Ghandi
24.02.2002, 20:32 |
dottore - Das Buch *Der Kapitalismus*, Debitismus und Zins Thread gesperrt |
Hi,
das von Dir im Beitrag 107344 empfohlene o.g. Buch
scheint leider nirgendwo mehr lieferbar zu sein.
Also trösten wir uns mit dem beruhigenden Gedanken,
dass du die wesentlichen Inhalte inzwischen bestens
wiedergegeben hast. ;-)
Die Beiträge gestern zum Zins, seiner Relation zur
Entfernung, zu Vertrauen bzw. Misstrauen sowie sein
völliges Fehlen auf „Inseln“ in früheren Epochen fand
ich äußerst spannend, weil sich daraus interessante
Perspektiven ableiten lassen.
Vom schwäbischen Shangri-La der Häuslebauer aus
gesehen, nehmen sich nämlich einige Zinsmodelle, die
hier im Forum in dieser Woche diskutiert wurden
ziemlich weltfremd aus (so à la Kredit = 100 + 5% Zins
mit Rückzahlung nach einem Jahr ).
Unser fleißiger Schwabe hier krümmt sich längst unter
dem Joch 30-jähriger Zins- und Tilgungslasten ,
die bei einem Kreditbedarf von 100.000 bis 150.000 Euro
inzwischen wie ein Kometenschweif enorme
Finanzierungskosten nach sich ziehen.
Nach meiner Überzeugung verläuft die Kreditvergabe, von
1948 an betrachtet, in allen Sektoren der Wirtschaft sehr
nahe entlang der Zinseszinskurve, wobei sich der Staat nur
graduell von den anderen Wirtschaftssubjekten unter-
scheidet.
Man kann sich das vorstellen, wie beim Staffellauf:
Während in der hochgradig arbeitsteiligen Wirtschaft der
Stab (sprich: die Zinskosten) von einem Schuldner zum
nächsten weitergereicht werden, tragen Herr Eichel und
Co. ihr Bündel bis zum (bitteren) Ende selbst.
Die Zins-Dynamik mag für junge und „hungrige“ Gesell-
schaften noch ein Segen sein - statische, alternde führt
sie dagegen geradewegs in die Schuldenfalle - die Deflation.
Können wir nicht über Zinssurrogate nachdenken?
Zum Beispiel könnte die Gemeinde oder eine „Gemeindebank“
ein zinsloses Darlehen an junge Häuslebauer mit der Auflage
gewähren, dieses in Kombination mit sozialem Engagement
zurück zu zahlen - dies auch vor dem Hintergrund der ohnehin
bankrotten Sozialsysteme, aus denen künftig Renten- und
Pflegeversicherungsleistungen, wenn überhaupt, nur noch
spärlich fließen werden.
Denn, wer soll sonst später einmal die vielen alten
Menschen betreuen?
Das wäre eine sinnvolle Investition in die Zukunft.
Freundliche Grüsse
G.
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Fürst Luschi
24.02.2002, 22:37
@ Ghandi
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Re: dottore - Das Buch *Der Kapitalismus*, Debitismus und Zins |
>Vom schwäbischen Shangri-La der Häuslebauer aus
>gesehen, nehmen sich nämlich einige Zinsmodelle, die
>hier im Forum in dieser Woche diskutiert wurden
>ziemlich weltfremd aus (so à la Kredit = 100 + 5% Zins
>mit Rückzahlung nach einem Jahr ).
>Unser fleißiger Schwabe hier krümmt sich längst unter
>dem Joch 30-jähriger Zins- und Tilgungslasten ,
>die bei einem Kreditbedarf von 100.000 bis 150.000 Euro
>inzwischen wie ein Kometenschweif enorme
>Finanzierungskosten nach sich ziehen.
Er baut sich sein fremdfinanziertes Haus doch sicher nur wenn es sich für ihn rechnet. Er erspart sich Mietzahlungen, kann sich nen Untermieter reinholen....Der Kreditgeber hätte sich eins bauen und vermieten können. Gehen wir mal davon aus, dass der Geber die nächsten 30 Jahre zur Miete in einem Haus gleichen Typs wohnt. Damit ist doch wohl klar, wie hoch der Zins mindestens sein muss.
Von Zinseszins gibts hier keine Spur. Vom Ertrag den das Haus Tag für Tag abwirft, will der Eigentümer(=Kreditgeber) seinen Löwenanteil haben.
>Nach meiner Überzeugung verläuft die Kreditvergabe, von
>1948 an betrachtet, in allen Sektoren der Wirtschaft sehr
>nahe entlang der Zinseszinskurve, wobei sich der Staat nur
>graduell von den anderen Wirtschaftssubjekten unter-
>scheidet.
>Man kann sich das vorstellen, wie beim Staffellauf:
>Während in der hochgradig arbeitsteiligen Wirtschaft der
>Stab (sprich: die Zinskosten) von einem Schuldner zum
>nächsten weitergereicht werden, tragen Herr Eichel und
>Co. ihr Bündel bis zum (bitteren) Ende selbst.
>Die Zins-Dynamik mag für junge und „hungrige“ Gesell-
>schaften noch ein Segen sein - statische, alternde führt
>sie dagegen geradewegs in die Schuldenfalle - die Deflation.
Solange die Kredite real besichert sind, kann es keine Schuldenfalle geben. Wenn der einzelne sein (verpfändetes)Eigentum nicht so bewirtschaften kann, dass es einen"normalen" Ertrag abwirft, dann hat ihm das Phantom Zinseszins doch keine (Schulden) Falle gegraben. Er ist entweder nicht fit genug oder hat über seine Verhältnisse gelebt. Hoffentlich hat er nen grossen Bruder der ihn subventioniert und es ihm ermöglicht, dass er"wirtschaften" weiterspielen kann.
>Können wir nicht über Zinssurrogate nachdenken?
>Zum Beispiel könnte die Gemeinde oder eine „Gemeindebank“
>ein zinsloses Darlehen an junge Häuslebauer mit der Auflage
>gewähren, dieses in Kombination mit sozialem Engagement
>zurück zu zahlen - dies auch vor dem Hintergrund der ohnehin
>bankrotten Sozialsysteme, aus denen künftig Renten- und
>Pflegeversicherungsleistungen, wenn überhaupt, nur noch
>spärlich fließen werden.
>Denn, wer soll sonst später einmal die vielen alten
>Menschen betreuen?
>Das wäre eine sinnvolle Investition in die Zukunft.
>Freundliche Grüsse
>G.
Das Eigentum wirft Erträge ab. In diesem Fall seine Bewohnbarkeit. Wem also das Privileg, diese Erträge als Schenkung erhalten zu dürfen, zuschanzen? Wer finanziert die Gemeidebank? Für Nullzins bin ich sofort zu haben - dafür lass ganze Stadtviertel neu hochziehen. Und zusammen mit Schneider pflaster ich das ganze Rheinufer mit Neuschwansteins zu. Bei Nullzins null problemo - alles selbstfinanzierend, oder noch besser.
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dottore
25.02.2002, 09:30
@ Ghandi
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Re: dottore - Das Buch *Der Kapitalismus*, Debitismus und Zins |
>Hi,
>das von Dir im Beitrag 107344 empfohlene o.g. Buch
>scheint leider nirgendwo mehr lieferbar zu sein.
Hoffe noch einige aufzutreiben. Werde es dann mitteilen.
>Also trösten wir uns mit dem beruhigenden Gedanken,
>dass du die wesentlichen Inhalte inzwischen bestens
>wiedergegeben hast. ;-)
Aus dem Schluss. Grundthese:
Kapitalismus = Kettenbriefsystem, wobei Kredit immer zwischenzeitlich abgearbeitet werden, da es sonst nicht zur Erstellung von BIP kommen würde. BIP entsteht ergo immer unter Zwang. Verkonsumiertes BIP = jeweils Tilgung.
>Die Beiträge gestern zum Zins, seiner Relation zur
>Entfernung, zu Vertrauen bzw. Misstrauen sowie sein
>völliges Fehlen auf „Inseln“ in früheren Epochen fand
>ich äußerst spannend, weil sich daraus interessante
>Perspektiven ableiten lassen.
Konkret: Innerhalb von Familien (Kleinstinseln) wird nicht verzinst.
>Vom schwäbischen Shangri-La der Häuslebauer aus
>gesehen, nehmen sich nämlich einige Zinsmodelle, die
>hier im Forum in dieser Woche diskutiert wurden
>ziemlich weltfremd aus (so à la Kredit = 100 + 5% Zins
>mit Rückzahlung nach einem Jahr ).
Hausbau = große Investition. Fristig gesehen erheblich länger als ein Fabrikgebäude. Vgl. Innenstädte oder schwäbische Städtchen mit Gewerbegebieten überall. Es gibt summa viel mehr alte Häuser als alte Fabriken.
>Unser fleißiger Schwabe hier krümmt sich längst unter
>dem Joch 30-jähriger Zins- und Tilgungslasten ,
>die bei einem Kreditbedarf von 100.000 bis 150.000 Euro
>inzwischen wie ein Kometenschweif enorme
>Finanzierungskosten nach sich ziehen.
Ja, das weiß er aber. Er versklavt sich also selbst. Besser: Alle Häuser in einer"Insel" gegenseitig mit"Nachbarschaftshilfe" hochziehen. Zinsen dann nur auf reine Materialkosten.
>Nach meiner Überzeugung verläuft die Kreditvergabe, von
>1948 an betrachtet, in allen Sektoren der Wirtschaft sehr
>nahe entlang der Zinseszinskurve, wobei sich der Staat nur
>graduell von den anderen Wirtschaftssubjekten unter-
>scheidet.
Ja entlang einer Zinseszinskurve. Aber es sind - zeitlich gestaffelt - nicht Zinsen auf die einmal vergebenen Erstkredite, die dann stehen bleiben, sondern imemr neue Zinsen auf immer neue Kredite. Das ist das ganze Geheimnis.
Auch der private Hausbau verlief seit 1950 entlang einer"Zinseszinskurve". Jetzt nur die Zahl der Häuser bzw. das verbaute Material nehmen. Rein realwirtschaftlich also.
>Man kann sich das vorstellen, wie beim Staffellauf:
>Während in der hochgradig arbeitsteiligen Wirtschaft der
>Stab (sprich: die Zinskosten) von einem Schuldner zum
>nächsten weitergereicht werden, tragen Herr Eichel und
>Co. ihr Bündel bis zum (bitteren) Ende selbst.
Müssten sie nicht, wenn entweder Eichel & Co. eine private Firma wären, und ergo permanent sich über Marktleistungen und deren Abnahme entschulden würde (Steuern sind keine Entschuldung, sondern nur Durchlaufposten). Oder wenn sie zur Abgabe von Vermögen gewzungen würden (siehe Privatisierung). Inzwischen ist der Staat aber insolvent (Schulen > Vermögen). Illiquidität nur Frage der Zeit, trotz Notenbank.
>Die Zins-Dynamik mag für junge und „hungrige“ Gesell-
>schaften noch ein Segen sein - statische, alternde führt
>sie dagegen geradewegs in die Schuldenfalle - die Deflation.
Die Zins-Dynamik ist nicht der Zins. Den gibt's immer und überall und ist nie und nirgends abzuschaffen. In der Schuldenfalle sitzt nur der nicht leistende, dann insolvente Schuldner. Kleine Deflation täglich (Maktwirtschaft mit verschiedenen Märkten und Teilnehmern). Kleine Deflation mindert immer nur den Gewinn, der sich nicht realisieren lässt, Zinsen lassen sich weiter bedienen, sub summa. Große Deflation nur bei großem Hochbuchen (moral hazard) bzw. infalliblem Schuldner (Staat). Unterschied zwischen Kirchproblem und Eichelproblem. Inzwischen Mischmasch. Kirch hat so viel Schulden wie viele Bundesländer auch.
>Können wir nicht über Zinssurrogate nachdenken?
Dem Zins ist nur durch Sofort-Leistung zu entkommen, bzw."Insel"-Effekt. Altbauer kreditiert an Sohn, solange der noch nicht selber arbeiten kann. Dann arbeitet Jungbauer seine Schulden gegenüber Altbauer ab. Kein Zins.
>Zum Beispiel könnte die Gemeinde oder eine „Gemeindebank“
>ein zinsloses Darlehen an junge Häuslebauer mit der Auflage
>gewähren, dieses in Kombination mit sozialem Engagement
>zurück zu zahlen -
"In Kombination"? Wer vollstreckt das soziale Engagement? Mit Gemeinde geht schon gar nix. Ein besseres Modell waren die Bausparkassen.
>dies auch vor dem Hintergrund der ohnehin
>bankrotten Sozialsysteme, aus denen künftig Renten- und
>Pflegeversicherungsleistungen, wenn überhaupt, nur noch
>spärlich fließen werden.
Die sind so oder so bankrott. Rettung wäre nur Sofort-Tod aller Alten (Anspruchshalter).
>Denn, wer soll sonst später einmal die vielen alten
>Menschen betreuen?
>Das wäre eine sinnvolle Investition in die Zukunft.
Nimm Bundeswehr. Wer nicht"dient" (= Schuld abträgt) muss sozial leisten. Das geht aber nur per Gesetz. Über Markt unmöglich. Keine Wehrpflicht (= Schuld) mehr, keine Ziwis mehr. Wie denn?
Gruß
d.
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dottore
25.02.2002, 09:34
@ Fürst Luschi
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Re: Ja! Fremdzins ersetzt letztlich Mietzins. Ohne Druck (Zins) nie Leistung! (owT) |
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Ecki1
25.02.2002, 10:47
@ dottore
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dottore - Das Buch *Der Kapitalismus*: Falls aufzutreiben, bestelle ich auch! |
Hallo Dottore!
Falls möglich, hätte ich auch gerne ein Exemplar:
Ich bitte um Mitteilung an eckehard.wirth@gmx.ch
Herzlichen Dank!
Ecki
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Popeye
25.02.2002, 11:04
@ Ecki1
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Re: dottore - Das Buch *Der Kapitalismus*: Falls aufzutreiben, bestelle ich auch! |
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