Aristoteles
07.07.2002, 22:11 |
Gedanken zur Diskussion"Prechter und seine Nachahmer" Thread gesperrt |
Man kann wohl lange über verschiedene „Heilslehren“ an der Börse streiten.
Meine eigenen Erfahrungen:
Ein Prinzip niemals zu Tode reiten, besonders nicht die EW-Theorie.
Sie kann manchmal sehr wertvolle Hinweise liefern, fast genauso oft liegt man mit EW-Prognosen aber völlig daneben. Aktuelles Beispiel: Prechter/Hochberg mit ihrem contracting triangle Szenario für Euro/Dollar. Falscher konnte man nicht liegen.
Dann aber gibt es gelegentlich auch faszinierende EW-Treffer, Prechters DJ-3600-Voraussage aus den frühen 80igern (auch wenn es dann doch mehr wurde) oder die korrekte Erkennung von Trendwenden im Jahr 2000 beispielsweise.
Das Pferdefuß bei Elliott: Es gibt so viele Formationen und Regeln, daß es beinahe egal ist, wie sich die Kurse tatsächlich entwickeln. Irgendeine „plausible“ Zählung findet man hinterher immer.
Ich kann nur jedem raten, eine"individuelle Strategie" zu entwickeln, denn
Kursentwicklungen sind leider sehr häufig nicht vorherzusehen - egal welche Analysemethode man zugrunde legt. Und Gurus sollte man ohnehin nicht folgen.
Interessant, was Kostolany über den „Guru of the decade“ und EW zu sagen hatte:
„Einer der Gurus, die das Blaue vom Himmel herunterflunkern, war eine Zeitlang ein gewisser Robert Prechter. Mit Mitte Dreißig wurde er der berühmteste Börsenguru der Welt gehandelt. Im August 1987 prophezeite er für das Jahr 1988 einen Dow Jones von genau 3686 Punkten, wie ein Meteorologe, der im Januar für den 15. August eine exakte Temperatur von 25,4 Grad Celsius prognostizieren würde. Unmittelbar nach dem Crash setzte Prechter plötzlich einen Dow Jones von nur noch 1300 Punkten, einige Wochen danach sogar nur noch von 400 Punkten an. Die Börse kann um 1000 Punkte fallen oder steigen, aber solche Prophezeiungen sind purer Schwachsinn. In chaotischen Zeiten wie heute wachsen Gurus aus dem Boden wie Pilze nach einem Wolkenbruch.“
„Ich kenne nicht einen einzigen Chartisten, der an der Börse erfolgreich gewesen wäre: Sie sind alle pleite gegangen.“
(aus: Kostolanys Börsenpsychologie)
Und was sagt Prechter selbst?
Ich habe den Eindruck, daß auch er dazugelernt hat, so hatte er vor kurzem in einem Interview abgelehnt, konkrete Punktestände zu prognostizieren.
Zu einem bestimmten Rohstoff sagt er ganz freimütig: Er könnte unter 200 fallen, aber wer weiß, ich habe mich schonmal geirrt.
Und er gibt offen zu, daß EW-Prognosen am besten in hochemotionalen Marktphasen funktionieren. (Oder umgekehrt: in anderen Phasen kommt oft ziemlicher Unsinn dabei heraus)
Kostolany hat es wohl auf den Punkt gebracht, als er einmal zugab, daß 49% seiner Spekulationen floppten. Aber, so sagte er, 51% waren erfolgreich (und von der Differenz konnte er gut leben). Manchmal denke ich, daß es mit Elliott-Analysen ähnlich läuft.
Wenn es eine zuverlässige Prognosemethode für Aktien- oder sonstige Märkte geben würde, hätte sie sich bestimmt schon herumgesprochen.
„Gurus“ oder „Propheten“ gegenüber sollte man immer skeptisch bleiben.
Und sollte ein Guru einmal Erfolg haben, so gilt das alte Gesetz
Every Guru (Hero) turns into a fool when he lives long enough
Oder wie glauben einfach dem alten Kostolany:
„Wer’s kann, handelt an der Börse, wer’s nicht kann, berät andere“
A.
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wheely
07.07.2002, 22:46
@ Aristoteles
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Re: Gedanken zur Diskussion |
>Oder wie glauben einfach dem alten Kostolany:
>„Wer’s kann, handelt an der Börse, wer’s nicht kann, berät andere“
>A.
Kann deine Worte nur unterstreichen, entspricht meinen Erfahrungen.
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tas
08.07.2002, 00:07
@ Aristoteles
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Re: Gedanken zur Diskussion |
hi, ein paar gedanken dazu...
>Man kann wohl lange über verschiedene „Heilslehren“ an der Börse streiten.
... oder stattdessen handeln:-)
wer"heilslehren" folgt, lernt irgendwann was richtig unheil bedeutet.
> Irgendeine „plausible“ Zählung findet man hinterher immer.
... oder die passende Trendlinie - hinterher. wer am"harten rechten rand" des charts handeln will, sollte besser ein stück drüber rauskucken...
>Ich kann nur jedem raten, eine"individuelle Strategie" zu entwickeln, denn
>Kursentwicklungen sind leider sehr häufig nicht vorherzusehen - egal welche Analysemethode man zugrunde legt. Und Gurus sollte man ohnehin nicht folgen.
... ja-nein-absolut:
ohne erfahrung (papertrading!) und einer ausgereiften zu einem selbst passenden handelskonzeption (erfolgskontrolle, tradingtagebuch, verlustanalyse) geht nix auf dauer gut. mit einigen jahren erfahrung und einem auf mehreren ansätzen basierenden konzept lassen sich zumindest die großen marktbewegungen einigermaßen gut voraussehen. wer gurus nachläuft, zeigt nur, davon noch weit entfernt zu sein. wer eigenverantwortlichkeit ablehnt, wird schnell rasiert.
>„Ich kenne nicht einen einzigen Chartisten, der an der Börse erfolgreich gewesen wäre: Sie sind alle pleite gegangen.“
>(aus: Kostolanys Börsenpsychologie)
... lang lang her. moderne"klassisch-technische analyse" hat sich halt sehr weiterentwickelt (charts als abbilder massenpsychologischer phänomene). im gegensatz zu indikatoren u.v.a. arbeitet man damit am kurs und am geschehen direkt. alle indikatoren sind nur ableitungen von kursen.
>Kostolany hat es wohl auf den Punkt gebracht, als er einmal zugab, daß 49% seiner Spekulationen floppten. Aber, so sagte er, 51% waren erfolgreich (und von der Differenz konnte er gut leben).
... es gibt trader mit über 80 %!!! fehlerquote - und trotzdem dauerhaft positiver performance. konsequentes risk- und money-management: cut losses short, cut losses short, cut losses short......
wer aussitzt, sitzt in der falle, wer noch einstand verbilligt, ist (meist) schnell platt. (siehe behavioral finance)
und wer kostolany's buy-and-hold-ideen zum idealpassenden zeitpunkt umsetzt, lernt schnell was riverrafting ist: wildwasser zügig flußabwärts:-)
>Wenn es eine zuverlässige Prognosemethode für Aktien- oder sonstige Märkte geben würde, hätte sie sich bestimmt schon herumgesprochen.
nein - die meisten richtig fett erfolgreichen handeln still für sich aus der ecke und sagen keinen ton...
außerdem muß die handlungsweise zum individuum passen, prinzipiell gibt es nur den"eigenen weg", den eigenen stil, die eigene fähigkeit, den klang der märkte analysieren und das dann erfolgreich umsetzen zu können. gibts nette experimente zu (turtletraders): wer"erfolg" für sich"gelernt" hat, handelt auch am markt erfolgreich, genauso wie in anderen beruflichen disziplinen. will sagen, je ausgereifter die persönlichkeit, desto besser die erfolgsaussichten. disziplin, konsequenz, selbsterkenntnis, erfahrung. spezielle"methoden" hingegen hatten kaum einfluß. (siehe auch die trader-interviews von jack schwager, oder doc elder u.a.)
prinzipiell handelt man eigentlich immer nur"mit sich selbst":-)
>„Wer’s kann, handelt an der Börse, wer’s nicht kann, berät andere“
... leider oft wahr. trotzdem gibts eine menge gute leute. wer mal einen artikel von oder über michael schumacher gelesen hat (oder dessen"tips" abonnieren würde), kann halt trotzdem noch kein stück besser autofahren:-)
an dem gejammer, genörgel und gemotze in vielen foren kann man schön sehen, daß zum geldverdienen etwas mehr gehört als"tips, eine"schnelle anleitung, methode oder system zum reichwerden". und daß auch die besten analysen von richtig guten leuten nix nutzen, wenn sie von dilettanten gelesen und entsprechend umgesetzt werden. speziell der deutsche anleger hat eben einen fatalen hang, vom festgeld direkt auf den turbo umzusteigen:-)
(und hinterher emsig und erzürnt nach schuldigen und verantwortlichen zu fahnden, statt in einfacher selbsterkenntnis vom teuer gezahlten lehrgeld wenigstens selbst zu profitieren. konsequent doppelter verlust:-)
märkte sind lediglich ein stark komprimiertes und beschleunigtes abbild des restlichen lebens - und in dem sinne ideale lehrmeister, weil bei fehlverhalten hohe bußgelder sofort kassiert werden. wer davon"ent-täuscht" ist, muß vorher seiner selbsttäuschung erlegen sein - die der markt nur aufgedeckt hat. bei all dem sollte man nicht vergessen, es geht bloß um geld, best things in life are free...
grüße, tas
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JÜKÜ
08.07.2002, 00:15
@ tas
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Re: Gedanken zur Diskussion / Diesen Satz......... |
... finde ich ganz entscheidend:
>außerdem muß die handlungsweise zum individuum passen
Deshalb werden manche mit Elliott (oder mit mir) nie klar kommen; andere dagegen sehr gut.
Deine übrigen Anmerkungen waren natürlich auch gut ;-)
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