dottore
19.08.2002, 13:50 |
Real-Enzyklopädie (32): Das Märchen vom 'Zins' Thread gesperrt |
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Guten Tag,
Sidney Homer beginnt seinen Klassiker zur Zinsgeschichte mit dem Passus:
"In historical times credit preceded the coining of money by over two thousand years... old Sumerian documents, circa 3000 B.C., reveal a systematic use of credit... Often these loans carried interest."
Er unterscheidet dann drei Formen von"transactions":
Geschenke ("no repayments expected"),"loans if repayment is expected, and loans at interest if the repayment of a certain amount more than was loaned is expected."
Wir haben nun zu fragen, wie es zu loans mit"interest" oder"more than was loaned" (Zins) gekommen ist.
Da uns selbst der ungemein belesene Homer bei Beantwortung dieser Frage im Sich lässt, müssen wir das selbst enträtseln.
Zunächst einmal geschehen sämtliche ersten transactions"in kind", d.h. es handelt sich um reine Warentransaktionen. Wird repayment erwartet, muss über diese Transaktionen ein Dokument ausgefertigt sein, was bei Geschenken entfällt. Mit Hilfe dieses Dokuments kann bei Fälligkeit die"loan" zurück gefordert werden.
Warum gibt es nun loans mit und ohne Zins?
Die Antwort ist verblüffend einfach:
<font color="FF0000">Der Zins ist kein Attribut der loan selbst, sondern er entsteht aus dem Dokument, sobald dieses vor Fälligkeit der Ware in die Ware verwandelt ("kind") werden soll.</font>
Nehmen wir den einfachen Fall einer"transaction": A beschafft sich mit Hilfe der Ware X (nach Menge oder Gewicht) bei B einen Betrag (nach Menge oder Gewicht) der Ware Y.
Sagen wir 10 Einheiten Ware X verschaffen ihm 10 Einheiten der Ware Y.
Die Ware Y liefert B sofort, A muss die Ware X nach einem Jahr liefern. Damit steht die Ware A in einer eindeutigen Relation zur Ware B, nämlich 10 zu 10. Das ist der gegenseitige Preis.
Von einem Zins ist nirgends etwas zu entdecken.
Will nun B die Ware X, die ihm A schuldet, früher als zur Fälligkeit zur Verfügung haben, muss er mit Hilfe des Dokumentes auf Lieferung der Ware X versuchen, an die Ware X vor deren Fälligkeit zu kommen. A liefert sie ihm erst nach einem Jahr, wie es der Kontrakt vorsieht. (Vereinbarter Zeitraum spielt natürlich keine Rolle).
Aber es könnte sich ein C finden, der die Ware X schon vorher liefert, um sie sich dann wiederum bei Fälligkeit bei A zu beschaffen.
Da C selbst nichts mit der Transaktion zwischen A und B zu tun hat, wird er sich die Vorerfüllung des Vertrages, welcher die Transaktion A/B dokumentiert, entgelten lassen, da es für ihn keinen ersichtlichen Grund gibt, anstelle von A an B in vollem Umfang zu leisten und dies obendrein früher als A an B tun muss.
Das Entgelt für die Vorableistung kann nur in etwas bestehen, was B zu erhalten hat und was A liefern muss. C wird also an B weniger als das leisten, was A später in vollem Umfang zu leisten hat. Er wird also statt 10 nur 8 liefern bzw. leisten, je nachdem, wann er an B leistet.
C hat nun das Dokument, das A zur Leistung verpflichtet. Es hat ihn nur 8 Waren gekostet und bringt ihm bei Vertragserfüllung durch A die 10, die A nach wie vor liefern muss.
Jetzt ist der Zins in der Welt. Nämlich 10 minus 8 bezogen auf 8 = 25 %. Oder von oben gerechnet = 20 %.
Der Zins bedeutet aber nicht, dass A mehr als die mit B vereinbarten 10 liefern muss.
Der Zins kann also niemals durch den ersten Kontrakt zwischen zwei Transaktions-Partnern entstehen, sondern erst dann, wenn ein Dritter einen noch nicht gelieferten, weil noch nicht fälligen Teil der Transaktion früher liefert als derjenige, der ihn zu einem späteren Termin liefern muss.
Insgesamt liefert keiner mehr. Denn A liefert nach wie vor 10, diese jetzt an C. Der C hatte an B bereits 8 geliefert, diese nur früher als A. C ersetzt seine 8, die an B gegangen sind. Die 2, die er von A bekommt, muss er nicht mehr selbst erstellen, da er sie bei Fälligkeit von A bekommt. Wir haben also nur eine (zeitliche) Umverteilung der Leistung des A. Sie sollte ursprünglich in Höhe von 10 an B gehen. Mehr als die 10 von A werden nicht produziert.
Dass C schneller gewirtschaftet haben muss, ist klar. Da er aber nicht im Voraus wissen kann, ob B früher (und dann weniger) Waren des A benötigt, kann er auch nicht wissen, ob sein schnelleres Wirtschaften überhaupt einen Sinn macht. Wird der A / B-Kontrakt termingemäß abgewickelt, behält C seine 8 Einheiten und kann sie auf Halde nehmen und die Halde seinerseits durch Eigenverbrauch langsam wieder abtragen.
Aus einer Mehrproduktion allein erfolgt gar nichts - außer der Mehrproduktion. Das auf Halde Liegende ("Kapital") führt nicht deshalb zu einem Zins ("Kapitalzins"), weil es auf Halde liegt.
Alle Zinserklärungen, die auf eine"natürliche" Kapitalrendite abstellen, gehen automatisch ins Leere. Weder das Kapital noch das mit seiner Hilfe erstellte Produkt (Vorrat, Halde) kann sich selbst oder aus sich heraus jemals verzinsen.
Nehmen wir als weiteren Beleg für die Zinsentstehung den <font color="FF0000">Wechsel.</font> Es gibt Unmengen von Wechseln, in denen ganz genau festgehalten wurde, wann der Wechselschuldner wie viel zu leisten hat. Einen Zinssatz wird man auf diesen Dokumenten vergeblich suchen. Es gibt ihn nicht!
Der Wechsel kann allerdings diskontiert werden, d.h. der Gläubiger kann bei einem Dritten oder Vierten mit Hilfe des Wechsels die auf dem Wechsel verbriefte Summe früher kassieren, als auf dem Wechsel selbst festgeschrieben. Dafür muss er allerdings ein Abgeld, eben den Diskont in Kauf nehmen.
Der Wechsel kann, sofern Banken oder Zentralbanken existieren, sogar noch ein Mal diskontiert werden, indem er an die Zentralbank eingerecht wird, was zum bekannten Re-Diskont führt, also einem weiteren Abgeld.
Damit ist völlig klar, dass es einen Zins als solchen ebenfalls überhaupt nicht gibt.
<font color="FF0000">Der"Zins" entsteht erst, wenn ein bestimmter Kontrakt, der Leistung und Gegenleistung, bei klar festgeschriebenen Terminen auf beiden Seiten festlegt und damit den jeweiligen Preis von Leistung (in Gegenleistung) und von Gegenleistung (in Leistung) ebenfalls festlegt, von einer nicht an dem Kontrakt beteiligten Partei vor dem jeweiligen Fälligkeitstermin erfüllt wird.</font>
Alle Vorstellungen von einem"Urzins" oder einem"natürlichen Zins", einer"natürlichen Rendite","Kapitalrendite" und Ähnlichem sind purer Unsinn.
Weder ist der Zins in einer Wirtschaft"eingebaut", noch bedarf es zum Wirtschaften eines Zinses. Es gibt auch keine"Zinssysteme", die quasi ein Konstruktionsfehler oder Systemfehler wären wie immer wieder in diversen Foren behauptet wird.
Auf diesen Unsinn sind sämtliche Zins-"Theoretiker" oder Zins-"Kritiker", angefangen bei Aristoteles hereingefallen.
Selbst der in Zinsfragen durchaus bewanderte Eugen von Böhm-Bawerk ("Kapital und Kapitalzins" Bd. I, II, 1884/89) ist dem Problem nur ausgewichen, indem er behauptet, der Zinssatz würde mit dem kulturellen Niveau einer Nation fallen, ohne freilich mitzuteilen, was den das"kulturelle Niveau" eigentlich sein soll.
Auch teilt er nicht mit, wohin denn der Zinssatz überhaupt fallen könne (zu seiner Zeit lag er zwischen 2,5 und 3,5 Prozent), falls sich das kulturelle Niveau steigern sollte, was aufgrund der in den ca. 110 Jahren seit seiner Publikation zweifellos der Fall gewesen ist (Homer spricht wohlwollend interpretierend von"technological level" und"financial strenght"), wobei der Zinssatz sich aber im Trend deutlich erhöht und nicht etwa gesenkt hat.
Solche Zinstheorien führen also nicht wirklich weiter. Es muss ein neuer Ansatz versucht werden.
Was wir zunächst als"Zins" (census) haben, ist nichts anderes als eine Zwangsabgabe eines Machtinhabers. Diese wird zu einem bestimmten, vorab festgelegten Termin eingefordert. Ist das Abgabengut (Zins), dann nicht vorhanden, eben weil sie erst später vom Abgabenschuldner zu erstellen gewesen wäre, wird der Abgabenschuldner ein Dokument ausfertigen, aus dem heraus er zur Leistung zu verpflichten ist.
<font color="FF0000">Mit Hilfe dieses Dokuments kann er sich dann, entsprechende Solvenz (also Leistungserstellungskraft vorausgesetzt) zu dem früheren Fälligkeitstermin die Leistung beschaffen, die er selbst erst später erbringen kann.</font>
Zum späteren Termin, zu dem er das Gut erstellt hat, was früher abzuliefern ist, muss er logischerweise demjenigen, der ihm das Abgabengut zum Abgabentermin zur Verfügung stellt, in genau derselben Art und Weise mehr liefern, wie er im oben dargestellten Beispiel mehr liefern muss.
Dabei muss das oben gebrachte Beispiel als zeitlich dem Abgabenzwang folgen, da erst der Abgabenzwang das Tor zur Diskontierung öffnet. Wer eine Leistung freiwillig vereinbart und mit der entsprechenden Gegenleistung freiwillig einverstanden ist, steht a priori nicht unter Diskontierungszwang, da er ganz genau weiß, wann die Gegenleistung bei ihm eintrifft.
Hätte er sie vorher benötigt, hätte er von vorneherein einen früheren Gegenleistungstermin vereinbart. Er hätte damit unschwer vermeiden können, dass ihm das von ihm erstrebte Gut nur zum Teil (da diskontiert) zur Verfügung gestellt würde.
Die Vorstellung, dass wir es in der früheren Geschichte mit Leuten zu tun gehabt hätten, die nicht gewusst hätte, wie viel und was und wann sie es benötigen, also Kontrakte auf "gut Glück" abgeschlossen hätten, ist schlicht abwegig. Niemand entledigt sich eines Gutes, ohne sich über den Termin der Anlieferung des Gegengutes im Klaren zu sein und sich dies entsprechend verbriefen zu lassen.
Wer dies annimmt, unterstellt denen, die jemals gewirtschaftet, also mit Hilfe von Kontrakten gearbeitet haben, ein Haufen von Idioten oder Spielern gewesen zu sein, denen jegliche Erfahrung und jedes Gespür für wirtschaftliche Abläufe gefehlt hätte.
Sie wirtschafteten selbstverständlich ganz genau so, wie es heute auch geschieht, jedenfalls, was ihre eigene wirtschaftliche Existenz anging. Dabei hat selbstverständlich der Zins, weil vollstreckbar, eine völlig andere Funktion als der Gewinn auf das Kapital. Dies hatten Heinsohn / Steiger in den völlig richtigen Satz gekleidet (Geldnote, Anleihe und Aktie, 2000):
"Das bei Aktienausgabe eingehende Geld muss weder zurück gezahlt, noch verzinst, noch müssen dafür Sicherheiten gestellt werden."
Kehren wir nun zum Abgabenschuldner zurück, finden wir ihn als Schuldner, der in jedem Fall leisten muss, obwohl er dies weder der Höhe noch dem Termin nach freiwillig vereinbart hatte.
Der Abgabenschuldner, der (noch) nicht leisten kann, muss zur Beschaffung des Abgabengutes einen Schuldtitel ausstellen, der, beispielsweise, ein Jahr nach Abgabentermin die Leistung 10 verbrieft, zum Abgabentermin aber entsprechend diskontiert ist (nämlich auf 8). Damit kann er dann die auf 8 lautende Abgabe termingerecht leisten.
Daraus ergibt sich nun:
Erstens: Einen A-priori-Zins ("Urzins" usw.) gibt es nicht.
Zweitens: Die Diskontierung (teilweise Voraberfüllung) einer Schuld kann möglich sein. Einen Zwang dazu gibt es nicht. Der Eintritt eines Diskontierers ist absolut freiwillig. Ein Diskontierer kann auftreten oder auch nicht. Der Diskontierer kann nicht zum Diskont zwingen. Der ein Papier zum Diskont Anbietende kann ebenfalls keinen Diskontierer herbeizwingen. Das Papier wird dann, wie von den Vertragsparteien vorab freiwillig vereinbart termingemäß erfüllt. (Oder es platzt, woraufhin dann in das Vermögen des Schuldners, mit dem das Papier besichert war, vollstreckt wird).
Drittens: Bei Zwangsabgaben ist zunächst nur die Abgabe termingemäß zu leisten. Die Zwangsabgabe ist der Zins (census). Zwangsabgaben beruhen nicht auf einem zwischen Abgabenforderer und Abgabenleister freiwillig vereinbarten Kontrakt. Die Besicherung der Zwangsabgabe ist das Eigentum des Abgabenschuldners bezogen auf Sachen (Grund und Boden usw.), aber auch Menschen.
Viertens: Da die Abgabe seitens des Abgabenschuldners unfreiwillig geschieht, kann er zur Leistung gezwungen werden (= Surplus-Erstellung), die seine aktuelle Leistungsfähigkeit übersteigt. Um die Folgen der Nichtleistung zu vermeiden (Vermögens- und Eigentumsverlust), kann er versuchen, sich mit Hilfe eines Versprechens auf spätere Leistung und eines diese Leistung verbriefenden Papiers bei anderen die Abgabe zum Abgabentermin zu beschaffen.
Fünftens: Aus privater Vereinbarung kann sich kein Zins entwickeln, da der zur Leistung Verpflichtete niemals mehr leisten muss, als er vorab freiwillig vereinbart hatte. Das Erbringen einer freiwilligen Leistung, die einer freiwilligen Gegenleistung entspricht kann niemals einen Zins enthalten, da insgesamt (von allen Beteiligten) nicht mehr geleistet wird als vereinbart wurde.
Sechstens: Die Entstehung des Zinses ist untrennbar mit dem Entstehen von Macht und Herrschaft verbunden, weil nur Macht und Herrschaft Leistungen erzwingen können, welche die freiwillig geplanten Leistungserbringungen übersteigen.
Siebtens: Der Zins kann sich nur auf die Vorab-Beschaffung des Abgabengutes beziehen, dessen Terminsetzung willkürlich und ohne Vorab-Zustimmung des Abgabenschuldners erfolgt.
Achtens: Der Zins ist ein Bastard der Macht und hat mit einem Wirtschaften auf freiwilliger Basis überhaupt nichts zu tun.
Neuntens: Sobald sich Macht und Zins (erst als Abgabe selbst, dann als Möglichkeit, terminlich nicht zu leistende Abgaben durch Versprechen auf zusätzliche Leistungen zu leisten, die auf den Abgabenzeitpunkt diskontiert werden) etabliert haben, beginnt jene <font color="FF0000">"wirtschaftliche Dynamik"</font> von Geld (Abgabengut) und Zins (Abgabengut-Beschaffungs-Mittel), die sich über Schwankungen in der Geschichte bis zur heutigen Form entwickelt hat.
Zehntens: Beim Wegfall der Erst-Ursache von Geld und Zins (heute: Staat, der weltweit per Bankrott abgeht) wird sich die wirtschaftliche Entwicklung wieder ent-dynamisieren, bis sämtliche zinsbewehrten privaten Kontrakte die auf das Zwangsabgabenmittel Geld (="gesetzliches Zahlungsmittel") lauten, abgewickelt sind. Danach tritt wieder der Zustand der freiwilligen Transaktionen ein, die keinerlei Zins und Geld mehr kennen, da sie beides in keiner Weise benötigen.
Schönen Gruß!
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Popeye
19.08.2002, 14:46
@ dottore
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Re: Real-Enzyklopädie (32): Das Märchen vom 'Zins' |
-->Der gleiche Homer, den Du hier zitierst (2. Aufl., 1977, S. 18) schreibt aber auch:
" But other sorts of loans exist and existed at very early times, which do suggest repayment with interest: loans of seeds and of animals. These were loans for productive purposes. The seeds yielded an increase. At harvest time the seeds could conveniently be returned with interest. Some part or all of the animals progeny could be returned with the animal. We shall never know but we can surmise that the concept of interest in the modern sense arose from just such productive loans."
Deine These der Zinsentstehung durch Diskontierung einer Naturalforderung - hier nochmals wiederholt:
>"Will nun B die Ware X, die ihm A schuldet, früher als zur Fälligkeit zur Verfügung haben, muss er mit Hilfe des
Dokumentes auf Lieferung der Ware X versuchen, an die Ware X vor deren Fälligkeit zu kommen. A liefert sie
ihm erst nach einem Jahr, wie es der Kontrakt vorsieht. (Vereinbarter Zeitraum spielt natürlich keine Rolle).
Aber es könnte sich ein C finden, der die Ware X schon vorher liefert, um sie sich dann wiederum bei Fälligkeit
bei A zu beschaffen.
Da C selbst nichts mit der Transaktion zwischen A und B zu tun hat, wird er sich die Vorerfüllung des Vertrages,
welcher die Transaktion A/B dokumentiert, entgelten lassen, da es für ihn keinen ersichtlichen Grund gibt, anstelle
von A an B in vollem Umfang zu leisten und dies obendrein früher als A an B tun muss.
Das Entgelt für die Vorableistung kann nur in etwas bestehen, was B zu erhalten hat und was A liefern muss. C
wird also an B weniger als das leisten, was A später in vollem Umfang zu leisten hat. Er wird also statt 10 nur 8
liefern bzw. leisten, je nachdem, wann er an B leistet.
C hat nun das Dokument, das A zur Leistung verpflichtet. Es hat ihn nur 8 Waren gekostet und bringt ihm bei
Vertragserfüllung durch A die 10, die A nach wie vor liefern muss."<
ist also nur ein mögliches Modell der Zinsentstehung.
Für mich wahrscheinlicher ist der von Dir oben geschilderte Zusammenhang ursächlich für die Entstehung des Geldes - Fungibilität von Forderungen für Gattungsschulden!
Die Herleitung der Zinsentstehung aus dem von Dir geschilderten Zusammenhang erscheint mir - zumindest als alleinige Ursache - bedenklich.
Grüße Popeye
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Theo Stuss
19.08.2002, 17:17
@ dottore
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Re: Real-Enzyklopädie (32): Das Märchen vom 'Zins' |
-->Hallo Dottore,
wie ist das, wenn man den Zins aus dem Lieferverzug bei Fälligkeit der entsprechenden Warenterminkontrakte herleiten könnte. Dazu braucht es keinen Dritten C.
Also, ein Beispiel aus Sumer:
Anton liefert Kupfererz in 10 Einheiten und Bertholt muß binnen Jahresfrist entsprechende Einheiten reines Kupfer, Zinn, Silber und Blei liefern, die er aus dem Kupfererz herausholt.
Ich habe keine Ahnung, ob die Tontäfelchen hier nur von sofortiger Vollstreckung bei Fälligkeit sprechen, oder aber eine Stundung gegen eine Zusatzgebühr vorsehen, mit verschobener Fälligkeit, wenn Berholt versagt haben sollte.
Es kann ja sein, daß die Sumerer so etwas als unseriös gehalten hatten. Bei heutigen Warentermingeschäften läßt man sich auf so etwas auch nicht ein, auf jeden Fall nicht an den Börsen selbst. Bei mangelnder Lieferfähigkeit muß die Fähigkeit zur Glattstellung in gesetzlichem Zahlungsmittel täglich nachgewiesen werden, sonst erfolgt der unmittelbare Auschluß.
Interessant bleibt aber, daß es bis heute unklar ist, wie der Zins entstanden ist.
Gruß,
Theo
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dottore
19.08.2002, 17:48
@ Popeye
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Re: Sidney Homer liefert Vermutungen, keinerlei Beweise |
-->>Der gleiche Homer, den Du hier zitierst (2. Aufl., 1977, S. 18) schreibt aber auch:
>" But other sorts of loans exist and existed at very early times, which do suggest repayment with interest: loans of seeds and of animals.
Da er für diese Behauptung keinen Beweis erbringt, schreibt er ausdrücklich von"suggest".
Ich habe in meinen gesamten Konvoluten zu den"early times" solche"loans" nirgends gefunden, obwohl ich selbstverständlich davon ausgegangen war, dass es solche"loans" geben müsse, sofern es sich um"loans" handelte, die nicht zur Erfüllung von Abgabenpflichten aufgenommen wurden, sondern als"investive" loans, also, um sie zur Feldbestellung bzw. den Aufbau von Viehkulturen zu verwenden.
Desungeachtet handelt es sich aussschließlich um kurzfristige Terminschulden, die kurz vor der Ernte kontrahiert und kurz nach der Ernte auszugleichen waren. Da es sich z.B. zumeist um Dattelschulden gehandelt hat, und ein Dattelkern viele Jahr braucht, um zu einem Baum, der dann Früchte trägt, heranzureifen, kann es sich unmöglich um"seeds"-Schulden gehandelt haben.
Ich darf also um weiter helfenden Nachweis bitten. Da es auch über seeds-Schulden Kontrakte geben müsste, sollten sie sich erhalten haben.
Tiere (animals) kommen überhaupt nicht als loans vor, sondern ausschließlich als gekaufte Tiere.
Die Tiere sind ganz genau bezeichnet, auch wird ihre Markierung genannt. Tiere mit Marken, die schon den Jungtieren eingeritzt oder eingebrannt wurden, werden niemals verliehen, was sich schon aus der Markierung von selbst versteht: Wie hätte der Besitzer die Rechtmäßigkeit seines Besitzes nachweisen können?
Es gibt keinerlei Besitzmarkierungen, wie es bis heute eben ist:
<font color="FF0000">Besitz wird nicht verbucht!</font>
Die Markierung der Tiere wird in den Urkunden ausführlich angesprochen und die (sachen-, also eigentumsrechtlich relevante) Markierung des nächsten Eigentümers auch.
"Loans of animals" sind eine freie Erfindung von Sidney Homer. Sie klingen zwar"logisch", sind aber nirgends nachzuweisen. Tiere wurden ausschließlich gekauft, womit Besitz und Eigentum an einen anderen übergangen sind. Tier-Leihe ist schlicht Nonsens.
Zumal der Eigentümer das Tier jederzeit wieder rechtmäßig hätte an sich nehmen können, während die verbriefte Schuld über den Ertrag des Tieres beim Tier-Leiher hängen geblieben wäre.[/b]
>These were loans for productive purposes. The seeds yielded an increase. At harvest time the seeds could conveniently be returned with interest. Some part or all of the animals progeny could be returned with the animal. We shall never know but we can surmise that the concept of interest in the modern sense arose from just such productive loans."
We shall never know but we can surmise... Aha! Dies ist eine Vermutung (surmise), die durch keinerlei historische Belege gestützt wird. Schon die Wörter"conveniently" oder"could be returned" verraten überdeutlich, dass Sidney Homer selbst merkt, dass er uns hier einen Bären aufbinden will. Dieses animal darf er gern behalten. It's a fake!
>Deine These der Zinsentstehung durch Diskontierung einer Naturalforderung - hier nochmals wiederholt:
(Lasse ich der Einfachheit halber weg)
>ist also nur ein mögliches Modell der Zinsentstehung.
Da es bisher keinen Beleg - außer"Vermutungen" - für das privatwirtschaftliche Modell der Zinsentstehung gibt, muss das Macht-Modell zunächst gelten: Es erklärt nämlich als einziges den Übergang von der zinslosen zur zinsbewehrten Leihe.
Wieso sollte es denn zunächst zinslose Leihe gegeben haben und dann auf ein Mal Leihe gegen Zins? (Urkunden für beiden Phänomene en masse).
Wären die Leute auf Ertrag (Zins) aus einem verliehenen Gut aus gewesen, hätten sie von vorneherein mit Zins (Ertrag, Ertragsanteil) gearbeitet. Etwas muss also zwischen Nicht-Zins und Zins getreten sein. Da jeder, der produzierte, ganz genau um das Phänomen des Ertrages gewusst haben muss, kann es nicht der Ertrag gewesen sein, der sich"plötzlich" einstellte und den man von anderen statt von sich selber erarbeiten ließ.
Eine solche Form der"Arbeitsteilung" - und obendrein bei im Schnitt 25 % Zinsen p.a.. Wenn der Ertrag so immens gewesen war: Warum hat ihn der Eigentümer, der auch bei der Leihe Eigentümer geblieben ist, nicht direkt selbst eingesteckt, sondern ihn über die viel riskantere Form der Hergabe seines Eigentums in Form des Besitzes eines anderen laufen lassen?
Das kann keinen Sinn ergeben, zumal der Eigentümer dadurch, dass er Besitzer blieb, sich in keinerlei Zwangslage befand, aus der er sich hätte befreien müssen.
Das"andere" einen Ertrag für sich selbst erwirtschaften lassen und als"Zins" abzuschöpfen, ist nur im Rahmen des von mir noch und noch vorgestellten Ablaufs, nämlich des Eintritts von Zwang und Gewalt in die Geschichte zu erklären. Der Zins ist die mit Hilfe von Macht abforderbare Abgabe.
>Für mich wahrscheinlicher ist der von Dir oben geschilderte Zusammenhang ursächlich für die Entstehung des Geldes - Fungibilität von Forderungen für Gattungsschulden!
Wer hat aufgrund von was gefordert? Um diese Frage geht es doch nur. Getreide war eine Gattungsschuld (ebenso fungibel wie Metall). Das Getreide stand dem jeweiligen Grundherrn (Eigentümer) zu und wurde vom Ober-Eigentümer (Macht) zur Abgabe erklärt, wie die ältesten Schriftdokumente, noch in Piktogrammen ausweisen.
In allen frühen Kulturen finden wir riesige zentrale Kornspeicher, auch in der"friedlichen" Harappa-Kultur, vgl. die Rekonstruktionen von Wheeler 1961. Diese Staatsmonopolisierung des Getreides wurde sogar noch im venezianischen"grain office" beibehalten (älteste Bilanz von 1345).
In allen frühen Kulturen finden wir die nämliche Monopolisierung des Gattungsgutes Metall (Schatzhäuser, Schatzkammern, Tempel, o.ä.), dies lange bevor es so etwas wie eine Geld- oder gar Münzen-Tauschwirtschaft gegeben hat.
Abnehmer für das Getreide war die Bevölkerung, die dieses niemals gekauft hat, da es zugeteilt wurde. Abnehmer für das Metall waren die Söldner, die es auch nicht auf freien Märkten gekauft, sondern als Gegenleistung für Kriegsdienst empfangen haben. Da Metall gleichzeitig wieder als Abgabe gefordert wurde, ergab sich ein stabiler Kreislauf, der sich bei Metall als Schmuck oder gar als"Tauscherleichterungsmittel" niemals ergeben hätte.
>Die Herleitung der Zinsentstehung aus dem von Dir geschilderten Zusammenhang erscheint mir - zumindest als alleinige Ursache - bedenklich.
Diese Bedenken verstehe ich sehr gut, zumal ich sie selbst lange genug hatte. Nichtsdestotrotz wäre ich für den Nachweis einer Zinsentstehung aus privatem Wirtschaften heraus verbunden.
Die von Sidney Homer genannten Ursachen ("loans for productive purposes", wobei purposes privater Natur sein sollen) sind eindeutig falsch.
Gruß!
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dottore
19.08.2002, 18:10
@ Theo Stuss
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Re: Beim Termin-Switch muss immer ein Dritter her - siehe Nachlass-Konkurs |
-->>Hallo Dottore,
>
>wie ist das, wenn man den Zins aus dem Lieferverzug bei Fälligkeit der entsprechenden Warenterminkontrakte herleiten könnte. Dazu braucht es keinen Dritten C.
Nein, geht leider nicht.
Du hast Kontrakt A, Cash Settlement Dezember, Vertragsparteien L (liefert) und M (hat Anspruch auf Lieferung).
Jetzt will M in Kontrakt B switchen, Settlement September. L kann nicht liefern. Also muss K liefern.
Für einen Kontrakt mit einem Termin brauchst Du immer nur zwei. Wenn einer der beiden aber in frühere Lieferung oder Zahlung switchen will, braucht der eine einen anderen zweiten, also insgesamt haben wir dann drei.
Da eine Abgabe immer ein Termin-Switch ist, das ist ja ihr Sinn (sonst könnten wir alle bis zum Tode mit unseren Steuerzahlungen warten, die dann aus der Erbmasse bestritten würden, die wg. Masse-Konkurs ohne weitere Forderungen in Nichts erlischt, da Schulden nur an die Erbmasse, nicht aber an den Erben vererbt werden können), läuft es also genau so ab, wie beschrieben.
Gruß!
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Dreiherrenstein
19.08.2002, 18:25
@ dottore
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Heinsohn/Steiger |
-->Heinsohn/Steiger schreiben im Buch"Eigentum, Zins und Geld"
"Gläubiger halten kein Gut Geld in irgendeiner Kiste, auf deren Inhalt sie eine Liquiditätsprämie legen, sondern schaffen im Kreditkontrakt erst Geld als Anrecht gegen ihr Eigentum. Mit dieser Blockierung verzichten sie auf die Eigentumsprämie, gewinnen aber den Zins. Schuldner leihen sich dieses Geld, indem sie Eigentum als Sicherheit verpfänden und einen Zins zahlen müssen. Sie verlieren ebenfalls Eigentumsprämie, gewinnen aber die Liquiditätsprämie des Geldes, das heißt sein Vermögen, Kauf- und dann wieder Kreditkontrakte erfüllen zu können."
Ich fürchte, die Bremer Professoren haben einfach recht.
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dottore
19.08.2002, 20:11
@ Dreiherrenstein
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Re: Heinsohn/Steiger haben leider die Zession nicht kapiert |
-->>Heinsohn/Steiger schreiben im Buch"Eigentum, Zins und Geld"
>"Gläubiger halten kein Gut Geld in irgendeiner Kiste,
Das ist richtig.
>auf deren Inhalt sie eine Liquiditätsprämie legen,
Ebenfalls richtig - denn wer sollte ihnen die Liqui-Prämie bezahlen? Und in was?
>sondern schaffen im Kreditkontrakt erst Geld als Anrecht gegen ihr Eigentum.
Das ist leider falsch. (Bin selbst immer davon ausgegangen). Warum falsch?
Weil der Eigentümer dadurch, dass er einen Titel auf sein Eigentum zieht, sich zum Schuldner seiner selbst macht, auch wenn er den Titel hält. Er schafft sein Geld also als Forderung gegen sich selbst. Diese Forderung ist aber kein Geld, sondern ein Titel, den er an andere zedieren kann. Dies erst geschieht in Form eines Kreditkontrakts.
Also:
Eigentum = 100 (wie und in was auch immer bewertet). Titel darauf = 100.
Eigentümer als Inhaber der Forderung gegen sein Eigentum über 100 = Inhaber sowohl des Eigentums 100 als auch der Forderung über 100 darauf.
Bilanz des Eigentümers vorher:
Aktiv = 100 (Eigentum). Passiv (Kapital ohne Titel) = 100.
Danach:
Aktiv = 100 (Eigentum)
plus
100 = Forderung gegen sein Eigentum (Titel).
Passiv (Kapital ohne Titel) = 100.
Verbindlichkeit gegen sein Eigentum (Titel) = 100.
Die Forderung gegen sein Eigentum (Titel) kann er jetzt zedieren - <font color="FF0000"> nicht (!) verleihen - da Forderungen - im Gegensatz zu Sachen - nicht verliehen, sondern nur zediert werden können.</font>
>Mit dieser Blockierung verzichten sie auf die Eigentumsprämie, gewinnen aber den Zins.
Falsch! Mit dem Ausstellen eines Titels auf sein Eigentum (wie Grundschuld, die man im Nostro hält), blockiert man zwar eine weitere Belastung seines Eigentums, gewinnt aber keinerlei Zins. (Es sei denn, man bezahlt den Zins an sich selbst - rechte Tasche, linke Tasche).
>Schuldner leihen sich dieses Geld, indem sie Eigentum als Sicherheit verpfänden und einen Zins zahlen müssen.
Falsch! Schuldner leihen sich kein Geld, sondern sie lassen sich die Forderung (Titel) auf das Eigentum eines anderen abtreten (zedieren).
Der Inhaber (Zedent) der Forderung ex ursprünglichem Eigentum auf dieses erste Eigentum, tritt seine Forderung gegen sein Eigentum nur gegen Besicherung durch Forderung auf weiteres Eigentum ab. Das kann das Eigentum des Schuldners oder das eines Dritten sein (Garant, Bürge).
>Sie verlieren ebenfalls Eigentumsprämie,
Ja. Derjenige, dessen Eigentum als Besicherung seines (oder eines!) Kredites dient, verliert die Möglichkeit, dieses Eigentum ein weiteres Mal zu belasten.
>gewinnen aber die Liquiditätsprämie des Geldes, das heißt sein Vermögen, Kauf- und dann wieder Kreditkontrakte erfüllen zu können."
Nein. Derjenige, der später als der erste sein Eigentum belastet (bzw. dessen Bürge) tauscht seinen Titel (bzw. den für den der Bürge bürgt) pari gegen den Titel desjenigen, der sein Eigentum früher belastet hatte.
Geld entsteht dadurch nicht. Zins entsteht dadurch nicht.
>Ich fürchte, die Bremer Professoren haben einfach recht.
Da ich selbst dieser Ansicht gewesen war und es keinen Grund gegeben hätte, an der"Eigentumstheorie des Wirtschaftens" (O-Ton HS) zunächst zu zweifeln, kann ich, nach intensivem, von Adrian Odwald, Luzern, in einer HS-Kritik angestoßenem erneuten Nachdenken mit vollständiger Sicherheit erklären:
<font color="FF0000">Gunnar und Otto haben einfach Unrecht.</font>
Ich muss es ihnen nur noch schonend beibringen...
Gruß!
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netrader
19.08.2002, 21:17
@ dottore
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@Theorie Heinsohn-Steiger, kurze Anmerkungen |
-->>Heinsohn/Steiger schreiben im Buch"Eigentum, Zins und Geld"
>"Gläubiger halten kein Gut Geld in irgendeiner Kiste,
Das ist richtig.
<font size="4"><font color="0000FF">Auch meine Meinung.</font>
>auf deren Inhalt sie eine Liquiditätsprämie legen,
Ebenfalls richtig - denn wer sollte ihnen die Liqui-Prämie bezahlen? Und in was?
<font size="4"><font color="0000FF">Auch meine Meinung.</font>
>sondern schaffen im Kreditkontrakt erst Geld als Anrecht gegen ihr Eigentum.
Das ist leider falsch. (Bin selbst immer davon ausgegangen). Warum falsch?
Weil der Eigentümer dadurch, dass er einen Titel auf sein Eigentum zieht, sich zum Schuldner seiner selbst macht, auch wenn er den Titel hält. Er schafft sein Geld also als Forderung gegen sich selbst. Diese Forderung ist aber kein Geld, sondern ein Titel, den er an andere zedieren kann. Dies erst geschieht in Form eines Kreditkontrakts.
Also:
Eigentum = 100 (wie und in was auch immer bewertet). Titel darauf = 100.
Eigentümer als Inhaber der Forderung gegen sein Eigentum über 100 = Inhaber sowohl des Eigentums 100 als auch der Forderung über 100 darauf.
Bilanz des Eigentümers vorher:
Aktiv = 100 (Eigentum). Passiv (Kapital ohne Titel) = 100.
Danach:
Aktiv = 100 (Eigentum)
plus
100 = Forderung gegen sein Eigentum (Titel).
Passiv (Kapital ohne Titel) = 100.
Verbindlichkeit gegen sein Eigentum (Titel) = 100.
Die Forderung gegen sein Eigentum (Titel) kann er jetzt zedieren - nicht (!) verleihen - da Forderungen - im Gegensatz zu Sachen - nicht verliehen, sondern nur zediert werden können.
<font size="4"><font color="0000FF">
In diesem Punkt, den ich im übrigen nicht für den wichtigsten halte, möchte ich Heinsohn/Steiger noch folgen. Dottores Vorstellung, die großenteils von der Vorstellung der vom Grundstückseigentümer bestellten Eigentümergrundschuld lebt, verwechselt m.E. die Sicherheitenebene (Abtretung der Eigentümergrundschuld an einen Kreditgeber, wodurch die Eigentümergrundschuld zur normalen Fremdgrundschuld wird), mit der Schuldebene. Geld wird aber m.E. auf der Schuldebene eines Kontrakts geschaffen, nicht auf der Sicherheitenebene. Geld entsteht bereits, wenn jemand, von dem man weiss, dass er zahlt, Zahlung verspricht. Dies entspricht der Heinsohnschen Formulierung. Ob der Kreditnehmer Sicherheiten hat (Grundstücke, Sklaven, Selbstversklavung, Pistolen und andere Machtmittel), ist dann eine andere Frage, der man sich typologisch gut nähern kann. Insoweit skizziert die Vorstellung der Beleihung von Eigentum den typologischen Haupt- und Normalfall. Im Ergebnis macht sich m.E. das bürgerlichrechtliche Abstraktionsprinzig (Trennung von Schuld und Zessionsebene) bei diesem Diskussionspunkt sehr nützlich.
</font>
>Mit dieser Blockierung verzichten sie auf die Eigentumsprämie, gewinnen aber den Zins.
Falsch! Mit dem Ausstellen eines Titels auf sein Eigentum (wie Grundschuld, die man im Nostro hält), blockiert man zwar eine weitere Belastung seines Eigentums, gewinnt aber keinerlei Zins. (Es sei denn, man bezahlt den Zins an sich selbst - rechte Tasche, linke Tasche).
<font size="4"><font color="0000FF">
Hier stimme ich Dottore zu. Der ganze Ansatz Heinsohn/Steigers erscheint mir viel zu verpfändungsfixiert, und zwar bezogen auf das Eigentum. Damit gelangt man zwangsläufig immer zu Fragen der Eigentumsentstehung bis in die Frühgeschichte des Menschen, seiner Stammesbildung und Sesshaftwerdung (Grundeigentum). Dies alles sind Fragen, die m.E. nicht viel bringen. Heinsohn/Steiger schlachten m.E. wesentliche Teile bürgerlichrechtlicher Begrifflichkeiten (Sicherheitenthemen) aus, sehen aber vor lauter Bäumen den Wald (Trennung Schuld- und Zessionsebene=Abstraktionsprinzip) nicht.
Eigentum, Zins etc. entstehen immer wieder früher und heute originär neu, und zwar auf der Schuldebene von Kontrakten, wobei auch Machteinflüsse entscheidend mitwirken. Dottore ist mit seinem letzten Posting, zu dessen Thema ich unter dem Thema"Termingeschäfte" und Zinsentstehung auch ein paar Zeilen beigesteuert habe, auf einem guten Wege.
</font>
>Schuldner leihen sich dieses Geld, indem sie Eigentum als Sicherheit verpfänden und einen Zins zahlen müssen.
Falsch! Schuldner leihen sich kein Geld, sondern sie lassen sich die Forderung (Titel) auf das Eigentum eines anderen abtreten (zedieren).
Der Inhaber (Zedent) der Forderung ex ursprünglichem Eigentum auf dieses erste Eigentum, tritt seine Forderung gegen sein Eigentum nur gegen Besicherung durch Forderung auf weiteres Eigentum ab. Das kann das Eigentum des Schuldners oder das eines Dritten sein (Garant, Bürge).
<font size="4"><font color="0000FF">Hier sollte man zunächst am besten klären, von welchem Geldbegriff man ausgeht. Dottores Formulierung passt für das bankmäßige Kreditgeschäft, Heinsohn/Steigers Formulierung auf andere (Sach-)Darlehen (zB Waren) und Edelmetallgelddarlehen.
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>Sie verlieren ebenfalls Eigentumsprämie,
Ja. Derjenige, dessen Eigentum als Besicherung seines (oder eines!) Kredites dient, verliert die Möglichkeit, dieses Eigentum ein weiteres Mal zu belasten.
<font size="4"><font color="0000FF">Wenn der Gläubiger aufpasst, dh eine Hypothek auch tatsächlich ins Grundbuch eingetragen wird und die verpfändete Sache tatsächlich in den Besitz des Kreditgebers (Faustpfand) übergeht.</font>
>gewinnen aber die Liquiditätsprämie des Geldes, das heißt sein Vermögen, Kauf- und dann wieder Kreditkontrakte erfüllen zu können."
Nein. Derjenige, der später als der erste sein Eigentum belastet (bzw. dessen Bürge) tauscht seinen Titel (bzw. den für den der Bürge bürgt) pari gegen den Titel desjenigen, der sein Eigentum früher belastet hatte.
Geld entsteht dadurch nicht. Zins entsteht dadurch nicht.
<font size="4"><font color="0000FF">Ich stimme dottore zu.</font>
<font size="4"><font color="0000FF">Gruesse
netrader
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dottore
19.08.2002, 21:45
@ netrader
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Re: Kurzer Kommentar |
-->Hi,
zunächst vielen Dank. Nur zu diesem noch kontroversen Punkt:
>In diesem Punkt, den ich im übrigen nicht für den wichtigsten halte, möchte ich Heinsohn/Steiger noch folgen. Dottores Vorstellung, die großenteils von der Vorstellung der vom Grundstückseigentümer bestellten Eigentümergrundschuld lebt, verwechselt m.E. die Sicherheitenebene (Abtretung der Eigentümergrundschuld an einen Kreditgeber, wodurch die Eigentümergrundschuld zur normalen Fremdgrundschuld wird), mit der Schuldebene.
Nicht. Die Eigentümergrundschuld wird zunächst netto, ohne Schuldkontrakt gehalten. Jeder Eigentümer (nicht nur der von Grund und Boden) kann sein Eigentum belasten und den Titel darüber selbst halten.
Mach ich selbst seit jeher so. (Steuerlich nicht uninteressant, by the way).
>Geld wird aber m.E. auf der Schuldebene eines Kontrakts geschaffen, nicht auf der Sicherheitenebene.
Nein. Geld muss besichert sein ("gedeckt").
>Geld entsteht bereits, wenn jemand, von dem man weiss, dass er zahlt, Zahlung verspricht.
Dieses Versprechen ist immer besichert, bei laufenden Geschäften z.B. durch den unübersehbaren Passus: "Bis zur vollständigen Bezahlung bleibt die Ware in unserem Eigentum".
>Dies entspricht der Heinsohnschen Formulierung. Ob der Kreditnehmer Sicherheiten hat (Grundstücke, Sklaven, Selbstversklavung, Pistolen und andere Machtmittel), ist dann eine andere Frage, der man sich typologisch gut nähern kann.
Nein. Das ist die Hauptfrage. Ohne Sicherheiten ist Geld nicht definierbar.
>Insoweit skizziert die Vorstellung der Beleihung von Eigentum den typologischen Haupt- und Normalfall. Im Ergebnis macht sich m.E. das bürgerlichrechtliche Abstraktionsprinzig (Trennung von Schuld und Zessionsebene) bei diesem Diskussionspunkt sehr nützlich.
Das Zivilrecht aller Völker ist da eindeutig: Forderungen können nur mit Zustimmung des Eigentümers zediert werden. Das wird durch die Erklärung von Geld zur"vertretbaren", alias fungiblen usw. Sache bzw. Forderung nur kaschiert, aber nicht aufgehoben. Dann geht's eben letztlich um die gesamte Menge oder Summe, die als"ins sich" vertretbar bzw. fungibel erklärt wird.
Einer der vielen Tricks der Macht, mit denen wir uns herumplagen müssen.
Nochmals herzlichen Dank und Gruß!
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Popeye
19.08.2002, 22:16
@ dottore
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Re: Sidney Homer liefert Vermutungen, keinerlei Beweise |
-->Hallo, dottore,
>"Es muss ein neuer Ansatz versucht werden." Einverstanden! Aber Dein Vortrag ‚Zins entsteht aus Diskontierung' bewegt sich ebenso im Bereich der plausiblen Vermutung wie der von Homer zum Thema ‚productive loans'.
Wo immer wir ökonomische Entwicklungen im Detail historisch verfolgen können war der Weg selten geradlinig. Kein entweder oder, eher ein sowohl als auch. Das macht die Dinge nicht einfacher, mahnt vielmehr zur ständigen Vorsicht bei monokausalen Erklärungsmodellen.
Ich folge Dir kritisch aber willig auf dem experimentelen Pfad: Macht, Abgaben, Geld, Zins. Aber mein Weg ist weniger geradlinig als Dein Vortrag.
Die Frage wann und wo Geld und Zins entstanden sind wird sich nicht auf ein Datum oder einen einzelnen Vorgang zurückführen lassen - selbst wenn wir allwissend wären würden wir möglicherweise viele Wege erkennen, die zur Entstehung von Geld geführt haben. (Vergleichbar mit der Frage: Wann und wo entstand fraktional banking?)
Sozio-ökonomische Phänomene entstehen aus kontinuierlicher menschlicher Interaktion nicht aus einem willkürlichen Entscheidungsakt mit Datum und Stempel.
Regional begehrte Tauschmittel, die allein durch die Tatsache ihrer generellen Begehrtheit‚ Geld-Charakter' hatten wird es vermutlich lange vor dem ersten Erscheinen hierarchischer Theokratien mit Abgabeforderungen gegeben haben. War das Geld? Sicher noch nicht! Aber die Entwicklung geht weiter. Und aus dieser Entwicklung entsteht schließlich und allmählich eine allgemein akzeptierte Konvention (James Tobin vergleicht es mit der Entwicklung der Sprache) irgendein Medium als Zahlungsmittel zu akzeptieren. Dabei steht nicht das Medium im Vordergrund, sondern es ist die Konvention, die das Zahlungsmittel entstehen läßt. Natürlich wird eine solche Konvention durch eine mit Gewalt erzwungene Abgabenverpflichtung soweit verstärkt, dass nun von ‚hoheitlichem Geld' gesprochen werden kann. Wer wollte das angesicht Gewalt- und Geldmonopol wohl bestreiten.
Ähnliches gilt für den Zins. Es gibt tausende von hypothetischen Gründen, warum Naturalien in stammesgeschichtlicher Urzeit mit oder ohne Zins geliehen wurden. Bis in unsere Zeit wurde überliefert ist, dass das Zinsnehmen von Glaubensbrüdern geächtet, gegenüber Andersgläubigen aber toleriert war (s. Usury-Diskussion). Und fraglos hast Du recht, dass der hoheitliche Abgabendruck (ohne vertraglich fixierte Gegenleistung) die Zinsorgie erst richtig in Gang brachte.
Aber wer kann angesichts der dunklen Faktenlage sagen Geld, Kredit und Zins sind so und dann entstanden?
Grüße Popeye
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dottore
19.08.2002, 23:00
@ Popeye
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Re: Den Anfang zu finden, ist leicht, auch fürs fractional banking |
-->>Hallo, dottore,
>>"Es muss ein neuer Ansatz versucht werden." Einverstanden! Aber Dein Vortrag ‚Zins entsteht aus Diskontierung' bewegt sich ebenso im Bereich der plausiblen Vermutung wie der von Homer zum Thema ‚productive loans'.
Der Unterschied in der Plausibilität ist der Termin. Wie und auf was"productive loans" begrenzen? Bei Abgaben ist das unstreitig und völlig klar. Mindestens ein mal im Jahr Termin.
Die gesamte Antike rechnet in Indiktionen - das sind Steuerzyklen.
>Wo immer wir ökonomische Entwicklungen im Detail historisch verfolgen können war der Weg selten geradlinig. Kein entweder oder, eher ein sowohl als auch. Das macht die Dinge nicht einfacher, mahnt vielmehr zur ständigen Vorsicht bei monokausalen Erklärungsmodellen.
Das bisherige Modell war monokausal (erst wird gewirtschaftet, dann schöpft der Staat a bisserl"ab"). Dagegen hat es keinen Aufstand der Wissenschaft gegeben.
>Ich folge Dir kritisch aber willig auf dem experimentelen Pfad: Macht, Abgaben, Geld, Zins. Aber mein Weg ist weniger geradlinig als Dein Vortrag.
Ja gradlinig war es sicher nicht. Aber irgendwann und irgendwo fängt es an. Und ab dann breitet es sich automatisch aus und es gab bis heute kein Halten mehr.
>Die Frage wann und wo Geld und Zins entstanden sind wird sich nicht auf ein Datum oder einen einzelnen Vorgang zurückführen lassen - selbst wenn wir allwissend wären würden wir möglicherweise viele Wege erkennen, die zur Entstehung von Geld geführt haben. (Vergleichbar mit der Frage: Wann und wo entstand fraktional banking?)
Das lässt sich ganz präzise in Schottland lokalisieren. Beschaffe gern die entsprechende Literatur.
>Sozio-ökonomische Phänomene entstehen aus kontinuierlicher menschlicher Interaktion nicht aus einem willkürlichen Entscheidungsakt mit Datum und Stempel.
Es sind bei Abgaben aber gerade Datum (!) und Stempel. Dass die Ausbreitung des Machtsystems sich dann hingezogen hat, war nur eine Frage der Zeit und des Expansionstempos. Aber ein Mal begonnen, gab's kein Zurück mehr. Im Zentrum stehen natürlich so technische Sachen wie Metallurgie (Hyksos, Akkad) und organisatorische wie Heeresorganisation (Streitwagen, Phalanx, römische Legionen, Schweizer Gewalthaufen, Longbows, wie bei Agincourt, Levée en masse, etc.).
>Regional begehrte Tauschmittel, die allein durch die Tatsache ihrer generellen Begehrtheit‚
Ich kann nirgends ein"allgemein begehrtes Tauschmittel" sehen.
>Geld-Charakter' hatten wird es vermutlich lange vor dem ersten Erscheinen hierarchischer Theokratien mit Abgabeforderungen gegeben haben. War das Geld? Sicher noch nicht! Aber die Entwicklung geht weiter. Und aus dieser Entwicklung entsteht schließlich und allmählich eine allgemein akzeptierte Konvention (James Tobin vergleicht es mit der Entwicklung der Sprache)
Die"Konventionstheorie" kann ich nicht nach vollziehen. Wer hat mit wem wann welche Konvention geschlossen?
>irgendein Medium als Zahlungsmittel zu akzeptieren.
Zahlungsmittel werden nur akzeptiert, wenn ich als deren Inhaber weitere Zahlungen tätigen kann - endet immer in Steuerzahlungen.
>Dabei steht nicht das Medium im Vordergrund, sondern es ist die Konvention, die das Zahlungsmittel entstehen läßt. Natürlich wird eine solche Konvention durch eine mit Gewalt erzwungene Abgabenverpflichtung soweit verstärkt, dass nun von ‚hoheitlichem Geld' gesprochen werden kann. Wer wollte das angesicht Gewalt- und Geldmonopol wohl bestreiten.
Ja, ähnlich sieht es auch Bernhard Laum, über den noch zu sprechen sein wird ("Heiliges Geld", 1924 - ein Meisterwerk!).
>Ähnliches gilt für den Zins. Es gibt tausende von hypothetischen Gründen, warum Naturalien in stammesgeschichtlicher Urzeit mit oder ohne Zins geliehen wurden. Bis in unsere Zeit wurde überliefert ist, dass das Zinsnehmen von Glaubensbrüdern geächtet, gegenüber Andersgläubigen aber toleriert war (s. Usury-Diskussion).
Der Stammesangehörigen sollte nicht zur Zinsgabe verpflichtet werden, um den Stamm stabil zu halten (Moses, Mohammed usw.).
>Und fraglos hast Du recht, dass der hoheitliche Abgabendruck (ohne vertraglich fixierte Gegenleistung) die Zinsorgie erst richtig in Gang brachte.
Das wurde jedenfalls bisher völlig übersehen.
>Aber wer kann angesichts der dunklen Faktenlage sagen Geld, Kredit und Zins sind so und dann entstanden?
Warum wurde dann bisher eine unbewiesene und unbeweisbare Faktenlage als Fakt aufgetischt?
Entweder es existieren Fakten oder nicht. Für die bisherige Theorie gibt es keine Fakten. Gibt es keine Fakten, dann muss man darüber nachdenken, wie es - aufgrund aktueller Erfahrungen - früher abgelaufen sein müsste.
Das ist schon besser. Und wenn dann auch die Fakten, die es durchaus gibt (z.B. keine Marktplätze vor Abgabenplätzen, archäologisch absolut unbestreitbar, Persien mit Tributen, aber ohne Märkte und Schulden, schwere"untauschbare" Münzen vor Münzen, mit denen man sich auseinander dividieren konnte, Existenz von Nicht-Zins-Leihen vor Zins-Leihen, Feudaleigentum vor Privateigentum, usw.) zur neuen Theorie passen - dann spricht alles für die neue Theorie.
Gruß!
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Zardoz
19.08.2002, 23:28
@ Popeye
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Entwicklung der Sprache? |
-->> Und aus dieser Entwicklung entsteht schließlich und allmählich eine allgemein > akzeptierte Konvention (James Tobin vergleicht es mit der Entwicklung der > Sprache) irgendein Medium als Zahlungsmittel zu akzeptieren.
Hallo Popeye,
möglicherweise hinkt der Vergleich von Tobin doch etwas - siehe Link.
Nice night,
Zardoz
<ul> ~ Sprache durch Mutation</ul>
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Dimi
20.08.2002, 00:41
@ dottore
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Re: Zins ist Folge alternativer Anlagemöglichkeiten - einfache Arbitrage |
-->Lieber Dottore,
die Zinsentstehungthematik löst sich in Wohlgefallen auf, wenn Du zwischen ökonomischen und historischen Gründen differenzierst.
Der Zins ist (ökonomisch) nicht 'enstanden', es gibt ihn unter Sterblichen automatisch. Aus familiären oder stammesrechtlichen Gründen wurde aber auf Zins verzichtet, so daß es scheint, als wäre er erst entstanden, als diese Verhinderungsgründe wegfielen. Der Zins existiert ökonomisch aber automatisch, nur historisch muß er erst entstehen und tut dies bei Wegfall der sozialen Zinsverhinderungsgründe.
Ã-konomisch ist der Zins im Kern (d.h. ohne Risikokomponente usw.) Folge alternativer Anlagemöglichkeiten. Z.B.: Anstatt Dir eine Ware auf ein Jahr zu leihen, kann ich mit der Ware eine Herde kaufen, und diese einem Hirten anvertrauen. Dieser darf den laufenden Ertrag (Wolle, Blut, Milch usw.) behalten und leistet die Hütearbeit für diesen Ertrag, ich bekomme nach einem Jahr die Herde plus Junge zurück.
In dieser Konkurrenzsituation der Anlagemöglichkeiten kann das Leihen von ertragloser Ware oder von Geld nur bestehen, wenn Zins bezahlt wird, sonst entstünde der Leihvorgang (außerhalb sozialer Gründe) nicht.
Würde zinslos verliehen, könnte der Schuldner 'unbegrenzt' Herden kaufen und würde 'unendlich' reich werden. Der Zins ist zwingende Folge dieser Arbitragemöglichkeit.
Gruß, Dimi
<ul> ~ www.seasonalcharts.de</ul>
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Galiani
20.08.2002, 02:06
@ dottore
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Re: Das Märchen vom 'Zins' - Verweise auf die hier schon gelaufene Diskussion. |
-->Hallo
Hier der Link zu meinem Beitrag über den Zins mit weiterem Link zu einem Posting von Popeye.
Gruß
G.
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Galiani
20.08.2002, 02:35
@ Galiani
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Re: Das Märchen vom 'Zins' - Und noch ein früheres Posting |
-->Hallo
Hier noch ein früheres Zins-Posting; ebenfalls unter Bezugnahme auf Popeye.
Gruß
G.
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Popeye
20.08.2002, 07:57
@ dottore
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Re: Den Anfang zu finden, ist leicht, auch fürs fractional banking |
-->Hallo, dottore,
Homer zitiert Paul Einzig (Primitive Money, 1948), der 173 Medien (objects) gefunden haben will"which in ancient and modern times have had monetary attributes in one or more places and at one or more times".
Deine Aussage:
>Ich kann nirgends ein"allgemein begehrtes Tauschmittel" sehen.<, kann ich daher nicht so richtig glauben, wenn ich nicht eine bewußt selektive Wahrnehmung Deinerseits unterstellen soll.
>>Geld-Charakter' hatten wird es vermutlich lange vor dem ersten Erscheinen hierarchischer Theokratien mit
Abgabeforderungen gegeben haben. War das Geld? Sicher noch nicht! Aber die Entwicklung geht weiter. Und aus
dieser Entwicklung entsteht schließlich und allmählich eine allgemein akzeptierte Konvention (James Tobin
vergleicht es mit der Entwicklung der Sprache)
>Die"Konventionstheorie" kann ich nicht nach vollziehen. Wer hat mit wem wann welche Konvention geschlossen?
Lieber, dottore, natürlich ist die ‚Konventionstheorie' im Bereich plausible Spekulation anzusiedeln (und der Einwand von Zardoz, dass Tobin sich bei dem Sprachvergleich etwas vergriffen hat ist plausibel). Aber, dass Du die Konventionstheorie nicht nachvollziehen kannst will ich nicht glauben. Anders als Verträge werden Konventionen nicht"geschlossen". Kulturelle oder soziale Konventionen sind Spielregeln auf der Leiter der zivilisatorischen Entwicklung der Menscheit. Raum, Zeit und (soziale) Zweckmäßigkeit bestimmen ihren Inhalt. Manchmal sind sie die Vorstufe für kodifiziertes Recht. Regelmäßig unterliegen sie dem Wandel der Zeit.
So revolutionär die Einführung von Abgaben und die Geburt hoheitlichen Geldes für die Zukunft der Menscheit gewesen ist, bleibt doch aus meiner Sicht eine solche Revolution wenig glaubhaft, wenn sie sich nicht auf eine lange evolutionäre Entwicklung von Geld-, Leihe- und Zinssurrogaten hätte stützen können.
Grüße Popeye
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dottore
20.08.2002, 12:18
@ Galiani
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Re: Zins entsteht durch erzwungene Zeitpräferenz-Verschiebung |
-->Hi Galiani,
die bereits geführte Diskussion, auf die Sie verweisen, geht am Thema vorbei, leider.
Dass Zeit abläuft ist keine Frage. Aber die Frage ist doch: Was verursacht die zeitlich unterschiedliche Einschätzung der Güter, also, was Sie so beschrieben haben:
"Der Schlüssel für eine logisch-ökonomisch begründbare Notwendigkeit des Zinses liegt in der unterschiedlichen (psychologischen) Bewertung gegenwärtiger Gütersummen im Vergleich zu künftigen Gütersummen."
Diese Aussage ist, mit Verlaub, banal. Gegenwärtige Güter werden und wurden immer höher bewertet als künftige. Somit erklärt dieser Satz nichts - außer dass gegenwärtige Güter höher bewertet werden als künftige.
Es muss also etwas eintreten, das diese Präferenz, die immer vorhanden ist, da wir nicht aus der Zeit aussteigen können, auch aktuell spürbar macht, Klartext: Sie also verändert.
Dies muss vor dem Hintergrund der Tatsache untersucht werden, dass es jede Menge Kontrakte ohne Zins gegeben hat, die in hunderten von frühen Tontafeln zu bestauenn sind.
Beginnen wir mit einem fiktiven Tausch.
A und B vereinbaren etwas, nämlich A liefert 1000 Schafe, B liefert 100 Kühe. A liefert sofort. B liefert in einem Jahr. Ein Zins ist da nicht zu entdecken, sondern nur der Preis 1000 / 100.
A hat einen Kontrakt, der die Lieferung von 100 Kühen in einem Jahr zusagt. Das ist alles.
Alles ist friedlich, alles ist freiwillig. Jeder hat seine jeweilige Zeitpräferenz in diesem Kontrakt bereits eingebaut. (A kann z.B. mit früher von B gelieferten Kühen gar nichts anfangen, da er die Weiden noch nicht präpariert hat).
A wird nun plötzlich, nach einem halben Jahr, zur Lieferung von 50 Kühen gezwungen, bevor der die 100 Kühe also erhalten konnte. Dies geschieht in Form einer ihm zur Lieferung der 50 Kühe aufgezwungenen Abgabe.
Was kann A tun, der doch keine Kühe hat? Er muss versuchen, mit dem Kontrakt über 100 Kühe (die er erst in sechs Monaten erhält, wie von ihm freiwillig vereinbart), die 50 Kühe schon ein halbes Jahr früher zu bekommen.
Ein Dritter, nämlich C, der eine Kuhherde hat, ist zu diesem Geschäft bereit. Er gibt A die 50 Kühe, die dieser abliefert und erhält seinerseits nach einem halben Jahr 100 Kühe von B. Damit haben sich seine Kühe innerhalb eines halben Jahres verdoppelt.
Dieses Mehr ist der Zins, den ihm die Lieferung von 50 Kühen im Juni (bei Rückgabe von 100 Kühen im Dezember) erbringt.
Dieses Mehr war weder zwischen A und B, noch zwischen A und C vereinbart noch sonst irgendwie vereinbart.
Die neue zeitliche Präferenz war von den beteiligten Parteien in keiner Weise beabsichtigt, sondern sie wurde von außen aufgezwungen.
Der Zins entsteht also durch Zwang, etwas von einer Partei früher liefern zu müssen, als sie es geliefert hätte. Der Zins entsteht aus dem Diskont einer völlig zinsfreien Liefervereinbarung. Diesen Diskont hatte keine der Parteien vorab vereinbart. Er musste sich aber durch die Abforderung einer Leistung, bevor sie - wie freiwillig und völlig zinsfrei vereinbart - fällig war, ergeben.
Nehmen wir eine fiktive Leihe. A leiht B 100 Pferde und erwartet die 100 Pferde nach einem Jahr zurück. Ein Zins ist nicht vereinbart. A hat einen Titel über 100 Pferde nach einem Jahr. Jetzt wird er gewzungen, 50 Pferde schon nach einem halben Jahr abzuliefern, weil sie vom Herrscher für einen Kriegszug der gerade beginnt, benötigt werden.
Er muss jetzt mit seinem 100-Pferde-Titel (noch nicht fällig!) 50 Pferde (sofort fällig!) beschaffen. Ein weiterer C gibt ihm die 50 Pferde ab und dies gegen den Titel über 100 Pferde. C verliert 50 Pferde vorübergehend und erhält 100 Pferde zurück. Die 50 Pferde sind sein Mehr und ergo der Zins - auf die 50 Pferde bezogen 100 %.
Genau so und nicht anders ist der Zins entstanden.
Die zeitliche Präferenz (Pferde jetzt!) wurde dem völlig zinsfrei arbeitenden A aufgezwungen. Er muss früher leisten, als er über das zu leistende Gut im Rahmen seiner freiwilligen Vereinbarung mit B verfügen konnte, nämlich nach Rückgabe der geliehenen Pferde.
Die zeitliche Präferenz gibt es immer, aber sie führt erst dann zu einem Zins, wenn die Zeit der Abwicklung der unter genauem Wissen über zeitliche Präferenz <font color="FF0000">mit Gewalt verkürzt wird.</font>
Die zeitliche Präferenz aller Beteiligten ist eine Konstante. Sie drückt sich bereits im Preis bzw. in der Vereinbarung von Lieferung und Gegenlieferung oder von Lieferung und Rücklieferung aus.
Erst wenn jemand auftritt, der bei mindestens einem Beteiligten eine neue zeitliche Präferenz - sagen wir Präferenz 2, bei bisheriger Präferenz 1 - mit Hilfe von Zwang und Gewalt einführt (ich muss früher liefern als mir das Gut nach bisheriger Zeitpräferenz geliefert oder zurückgegeben wurde), dann verändert sich die zeitliche Präferenz, sie erhöht sich, weil sich der Zeitraum verkürzt.
Der Zins entsteht nicht aus der zeitlichen Präferenz als solcher. Die ist immer vorhanden.
<font color="FF0000">Sondern der Zins entsteht aus der Veränderung der zeitlichen Präferenz.</font> Diese Veränderung führt die Macht mit Hilfe ihrer Machtmittel herbei.
Der Zins entsteht nicht als Aufgeld (ich will etwas heute haben, und gebe dafür später mehr zurück).
Sondern er entsteht als Abgeld: Was zunächst später fällig war oder überhaupt erscheinen konnte (Ernte, usw.) wird per Zwang näher an die Gegenwart geholt (Macht steht ihrerseits immer unter Zeitdruck).
Jeder Wechsel läuft zu pari aus. Was aus ihm geschuldet ist, steht von vorneherein drauf. Sagen wir 1000. Ebenso der Termin. Ein Zinssatz ist nirgends zu sehen.
Will der Wechselgläubiger den Wechsel vor Ablauf zu Geld machen, wird er diskontiert. Der Gläubiger erhält nicht 1000, sondern nur 950. Der neue Inhaber des Wechsels erhält 1000. 1000 minus 950 = 50 = der jetzt erst entstehende Zins (5,2 % zwischen Diskontierung und Ablauf) auf den Wechsel, den nicht der Erstgläubiger gefordert hatte (aber auf den er jetzt verzichten muss), und den auch nicht der Wechselschuldner bezahlen muss.
Denn der zahlt - wie vereinbart und geschrieben - 1000.
Zins entsteht also immer nur, wenn eine weitere Zahlung früher als zunächst als erste Zahlung terminlich vereinbart vom Empfangsberechtigten zu leisten ist.
Dieser Eintritt einer früher zu leistenden Zahlung als jene eintrifft, die vereinbart wurde und erwartet wird, schafft den Zins.
Gruß!
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dottore
20.08.2002, 12:51
@ Dimi
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Re: Warum wurde nicht arbitriert? |
-->>Lieber Dottore,
>die Zinsentstehungthematik löst sich in Wohlgefallen auf, wenn Du zwischen ökonomischen und historischen Gründen differenzierst.
>Der Zins ist (ökonomisch) nicht 'enstanden', es gibt ihn unter Sterblichen automatisch.
Lieber Dimi!
Nein. Der Zins entsteht, sobald die unter Sterblichen automatisch existierende sub summa stets gleiche Zeitpräferenz (in sechs Monaten besser als in einem Jahr) mit Gewalt verändert wird: in drei Monaten besser, da dann Zwangstermin, und deshalb besser als in sechs Monaten oder einem Jahr).
>Aus familiären oder stammesrechtlichen Gründen wurde aber auf Zins verzichtet, so daß es scheint, als wäre er erst entstanden, als diese Verhinderungsgründe wegfielen. Der Zins existiert ökonomisch aber automatisch, nur historisch muß er erst entstehen und tut dies bei Wegfall der sozialen Zinsverhinderungsgründe.
Der Zins entsteht, sobald jemand die Zeitpräferenz (zahle lieber früher, weil sonst Sanktion) verändert. Das hat mit sozialen Zinsverhinderungsgründen überhaupt nichts zu tun. Im Gegenteil: Zinsverbote sind überhaupt nur vorstellbar, nachdem es bereits Abgabensysteme (= Zeitpräferenzverschiebungen) gegeben hat.
Ein Zinsverbot in Nicht-Zwangsabgaben- oder Tributsystemen macht keinerlei Sinn und ist auch dort nirgends nachzuweisen.
Dies gebietet schon die simple Logik. Da Zinsverbote Herrschaft voraussetzen und Herrschaft Abgaben voraussetzt, können Zinsverbote nur in Abgabensystemen vorstellbar sein.
>Ã-konomisch ist der Zins im Kern (d.h. ohne Risikokomponente usw.) Folge alternativer Anlagemöglichkeiten. Z.B.: Anstatt Dir eine Ware auf ein Jahr zu leihen, kann ich mit der Ware eine Herde kaufen, und diese einem Hirten anvertrauen. Dieser darf den laufenden Ertrag (Wolle, Blut, Milch usw.) behalten und leistet die Hütearbeit für diesen Ertrag, ich bekomme nach einem Jahr die Herde plus Junge zurück.
Wie bereits ausführlich gepostet, gibt es Tierleihe in dieser Form nicht (das Eigentümer/Besitzer-Problem). Du spekulierst nur vor Dich hin.
>In dieser Konkurrenzsituation der Anlagemöglichkeiten kann das Leihen von ertragloser Ware oder von Geld nur bestehen, wenn Zins bezahlt wird, sonst entstünde der Leihvorgang (außerhalb sozialer Gründe) nicht.
Noch und noch widerlegt. Ich erinnere nochmals an das hubuttutu, das zinslose Darlehen, von dem es in den Tontafeln Babylons nur so wimmelt. Alles, was es gab, waren Verzugszinsen.
Demnach hätten die Darlehensnehmer ohne weiteres bis zum Eintritt des Verzugszinses-Zeitpunkt nach Herzenslust zu Nullzins wirtschaften können. Warum hat er es wohl nicht getan?
>Würde zinslos verliehen, könnte der Schuldner 'unbegrenzt' Herden kaufen und würde 'unendlich' reich werden. Der Zins ist zwingende Folge dieser Arbitragemöglichkeit.
Es wurde zinslos verliehen, sogar das allerliquideste, fungibelste Gut, nämlich Silber in eindeutig definierter Reinheit - und nun? Warum wurde nicht arbitriert?
Gruß!
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Popeye
20.08.2002, 13:01
@ dottore
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Re: Zins entsteht durch erzwungene Zeitpräferenz-Verschiebung |
-->Hallo, dottore, ich mische mich ein:
Ich kann mich des Eindruckes nicht erwehren, dass Du einen an sich richtigen Gedanken - hoheitliche Zwangsabgaben verstärken den Zinsdruck - überstrapazierst.
Der Umstand, den Du am Beispiel des Wechsels beschreibst:" Jeder Wechsel läuft zu pari aus. Was aus ihm geschuldet ist, steht von vorneherein drauf. Sagen wir 1000. Ebenso
der Termin. Ein Zinssatz ist nirgends zu sehen", beweißt leider nicht was Du beweisen willst.
Siehe dazu: Marjorie Grice-Hutchinson, Early Ecconomic Thought in Spain 1177-1740, London, 1978 in dem schönen Abschnitt" The Concealment of Usury", S. 13ff.
Es gab in allen Kulturkreisen die die Zinsnahme verboten hatten eine Vielzahl von Umgehungs-Kontrakten, in denen von Zinsen nie die Rede war. Und M.G-H. listet sie unterhaltsam auf.
An der Oberfläche signalisieren Deine Beispiele zwar zinslose Verträge. Was gibt Dir die Sicherheit dass auf der einen oder der anderen Seite der"Zins" nicht bereits in die Lieferschuldschuld eingerechnet war?
Darüber hinaus sollten wir unsere Phantasie nicht freiwillig einengen. Es gibt tausende von denkbaren ‚privaten' Zwangslagen, die Ursache für eine"Veränderung der zeitlichen Präferenz" sein könnten und wahrscheinlich auch gewesen sind. Diese Zwangslagen mögen für den Einzelnen nicht weniger bedrohlich gewesen sein als die mit Gewalt bedrohte Zwangsabgabe.
Grüße Popeye
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dottore
20.08.2002, 14:03
@ Popeye
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Re: Beretta gegen Bodybuilder - wer gewinnt? |
-->>Hallo, dottore,
>Homer zitiert Paul Einzig (Primitive Money, 1948), der 173 Medien (objects) gefunden haben will"which in ancient and modern times have had monetary attributes in one or more places and at one or more times".
>Deine Aussage:
>>Ich kann nirgends ein"allgemein begehrtes Tauschmittel" sehen.<, kann ich daher nicht so richtig glauben, wenn ich nicht eine bewußt selektive Wahrnehmung Deinerseits unterstellen soll.
Hallo Popeye!
Wie bitte? Es steht doch da:"allgemein begehrtes Tauschmittel". Wie Einzig und Homer doch schreiben, gab es dieses allgemein begehrte Tauschmittel gerade nicht. 173 verschiedene Tauschmittel kann ich jedenfalls nicht als allgemein begehrt erkennen.
Gold und Silber, nur als Beispiel, gab's in der Alten und der Neuen Welt gleichermaßen. Und nun?
> >>Geld-Charakter' hatten wird es vermutlich lange vor dem ersten Erscheinen hierarchischer Theokratien mit > Abgabeforderungen gegeben haben. War das Geld? Sicher noch nicht! Aber die Entwicklung geht weiter. Und aus > dieser Entwicklung entsteht schließlich und allmählich eine allgemein akzeptierte Konvention (James Tobin > vergleicht es mit der Entwicklung der Sprache)
>>Die"Konventionstheorie" kann ich nicht nach vollziehen. Wer hat mit wem wann welche Konvention geschlossen?
>Lieber, dottore, natürlich ist die ‚Konventionstheorie' im Bereich plausible Spekulation anzusiedeln (und der Einwand von Zardoz, dass Tobin sich bei dem Sprachvergleich etwas vergriffen hat ist plausibel).
Eine Konvention ist eine Konvention. Von lat."convenire" = zusammenkommen. Wo und wann ist wer und in welcher Zahl zusammengekommen?
Davon abgesehen: Die Sprache Latein spielte die wichtigste Rolle, die jemals eine Sprache gespielt hat. Waren die nicht-lateinisch sprechenden Völker, die allesamt ausgebildete eigene Sprachen hatten, irgendwo zusammengekommen und haben sich dazu entschieden, ihre Gesetze und sämtlichen Urkunden, bei denen es um Milliardenwerte ging, plötzlich in Latein abzufassen?
Der Tobin schwätzt doch nur dummes Zeugs.
Ich hätte überdies gern einen einzigen Gesetzes-Codex nachgewiesen, der per Konvention entstanden wäre.
Warum gibt es immer nur große"Gesetzgeber" (Hammurabi, Moses, Solon, Lykurg, Mohammed, Justinian, lex salica von 5"weisen Männern" erarbeitet und von den Merowinger-Königen"erlassen", Sachsenspiegel, Karl V., die Patriziate der Reichsstädte, Code Napoleon, Friedrich II., Maria Theresia,"Verfassungsväter" usw.) aber wir finden nirgends ein Volk (one man, one vote), das sich einen Codex selbst verpasst hätte.
>Aber, dass Du die Konventionstheorie nicht nachvollziehen kannst will ich nicht glauben.
Ich will nicht glauben, dass Du als so belesener und kluger Mann auf solchen Unfug reinfallen kannst ("Gesellschaftsvertrag" à la Macht-Lakai Hobbes als Krönung).
>Anders als Verträge werden Konventionen nicht"geschlossen".
Eben. Also was sind dann"Konventionen"? Nicht geschlossene Verträge?
>Kulturelle oder soziale Konventionen sind Spielregeln auf der Leiter der zivilisatorischen Entwicklung der Menscheit. Raum, Zeit und (soziale) Zweckmäßigkeit bestimmen ihren Inhalt.
Der Zweck jeder Kodifizierung ist ein Machtzweck.
>Manchmal sind sie die Vorstufe für kodifiziertes Recht. Regelmäßig unterliegen sie dem Wandel der Zeit.
Wären sie Vorstufen zu kodifiziertem Recht, warum hat man es dann nicht so belassen wie es war? Die Vorstufe kann sich von der Endstufe doch nicht unterscheiden, jedenfalls nicht essentiell. Kodifizierungen verändern nur leider die Vorstufen vollständig.
In der konventionellen Vorstufe z.B. des germanischen Bereichs gab es nur Schadensersatz, niemals eine Leibesstrafe, auch nicht bei Mord (einzige Ausnahme: niemand nahm den Mörder in irgendeiner Form mehr auf, auch nicht als Sklaven, bzw. bürgte für ihn, womit er zur Nicht-Person wurde).
Selbst Königsmord wurde in England mit Geld gebüßt. Woher die Todesstrafe? Allgemeine Konvention? Bei Karls V. Halsgerichtsbarkeit wimmelt es nur so von Verstümmelungen und Hinrichtungen - war das die neue"Konvention"?
Die Hexenprozesse liefen sämtlich streng nach Gesetzeslage ab. Die <font color="FF0000">Konvention</font> aber war, dass die"weisen Frauen" Verhütung betrieben und Schwangeren sowie Gebärenden halfen.
>So revolutionär die Einführung von Abgaben und die Geburt hoheitlichen Geldes für die Zukunft der Menscheit gewesen ist, bleibt doch aus meiner Sicht eine solche Revolution wenig glaubhaft, wenn sie sich nicht auf eine lange evolutionäre Entwicklung von Geld-, Leihe- und Zinssurrogaten hätte stützen können.
Revolutionen sind immer die große Überraschung der Geschichte. Eben noch allmächtiger König, wenig später Kopf ab. Eben noch Autokrat pur, wenig später Peng, Peng im Keller. ("Der Zar fiel nach hinten wie eine Heugarbe....")
Eben noch friedliches Zusammenleben. Plötzlich kommen die Bronze- und Eisenvölker (Akkader, Hyksos, Hethiter, später Normannen usw.) und beendet diesen Zustand schlagartig.
Eben noch ungemünztes Silber, plötzlich erscheinen Münzen. Eben noch abgabenfrei, plötzlich muss Zins (census) gegeben werden.
Die Geschichte verläuft leider nicht evolutionär, sondern immer revolutionär. Und die Vorstellung, dass Evolution zu Revolution führt ist ein bekannter Widerspruch in sich. Das"survival of the fittest" und das plötzliche Auftauchen von"the fittest" schließen einander aus. Wenn immer der Fitteste überlebt, wie kann es in der Natur zum Fitteren kommen. Mehr als Fittest geht nicht. (Hier schon ausführlich diskutiert)?
In der Geschichte des Menschen, der Sachen zu seinem Zweck erfinden und formen kann, ist das ganz was anderes: Wer eine Beretta in der Hand hält (und sei er der größte Vollidiot, fett, unfit, usw.) ist immer stärker als der Master of the Universe im Bodybulding.
Der Beweis wird durch die höchst simple Betätigung des Abzugs erbracht.
Gruß!
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Galiani
20.08.2002, 14:24
@ Popeye
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Re: Umgehung d Zinsverbotes, ohne vom 'Zins' zu sprechen-Ein erhellendes Zitat |
-->aus Dopsch,"Naturalwirtschaft und Geldwirtschaft", Wien 1930 (r 1968).
Hallo
Zum Argument von dottore, daß in frühgeschichtlichen Verträgen nirgendwo explizit ein Zinssatz erscheint und auch nirgendwo Anleitungen zur Berechnung von Zinsen zu finden seien, lesen wir etwa auf S. 140f des genannten Werkes von Dopsch:
[i]Die Karolingerzeit hat... Kretitwirtschaft geübt. Darlehen wurden in Naturalien ebenso wie in Geld gegeben. Das Konzil von Paris 829 nahm dagegen Stellung, daß Geistliche wie Laien ein verschiedenes Maß verwenden: Ein kleineres bei Verkauf und Darlehen, ein größeres beim Empfang... Ebenso auch verschiedene Gewichte... So pflegte es zu kommen, daß für einen Scheffel Getreide, der... geliehen wurde, drei, ja wohl gar auch vier Scheffel... zur Zeit der Ernte erpreßt wurden.[/i]
Das scheint also allgemeiner Usus gewesen zu sein; sonst hätte sich wohl kaum ein Kirchen-Konzil mit der Sache beschäftigt. Und, es bedarf wohl keiner großen Rechenkünste, um auf diese Weise das Zinsverbot zu umgehen und am Ende"mehr" zu kassieren, als ursprünglich hingegeben wurde.
Das Werk von Dopsch enthält, wie ich -nebenbei bemerkt - erst in diesem Zusammenhang realisiert habe, auch jede Menge Belege, die gegen die Annahme von dottore sprechen, daß"das Geld" von der"Macht" erfunden wurde.
Gruß
G.
>Hallo, dottore, ich mische mich ein:
>Ich kann mich des Eindruckes nicht erwehren, dass Du einen an sich richtigen Gedanken - hoheitliche Zwangsabgaben verstärken den Zinsdruck - überstrapazierst.
>Der Umstand, den Du am Beispiel des Wechsels beschreibst:" Jeder Wechsel läuft zu pari aus. Was aus ihm geschuldet ist, steht von vorneherein drauf. Sagen wir 1000. Ebenso
>der Termin. Ein Zinssatz ist nirgends zu sehen", beweißt leider nicht was Du beweisen willst.
>Siehe dazu: Marjorie Grice-Hutchinson, Early Ecconomic Thought in Spain 1177-1740, London, 1978 in dem schönen Abschnitt" The Concealment of Usury", S. 13ff.
>Es gab in allen Kulturkreisen die die Zinsnahme verboten hatten eine Vielzahl von Umgehungs-Kontrakten, in denen von Zinsen nie die Rede war. Und M.G-H. listet sie unterhaltsam auf.
>An der Oberfläche signalisieren Deine Beispiele zwar zinslose Verträge. Was gibt Dir die Sicherheit dass auf der einen oder der anderen Seite der"Zins" nicht bereits in die Lieferschuldschuld eingerechnet war?
>Darüber hinaus sollten wir unsere Phantasie nicht freiwillig einengen. Es gibt tausende von denkbaren ‚privaten' Zwangslagen, die Ursache für eine"Veränderung der zeitlichen Präferenz" sein könnten und wahrscheinlich auch gewesen sind. Diese Zwangslagen mögen für den Einzelnen nicht weniger bedrohlich gewesen sein als die mit Gewalt bedrohte Zwangsabgabe.
>Grüße Popeye
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Dimi
20.08.2002, 14:43
@ dottore
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Re: Warum wurde nicht arbitriert? - Weil es den Zins gab |
-->Lieber Dottore,
>Nein. Der Zins entsteht, sobald die unter Sterblichen automatisch existierende sub summa stets gleiche Zeitpräferenz (in sechs Monaten besser als in einem Jahr) mit Gewalt verändert wird: in drei Monaten besser, da dann Zwangstermin, und deshalb besser als in sechs Monaten oder einem Jahr).
Wenn ein jeder A an einen jeden B für ein Jahr zinsfrei leiht, wie Du unterstellst, dann ist auch der unterjährige Zins von C an wen-auch-immer zinsfrei. Allein das bereitet der Zinsentstehungsthese, wie derzeit von Dir fomuliert, arge Probleme.
>Wie bereits ausführlich gepostet, gibt es Tierleihe in dieser Form nicht
Worauf bezieht sich 'in dieser Form'?
Auf die Schnelle:
Sprüche 27,18: Wer den Feigenbaum hütet, wird seine Frucht essen
2 Mose 22,13-14: Wenn jemand von seinem Nächsten [ein Stück Vieh] leiht und es bricht sich [einen Knochen] oder stirbt - falls sein Besitzer nicht dabei war, muß er es erstatten; falls sein Besitzer dabei war, braucht er es nicht zu erstatten. Falls es gemietet war, geht es auf den Mietpreis.
>Du spekulierst nur vor Dich hin.
Bitte, Dottore!
>Noch und noch widerlegt. Ich erinnere nochmals an das hubuttutu, das zinslose Darlehen, von dem es in den Tontafeln Babylons nur so wimmelt. Alles, was es gab, waren Verzugszinsen.
Es wimmelt nicht an Keilschrifttafeln, bei denen, und genau darauf käme es an, ausschließlich eine Menge X an Silber verliehen wird und genau die gleiche Rückzahlungsmenge vereinbart wurde.
>>Würde zinslos verliehen, könnte der Schuldner 'unbegrenzt' Herden kaufen und würde 'unendlich' reich werden. Der Zins ist zwingende Folge dieser Arbitragemöglichkeit.
>Es wurde zinslos verliehen, sogar das allerliquideste, fungibelste Gut, nämlich Silber in eindeutig definierter Reinheit - und nun? Warum wurde nicht arbitriert?
Weil es den Zins gab - Babylon, kurz nach Adam und Eva: Ich leihe mir eine Milliarde Schafe. Nach einem Jahr zahle ich Dir das zinslose Darlehen zurück. Dann gehören mir, sagen wir, zehn Millionen Junge. Fürs Nichtstun. Besten Dank Dottore. ;-)
Gruß, Dimi
<ul> ~ www.seasonalcharts.de</ul>
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R.Deutsch
20.08.2002, 14:50
@ dottore
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Re: Headbuilder gewinnt |
-->Dottore schreibt:
Wer eine Beretta in der Hand hält (und sei er der größte Vollidiot, fett, unfit, usw.) ist immer stärker als der Master of the Universe im Bodybulding.
Der Beweis wird durch die höchst simple Betätigung des Abzugs erbracht.
Der Mann mit der Beretta kann vergiftet werden. Was nutzt der Flugzeugträger, wenn zu Hause Frau und Kinder in die Luft gejagt werden. Was nutzt die Atombombe gegen Selbstmordattentäter oder ein Päckchen Viren? Das ist die Dummheit der Macht, dass sie auf ihre Macht vertraut und das ist die Klugheit des Gesellschaftsvertrages al la Hobbes, nämlich dass beide Seiten auf ihre Macht verzichten und den Frieden suchen. Machttypen sind letztlich immer dumm, aber leider gefährlich.
Gruß
RD
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Euklid
20.08.2002, 14:57
@ R.Deutsch
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Re: Headbuilder gewinnt |
-->>Dottore schreibt:
>Wer eine Beretta in der Hand hält (und sei er der größte Vollidiot, fett, unfit, usw.) ist immer stärker als der Master of the Universe im Bodybulding.
>Der Beweis wird durch die höchst simple Betätigung des Abzugs erbracht.
>Der Mann mit der Beretta kann vergiftet werden. Was nutzt der Flugzeugträger, wenn zu Hause Frau und Kinder in die Luft gejagt werden. Was nutzt die Atombombe gegen Selbstmordattentäter oder ein Päckchen Viren? Das ist die Dummheit der Macht, dass sie auf ihre Macht vertraut und das ist die Klugheit des Gesellschaftsvertrages al la Hobbes, nämlich dass beide Seiten auf ihre Macht verzichten und den Frieden suchen. Machttypen sind letztlich immer dumm, aber leider gefährlich.
>Gruß
>RD
Ich würde aber im Augenblick der Gegenüberstellung des Beretta-Mannes meine vermeintliche Intelligenz gegen die Beretta tauschen wollen.
Immerhin sagte schon Al Capone:Mit Freundlichkeit kommst Du weit aber mit dem Colt kommst Du sehr viel weiter.
Gruß EUKLID
PS Ja die Zeiten werden scheinbar rau(h)er.
Es ist mittlerweile am besten sich klein und arm zu machen.
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dottore
20.08.2002, 15:13
@ Popeye
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Re: Verwechslung von Gewinn mit Zins! |
-->>Hallo, dottore, ich mische mich ein:
>Ich kann mich des Eindruckes nicht erwehren, dass Du einen an sich richtigen Gedanken - hoheitliche Zwangsabgaben verstärken den Zinsdruck - überstrapazierst.
Mag sein, dass ich etwas hartnäckig bin.
>Der Umstand, den Du am Beispiel des Wechsels beschreibst:" Jeder Wechsel läuft zu pari aus. Was aus ihm geschuldet ist, steht von vorneherein drauf. Sagen wir 1000. Ebenso
>der Termin. Ein Zinssatz ist nirgends zu sehen", beweißt leider nicht was Du beweisen willst.
>Siehe dazu: Marjorie Grice-Hutchinson, Early Ecconomic Thought in Spain 1177-1740, London, 1978 in dem schönen Abschnitt" The Concealment of Usury", S. 13ff.
Dabei geht es ausschließlich um Finanzwechsel. Über das Phänomen des"dry exchange" (de Roover) wurde hier lang und breit gepostet. Ich hatte haarklein erklärt, wie es mit Hilfe des"dry exchange" selbstverständlich nicht zu einem Zins gekommen ist (wie den bei sich selbst kassieren?). Mit Hilfe des dry exchange wurden Wechselkurse verändert und entsprechende Differenzgewinne (keine Zinsen!) eingestrichen.
Das geht jederzeit, bis heute. Nehmen wir ein ganz simples Beispiel:
Zwei Supermärkte an der Ecke. Jeder verkauft für 500 pro Tag. Nur gegen bar. Verkaufte Ware wird jeweils zum Vortagspreis nachgefüllt. Regale reichen für mehrere Tage.
Die Verbraucher beschließen nur noch bei einem Supermarkt einzukaufen. Für 1000 pro Tag. Keinerlei Gewinn beim Verbraucher, keinerlei Verlust. Daraufhin muss der andere Supermarkt seine Preise senken, sagen wir auf die Hälfte. Er bietet jetzt für 250 an.
Danach kaufen alle beim anderen Supermarkt die Regale leer. Und sparen die 250, die sie beim Kauf im anderen Markt hätten ausgeben müssen. Sie haben also 250 gespart.
Ist das nun ein Zins (Mehr) oder nicht? Irgendwelche Kredit- oder mit Zins bewehrte Transaktionen fanden nicht Statt.
In meinem Beispiel ging es um Handelswechsel. Die laufen nach drei Monaten, wie von beiden vereinbart ab. Wo ist ein Zins entstanden, wer hat ihn bezahlt? Wer hat ihn kassiert?
>Es gab in allen Kulturkreisen die die Zinsnahme verboten hatten eine Vielzahl von Umgehungs-Kontrakten, in denen von Zinsen nie die Rede war. Und M.G-H. listet sie unterhaltsam auf.
Natürlich gab es die. Die waren, siehe Posting, auch geschickt versteckt. Aber alles, was im Preis versteckt werden konnte, war ein Preis. Aus Preisen ergeben sich Gewinne, aber es sind Gewinne und keine Zinsen.
Der <font color="FF0000">Zins</font> wird und muss immer <font color="FF0000">vorab</font> vereinbart sein, sonst wäre er nicht vollstreckbar. Geschweige denn definierbar. Ein Zins, der sich <font color="FF0000">ex post</font> sozusagen"variabel" ergibt, ist schlicht und einfach Unfug!
Der <font color="FF0000">Gewinn</font> kann immer nur erwartet werden. Er kann nie vorab vereinbart werden. In erwartete Gewinne kann auch der stärkste Mann der Welt nicht vollstrecken.
>An der Oberfläche signalisieren Deine Beispiele zwar zinslose Verträge. Was gibt Dir die Sicherheit dass auf der einen oder der anderen Seite der"Zins" nicht bereits in die Lieferschuldschuld eingerechnet war?
Nein. Wir gehen von zinslosen Verträgen aus (also auf keiner Seite Zinsverpflichtungen, also bereits existente Verpflichtungen, bevor das Geschäft startet).
Die Lieferschuld ist Menge mal Preis. Der Empfänger der Lieferung kassiert die Lieferung (Menge mal Preis). Der Lieferant erhält den vorab vereinbarten Geldbetrag, den er zinslos zur Verfügung hat und mit dem er auch keine Zinsen bezahlen muss.
Der Lieferant kassiert also alles, was seine (ebenfalls bereits zinslos bezahlten Kosten) übersteigt als Gewinn. Von Zins ist weit und breit keine Spur.
Keiner hat ihn gefordert, keiner bezahlt. Keiner war ihn schuldig, keiner ist ihn schuldig.
Das ganze Elend kommt doch nur daher, dass die"Zinsgegner" nicht den fundamentalen Unterschied zwischen Gewinn und Zins kapiert haben. Sehr schön und mit am umfangreichsten nachzulesen in:
Franz Schaub, Der Kampf gegen den Zinswucher, ungerechten Preis und unlauteren Handel im Mittelalter (1905).
Die Kirche glaubte immer, der Gewinn sei ein"versteckter" Zins, was absoluter Humbug ist.
Haben wir keine Vorfinanzierung, gibt es nur Gewinn und niemals Zins. Der Gewinn darf unendlich lange behalten werden.
Haben wir Vorfinanzierung, wird der Zins in den Preis eingebaut (kalkuliert) und muss, falls das Geschäft aufgeht, an den Vorfinanzierer abgeliefert werden.
Ich begreife nicht, warum es so schwer sein soll, den Unterschied zwischen Zins und Gewinn zu verstehen.
Der Gewinn entsteht aus Kapital, das nicht verschuldet ist. Der Zins entsteht aus Kapital, das finanziert bzw. verschuldet ist.
Der im realisierten Geschäft entstandene Gewinn aus Eigenkapital kann verwendet werden nach Gusto. Behalten, wegwerfen - egal.
Der im realisierten Geschäft hereingekommene Zins zur Bedienung von Fremdkapital muss abgeführt werden.
>Darüber hinaus sollten wir unsere Phantasie nicht freiwillig einengen. Es gibt tausende von denkbaren ‚privaten' Zwangslagen, die Ursache für eine"Veränderung der zeitlichen Präferenz" sein könnten und wahrscheinlich auch gewesen sind.
Wer privat in Not (Zwangslage = Überschuldung) ist, kriegt keinen Kredit. Niemals. Wo lebst Du denn? Er ist illiquide und insolvent, sonst wäre er nicht in seiner Zwangslage.
Beim Abgabenschuldner sieht die Zwangslage ganz anders aus: Er ist zwar im Abgabengut illiquide, aber er ist solvent! (Eigentum, Forderungen usw.). Ist hier noch und noch erklärt worden.
>Diese Zwangslagen mögen für den Einzelnen nicht weniger bedrohlich gewesen sein als die mit Gewalt bedrohte Zwangsabgabe.
Illiquidität ist immer bedrohlich. Nur geht der illiquide Insolvente unter (letztlich Konkurs, Schuldknechtschaft, Schuldturm usw.). Der illiqide Solvente aber nicht. Er kann sich aus der Illiquidität wie noch und noch beschrieben befreien.
Der Verursacher der Illiquidität des solventen Schuldner ist die Abgabe. So schlau waren die schon damals (Bauern!), dass sie sich immer schön solvent (Hof) und liquide (Vorräte) hielten.
Wäre es anders, würden doch heute alle Armen (Sozialhilfeempfänger, Arbeitslose usw.) besteuert und nicht jene, die solvent sind.
Ein Letztes: Morgen wird allen Solventen ("Mega-Reichen") eine Flutschäden-Sondersteuer auferlegt. 10 Mio Euro pro Kopf. Fällig 1. September.
Wäre nur gerecht und billig.
Frag doch mal Dimi, wie das in seinen saisonalen Charts dann aussähe!
Wir kriegen sofort einen riesigen Anstieg der Kurzfristzinsen, weil sich alle Mega-Reichen sofort die 10 Mio Liquidität pro Kopf beschaffen müssten.
Warum ziehen denn die Geldmarktsätze zu den"großen Steuerterminen" immer an? Weil die Steuerzahler Geld für Schampus brauchen?
Gruß!
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dottore
20.08.2002, 15:46
@ Dimi
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Re: Hüterbuben bitte nicht mit Vieh-Leihern verwechseln! |
-->>Lieber Dottore,
>>Nein. Der Zins entsteht, sobald die unter Sterblichen automatisch existierende sub summa stets gleiche Zeitpräferenz (in sechs Monaten besser als in einem Jahr) mit Gewalt verändert wird: in drei Monaten besser, da dann Zwangstermin, und deshalb besser als in sechs Monaten oder einem Jahr).
>Wenn ein jeder A an einen jeden B für ein Jahr zinsfrei leiht, wie Du unterstellst, dann ist auch der unterjährige Zins von C an wen-auch-immer zinsfrei.
Ach, Dimi!
Nicht ein jeder. A und B vereinbaren freiwillig. Durch die Abgabe kommt A in einen Liquiditätsengpass. Da hilft ihm C heraus, allerdings ist C nicht B. Ganz wie im normalen Leben auch. Der Bankdirektor leiht mir privat 10 Mille ohne Zins. Seine Bank tuts leider nicht. Nicht mal ihm, er muss aber plötzlich 10 Mille Steuern nachzahlen. Ich kann ihm die 10 Mille noch nicht zurückgeben. Bank akzeptiert meinen Schuldschein als Sicherheit - und schwupps ist der Zins da.
>Allein das bereitet der Zinsentstehungsthese, wie derzeit von Dir fomuliert, arge Probleme.
>>Wie bereits ausführlich gepostet, gibt es Tierleihe in dieser Form nicht
>Worauf bezieht sich 'in dieser Form'?
In der von Dir angesprochenen. Tierleihe, sobald Tier per Markierung Eigentum von X nicht verleihbar. Verwechslung von Besitz mit Eigentum.
Es gibt keine Besitzmarkierungen. Besitz wird nicht verbucht.
Du spekulierst nur so rum. Wo ist Dein Beweis für Tierleihe in einer Eigentümer-, also Privatwirtschaft?
>Auf die Schnelle:
>Sprüche 27,18: Wer den Feigenbaum hütet, wird seine Frucht essen
Mag Feigen auch sehr gern. Hat überhaupt nichts mit Zins und Geld zu tun. Ist Lohn-Bestandteil. Der Feigenbaum würde gehütet, weder verpachtet noch verkauft.
>2 Mose 22,13-14: Wenn jemand von seinem Nächsten [ein Stück Vieh]
Verfälscht. Die Rede in 22 Moses 9:"Wenn jemand seinem Nächsten einen Esel usw.... zu bewahren (!!!) gibt..."
>leiht
"Entlehnet" = in Verwahrung nimmt (als Hirte). Ergibt sich eindeutig aus:
>und es bricht sich [einen Knochen] oder stirbt - falls sein Besitzer
O-Ton:"Herr", also Eigentümer und Besitzer, der andere ist der beauftragte Hüter, nicht etwa der Leiher!
>nicht dabei war, muß er es erstatten; falls sein Besitzer
O-Ton:"Herr", wie eben, also besitzender Eigentümer. Ergibt auch nur so einen Sinn.
>dabei war, braucht er es nicht zu erstatten.
Genau: Wenn der Eigentümer und Besitzer dabei war (vgl. BGB: Die Kassierin erwirbt keinen Besitz an der Kasse).
Lage also: Eigentümer und Besitzer des Viehs ist dabei und Vieh stirbt, dann kein Ersatz durch den Hirten, weil Eigentümer selbst Zeuge des Untergangs seines Eigentums war.
Wäre es anders, würde der Vieh-Leiher ohne Schadensersatz wegkommen, wenn der Eigentümer den Tod sieht. Das würde bedeuten, dass der Leiher möglichst nahe am Eigentümer weiden würde. Also alles Quatsch.
>Falls es gemietet war, geht es auf den Mietpreis.
>>Du spekulierst nur vor Dich hin.
>Bitte, Dottore!
Bitte, Dimi!
>>Noch und noch widerlegt. Ich erinnere nochmals an das hubuttutu, das zinslose Darlehen, von dem es in den Tontafeln Babylons nur so wimmelt. Alles, was es gab, waren Verzugszinsen.
>Es wimmelt nicht an Keilschrifttafeln, bei denen, und genau darauf käme es an, ausschließlich eine Menge X an Silber verliehen wird und genau die gleiche Rückzahlungsmenge vereinbart wurde.
Beispiel 160 VS IV (= VAT 81):
"1/2 Mine Silber, gehörig dem Suma, zu Lasten des Tukubenu, zinsfreies Darlehen..."
Dass eine halbe Mine riesig Geld war, muss ich Dir nicht erklären.
>>>Würde zinslos verliehen, könnte der Schuldner 'unbegrenzt' Herden kaufen und würde 'unendlich' reich werden. Der Zins ist zwingende Folge dieser Arbitragemöglichkeit.
>>Es wurde zinslos verliehen, sogar das allerliquideste, fungibelste Gut, nämlich Silber in eindeutig definierter Reinheit - und nun? Warum wurde nicht arbitriert?
>Weil es den Zins gab - Babylon, kurz nach Adam und Eva: Ich leihe mir eine Milliarde Schafe. Nach einem Jahr zahle ich Dir das zinslose Darlehen zurück. Dann gehören mir, sagen wir, zehn Millionen Junge. Fürs Nichtstun. Besten Dank Dottore. ;-)
Veralbern kann ich mich selbst.
Es hat in Babylon niemals eine Schafsleihe gegeben!
Deine Moses-Stelle ist eine Hüterbubenstelle - und das war's auch schon.
Gruß!
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Popeye
20.08.2002, 16:00
@ dottore
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Re: Beretta gegen Bodybuilder - wer gewinnt? |
-->Hallo, dottore,
dieser Flut von Argumenten bin ich nicht gewachsen und werde deshalb - als Langsamdenker - nur selektiv antworten:
Was war vor dem ersten Gesetz, das schriftlich kodifiziert wurde? Glaubst Du wirklich, dass erst die Fähigkeit zu schreiben soziale Verhaltensregeln hat enstehen lassen? Wenn Du den Ersatz des Wortes Konvention durch das engl. Wort ‚custom' erlaubst folgendes Zitat:"Thus, law is symptomatic of the emergence of the state....Custom--spontaneous, traditional, personal, commonly known,
corporate, relatively unchanging--is the modality of primitive society; law is the instrument of civilization, of political
society sanctioned by organized force, presumably above society at large and buttressing a new set of social interests. Law
and custom both involve the regulation of behavior but their characters are entirely distinct...."
Quelle.
In diesem"custom" -Sinne war der Begriff"Konvention" von mir gedacht.
Menschliche Geschichte beginnt nicht mit der Erfindung der Schrift.
Zeugnisse prähistorischen Langstrecken Handels/Tausches finden sich bereits 18.000 BC. Sollen wir unterstellen, dass in den über 10.000 Jahren bis zum Auftauchen der ersten Schriftzeichen zivilisatorischer Stillstand herrschte?
Nicht das es etwas zu unserem Thema beitrüge, aber Justitian zu den großen"Gesetzgebern" zu rechnen vergewaltigt einen Sachverhalt: Der Justitianische Code war eine Konsolidierung und Straffung des Römischen Rechts. Der J.C. faßte tausend Jahre wuchernder römischer Gesetzgebung zusammen, beseitigte Widersprüche und klärte divergierende Rechtsauslegungen. Neues Recht aber entstand nicht. Die eigentliche Arbeit leistete ein Kommittee unter der Leitung von Tribonian. Es war eine gigantische Arbeit, die über 20 Jahre in Anspruch nahm.
Die wirklich Bedeutung des J.C. liegt in dem Umstand, dass er die Grundlage für das Zivilrecht im Mittelalter (bis in die Neuzeit) war. Die vier Teile des J.C. werden auch als Corpus Juris Civilus bezeichnet. Hier noch ein Übersicht zur Rechtsgeschichte ">http://www.duhaime.org/hist.htm#2050bc] Timetable Law
Vor langer Zeit habe ich den nachstehenden Link schon einmal ins Forum gestellt Origins of interest bearing debt. Nicht, dass die dort gegebene Erklärung mehr Plausibilität hat als andere, aber der Artikel enthält viele Fakten, die anderen vielleicht helfen in dieser Diskussion einen eigenen Standpunkt zu finden.
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Popeye
20.08.2002, 17:14
@ dottore
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Re: Verwechslung von Gewinn mit Zins! Wirklich? |
-->Hier geht's zu mehr Erkenntnis
<ul> ~ http://www.economics.utoronto.ca/munro5/BILLEXCH.htm</ul>
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nereus
20.08.2002, 18:18
@ dottore
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Re: Hüterbuben..und.. Vieh-Leiher - dottore und dimi |
-->Hallo die Herrschaften!
Mußte doch gleich mal nachschauen. ;-)
Quelle: Die Heilige Schrift des alten Bundes, St,Benno Verlag GmbH Leipzig, 1957
22. Kapitel, Verordnungen
(9) Wenn jemand einem anderem Esel, oder Rinder, oder Schafe oder sonst ein Tier zu hüten gibt und es stirbt oder wird verstümmelt oder verschleppt und keiner sieht es, (10) dann entscheide zwischen beiden der Schwur beim Herrn, er habe nicht seine Hand an des anderen Habe gelegt. Das nehme der Besitzer an, und jener hat nichts zu ersetzen.
(11) Ward es aber in seinem Beisein gestohlen, dann ersetze er dem Eigentümer.
(12) Und wenn es zerrissen ward, und er kann des zerrissenen Tieres Fell vorlegen, dann ersetze er nichts! (13) Wenn aber jemand eines vom anderen entlehnt und es wird verstümmelt oder stirbt, dann ersetze er, wenn sein Besitzer nicht zugegen war! (14) War aber der Besitzer da, dann ersetze er nichts! War es gemietet bekommt er dafür den Mietpreis.
Wurde also hier vielleicht etwas verkürzt zitiert?
Der Besitzer und Eigentümer sind hier ein und dieselbe Person wie dottore richtig schreibt.
Aber..
(11) Ward es aber in seinem Beisein gestohlen, dann ersetze er dem Eigentümer.
Wenn der Besitzer Zeuge des Diebstahls wird muß der Hüter den Verlust ersetzen?
Das macht nun überhaupt keinen Sinn.
Nein! Hier kann nur der Hüter als Zeuge gemeint sein. Damit dürfte wohl darauf abgestellt worden sein, daß der Hüter seine Aufsichtspflicht vernachlässigt oder das ihm zu hütende Vieh nicht ausreichend beschützt hat.
Man hat es ihm praktisch unter dem A.. weggestohlen und für diese"Prasseligkeit" hat er Schadenersatz zu leisten.
Das Entlehnen kommt erst später. Und jetzt paßt es auch wieder.
Geht das Eigentum unter, wenn der Besitzer nicht zugegen war, muß es vom Entlehner ersetzt werden. Also der Leiher hat sich gefälligst zu kümmern.
Ist der Besitzer jedoch Zeuge des Untergangs dann hat sich der Fall und es muß kein Ersatz geleistet werden.
mfG
nereus
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Emerald
20.08.2002, 18:30
@ nereus
|
Also doch - mal sehen, wer den Notenbank das geliehene..... |
-->>
Gold noch zurückgibt.
Ist der Besitzer (die Notenbanken) Zeuge des Untergangs (J.P.Morgan/Goldi und Kohorten), dann
muss nicht bezahlt / abgegolten werden.
Ist es möglich, dass wir bald biblische Auslegungen beim Goldleiher erkennen
bzw. erfahren müssen?
Emerald.
PS: Weitere Bibelauslegungen dürften im Forum vielleicht schon bald an der
Tages-Ordnung sein.
|
Dimi
20.08.2002, 19:35
@ nereus
|
Re: Hüterbuben..und.. Vieh-Leiher - dottore und dimi |
-->Hallo Nereus,
allein der kurze Text zeigt drei unterschiedliche Arten der Viehüberlassung an Dritte:
A) Hirtenjunge:
2 Mose 22,9: 'Wenn jemand seinem Nächsten einen Esel oder ein Rind oder ein Schaf oder irgend ein Tier in Verwahrung gibt und es stirbt oder bricht sich [einen Knochen] oder wird weggeführt [und] niemand sieht es, (22,10) dann soll ein Schwur beim HERRN zwischen ihnen beiden sein, ob er nicht seine Hand nach der Habe seines Nächsten ausgestreckt hat. Dann soll sein Besitzer es annehmen, und jener braucht nichts zu erstatten. (22,11) Falls es ihm jedoch wirklich gestohlen worden ist, soll er es seinem Besitzer erstatten. (22,12) Falls es [aber] zerrissen worden ist, soll er es als Beweis herbeibringen; er braucht das Zerrissene nicht zu erstatten.'
Der Hirtenjunge muß keinen Ersatz leisten, es sei denn, er hat seine Aufsichtspflicht vernachlässigt. Schwur genügt.
B) Verleihen ohne vereinbarten externen Mietpreis:
'(22,13) Wenn jemand von seinem Nächsten [ein Stück Vieh] leiht und es bricht sich [einen Knochen] oder stirbt - falls sein Besitzer nicht dabei war, muß er es erstatten; (22,14a) falls sein Besitzer dabei war, braucht er es nicht zu erstatten.
Der Mieter muß fast immer Ersatz leisten.
C) Leihen mit vereinbartem externen Mietpreis:
'(22,14b) Falls es gemietet war, geht es auf den Mietpreis.'
Hier wird zusätzlich die Form des Ersatzes vorgeschrieben.
Ich halte den Text also ebenfalls für relativ unproblematisch. Vor allem kommt klar das Leihen zum Vorschein, denn zwischen A und B gibt es unterschiedliche Sanktionen, und bei C ist klar der Mietpreis erwähnt.
Ich habe eine andere Übersetzung genommen ('War es gemietet bekommt er dafür den Mietpreis' ist ja wohl ungeschickt übersetzt).
Bei den Übersetzern tritt, wie umgangssprachlich üblich, keine Eigentümer-Besitzer-Differenzierung zu Tage, - es handelt sich ja nicht um EW-Forumsmitglieder ;-) - gemeint ist immer der Eigentümer.
Gruß, Dimi
<ul> ~ http://www.seasonalcharts.de</ul>
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dottore
20.08.2002, 19:44
@ Popeye
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So macht uns der Staat allesamt zu Faschos! |
-->>Hallo, dottore,
>dieser Flut von Argumenten bin ich nicht gewachsen und werde deshalb - als Langsamdenker - nur selektiv antworten:
Hallo, Popeye,
zunächst herzlichen Dank, es ist wirklich superb, was Du an Material anzubieten bereit bist. Das hilft echt weiter.
Den Hudson-Aufsatz hatte ich schon mal am Wickel, aber ich werde ihn jetzt noch einmal en detail durchgehen, das braucht Zeit. Ich darf nur einen Satz aus dem Anfang nehmen:
"By annulling the overhang of crop debts and related personal indebtedness, these royal edicts reversed the most adverse consequences of agrarian usury."
Die crop debts hat es natürlich gegeben. Aber wer war der Gläubiger? Es stehen nur Private oder der Abgabenherr zur Auswahl.
Die unstreitig ältesten Tontafeln, die überhaupt Auskunft geben können und die noch in einer Vor-Schrift abgefasst sind (Sammlung FU Berlin ex Sammlung Erlenmeyer, Basel, betreut von Prof. Nissen) lassen am Abgabenherrn als Gläubiger keinerlei Zweifel aufkommen. Ich hatte schon mehrfach darauf hingewiesen.
Ich selbst hatte die Ergebnisse von Nissen et. al. bis vor einem Jahr auch als privatwirtschaftliche Schulddokumente interpretiert (siehe Vortrag Friedrichroda, im EW-Archiv dank Herrn Küßner), bis mir das Ganze dann doch komisch vorkam und ich noch ein Mal in die Materie gestiegen bin.
Das privatwirtschaftliche Modell müsste doch so laufen:
Landeigentümer (privat) hat eine bestimmte Ernte zu erwarten, plusminus Schwankungen. Zu welchem Zweck hätte er sich jetzt was leihen sollen? Saatgut kann es nicht gewesen sein, es sei denn er hätte plötzlich riesige zusätzliche Ländereien zum Eigentum bekommen. Wie hätte das ablaufen sollen? Zusätzliches Land fällt einem ja nicht so ohne weiteres zu.
Außerdem hätte er auf seinen Latifundien, die mit geliehenem Saatgut bewirtschaftet wurden, sofort eine Missernte haben müssen. Bei normaler Ernte wäre immer genügend Saatgut angefallen, um weiter zu wirtschaften.
Die Nissen-Tafeln zeigen ganz deutlich einen (oder regional mehrere) Ober-Herrn, der Unter-Herren ("Aufseher","Verwalter") Ernte-Soll-Vorgaben gibt. Der Unter-Herr hat freie Verfügungsgewalt über seine Arbeiter, die also in Grunddienstbarkeit standen. Erfüllte er nicht sein Soll, kam er in Schwierigkeiten (Liquiditätsdruck bezogen auf das, was er abliefern musste).
Es gab keinerlei freien Markt für Getreide. Getreide ("crops") wurde von oben zugeteilt (ex Kornkammern usw.).
Angenommen, es hätte Private gegeben, die den crop-Hersteller bevorschussten, hätte der sein Getreide irgendwie vermarkten müssen, um die Bevorschussung wieder reinzuholen.
Solche Märkte aber gab es nicht.
Wir haben bis ins 18. Jh. hinein der"Verkauf der Ernte am Halm."[/b] (Ein solches Dokument in meiner Sammlung, weil verboten). Die Bauern, die das machten,
<font color="FF0000">waren absolut schuldenfrei, was Privatschulden anbetraf. Sie hatten allerdings noch"offene Rechnungen" gegenüber ihrem Abgabenherrn.</font>
Bleibt als letzte Möglichkeit: Der Herrscher hätte ihm die Ernte abgekauft. Dabei hätte sich der Herrscher wiederum refinanzieren müssen. Ein Privater kann er nicht gewesen sein, denn er hatte nichts zu verkaufen und war auch kein Middleman zwischen seinem Lieferanten (Getreide-Grundbesitzer) un seinen Untertanen, die ihrerseits auch nichts hatten, womit sie hätten kaufen können, weil sie selbst nichts hatten, was sie hätten verkaufen können.
Also läuft es wieder auf den Herrscher als Abgabengläubiger hinaus. Er schrieb die Abgabenmengen vor (siehe Nissen-Tafeln) und verteilte dann das Abgabengut (crop) kostenlos an seine Untertanen, die ihrerseits als"militärische Reservearmee" (um Marx mal anders auszusprechen) zur Verfügung stand.
Das erklärt auch sofort die gewaltigen Heere, die schon in allerfrühester Zeit in diesen Gebieten aufeinander trafen, um die anstehenden Machtfragen zu lösen.
Der Kontext zu den novae tabulae ("clean slates" bei Hudson), den Schuldenerlassen und der Befreiung von überschuldeten, weil nicht termingerecht geleistet habenden Sub-Strukturen bis hin zum schuld-versklavten Einzelnen ist damit auch gefunden.
Ein Herrscher, der auf einer Pyramide von versklavten bzw. Unfreien thronte, konnte mit niemand in den Krieg ziehen, jedenfalls nicht mit eigenen Leuten, denn ein Sklave kann, da Eigentum seines Herrn, diesem nicht zu Kriegszwecken entwendet werden.
Die clean slates hatten also den Zweck, das militärische Potenzial wieder auf vorherige Soll-Stärke zu bringen. Wir dürfen nicht vergessen, dass damals ununterbrochen Kriegsgefahr bestand und jeder Herrscher über Nacht Reich und Leben verlieren konnte.
Dabei wird mir jetzt auch endlich klar, in welchem Zusammenhang clean slates und Edelmetall als klassisches Söldner-Kaufmittel standen. In Systemen mit rasch aufeinander folgenden clean slates (= Abgabenschulden-Streichung) spielte Gold keine Rolle, weil nicht fremde Söldner eingekauft werden mussten, da die eigene Bevölkerung zu rekrutieren war. Insofern machen Erlassjahre und Edelmetallfeindlichkeit perfekt Sinn (siehe Moses und das Goldene Kalb).
Edelmetall konnte für den worst case gehortet werden (siehe Perser und die Schätze in Persepolis). Athen hatte in der letzten Phase gegen Sparta noch die Möglichkeit Gold aus dem Parthenon einzuschmelzen (besitze eine solche extrem seltene Münze, die nicht etwa das berühmte Belagerungsgeld - Binnentauschmittel - war, siehe Landauer Cu-Klippen usw.), sondern der letzte Versuch, Hilfstruppen einzukaufen.
Das große Bild wird also immer runder.
>Was war vor dem ersten Gesetz, das schriftlich kodifiziert wurde?
Kein vom Herrscher zu seinen Gunsten erlassenes Gesetz. Es gab die üblichen absolut friedlichen Usancen, die das soziale Leben und Miteinander seit eh und je ausgezeichnet haben. Es wird von Staatsfetischisten immer so getan, als hätten sich nebeneinander lebende Familien oder Familineverbände ununterbrochen gegenseitig gemordet und geschändet und es hätte des Staates bedurft, um diesem unhaltbaren Zustand ein Ende zu bereiten.
>Glaubst Du wirklich, dass erst die Fähigkeit zu schreiben soziale Verhaltensregeln hat enstehen lassen?
Das Verhalten kommt vor den Regeln.
<font size="5"><font color="FF0000">Die Staatsmacht muss den Menschen kriminalisieren, um sich selbst zu etablieren und sich an der Macht zu halten. </font></font>
Homo hominis lupus stammt just vom selben Macht- und Staats-Lakaien Thomas Hobbes, der uns schon den"Gesellschaftsvertrag" als Staatsbegründung aufbinden wollte.
>Wenn Du den Ersatz des Wortes Konvention durch das engl. Wort ‚custom' erlaubst folgendes Zitat:"Thus, law is symptomatic of the emergence of the state....Custom--spontaneous, traditional, personal, commonly known,
>corporate, relatively unchanging--is the modality of primitive society; law is the instrument of civilization,
Genau das ist der brainwash. Primitive Gesellschaften sind böse, kriminell und Ausmorder. Deshalb müssen sie"zivilisiert" werden. Es hat nur dummerweise nie mehr Kriege, Mord, Hinrichtungen usw. gegeben als in"zivilisierten" Gesellschaften.
>of political
>society sanctioned by organized force, presumably above society at large and buttressing a new set of social interests. Law
>and custom both involve the regulation of behavior but their characters are entirely distinct...."
Mit Verlaub: Das hätte Hitler nicht feiner formulieren können ("regulation of behavior" - Fascho-Gruß, Mutterkreuz, Treue zum Führer usw.).
<font color="FF0000">Wir laufen allmählich Gefahr, zu unfreiwlligen Helfershelfern eines nicht enttarnbaren Neo-Faschismus zu werden. Ich bin wirklich äußerst besorgt. Kein Gag jetzt!</font>
>Quelle.
>In diesem"custom" -Sinne war der Begriff"Konvention" von mir gedacht.
Custom ist custom und ein durch Erfahrung und freiwillig gewonnenes Gut. So etwas muss nie und nimmer"konventionalisiert" ("kanonisiert"!) werden.
>Menschliche Geschichte beginnt nicht mit der Erfindung der Schrift.
Die Schrift ist klassisches Herrschafts-Instrument. Die Vorstellung, jemand müsse Lesen und Schreiben können, um im Leben bestehen zu können, ist Fascho-Brainwash.
Warum ist Hitler von der Fraktur ("germanische" Schrift, weil schon Gutenberg und so) zur altbewährten und viel einfacheren Antiqua übergegangen?
Die Hitler-Schrift ist just jene Antiqua der Humanisten! SEHR WITZIG - ODER!
>Zeugnisse prähistorischen Langstrecken Handels/Tausches finden sich bereits 18.000 BC.
Bestritten. Kein Mensch macht sich auf Tausende von Kilometern lange Strecken, nur um ein paar Perlmuttbänder los zu werden.
>Sollen wir unterstellen, dass in den über 10.000 Jahren bis zum Auftauchen der ersten Schriftzeichen zivilisatorischer Stillstand herrschte?
Ich hasse diese Kult um"zivilisatorischen Fortschritt". Was hat er uns denn eingebracht? Die Aussicht auf den finalen Atomschlag. Aber wer's möchte...
>Nicht das es etwas zu unserem Thema beitrüge, aber Justitian zu den großen"Gesetzgebern" zu rechnen vergewaltigt einen Sachverhalt: Der Justitianische Code war eine Konsolidierung und Straffung des Römischen Rechts. Der J.C. faßte tausend Jahre wuchernder römischer Gesetzgebung zusammen,
Nein! Im CJ wurden die Auslegungen (!) diverser Gesetze ultimativ und zwar von oben herab geklärt.
>beseitigte Widersprüche und klärte divergierende Rechtsauslegungen. Neues Recht aber entstand nicht.
Oh doch! Ich hab das gesamte Konvolut gerade direkt vor mir liegen."Codicis Iustiniani D.N. Sacratissimi Principis PP. AVG. libri XII." Wer vor Justinian hatte denn Passagen"De episcopis & Clericis etc." schon kodifiziert, u.v.a.m.? Wer?
Ich muss auf Antwort drängen!
Du argumentierst unter Einsatz Deiner Glaubwürdigkeit. Bitte gerade bei solchen Kleinigkeiten aufpassen!
>Die eigentliche Arbeit leistete ein Kommittee unter der Leitung von Tribonian. Es war eine gigantische Arbeit, die über 20 Jahre in Anspruch nahm.
Jaja. Das hatte sich bereits 1959 bis zu mir herumgesprochen.
>Die wirklich Bedeutung des J.C. liegt in dem Umstand, dass er die Grundlage für das Zivilrecht im Mittelalter (bis in die Neuzeit) war.
Das stimmt leider ebenfalls überhaupt nicht. Der CJ war bis ins 11. Jh. verschollen, angeblich existierten dann"Abschriften" an den ersten Universitäten.
Der Urtext (heute Laurenziana, Florenz, von mir in Faksimile eingesehen) soll 1406 oder so von Pisa nach Florenz gekommen sein (Eroberung). Dafür findet sich in der Geschichte von Florenz von Poggio Bracciolini leider kein Wort. Der kannte sich mit Mss. bestens aus (hat noch und noch solche"abgeschrieben", d.h. selbst erfunden, siehe Silius Italicus u.v.a.m.) und lässt ein solches Ms. unerwähnt?
Ich muss doch bitten!
Außerdem als Kanzler (Regierungschef) von Florenz, der das gute Stück eigentlich eingesehen haben müsste, lag es doch in seiner Kanzlei...
>Die vier Teile des J.C. werden auch als Corpus Juris Civilus bezeichnet. Hier noch ein Übersicht zur Rechtsgeschichte ">http://www.duhaime.org/hist.htm#2050bc] Timetable Law
Danke. Diverse schwere Fehler, macht aber nichts. Zu langweilig.
>Vor langer Zeit habe ich den nachstehenden Link schon einmal ins Forum gestellt Origins of interest bearing debt. Nicht, dass die dort gegebene Erklärung mehr Plausibilität hat als andere, aber der Artikel enthält viele Fakten, die anderen vielleicht helfen in dieser Diskussion einen eigenen Standpunkt zu finden.
Das will ich auch gern hoffen. Zu meinem Standpunkt zu gegebener Zeit mehr (Vorgeschmack siehe oben).
Nochmals innigen und ehrlichen Dank für die großartige Mühe und das Aufspüren so vieler wichtiger Links.
Gruß!
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Dimi
20.08.2002, 20:05
@ dottore
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Re: Hüterbuben bitte nicht mit Vieh-Leihern verwechslen!- Wieso tust Du es dann? |
-->Lieber Dottore,
>[...] Wo ist Dein Beweis für Tierleihe in einer Eigentümer-, also Privatwirtschaft?
- Bsp. aus der Völkerkunde (vor einigen Wochen): Die zweite der Lamakarawanen war geliehen.
- Um beim Hüten zu bleiben, vielleicht wirst du im Heimatmuseum Deiner Wahlheimat fündig. Viehleihe gab es m.W. auch in den Alpen.
- Mosesstelle (s.u.)
>[...] Moses [...] Also alles Quatsch.
Nein! Die Stelle bei Moses erzwingt, daß es mindestens drei Arten an Überlassungsverträgen gab (Begründung bei Antwort an Nereus 139238)
Vor allem: 'Falls es [=das Vieh] gemietet war, geht es auf den Mietpreis.' Diese Anfügung ist nicht korrupt, sie ergibt nur Sinn, wenn es das Leihen gegen Mietpreis gab. Wieso übergehst Du ausgrechnet die Stelle?
>"1/2 Mine Silber, gehörig dem Suma, zu Lasten des Tukubenu, zinsfreies Darlehen..."
Die eigens durchgeführte Erwähnung der Zinsfreiheit ist ein starkes Indiz für die Existenz des Zinses bei vergleichbaren Verträgen!
Darüberhinaus geht es um das gehäufte Auftreten zinsfreier Darlehen. Einzelne zinsfreie Darlehen zwischen Privaten gibt es bis heute.
>Veralbern kann ich mich selbst.
Ich will Dich nicht veralbern - entschuldige bitte, falls es so rüberkam - sondern Dir klarmachen, daß Zins zwingend nötig ist, solbald für den Eigentümer arbeitsfreie, rentable Anlagen möglich sind. Dies ist bei einer Schafsherde wohl der Fall, die an Ertrag Wolle und Milch gibt, was ausreichende Kompensation für den Hirten ist. Wieso sollte irgendjemand dann noch zinslos Geld verleihen?
>Es hat in Babylon niemals eine Schafsleihe gegeben!
>Deine Moses-Stelle ist eine Hüterbubenstelle
Nein! S. 139238
Gruß, Dimi
<ul> ~ www.seasonalcharts.de</ul>
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dottore
20.08.2002, 21:35
@ Dimi
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Re: Hüterbuben bitte nicht mit Vieh-Leihern verwechslen!- Wieso tust Du es dann? |
-->>Lieber Dottore,
>>[...] Wo ist Dein Beweis für Tierleihe in einer Eigentümer-, also Privatwirtschaft?
>- Bsp. aus der Völkerkunde (vor einigen Wochen): Die zweite der Lamakarawanen war geliehen.
Was für zweite?
>- Um beim Hüten zu bleiben, vielleicht wirst du im Heimatmuseum Deiner Wahlheimat fündig. Viehleihe gab es m.W. auch in den Alpen.
Nein! Klassischer Selbstschuss.
>- Mosesstelle (s.u.)
>>[...] Moses [...] Also alles Quatsch.
>Nein! Die Stelle bei Moses erzwingt,
Die Moses-Stelle wurde schon von Dir grob fahrlässig wieder gegeben. Da war doch die Rede vom"Besitzer" - oder nicht? Wie kann ein Besitzer als Besitzer Eigentümer an den Viechern sein?
Erklär's mir bitte! Diese sog."modernen Übersetzungen" sind kompletter Unfug. Sie verwechseln, wie alle"Übersetzer" und / oder"Ã-konomen" Eigentum mit Besitz und vice versa.
>daß es mindestens drei Arten an Überlassungsverträgen gab (Begründung bei Antwort an Nereus 139238)
Nein. Schon so was wie"Überlassungsverträge" gibt es nicht. Es gibt Verträge zwischen Eigentümer und einem Nicht-Eigentümer. Der wird dann zum Besitzer.
A = Eigentümer. Klar?
B = Besitzer. Klar?
C = Hüterbub. Klar?
Der Witz bei Deiner Moses-Stelle besteht doch darin: Wer trägt den Schaden des toten Tieres?
Der Eigentümer, der verleiht? Niemals!
Er hat nichts als Anspruch auf vollständige und unversehrte Rückgabe des verliehenen Gutes. Das ist ja schon mal was. Und in allen Miet-, Leih- und Pachtvertägen dieser Welt genau so festgelegt.
Hattest Du schon mal einem Proseminar über Sachen- und / oder Besitzrecht beiwohnen dürfen?
>Vor allem: 'Falls es [=das Vieh] gemietet war, geht es auf den Mietpreis.' Diese Anfügung ist nicht korrupt, sie ergibt nur Sinn, wenn es das Leihen gegen Mietpreis gab. Wieso übergehst Du ausgrechnet die Stelle?
Es gab keine Viehleihe. Ergo kann es auch keinen Viehzins gegeben haben.
>>"1/2 Mine Silber, gehörig dem Suma, zu Lasten des Tukubenu, zinsfreies Darlehen..."
>Die eigens durchgeführte Erwähnung der Zinsfreiheit ist ein starkes Indiz für die Existenz des Zinses bei vergleichbaren Verträgen!
Na klar. Erst zinsfrei, dann zinsbewehrt. Warum wohl?
>Darüberhinaus geht es um das gehäufte Auftreten zinsfreier Darlehen. Einzelne zinsfreie Darlehen zwischen Privaten gibt es bis heute.
Richtig, endlich geschnallt.
>>Veralbern kann ich mich selbst.
>Ich will Dich nicht veralbern - entschuldige bitte, falls es so rüberkam - sondern Dir klarmachen, daß Zins zwingend nötig ist, solbald für den Eigentümer arbeitsfreie, rentable Anlagen möglich sind.
Dann nimmt er sie selber wahr. Denn er kann nur sein Eigentum verleihen. Warum sollte er das Risiko eingehen, Eigentum von Besitz zu trennen?
>Dies ist bei einer Schafsherde wohl der Fall,
Es gab niemals eine Schafsleihe.
>die an Ertrag Wolle und Milch gibt, was ausreichende Kompensation für den Hirten ist. Wieso sollte irgendjemand dann noch zinslos Geld verleihen?
>>Es hat in Babylon niemals eine Schafsleihe gegeben!
>>Deine Moses-Stelle ist eine Hüterbubenstelle
>Nein! S. 139238
Die Moses-Stelle ist eine Hüterbubenstelle. Alles klar?
Gruß!
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nereus
20.08.2002, 22:30
@ dottore
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Re: Hüterbuben bitte nicht mit Vieh-Leihern verwechslen!- dottore |
-->Hallo dottore!
Sie schreiben in dem Beitrag an dimi, welcher sich auf eine bestimmte Bibelstelle bezog: Es gab keine Viehleihe. Ergo kann es auch keinen Viehzins gegeben haben.
Die Viehleihe hat es wohl doch gegeben denn..
Die Viehverstellung, welche nach Definition der Viehleihe oder Viehpacht entspricht und demnach ein"Vertrag" ist,"durch den jemand einem anderen Vieh zur Nutzung überlässt gegen Fütterung und Wartung" (24), beruht auf dem System des Ent- und Verleihens. Das"Lehnvieh" wurde dem Bauern gegen Zins für eine bestimmte Zeit überlassen und ihm wurde das Nutzungsrecht gewährt. Aufgrund dessen ist dieses System zu beiderseitigem Vorteil: Für den jüdischen Viehhändler entfielen die Stall- und Futterkosten (25), konnte jedoch die Produkte des Viehs weiter nutzen. Der Bauer seinerseits konnte Vieh trotz fehlendem Kapital erwerben, hatte über selbiges allerdings keine Verfügungsgewalt. Deshalb war das Viehverstellen besonders bei Kleinbauern eine populäre Praktik, die allerdings bei der Obrigkeit nicht gern gesehen war, obwohl es im allgemeinen anscheinend keine Probleme gab.
oder
Aus Afrika berichtet Ratzel von den Hottentotten eine Art von"Commendatio":"Wer nichts hatte, suchte sich bei den Reichen zu verdingen; sein einziges Ziel war, in den Besitz von Vieh zu kommen." Laveleye, der das gleiche aus Irland berichtet, führt sogar Ursprung und Namen des Feudalsystems (système féodal) auf die Viehleihe der reichen an die armen Stammesgenossen zurück: danach war ein fee-od (Vieheigen) das erste Lehen, mit dem der Große den Kleinen als"seinen Mann" an sich band, bis er seine Schuld getilgt hatte.
und gibt es sogar heute noch.
Im Zusammenhang mit der Weidenutzung sind die, besonders bei den Herero (Namibia) ausgeprägten traditionellen Systeme der Viehleihe und der Schenkungen (mit den dadurch entstehenden weitläufigen Netzwerken von Verpflichtungen) und natürlich das Erbrecht von großer Wichtigkeit. Hierdurch verändert sich, bzw. schwankt der Druck auf die einzelnen Weiden und mindert weiterhin das Risiko eines Totalverlustes für die Herdenbesitzer bei plötzlich auftretenden Viehseuchen und Dürren.
Geben Sie in eine Suchmaschine (z.B. google.de) den Begriff"Viehleihe" ein.
Sie werden fast erschlagen mit Beiträgen. ;-)
mfG
nereus
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Dimi
20.08.2002, 22:44
@ dottore
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Re: Hüterbuben bitte nicht mit Vieh-Leihern verwechslen!- Wieso tust Du es dann? |
-->Lieber Dottore,
>Die Moses-Stelle wurde schon von Dir grob fahrlässig wieder gegeben. Da war doch die Rede vom"Besitzer" - oder nicht? Wie kann ein Besitzer als Besitzer Eigentümer an den Viechern sein? [...]
>Hattest Du schon mal einem Proseminar über Sachen- und / oder Besitzrecht beiwohnen dürfen?
Moses hat es nicht, die Übersetzer auch nicht. Deswegen gehen wir, die wir den Unteschied zwischen Eigentum und Besitz kennen, nicht kleinlich mit ihrer Wortwahl um.
>Es gab keine Viehleihe.
2 Mose 22,14b: 'Falls es gemietet war, geht es auf den Mietpreis'
Gruß, Dimi
<ul> ~ http://f17.parsimony.net/forum30434/messages/139238.htm</ul>
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