver Widerstand der Zentralbank
<font size=5>Koizumi schlägt neuen Wirtschaftskurs ein</font>
<font color="#FF0000">Japans Ministerpräsident Koizumi will in der Wirtschaftspolitik radikal umsteuern, um die Konjunktur anzukurbeln</font>. Die Zentralbank allerdings lehnt jede inflationäre Geldpolitik weiterhin ab. Auf wachsenden Widerstand trifft Koizumi auch bei einigen Mitgliedern seines Kabinetts.
ANDREAS GANDOW
HANDELSBLATT, 14.2.2002
TOKIO. Japans Regierung hat bei dem Treffen der G7-Finanzminister vergangene Woche in Ottawa <font color="#FF0000">offenbar umfangreiche Maßnahmen zur Stimulierung der Konjunktur zugesagt</font>. Dazu gehört auch die Vorgabe eines Inflationszieles, <font color="#FF0000">um aus der Deflationsspirale heraus zu kommen</font>. Es müsse ein konkretes Ziel festgesetzt werden, um wieder <font color="#FF0000">steigende Preise </font>zu erreichen, erklärte Regierungschef Junichiro Koizumi in Tokio.
Er beauftragte seinen wirtschaftspolitischen Chef-Berater, den für Wirtschafts- und Finanzpolitik zuständige Staatsminister Heizo Takenaka, ein entsprechendes Programm auszuarbeiten. Es soll möglichst noch vor dem Besuch von US-Präsident George W. Bush Anfang nächster Woche vorgelegt werden.
<font color="#FF0000">Japan besitzt allerdings angesichts der Staatsverschuldung von rund 140 % des Bruttoinlandsproduktes und der durch Moody’s und Standard & Poor’s jetzt angedrohten weiteren Ratingverschlechterung praktisch keinen Spielraum mehr in der Haushaltspolitik</font>.<font color="#FF0000"> Jede weitere Steigerung der Verschuldung würde die Zinsen weiter nach oben treiben. Dies wäre nicht nur konjunkturpolitisch kontraproduktiv, sondern würde die Banken wegen der steigenden Buchverluste in ihrem Wertpapierbesitz in noch größere Schwierigkeiten bringen</font>.
Eigener Kommentar: Nix mit einfach mal Gelddrucken oder staatlichen Investitionsprogrammen...
Der Schwerpunkt des Programms liegt daher bei der Geldpolitik, wie dies bereits US-Finanzminister Paul O’Neill bei seinem Tokio-Besuch Ende Januar vorgegeben hatte.
Takenaka umriss in Tokio bereits den groben Rahmen seiner Vorstellungen: Eine gezielte Inflationspolitik durch die Bank von Japan, die auch zu einer weiteren Ausweitung ihrer Käufe von Staatsanleihen um 25 % auf 1 Bill. Yen (rund 8,5 Mrd. Euro) im Monat bewogen werden soll. Die Banken sollen andererseits zu einer deutlichen Aufstockung ihrer Wertberichtigungen und einer kurzfristigen Selektion ihrer Schuldner in überlebensunfähige und -fähige Unternehmen ermuntert werden. <font color="#FF0000">Mit weiteren Steuergeldern soll zumindest den Großbanken weiteres Kapital zugeführt werden, um einen Kollaps des Finanzsystems zu verhindern</font>.
Gleichzeitig sind weitere staatliche Hilfsmaßnahmen als Überlebenshilfe für die am Rande des geschäftlichen Abgrunds stehenden Klein- und Mittelbetrieben vorgesehen - ihre Eigentümer stellen eine wichtige Wählergruppen der regierenden Liberaldemokratischen Partei. Flankierend hierzu sind Maßnahmen zur Stabilisierung des Aktienmarktes geplant, beispielsweise die Erschwerung von Leer- und Margengeschäften oder eine Kursstützung durch öffentliche Pensionsfonds.
<font color="#FF0000">Die Bank von Japan allerdings legt sich bislang quer und lehnt eine gezielte Inflationspolitik und die Ausweitung ihrer Käufe von Staatsanleihen ab</font>. Sie verweist einerseits auf die strukturellen Ursachen des Preisverfalls (technischer Fortschritt, Deregulierung, Rationalisierung im Distributionssystem), und andererseits auf die Gefahr einer weiteren Aufweichung der Haushaltsdisziplin.
Selbst der Staatsminister für das Finanzsystem, Hakuo Yanagizawa, die Finanz-Aufsichtsbehörde (FSA) und die Bankwirtschaft sträuben sich andererseits gegen die von der Wirtschaft und den Finanzmärkten sowie auch von Mitarbeitern der Notenbank geforderte neue, möglicherweise sogar zwangsweise durchzuführende staatliche Rekapitalisierung der Banken. <font color="#FF0000">Sie käme einem Eingeständnis ihres bisherigen Versagens gleich und müsste zudem an eine Auswechselung des verantwortlichen Bankmanagements gekoppelt werden</font>. <font color="#FF0000">Zudem fehlt für einen derartigen drastischen Schritt gegenwärtig die Rechtsgrundlage</font>.
Gegen weitere Sonderhilfen für Klein- und Mittelbetriebe gibt es schließlich Widerstand im Finanzministerium. Es argumentiert, die Aufrechterhaltung ineffizienter Unternehmen widerspreche dem Grundgedanken der geplanten Strukturreformen.
Quelle: HANDELSBLATT, Donnerstag, 14. Februar 2002, 06:01 Uhr
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