Galiani
20.10.2002, 02:54 |
@dottore, R.Deutsch, Popey u.a.: Zur Entstehung von Wirtschaft, Geld u.s.w.Thread gesperrt |
-->Hallo allerseits
Ich melde mich nach arbeitsbedingter Absenz wieder mal zurück:
Anfangs des Monats hatte ich Gelegenheit mit einer ganzen Reihe international renommierter Experten auf dem Gebiet der Alten Geschihte, der Geldtheorie und der Wirtschaftsgeschichte dieses hier leidenschaftlich diskutierte Thema zu erörtern, wobei ich insbesondere Ihre"Machttheorie", verehrter dottore, zur Diskussion stellte.
Einhellige Meinung: Obzwar natürlich niemand leugnet, daß"die Macht" in jeder Gesellschaft ein sehr wesentliches Element im geschichtlichen Werden ist, ist sie doch keineswegs die einzige denkbare, geschweige denn wahrscheinliche Ursache gesellschaftlicher Verhaltensintegration; - auf eine solche Behauptung läuft Ihre Theorie ja hinaus.
Als Ergebnis der Diskussion fasse ich zusammen:
Wirtschaften (i.S. des Austausches nicht nur von Konsum- sondern insbesondere auch von Produktionsgütern) ist ein elementarer Akt des Menschseins und kann, wie ja auch Popeye richtig einwendet) selbst in den allerprimitivsten Gesellschaften historisch nachgewiesen werden. Wirtschaften ist also ganz ohne Zweifel eine höchst plausible Erklärung für das Verhalten von Menschen; - zusammen mit vielen anderen Motiven, etwa der Unterordnung unter eine Herrschergewalt (insbes. für Zwecke des Krieges) oder noch einer ganzen Reihe von weiteren wie Familiensinn; Mutterliebe; Entdeckerlust u.s.w.!
Daß auf diese Weise Kapitalbildung möglich ist und tatsächlich stattfindet und immer schon stattgefunden hat, kann vernünftigerweise nicht bezweifelt werden. Ich habe das hier schon mehrfach bis ins letzte Detail gehend dargelegt. (Mit dem mir von Ihnen, verehrter dottore, in diesem Zusammenhang entgegengehaltene Argument, daß erst durch"Befehl" des Herrschers Gold zu Geld geworden sein könne, kann ich mich nicht befreunden. Die Frage wurde seit der Klassik bis ins 20. Jahrhundert Länge mal Breite erörtert! Wie schrieb Ferdinando Galiani:"Gold wurde nicht deshalb wertvoll, weil es als Geld verwendet wurde, sondern es wurde als Geld verwendet, weil es wertvoll war!") Ich sehe auch nicht, wie Ihr Hinweis auf die gigantomanischen Bauwerke etwa der Pharaonen in Ägypten, die zweifellos mittels Sklavenarbeit errichtet worden sind, diese Sachlage widerlegen könnte.
"Geld" dagegen ist (nach meinem Dafürhalten auf der Basis dieser Diskussion) - ebenso wie wahrscheinlich die"Sprache","die um 3200 v.Chr., zuerst wohl in Mesopotamien, aber fast zeitgleich auch in Ägypten und im Industal einen entscheidenden Schritt in Richtung Benutzbarkeit machte" (Prof. E. Specht, Wien) - eine spontane Bildung im Hayek'schen Sinne. Das"Geld" ist deshalb höchstwahrscheinlich an vielen unterschiedlichen Stellen aus den unterschiedlichsten Motiven entstanden (Tausch- und/oder Imponiermittel, Opfergabe, Abgabe an den Herrscher - vor allem wiederum um Kriegszüge zu finanzieren, u.ä.). Herodot, Strabo und auch Alkidamas Ulysses, der die Gelderfindung den Phöniziern zuschreibt, haben deshalb wohl alle mitsammen gleichermaßen Recht. (Das Argument, daß man dann doch mehr phönizische"Münzen" gefunden haben müßte, greift nach Ansicht der Fachleute, mit denen ich darüber gesprochen habe, nicht: Erstens dürfte solch frühes"Privatgeld" der phönizischen Handelsleute bald von den Staaten arrogiert und geändert worden sein. Und wer weiss außerdem schon, was sich an frühem phönizischem Geld noch findet? Auch in der heutigen Archäologie geht man noch immer nach der heuristischen Methode vor. Man bildet Hypothesen und sucht dann erst. Das funktioniert eigentlich ganz gut! Man muss halt fleissig suchen. Im übrigen ist aber auch von dem lydischen"Privatgeld" so gut nichts mehr erhalten. Das berühmte Elektronstück aus dem Depot im Artemision von Ephesos, das mit der Aufschrift phaneos eimi sema - ich bin das Wappen des Phanes - zu uns spricht, ist wohl so etwas.)
Insoferne scheint mir, daß die Frage, wie Geld"erstmals" entstanden ist, überhaupt keine sinnvolle wirtschaftsgeschichtliche (oder anthropologische) Frage ist; sie ist meiner Meinung nach in dieser generellen Form überhaupt nicht beantwortbar. Worüber man sich allenfalls unterhalten kann, ist (so wie Gerloff und vor ihm Schurtz das taten) wie Geld in einer ganz bestimmten Situation einer ganz bestimmten Gesellschaft entstand und wozu man es genau in diesem speziellen Kontext brauchte.
Ganz etwas anderes ist freilich die Frage, warum das Geld, einmal erfunden, fortbestand. Diesbezüglich vertraten vor allem die beiden Ã-konomen Prof. Morris Silver von der State University of New York und Prof Theurl aus Innsbruck übereinstimmend die Meinung, daß die ökonomischen Geldtheorien seit Mises über Keynes und Laum bis hin zu Heinsohn im Grunde allesamt keineswegs untereinander unvereinbar seien: Je nach Situation und Konstellation kann Geld durchaus (sowohl) als Tauschmittel, wie auch als Imponiergebärde, als Opfergabe und/oder als Abgabe an den Herrscher gedient haben, erforderlich gewesen sein und deshalb als Institution fortbestanden haben. Diese These leuchtet mir ein. Ich finde, daß damit eine breite Brücke zwischen unseren Auffassungen geschlagen wurde.
Ich meinerseits habe übrigens in diesem Zusammenhang u. a. ein sehr frühes Beispiel für"legales Falschgeld" (wie R. Deutsch sagen würde) ausgegraben: Auf den Steinen, in die um 400 v. Chr. auf Kreta die Gesetze der Stadt Gortyn eingemeißelt sind, kann man noch heute lesen:
<ul>"Götter! Man soll das Kupfergled verwenden, das die Stadt herausgegeben hat. Die Obolen aus Silber soll man nicht mehr annehmen. Wenn aber einer solches [Silbergeld] annimmt oder das Kupfergeld nicht annehmen will, oder Zahlung in Naturalien anbietet, soll er [als Buße] fünf Silberstater bezahlen...</ul>
Keine Frage, daß hier Ihre"Macht" sehr heftig am Werke ist und Verschuldungs- und Wirtschaftsvorgänge in dem von Ihnen beschriebenen Sinn sichtbar werden.
Hoffend, damit wieder einmal einen allgemein als nicht ganz wertlos empfundenen Beitrag geliefert zu haben bin ich mit besten Grüßen
G.
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Ghandi
20.10.2002, 04:13
@ Galiani
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Re: @dottore, R.Deutsch, Popey u.a.: Zur Entstehung von Wirtschaft, Geld u.s.w. |
-->Hallo Galiani,
>Einhellige Meinung: Obzwar natürlich niemand leugnet, daß"die Macht" in jeder Gesellschaft ein sehr wesentliches Element im geschichtlichen Werden ist, ist sie doch keineswegs die einzige denkbare, geschweige denn wahrscheinliche Ursache gesellschaftlicher Verhaltensintegration; - auf eine solche Behauptung läuft Ihre Theorie ja hinaus.
was konkret ist das"gesellschaftliche Verhaltensintegration"?
Oft bemühen wir uns zwanghaft, weit zurück in die nur lückenhaft
belegte & deshalb unter Historikern meist umstrittene Frühgeschichte
zu schauen, um unsere Thesen zu untermauern.
Dabei ist Ostdeutschland mit dem Machtwechsel vom Honecker-Regime zur
Demokratie westdeutscher Prägung ein brandaktuelles Beispiel. Bestens
dokumentiert. Uns allen frisch im Gedächtnis.
Dort veränderten sich ab 1989 schlagartig sowohl die Form des Wirtschaftens,
das GELD, als auch (zwangsläufig) die Verhaltensnormen für die dort lebende
Bevölkerung fundamental.
>Wirtschaften (i.S. des Austausches nicht nur von Konsum- sondern insbesondere auch von Produktionsgütern) ist ein elementarer Akt des Menschseins und kann, wie ja auch Popeye richtig einwendet) selbst in den allerprimitivsten Gesellschaften historisch nachgewiesen werden. Wirtschaften ist also ganz ohne Zweifel eine höchst plausible Erklärung für das Verhalten von Menschen; - zusammen mit vielen anderen Motiven, etwa der Unterordnung unter eine Herrschergewalt (insbes. für Zwecke des Krieges) oder noch einer ganzen Reihe von weiteren wie Familiensinn; Mutterliebe; Entdeckerlust u.s.w.!
>Daß auf diese Weise Kapitalbildung möglich ist und tatsächlich stattfindet und immer schon stattgefunden hat, kann vernünftigerweise nicht bezweifelt werden.
Bist du im Ernst der Meinung, es könne so etwas wie"Kapital" OHNE GELD
geben, womit sich der WERT dessen ausdrücken läßt?
Und glaubst du wirklich, es habe jemals in der Geschichte eine Ansammlung von
Menschen OHNE einen CHEF oder ANFÃœHRER gegeben?
Selbst in jeder Affen-Horde gibt es IMMER ein ALPHA-Tier, dem die anderen
gehorchen & folgen.
Was läge also näher, als dass genau dieser Chef während der gesamten
Menschheitsgeschichte jeweils auch ganz selbstverständlich bestimmt hat,
was GILT, was Geld ist?
Freundliche Grüße
G.
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dottore
20.10.2002, 12:36
@ Galiani
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Re: Staat - Geld - Krieg (um ganz deutlich zu werden) |
-->>Hallo allerseits
>Ich melde mich nach arbeitsbedingter Absenz wieder mal zurück:
Schön, wieder von Ihnen zu lesen.
>Anfangs des Monats hatte ich Gelegenheit mit einer ganzen Reihe international renommierter Experten auf dem Gebiet der Alten Geschihte, der Geldtheorie und der Wirtschaftsgeschichte dieses hier leidenschaftlich diskutierte Thema zu erörtern, wobei ich insbesondere Ihre"Machttheorie", verehrter dottore, zur Diskussion stellte.
>Einhellige Meinung: Obzwar natürlich niemand leugnet, daß"die Macht" in jeder Gesellschaft ein sehr wesentliches Element im geschichtlichen Werden ist, ist sie doch keineswegs die einzige denkbare, geschweige denn wahrscheinliche Ursache gesellschaftlicher Verhaltensintegration; - auf eine solche Behauptung läuft Ihre Theorie ja hinaus.
Die Integration von gesellschaftlichem Verhalten, also sozusagen dessen"Gleichschaltung" ist geradezu das Kennzeichen von ausgeübter Macht. Wiewohl wir im Privaten wählen und und völlig einer Integration entziehen können, wächst die Vereinheitlichung nach dem Eintritt der Macht und ihrer Vorschriften (wörtlich: etwas vor-schreiben, also für alle im präsumptiven Be-Reich Geltendes) in immer größerem Maße.
Das beginnt mit der Normierung etwa der Kleidung und läuft über die Norm, die eben auch das zwangsweise Abgeben (ganz bestimmtes"Gut") und dann des"von oben" festgesetztes Geldes (die Standardisierung des Gewichts und das obrigkeitliche Gepräge bereits der allerersten Münzen lassen sich nicht weg diskutieren) bis hin zur heutigen Regelung (Normierung) fast aller Lebensbereiche.
Ich halte es für völlig ausgeschlossen, dass das Geld in normierter Form (und Geld muss normiert sein, wenn es als solches zu definieren ist, nach Gewicht, nach Feinheit, nach Stückelung, nach Material, nach Münzbild - letzteres ist äußerst wichtig!) durch"gesellschaftliche" (also macht- und staatsfreie) Integration entstanden ist.
Schon die babylonischen Shekel sind komplett normiert (weißes, also reines Silber plus jederzeit überprüfbare Gewichtseinheit, nämlich 180"grains", also Getreidekörner plus Einteilungen, wie"Mine"). Alle Geld-"Einheiten" lassen sich nachträglich sofort ganz konkreten Machtbereichen zuordnen, z.B. Statere, Drachmen.
Hätte es privates"prae-integriertes" Geld gegeben, würden sich Spuren davon finden. Es müsste in irgendeiner"Stückelung" auftreten, die sich von anderen Stückelungen unterscheidet, da wir in einer Zeit vor der Integration starten müssten. Alles Metall, das als bereits bearbeitet bisher gefunden wurde, stammt aus der Zeit nach der Integration, was schon bei den ältesten Barren nachzuweisen ist (Form, Gewicht, Feinheit usw.).
Es muss also eine"integrative" Kraft gegeben haben, die etwas ab einem ganz konkreten Zeitpunkt als"geltend" gesetzt hat (gilt übrigens für alle Maße und Gewichte genauso). Eine"langsamer" integrativer"Annäherungsprozess" (der eine zahlt mit 3,4 Gramm, der nächste mit 3,0, der nächste mit 4,3, usw. muss schon deshalb ausgeschlossen werden, da die"Gegenware" ebenfalls in Einheiten, Qualitäten, Gewicht, Feinheit und also standardisiert auftritt.
Die Integration, was das Geld angeht, muss also"verordnet" worden sein und die darin ausgedrückte Ord-nung kann nur - wie letztlich alle Gesetze - auf dem obrigkeitlichen und ergo erzwingenden Weg in die Welt gekommen sein.
>Als Ergebnis der Diskussion fasse ich zusammen:
>Wirtschaften (i.S. des Austausches nicht nur von Konsum- sondern insbesondere auch von Produktionsgütern) ist ein elementarer Akt des Menschseins
Wirtschaften als im Sinne des Austauschens, zumal von Produktionsgütern, die ihrerseits Herstell- und damit Zeit- und Kostenprobleme verursachen, ist nicht vorstellbar, etwa: der eine baut ein Boot, der andere einen Wagen - und nun tauschen sie beides aus.
So etwas wie"elementarer Akt des Menschseins" vermag ich ökonomisch leider nicht zu deuten.
>und kann, wie ja auch Popeye richtig einwendet) selbst in den allerprimitivsten Gesellschaften historisch nachgewiesen werden.
Aus Tausch- und Geschenkvorgängen führt m.E. keine Brücke zu dem, was Wirtschaften ist, nämlich ökonomischen Operationen aufgrund von Termin und Titel.
>Wirtschaften ist also ganz ohne Zweifel eine höchst plausible Erklärung für das Verhalten von Menschen; - zusammen mit vielen anderen Motiven, etwa der Unterordnung unter eine Herrschergewalt (insbes. für Zwecke des Krieges) oder noch einer ganzen Reihe von weiteren wie Familiensinn; Mutterliebe; Entdeckerlust u.s.w.!
Ich sehe einen fundamentalen Unterschied zwischen Gewalt (die mit Abgaben, Termin und vorab festgelegter wirtschaftlich spürbarer Sanktion arbeitet) und Familiensinn, Mutterliebe und Entdeckerlust: Letztere sind zweifellos (und Gottlob!) existent, aber nicht wirtschaftlich (sondern bestenfalls sozial - Verachtung, Ausstoßen, o.ä.) vollstreckbar.
>Daß auf diese Weise Kapitalbildung möglich ist und tatsächlich stattfindet und immer schon stattgefunden hat, kann vernünftigerweise nicht bezweifelt werden.
Ich bin nach wie vor der Meinung, dass Kapitalbildung mit Vorratsbildung bzw. den Mitteln dazu (Haus, Silo usw.) verwechselt wird. Ich kann auch keinen Reim auf die Kollosal-Kapitalbildungen (Investitionen) der frühesten Zeit finden (Tempel, Paläste, Pyramiden, Verteidigungsanlagen, Mauern, usw.), wenn sich diese nicht"gerechnet" hätten.
Ich hatte schon an Popeye geschrieben, dass solche Kolossal-Kapitalbildungen, wenn sie auf dem Wege über privates Wirtschaften und allmähliches Abschöpfen von Überschüssen oder"Gewinnen" gelaufen wären (was ja das Gegenmodell behauptet) einen über Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte laufenden Hortungs- und/oder"Spar-Prozess" der jeweiligen Auftraggeber (immer eine Macht!) voraussetzen würde.
Letztlich hätte jeder Herrscher immer einige Steinquader"zusammensparen" müssen, diese aus der laufenden Stein-"Produktion" in Form von"kleinen" Abgaben eingefordert, bis dann endlich genügend Material vorhanden gewesen wäre, um das gigantische Werk (Kapitalbildung dann in reales Kapital verwandelt) zu starten. Dies halte ich für eine bizarre Vorstellung, abgesehen davon, dass wir dazu keinerlei Quellen haben und auch keinen Augenschein.
>Ich habe das hier schon mehrfach bis ins letzte Detail gehend dargelegt. (Mit dem mir von Ihnen, verehrter dottore, in diesem Zusammenhang entgegengehaltene Argument, daß erst durch"Befehl" des Herrschers Gold zu Geld geworden sein könne, kann ich mich nicht befreunden. Die Frage wurde seit der Klassik bis ins 20. Jahrhundert Länge mal Breite erörtert! Wie schrieb Ferdinando Galiani:"Gold wurde nicht deshalb wertvoll, weil es als Geld verwendet wurde, sondern es wurde als Geld verwendet, weil es wertvoll war!")
Warum also ist Gold wertvoll? Weil es wertvoll ist?
Der erste, der"privat" Gold als wertvoll erkannt hätte, muss doch mindestens einen Zweiten gehabt haben, der es ebenfalls als wertvoll erkennt. Und dann müssen beide (von den vielen anderen, die davon noch keine Ahnung haben) es in irgendetwas ausdrücken, was sie gemeinsam haben bzw. wollen.
Da wir gegen Geld in der ältesten Zeit keinerlei Gattungs-, sondern immer nur Stückkäufe finden und jedes Stück ein Unikat ist (Alter des Sklaven, Kraft, Größe des Feldes, Qualität, Fleischhaltigkeit und Fruchtbarkeit des Viehs usw.) muss es eine normierte Einheit oder Menge davon gegeben haben, umd das"wertvolle" Gold auch einem ganz konkreten Wert zuzuordnen, der wiederum auch einen ganz konkreten Termin haben muss.
Angaben wie"ein" Sklave kostete so und so viel, oder"eine" Kuh so und so viel, bringen leider nichts, da weder Sklaven noch Vieh standardisiert waren. Der einzige Standard, der erscheint, ist die Abgabe (also die"Nachfrage" der Macht: Ganz präzise auf Menge, Gewicht, Termin usw. geeicht.
Hinzukommt: Bei"Tausch" kann gehandelt werden, auf beiden Seiten - eben so lange, bis ein Kontrakt zu Stande kommt (oder eben nicht). Dies ist bei Abgaben nicht möglich! Die Macht, und das definiert sie letztlich, lässt nicht"mit sich handeln".
>Ich sehe auch nicht, wie Ihr Hinweis auf die gigantomanischen Bauwerke etwa der Pharaonen in Ägypten, die zweifellos mittels Sklavenarbeit errichtet worden sind, diese Sachlage widerlegen könnte.
Abgesehen davon, dass die Sklavenarbeit hätte finanziert werden müssen, da der Pyramidensklave nicht gleichzeitig für sich selbst sorgen kann, was wiederum weiteren Machtzwang erfordert, hätten bei einem"privatwirtschaftlichen" Vorlauf (siehe oben) die Pharaonen entsprechende"Mittel" zunächst über lange Zeiträume hin abschöpfen müssen (und zwar von den"Privaten"), wurde in Ägypten bereits finanziert. Die daraus folgenden Überschuldungen (Cheops schickt seine Tochter ins Bordell, um die Schulden"abarbeiten" zu lassen) und die katastrophalen Folgen, siehe die Amarna-Texte, widersprechen dem Soft-Modell, da Überschuldungen wiederum Termin & Titel voraussetzen.
>"Geld" dagegen ist (nach meinem Dafürhalten auf der Basis dieser Diskussion) - ebenso wie wahrscheinlich die"Sprache","die um 3200 v.Chr., zuerst wohl in Mesopotamien, aber fast zeitgleich auch in Ägypten und im Industal einen entscheidenden Schritt in Richtung Benutzbarkeit machte" (Prof. E. Specht, Wien)
Zur Sprache große Titelgeschichte im neuen"Spiegel". Der Witz beim Wirtschaften ist nicht die Sprache, sondern die Schrift - eben das Dokument, aus dem heraus sich etwas ableitet.
>- eine spontane Bildung im Hayek'schen Sinne. Das"Geld" ist deshalb höchstwahrscheinlich an vielen unterschiedlichen Stellen aus den unterschiedlichsten Motiven entstanden (Tausch- und/oder Imponiermittel, Opfergabe, Abgabe an den Herrscher - vor allem wiederum um Kriegszüge zu finanzieren, u.ä.). Herodot, Strabo und auch Alkidamas Ulysses, der die Gelderfindung den Phöniziern zuschreibt, haben deshalb wohl alle mitsammen gleichermaßen Recht. (Das Argument, daß man dann doch mehr phönizische"Münzen" gefunden haben müßte, greift nach Ansicht der Fachleute, mit denen ich darüber gesprochen habe, nicht: Erstens dürfte solch frühes"Privatgeld" der phönizischen Handelsleute bald von den Staaten arrogiert und geändert worden sein.
Was heißt"dürfte"? Es fehlt ganz einfach. Nirgends eine Spur.
>Und wer weiss außerdem schon, was sich an frühem phönizischem Geld noch findet?
Was heißt"noch"? Bisher kein Gramm. Hier werden spätere Zustände zeitlich nach hinten verschoben ohne eine wie auch immer geartete Evidenz - außer der Annahme,"dass" es"so" gewesen sein"muss". Die zitierten Autoren sind von dem, was sie"beschreiben" zwischen 500 und 900 Jahre entfernt.
>Auch in der heutigen Archäologie geht man noch immer nach der heuristischen Methode vor. Man bildet Hypothesen und sucht dann erst. Das funktioniert eigentlich ganz gut! Man muss halt fleissig suchen. Im übrigen ist aber auch von dem lydischen"Privatgeld" so gut nichts mehr erhalten.
Welches lydische Privatgeld? Wir haben drei frühe Elektronstücke mit Schrift (Valvel, Phanes und ein drittes, das ich gerade nicht gegenwärtig habe).
>Das berühmte Elektronstück aus dem Depot im Artemision von Ephesos, das mit der Aufschrift phaneos eimi sema - ich bin das Wappen des Phanes - zu uns spricht, ist wohl so etwas.)
In Ephesos wurden m.W. nur die Kroisos-Stücke (Statere) gefunden. Das seltene"Phanes-Stück" verrät sich selbst als öffentlich-rechtlich bzw. als Derivat davon, da es ein Wappen (Zeichen) trägt. Wappen haben wir nur in Eigentümergesellschaften, ebenso wie Siegel (vgl. a. Harappa), da das Wappen Eigentum und/oder Forderung (letztlich auf Eigentum) kennzeichnet. Eigentümergesellschaften benötigen begriffsnotwendig Besicherungen desselben bzw. Vollstreckungsmöglichkeiten in dieses. Damit sind wir wieder punktgenau bei der Macht gelandet.
>Insoferne scheint mir, daß die Frage, wie Geld"erstmals" entstanden ist, überhaupt keine sinnvolle wirtschaftsgeschichtliche (oder anthropologische) Frage ist; sie ist meiner Meinung nach in dieser generellen Form überhaupt nicht beantwortbar.
Ich halte sie für äußerst sinnvoll, da diese Frage mitten in das führt, was wir Geschichte nennen und dies ist unbezweifelbar Machtgeschichte. Macht und Geld sind untrennbare siamesische Zwillinge - bis heute. Ich darf nochmals an das Janus-Phänomen erinnern. Warum erscheint eine Gottheit auf Münzen, deren Tempel im Frieden geschlossen ist?
>Worüber man sich allenfalls unterhalten kann, ist (so wie Gerloff und vor ihm Schurtz das taten) wie Geld in einer ganz bestimmten Situation einer ganz bestimmten Gesellschaft entstand und wozu man es genau in diesem speziellen Kontext brauchte.
Die ganz spezielle Situation ist m.E. eindeutig: Macht, deren Erhalt oder Erwerb, Gewalt, Zwang zur Eintreibung von Abgaben, Umsturz und Krieg. Geld ist ein Gewaltderivat, wie es auch schon beim Gerloff'schen Hortgeld zu beobachten ist: Wozu diese"Vorformen" von Geld horten, wenn damit nicht Macht dokumentiert werden sollte?
>Ganz etwas anderes ist freilich die Frage, warum das Geld, einmal erfunden, fortbestand. Diesbezüglich vertraten vor allem die beiden Ã-konomen Prof. Morris Silver von der State University of New York und Prof Theurl aus Innsbruck übereinstimmend die Meinung, daß die ökonomischen Geldtheorien seit Mises über Keynes und Laum bis hin zu Heinsohn im Grunde allesamt keineswegs untereinander unvereinbar seien: Je nach Situation und Konstellation kann Geld durchaus (sowohl) als Tauschmittel,
Nein.
>wie auch als Imponiergebärde,
Ja, siehe eben.
>als Opfergabe
Ja, und immer als"von oben" (Priesterkaste usw.) verordnete Abgabe.
>und/oder als Abgabe an den Herrscher gedient haben,
Ganz unbestreitbar.
>erforderlich gewesen sein und deshalb als Institution fortbestanden haben. Diese These leuchtet mir ein. Ich finde, daß damit eine breite Brücke zwischen unseren Auffassungen geschlagen wurde.
Die"Abgabentheorie" (Fiskal- und Schuldteorie) des Geldes habe ich bisher bestenfalls in Ansätzen gefunden, was auch nicht verwundert, da all jene, die nach einer schlüssigen Erklärung gesucht haben, ihrerseits auf der Payroll der jeweils aktuellen Macht gestanden haben. Auch ein Gerloff! Auch die Herren Heinsohn/Steiger, Silver und Theurl. Keynes hatte seine Sinekure (Cambridge).
Bei Laum ist es schon besser. Denn seine Opfertheorie ist letztlich eine Zwangstheorie, wenn auch nur auf den"religiösen" Zwang bezogen.
Bei Mises haben wir einen enormen Kopf, der nur leider nicht die Geldfrage in extensis untersucht hat. Vermutlich wäre er sonst auch dahinter gekommen. Ich finde, er geht bereits viel zu defensiv vor, indem er Freiheit und Freiheitsrechte (selbstverständlich auch beim Wirtschaften) gegen den Staat verteidigt und sich in die bekannte liberale Schlachtordnung fügt statt die unheilige und immer Unfreiheit servierende Trias Staat-Geld-Krieg zu hinterfragen.
Ohne Staat kein Geld, ohne Geld kein Staat. Ohne Staat kein Krieg, ohne Krieg kein Staat. Ohne Geld kein Krieg, ohne Krieg kein Geld.
Jetzt aber, nachdem es ein Mal gestartet ist, kommen wir aus der Nummer nicht mehr heraus. Selbst der Terror braucht Finanziers.
>Ich meinerseits habe übrigens in diesem Zusammenhang u. a. ein sehr frühes Beispiel für"legales Falschgeld" (wie R. Deutsch sagen würde) ausgegraben: Auf den Steinen, in die um 400 v. Chr. auf Kreta die Gesetze der Stadt Gortyn eingemeißelt sind, kann man noch heute lesen:
><ul>"Götter! Man soll das Kupfergeld verwenden, das die Stadt herausgegeben hat. Die Obolen aus Silber soll man nicht mehr annehmen. Wenn aber einer solches [Silbergeld] annimmt oder das Kupfergeld nicht annehmen will, oder Zahlung in Naturalien anbietet, soll er [als Buße] fünf Silberstater bezahlen...</ul>
Herrlicher Text! Nur wer hatte die Obolen ausgegeben? Logischerweise die selbe Macht ("Stadt"), die wg. Überschuldung zum bekannten Falschgeldtrick greifen musste. Wären die Obolen"Privatgeld" gewesen - wozu hätte sich die Stadt in diese Geschäfte einmischen sollen?
>Keine Frage, daß hier Ihre"Macht" sehr heftig am Werke ist und Verschuldungs- und Wirtschaftsvorgänge in dem von Ihnen beschriebenen Sinn sichtbar werden.
>Hoffend, damit wieder einmal einen allgemein als nicht ganz wertlos empfundenen Beitrag geliefert zu haben bin ich mit besten Grüßen
>G.
Herzlichen Dank! Der Dissenz bleibt uns dennoch erhalten.
Gruß!
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Galiani
20.10.2002, 12:55
@ Ghandi
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@Ghandi |
-->Hallo Ghandi
Du fragst:
>Was konkret ist das"gesellschaftliche Verhaltensintegration"?
Unter"gesellschaftlicher Verhaltensintegration" versteht man die möglichst gleichförmige Ausrichtung des Verhaltens der Mitglieder einer Population zur Erreichung von Zwecken. Und Du hast Recht: Das frühere Ostdeutschland ist ein Beispiel dafür. Grundsätzlich aber ist"Verhaltensintegration" immer nötig, wenn eine Gesellschaft entstehen (und fortbestehen) soll. Es ist (nicht nur) meiner Meinung nach unzulässig, nur ein einziges Motiv, nämlich die Unterordnung unter die"Macht", dafür verantwortlich zu machen, daß solche"Verhaltensintegration" zustande kommt. (Das frühere Ostdeutschland ist ja ein sehr augenfälliges Beispiel für die Grenzen der Macht beim Versuch, Verhaltensintegration zu erzwingen! Ich danke Dir dafür, daß Du uns darauf aufmerksam machst.)
>Bist du im Ernst der Meinung, es könne so etwas wie"Kapital" ohne Geld geben....
Grundsätzlich ja! Kapital und Geld haben - fundamental-logisch - nichts miteinander zu tun. Aber ich gebe Dir schon zu, daß das sehr abstrakt gedacht ist.
>Und glaubst du wirklich, es habe jemals in der Geschichte eine Ansammlung von Menschen OHNE einen CHEF oder ANFÃœHRER gegeben?
Du hast wiederum Recht! Nein! Das glaube ich nicht. Da aber der Wille des"Chef's" (wie Du ihn nennst) eben keineswegs der einzige Weg der"Verhaltensintegration" ist, muß (und wird) Deine These, daß er"ganz selbstverständlich" auch bestimmt hat, was GILT, also was Geld ist (eine These, die im übrigen auch Keynes und die Chartalisten vertreten haben) nicht unbedingt und unter allen Umständen zutreffen; zumindest nicht ausschließlich!
Deine These ist aber - wie ich ja ausgeführt habe - nach Meinung international renommierter Experten auf diesem Gebiet mit anderen Geldbegründungstheorien keineswegs unvereinbar:
So mag es sein, daß Menschen zwar das Geld in einem ganz bestimmten Stadium und Kontext als Tauschmittel für den Fernhandel"erfanden", daß dieses Geld aber danach von der"Macht" arrogiert wurde. Ich halte derartige Vorgänge sogar für sehr whrscheinlich.
Wie Du somit siehst, widersprechen Deine Einwände nicht dem, was ich gepostet habe.
Herzlichst
G.
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Galiani
20.10.2002, 14:35
@ dottore
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Re: Staat - Geld - Krieg (um ganz deutlich zu werden) |
-->Hallo
>Die Integration von gesellschaftlichem Verhalten, also sozusagen dessen"Gleichschaltung" ist geradezu das Kennzeichen von ausgeübter Macht....
Richtig! Jeder Herrscher verlangt"Verhaltensintegration". Aber erstens klappt das nicht immer, sonst bräuchte es keine Polizei, Gerichte u.s.w. Und zweitens ist der Umkehrschluß unzulässig: Keineswegs jede Verhaltensintegration ist ein Ergebnis der Macht, geschweige denn ausschließlich ein Ergebnis der Macht.
>Ich halte es für völlig ausgeschlossen, dass das Geld in normierter Form (und Geld muss normiert sein, wenn es als solches zu definieren ist, nach Gewicht, nach Feinheit, nach Stückelung, nach Material, nach Münzbild - letzteres ist äußerst wichtig!) durch"gesellschaftliche" (also macht- und staatsfreie) Integration (besser wäre hier wohl der Ausdruck:"Konvention") entstanden ist.
Aber genau das, nämlich daß das Geld aufgrund gesellschaftlicher"Konvention" entstanden sei, behauptete z. B. John Locke, ein auch nicht ganz dummer Mann. Auch diese sog."Konventionstheorie" wäre im übrigen mit anderen Theorien der Geldbegründung keineswegs unvereinbar.
Sie gehen übrigens von einem bedenklichen Gedanken-Fundament aus, wenn Sie sagen:"...Geld muss normiert sein, wenn es als solches zu definieren ist, nach Gewicht, nach Feinheit, nach Stückelung, nach Material, nach Münzbild..."
Geld ist, was GILT, wie Ghandi richtig sagt! Das muß KEINESWEGS normiert sein! Erst die MÜNZE ist normiert!
>Es muss also eine"integrative" Kraft gegeben haben, die etwas ab einem ganz konkreten Zeitpunkt als"geltend" gesetzt hat (gilt übrigens für alle Maße und Gewichte genauso)....
Wie schon gesagt: Der von Ihnen vertretene Chartalismus ist absolut nicht unvereinbar mit der Annahme, daß Geld (in einer bestimmten Gesellschaft und Konstellation) ursprünglich ganz im Gegensatz dazu als Mittel zur Transaktionserleichterung geschaffen wurde. Ihre Bemerkung: "Die Integration, was das Geld angeht, muss also"verordnet" worden sein... ist deshalb in dieser keinen Widerspruch duldenden Form meiner Meinung nach unhaltbar!
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Anmerkung am Rande:
[Was mich im übrigen aber am"Chartalismus" immer schon gestört hat und ihn mir besonders unsympathisch macht, ist die Tatsache, daß diese Theorie den Begriff des WERTES aus dem Wirtschaftsleben eliminiert. Wohin das führt hat uns ja das Beispiel des Staatsunterganges der DDR und besonders auch der Sowjetunion gezeigt. Ja, erst der Chartalismus öffnet dem"legalen Falschgeld" (R. Deutsch) Tür und Tor und führt - gerade weil er so verbreitet ist und so sehr in die Geld-Praxis Eingang gefunden hat (vergleiche das Beispiel der Gesetze von Gortyn, das ich in meinem Eingangsposting erwähnt habe) - geradeswegs in die ja auch von Ihnen prophezeite Katastrophe.]
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>Wirtschaften als im Sinne des Austauschens, zumal von Produktionsgütern, die ihrerseits Herstell- und damit Zeit- und Kostenprobleme verursachen, ist nicht vorstellbar, etwa: der eine baut ein Boot, der andere einen Wagen - und nun tauschen sie beides aus....
Ich möchte darüber nicht nochmals diskutieren! Ich kann mir das sehr wohl vorstellen und weiß mich dabei in guter Gesellschaft. Ich glaube, daß Ihre Lehre, daß Kapitalbildung durch etwas anderes als durch Sparen und Produktion möglich ist, (oder: daß jedes Sparen und jede Produktion bloß erzwungenes Sparen und erzwungene Produktion sei) nur sehr wenige Anhänger findet.
"Elementare Akte des Menschseins" in wirtschaftlicher Beziehung sind etwa"essen und trinken" und die diesbezügliche Versorgung der Menschen. Sie essen und trinken doch! Dafür müssen Sie bezahlen und das Geld dafür kommt aus Ihrer"vorgetanenen" Arbeit. - Sehen Sie, das nenne nicht nur ich:"Wirtschaften".
>Ich hatte schon an Popeye geschrieben, dass... Kolossal-Kapitalbildungen, wenn sie auf dem Wege über privates Wirtschaften und allmähliches Abschöpfen von Überschüssen oder"Gewinnen" gelaufen wären...
Das behauptet doch niemand. Nennen Sie mir einen einzigen Beleg, wo ein Forscher etwa sagen würde, die Cheopspyramide sei ein Unternehmen zur Gewinnerzielung gewesen.
>Warum also ist Gold wertvoll? Weil es wertvoll ist?...
Ja genau! Der Nobelpreisträger Paul Samuelson erklärt übrigens in seinem berühmten Lehrbuch genau auf diese Weise den Wert des Geldes!
Im Ernst: Ihre Frage wird - um nur einige Namen zu nennen - ausführlich beantwortet z.B. von Knies, von Eugen Dühring oder - nochmals! - von Ferdinando Galiani!
Aber:
Ich hatte eigentlich gar nicht im Ernst zu hoffen gewagt, daß Sie zulassen würden, daß ein Dissens mit Ihnen durch Argumente aufgelöst wird.
Dennoch Gruß zurück
G.
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Hörbi
20.10.2002, 14:41
@ dottore
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Re: Staat - Geld - Krieg (um ganz deutlich zu werden) - ohne Moos nichts los! |
Ohne Staat kein Geld, ohne Geld kein Staat. Ohne Staat kein Krieg, ohne Krieg kein Staat. Ohne Geld kein Krieg, ohne Krieg kein Geld.
OHNE MOOS NICHTS LOS! ;-))
Herrlich wenn die Giganten des WORTstreites ihre verbalen Waffen klirren lassen!
Welch köstliche Arenensphäre.
Und alles ohne Eintritt (Online-Kosten mal Außen vor gelassen)!
Und bitte...!!!! Niemals nachgeben!
Wie langweilig es doch wäre nach einer Einigung, nach einem Verschmelzen der Ansichten. NIEMALS! NIMMER!
Ich bin schon jetzt in tiefer Sorge um die vielleicht schon zu weit gehende nanopartielle Angleichung gewisser Meinungsabschnitte!? ;-))
Ach ja, zu der Frage der Erbauung der Pyramiden mittels Sklaven gab es bei der nächtlichen (gezinkten?) Schachttürbohrung interessante Ausführungen, die eher im Gegenteil mündeten.
Gruß
Hörbi
<!-- Ende BeitragsText -->
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<HR>
</center>
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R.Deutsch
20.10.2002, 14:50
@ dottore
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Re: Drei kleine Anmerkungen |
-->Dottore schreibt:
Ich halte es für völlig ausgeschlossen, dass das Geld in normierter Form (und Geld muss normiert sein, wenn es als solches zu definieren ist, nach Gewicht, nach Feinheit, nach Stückelung, nach Material, nach Münzbild - letzteres ist äußerst wichtig!) durch"gesellschaftliche" (also macht- und staatsfreie) Integration entstanden ist.
Erstaunlich, diese Aussage! Ausgerechnet der entscheidende Normierungstatbestand fehlt! Für Gewicht, Feinheit, Stückelung und das Material braucht man den Staat nun wirklich nicht. Jeder kann selbst wiegen und die Rübe auf der Münze ist so ziemlich das Nebensächslichste beim Nachwiegen. Nein, nein, der entscheidende obrigkeitliche Normierungstatbestand bei Geld war immer der Wert. Erst so funktioniert der staatliche Geldbetrug. Der (normierte) Wert bleibt bestehen, aber das Gewicht (in Silber z.B.) nimmt ab.
Weiter schreibt Dottore:
Es muss also eine"integrative" Kraft gegeben haben, die etwas ab einem ganz konkreten Zeitpunkt als"geltend" gesetzt hat (gilt übrigens für alle Maße und Gewichte genauso). Eine"langsamer" integrativer"Annäherungsprozess" (der eine zahlt mit 3,4 Gramm, der nächste mit 3,0, der nächste mit 4,3, usw. muss schon deshalb ausgeschlossen werden, da die"Gegenware" ebenfalls in Einheiten, Qualitäten, Gewicht, Feinheit und also standardisiert auftritt.
Die Menschen einigen sich sehr schnell freiwillig auf einheitliche Maßstäbe (Fuß, Elle, Internetprotokolle etc.) dazu braucht es keine „integrative Kraft“ sprich Diktator. Und auf Galianis schönes Beispiel mit legalem Falschgeld:
"Götter! Man soll das Kupfergeld verwenden, das die Stadt herausgegeben hat. Die Obolen aus Silber soll man nicht mehr annehmen. Wenn aber einer solches [Silbergeld] annimmt oder das Kupfergeld nicht annehmen will, oder Zahlung in Naturalien anbietet, soll er [als Buße] fünf Silberstater bezahlen...
antwortet Dottore:
Herrlicher Text! Nur wer hatte die Obolen ausgegeben? Logischerweise die selbe Macht ("Stadt"), die wg. Überschuldung zum bekannten Falschgeldtrick greifen musste. Wären die Obolen"Privatgeld" gewesen - wozu hätte sich die Stadt in diese Geschäfte einmischen sollen?
Die Stadt konnte das Privatgeld der Obolen nicht dulden, weil sonst ihr Falschgeldtrick nicht funktioniert hätte. Genau wie oben beschrieben, behauptet die Stadt einfach, der Wert ihres Kupfergeldes sei der gleiche wie der der Silberobolen. Das ist der ganze Trick. Man macht den Wert unabhängig vom Gewicht (vom realen Inhalt).
Gruß
RD
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Wal Buchenberg
20.10.2002, 16:01
@ dottore
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@dottore: Warum wurden Pyramiden gebaut? |
-->Hallo dottore,
warum wurden Pyramiden gebaut?
Um mit den Fakten anzufangen:
Abgesehen von einem zahlenmäßig kleinen"Stab" von Fachleuten wurden die Pyramiden durch die Kooperation der fast gesamten Bauernbevölkerung in den drei Monaten der landwirtschaftlichen"Nichtsaison" gebaut.
Um mit relativ gesicherter Hypothese weiter zu machen:
Ursprünglich wurde diese riesige menschliche Massenkooperation benutzt und benötigt, um das Niltal zu kanalisieren, Wasser auf höhergelegene Uferbereiche zu leiten, die nicht oder nur selten von der Nilflut überschwemmt wurden, bzw. die Nilfluten so zu steuern, dass das Wasser und der fruchtbare Schlamm dorthin fließt, wo er hinfließen soll (Äcker) und dorthin nicht hinfließt, wo er nicht hinfließen soll (Siedlungen).
Um mit meiner Theorie abzurunden:
Pyramiden wurden gebaut: Erstens nach dem Zeitpunkt, wo diese Massenproduktivkraft kooperierender Bauern durch langjährige Gewohnheit geschaffen und funktionsfähig war.
Zweitens wurden Pyramiden gebaut nach dem Zeitpunkt, wo diese Massenproduktivkraft kooperierender Bauern zunehmend weniger nötig oder ganz überflüssig wurde, weil die Kanäle fertig waren, der Nil aber durch Erosion an Wasser verlor, und die Kanäle nur noch instand gehalten werden mussten. Es waren also geringe Aufwände nötig. Die Kooperationsmaschine der Bauernmassen lag brach.
Der Pharao hatte also die Möglichkeit etwas zu bauen, was absolut überflüssig war - ohne dass dadurch die gesellschaftliche Produktion gelitten hätte oder überansprucht worden ist. Wie gesagt, es wurde nur 3 Monate im Jahr in der landwirtschaftlichen Ruhezeit an den Pyramiden gebaut.
Wo die Möglichkeit zu absolutem Luxus besteht, findet sich bald auch ein Grund, die Möglichkeit Wirklichkeit werden zu lassen. Wie Hegel sagt: Gründe finden sich immer. Gründe wachsen wie Brombeeren.
Volkswirtschaftlich gesehen machte der Bau der Pyramiden dennoch Sinn: Wie Maschinen rosten und ihre Funktionsfähigkeit verlieren, so musste die Bauernkooperationsmaschine in Ägypten jedes Jahr am Laufen gehalten werden, damit sie ihre Funktionsfähigkeit nicht verlor.
Die Arbeit an den Pyramiden war also keineswegs Zwangsarbeit, sondern eine Gewohnheit, die durch Tradition geheiligt war.
Gruß Wal Buchenberg
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Ghandi
20.10.2002, 16:27
@ Galiani
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laß uns mit Otto v. Bismarck eine Brücke schlagen |
-->Galiani,
unter"Verhaltensintegration" verstehen wir somit nichts anderes als die von der
Ethologie bestens erforschte Ritual-Bildung, einem elementaren Baustein
für den Zusammenhalt & die möglichst reibungslose Koexistenz innerhalb der
Gesellschaft bzw. von gesellschaftlichen Gruppen. (Was i.Z. mit dem
Thema"Zuwanderung" oft nicht verstanden wird & uns demnächst noch mächtig
Ärger bescheren dürfte.)
Von woher diese Rituale stärker initiiert werden, von den Mächtigen oder aus
der Gesellschaft heraus, hängt ganz entscheidend vom Grad der Freiheit ab,
der innerhalb eines Gemeinwesens herrscht.
Um ein krasses Beispiel zu wählen: Im Konzentrationslager Ausswchwitz wurden
die Verhaltensmuster des Einzelnen weit stärker von der Lagerleitung bestimmt
als wir uns das in den westlichen Demokratien mit ihrem hohen Maß an Freiheit
je vorstellen könnten.
Nachdem die Diskussion zum Thema ´Entstehung von Geld & Wirtschaft´ hier in
einigen Punkten ziemlich festgefahren scheint, wäre mir ganz allgemein die
Analyse der aktuell brandheißen Situation der Staatsfinanzen mit Blick auf die
Wirtschaft nochmals einen Streit um Lösungsansätze (für die Zeit danach) wert.
Dazu ein Zitat Bismarcks (Quelle: DIE ZEIT), das zum Kern des Problems vordringt:
"Mein Gedanke war, die Massen zu gewinnen - oder soll ich sagen: zu bestechen,
den Staat als soziale Einrichtung anzusehen, der ihretwegen besteht & für ihr
Wohl sorgen möchte."
Der brillanteste Machtpolitiker, den D. je hatte, schreibt damit nach
Machiavelli-Art die wahren Motive für kluges staatsmännisches Handeln
im Umgang mit sozialen Unruhen als Folge von Kapitalismus-Defiziten nieder.
(Damals hob er die Kranken-, Renten- & Unfallversicherung aus der Taufe &
brachte damit den Sozialstaatsgedanken, der uns heute zu schaffen macht, auf
den Weg.)
Dass dieser Sozialstaat in seiner jetzigen Form auf den Prüfstand gehört,
werden vermutl. viele hier unterschreiben. Ein Tabu dürfte dagegen die"real
existierende", von uns praktizierte Form der Demokratie sein.
In meinen Augen ist sie Teil des Problems, weil sie zu einem System offener &
verdeckter Bestechungen verkommen ist.
Wer zukünftig solide Staatsfinanzen will, kommt m.M. nach einer Reform der
Demokratie nicht vorbei.
Herzlichen Gruß
G.
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Galiani
20.10.2002, 17:07
@ Ghandi
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Gut gebrüllt, Löwe! Bin 100%-ig einverstanden! Gruß (owT) |
-->
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Galiani
20.10.2002, 17:19
@ Hörbi
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ohne Moos nichts los! ******LOL****** |
-->[img][/img]
Gruß
G.
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Turon
20.10.2002, 18:27
@ Wal Buchenberg
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Pyramidenbau war also körperliche Ertüchtigung? |
-->Ach so. Vielleicht sollten wir das dem Herr Schröder sagen. Keine Sorge - die Pyramiden wurden niemals von willkürlichen Pharaos, gebaut, damit die Untertanen so bißchen"Sport" bekommen und kampfbereit wären.
Mal so als Vorschlag: das Internet gibt sehr viele Infos über Monumente, Artefakte etc, vergangener Epochen. Ferner gibt es noch eine Reihe gute Bücher darüber. Ich schreibe das nur so als Empfehlung, denn das Wissen über Ägypten
ist nicht so schädlich, wie das richtige Wissen über Sozialismus in Rußland. [img][/img]
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dottore
20.10.2002, 19:41
@ Galiani
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Re: Ich nicht minder - sehr gut! Wir kommen um's Demokratie-Problem nicht herum (owT) |
-->
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André
20.10.2002, 19:49
@ Galiani
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Staat - Geld - nicht ganz so!!! @ Galiani und dottore |
-->(musste leider als neuen Beitrag eingeben, da Re nicht angenommen wurde)
>Keineswegs jede Verhaltensintegration ist ein Ergebnis der Macht, geschweige denn ausschließlich ein Ergebnis der Macht.
Antwort:
Das ist bislang nicht belegt.
Verhaltensintegration bei Menschen wie bei Pavianen, dem stärksten wächst ein Mantel.
Der Mensch lernt, sich den Machtverhältnissen anzupassen
oder er kämpft dagegen und bildet eigene Machtstrukturen aus.
>>Ich halte es für völlig ausgeschlossen, dass das Geld in normierter Form (und Geld muss normiert sein, wenn es als solches zu definieren ist, nach Gewicht, nach Feinheit, nach Stückelung, nach Material, nach Münzbild - letzteres ist äußerst wichtig!) durch"gesellschaftliche" (also macht- und staatsfreie) Integration (besser wäre hier wohl der Ausdruck:"Konvention") entstanden ist.
>Aber genau das, nämlich daß das Geld aufgrund gesellschaftlicher"Konvention" entstanden sei, behauptete z. B. John Locke, ein auch nicht ganz dummer Mann. Auch diese sog."Konventionstheorie" wäre im übrigen mit anderen Theorien der Geldbegründung keineswegs unvereinbar.
>Sie gehen übrigens von einem bedenklichen Gedanken-Fundament aus, wenn Sie sagen:"...Geld muss normiert sein, wenn es als solches zu definieren ist, nach Gewicht, nach Feinheit, nach Stückelung, nach Material, nach Münzbild..."
>Geld ist, was GILT, wie Ghandi richtig sagt! Das muß KEINESWEGS normiert sein! Erst die MÜNZE ist normiert!
>>Es muss also eine"integrative" Kraft gegeben haben, die etwas ab einem ganz konkreten Zeitpunkt als"geltend" gesetzt hat (gilt übrigens für alle Maße und Gewichte genauso)....
Antwort:
Selbstverständlich ist die Münze normiert.
Aber auch die Abgabe in Silbergewicht einer bestimmten Reinheit ist bereits Norm.
Der Begriff Geld wurde von d. durchaus auch weiter definiert und zugleich sprachhistorisch nachvollzogen:
pecunia kommt von pecus = Rind. Ferner gilt:
Das dt. Wort Vieh kommt vom german. vihu = Geld.
Nun ist solcherart Geld zweifellos keine allzu feste Norm.
Metallgeld ist jedoch stets mit der Macht/Tempel verbunden.
Geldstandard war zwingend erforderlich, um die diversen Abgaben an den Tempel
bzw. an die Macht untereinander verrechenbar zu machen (Bewertungsfunktion), was zumeist nicht bedacht wird. (weil die anderen Funktionen prima vistu wichtiger erscheinen).
Ferner sind alle Abgaben terminfixiert und aus dieser Terminfixiertheit
leitet sich zwangsweise der Zins ab.
Ohne Terminzwang der Abgabe KEIN ZINS.
Folglich wirtschaftliches Walten in unserem Sinn erst mit und durch die Macht.
Alles andere ist -- bei aller Wertschätzung der verdienstvollen Namen --
pseudowirtschaftswissenschaftliche Romantik, die den Vorzug hat, das menschliche Ego zu befriedigen.
Mit besten Grüßen und der Bitte die diesbezügliche Diskussion nachzulesen.
A.
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dottore
20.10.2002, 20:16
@ Wal Buchenberg
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Re: Als Pyramiden-Co-ops? |
-->>Hallo dottore,
>warum wurden Pyramiden gebaut?
>Um mit den Fakten anzufangen:
>Abgesehen von einem zahlenmäßig kleinen"Stab" von Fachleuten wurden die Pyramiden durch die Kooperation der fast gesamten Bauernbevölkerung in den drei Monaten der landwirtschaftlichen"Nichtsaison" gebaut.
"Kooperation"? Der Pyramidenbau als vorweg genommenes Kibuzz-Phänomen?
>Um mit relativ gesicherter Hypothese weiter zu machen:
>Ursprünglich wurde diese riesige menschliche Massenkooperation benutzt und benötigt, um das Niltal zu kanalisieren, Wasser auf höhergelegene Uferbereiche zu leiten, die nicht oder nur selten von der Nilflut überschwemmt wurden, bzw. die Nilfluten so zu steuern, dass das Wasser und der fruchtbare Schlamm dorthin fließt, wo er hinfließen soll (Äcker) und dorthin nicht hinfließt, wo er nicht hinfließen soll (Siedlungen).
Die These hat was, siehe den Dammbau als Herrschafts-Phänomen (Mesopotamien und auch Angkor Vat!).
>Um mit meiner Theorie abzurunden:
>Pyramiden wurden gebaut: Erstens nach dem Zeitpunkt, wo diese Massenproduktivkraft kooperierender Bauern durch langjährige Gewohnheit geschaffen und funktionsfähig war.
Ich habe noch keinen Bauern erlebt, der mit anderen"kooperiert" hätte. Solche Bauern-Co-ops's sind Märchen. Sie wurden voran getrieben durch Flurbereinigung und Maschinenpark-Gemeinschaftsnutzung, aber das kam"von oben".
>Zweitens wurden Pyramiden gebaut nach dem Zeitpunkt, wo diese Massenproduktivkraft kooperierender Bauern zunehmend weniger nötig oder ganz überflüssig wurde, weil die Kanäle fertig waren, der Nil aber durch Erosion an Wasser verlor, und die Kanäle nur noch instand gehalten werden mussten. Es waren also geringe Aufwände nötig. Die Kooperationsmaschine der Bauernmassen lag brach.
Hast Du eine Vorstellung oder Angabe, wie hoch der Nil vor der Erosion gestanden hat?
>Der Pharao hatte also die Möglichkeit etwas zu bauen, was absolut überflüssig war - ohne dass dadurch die gesellschaftliche Produktion gelitten hätte oder überansprucht worden ist. Wie gesagt, es wurde nur 3 Monate im Jahr in der landwirtschaftlichen Ruhezeit an den Pyramiden gebaut.
"Gesellschaftlich" war's sicher nicht. Ich kann der Vorstellung einer solchen Produktionsweise nichts abgewinnen. Entweder wir haben Einzeleigentümer und die machen so etwas nicht - oder Kollektive und das geht dann nur mit Zwang.
>Wo die Möglichkeit zu absolutem Luxus besteht, findet sich bald auch ein Grund, die Möglichkeit Wirklichkeit werden zu lassen. Wie Hegel sagt: Gründe finden sich immer. Gründe wachsen wie Brombeeren.
>Volkswirtschaftlich gesehen machte der Bau der Pyramiden dennoch Sinn: Wie Maschinen rosten und ihre Funktionsfähigkeit verlieren, so musste die Bauernkooperationsmaschine in Ägypten jedes Jahr am Laufen gehalten werden, damit sie ihre Funktionsfähigkeit nicht verlor.
Nun denn: warum fangen sie mit der größten und schwierigsten Pyramide an?
Das läuft doch alles irgendwie verquer:
Mehr und mehr verliert die Kooperative ihren ursprünglichen Zweck. Aber statt sie mehr und mehr zu höheren und größeren Pyramiden zu nutzen, geht's gerade umgekehrt. Warum?
>Die Arbeit an den Pyramiden war also keineswegs Zwangsarbeit, sondern eine Gewohnheit, die durch Tradition geheiligt war.
Warum bricht die HEILIGE Tradition ab? Wie wir aus der Religionsgeschichte wissen, steigt die Zahl der"Heiligen" mit der Dauer der Zeit, in der sich diese Religion bewegt. Ich sehe schon den Tag, das JP II jede Stunde jemand"heilig" spricht (heute gab's wieder welche) und/oder 10 Kardinäle ernennt.
Was hältst Du von der Geometer-Theorie der Pyramiden? Nach jeder Überflutung musste das Land neu vermessen werden, also brauchte man Fixpunkte, um abstecken zu können.
Gruß!
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Popeye
20.10.2002, 20:51
@ Galiani
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Re: Gut gebrüllt, Löwe! Bin 100%-ig einverstanden! Gruß (owT) |
-->Hallo, @Galiani, schön, dass Du mal wieder Zeit findest vorbeizuschauen!
Grüße Popeye
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Wal Buchenberg
21.10.2002, 08:06
@ dottore
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Re: Kooperation heißt nicht Kooperative |
-->Hallo dottore,
>"Kooperation"? Der Pyramidenbau als vorweg genommenes Kibuzz-Phänomen?
Für Kanalbauten ist ebenso arbeitsteilige Zusammenarbeit nötig wie für die Jagd in Gruppen oder für das Viehtreiben. In früher Zeit war Kooperation umso nötiger, als es kaum Maschinen gab, die Kraft und Geschicklichkeit vieler Menschen ersetzen.
Andererseits kann man auch sagen, ganz Ägypten war eine Kooperative. Warum sich an solchen Begriffen festhalten oder stören?
>Die These hat was, siehe den Dammbau als Herrschafts-Phänomen (Mesopotamien >und auch Angkor Vat!).
>Ich habe noch keinen Bauern erlebt, der mit anderen"kooperiert" hätte. Solche >Bauern-Co-ops's sind Märchen. Sie wurden voran getrieben durch Flurbereinigung >und Maschinenpark-Gemeinschaftsnutzung, aber das kam"von oben".
Du bist Schweizer! ;-) Bevor es Maschinen gab, war Nachbarschaftshilfe unter Bauern wichtig. Erst recht in Ägypten mit dem Bewässerungssystem. Vielleicht bist du als Schweizer unfähig, vorindustrielle Landwirtschaft zu verstehen?
Bei Herodot ist z.B. nachzulesen, dass mindestens vier Leute nötig waren, um einen Pflug zu führen. Die Ernte wurde ebenfalls gemeinsam eingebracht. So ist es in traditionellen Minderheiten-Gebieten in China heute noch.
>"Gesellschaftlich" war's sicher nicht. Ich kann der Vorstellung einer solchen >Produktionsweise nichts abgewinnen. Entweder wir haben Einzeleigentümer und >die machen so etwas nicht - oder Kollektive und das geht dann nur mit Zwang.
In Ägypten: Weder noch. Begreife, wers begreifen kann!
>>Die Arbeit an den Pyramiden war also keineswegs Zwangsarbeit, sondern eine >Gewohnheit, die durch Tradition geheiligt war.
>Warum bricht die HEILIGE Tradition ab?
Zu viele Fragen auf einmal! ;-)
>Was hältst Du von der Geometer-Theorie der Pyramiden? Nach jeder Überflutung >musste das Land neu vermessen werden, also brauchte man Fixpunkte, um >abstecken zu können.
Man brauchte keinen anderen Fixpunkt als einen Stock, den man an einer beliebigen Stelle - z.B. am Ufer - in die Erde steckte. Die nach der Nilüberschwemmung freigebenen Äcker waren eben NICHT immer an der gleichen Stelle.
Man kennt die alten Rechenbücher der Ägypter. Nirgends gibt es Berechnungen, zu einem bestimmten (absoluten) Bezugspunkt zu finden. Alle Berechnungen arbeiten mit Relationen: Gleiche Äckergrößen herstellen trotz ungleicher äußerer Form.
Wieviel länger ist Entfernung a als Entfernung b?
Und massig Berechnungen von kooperierender Arbeit, die es deiner Meinung nicht gegeben hat: Wieviel Leute und wieiviel Zeit sind nötig, um einen Graben von bestimmter Länge und Tiefe zu graben. Wieviele Brote sind nötig, für soviel Arbeiter in soviel Tagen? usw.
Nützliche Einführung: Georges Ifrah: Universalgeschichte der Zahlen. Campus. 2. Aufl. 1991.
Und: Helmut Gericke: Mathematik in Antike und Orient. Fourier. 4. Aufl. 1996.
Gruß Wal
P.S. @Turon: Wenn du mir schon Bücher zu lesen empfehlen willst, dann bitte etwas genauer mit Autor, Titel und Jahr! Und nicht nur:"im Internet gibt es Bücher dazu" [img][/img]
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dottore
21.10.2002, 08:50
@ R.Deutsch
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Re: Normen setzt ausschließlich der Staat - bis hin zu DIN-Formaten |
-->>Dottore schreibt:
>Ich halte es für völlig ausgeschlossen, dass das Geld in normierter Form (und Geld muss normiert sein, wenn es als solches zu definieren ist, nach Gewicht, nach Feinheit, nach Stückelung, nach Material, nach Münzbild - letzteres ist äußerst wichtig!) durch"gesellschaftliche" (also macht- und staatsfreie) Integration entstanden ist.
>Erstaunlich, diese Aussage! Ausgerechnet der entscheidende Normierungstatbestand fehlt! Für Gewicht, Feinheit, Stückelung und das Material braucht man den Staat nun wirklich nicht. Jeder kann selbst wiegen und die Rübe auf der Münze ist so ziemlich das Nebensächslichste beim Nachwiegen. Nein, nein, der entscheidende obrigkeitliche Normierungstatbestand bei Geld war immer der Wert.
Ach so, und ich dachte, den hätten sich die Privaten"irgendwie" und"untereinander" vereinbart. Oder gab's bei jedem Höker ein Huhn gegen ein anderes Metallstück? Und das von Platz zu Platz, von Tür zu Tür, von Dorf zu Dorf, von Stadt zu Stadt verschieden?
Mann, was müssen die umhergelaufen sein, um endlich den optimalen, weil am wenigsten Metall fordernden"Tauschpartner" zu finden...
Was mag dann bloß der erste"Preis" (ausgedrückt in Gramm Metall) gewesen sein? Für welche"Ware" mag er gegolten haben (ich bitte um ahnungsvolle Angaben).
Der erste Preis, ich sag' es gerne nochmal, war die pro Einheit Land oder pro Einheit"Kopf" ganz gleiche Menge Metall, die abzugeben war, als Steuer zu entrichten. Nichts standardisiert mehr als die Obrigkeit, weil sie den Preis für sich, nämlich die Macht festlegen kann. Dieser"Preis" ist in vielen schönen Dokumenten überliefert. Es geht schon in Mesopotamien los.
Ich bitte dringend, den Staat als Preissetzungfaktor (so und so viel kostet es, MICH, die MACHT zu haben) nicht zu übersehen.
>Erst so funktioniert der staatliche Geldbetrug. Der (normierte) Wert bleibt bestehen, aber das Gewicht (in Silber z.B.) nimmt ab.
Wer hat den Wert"normiert"? Den Wert für was (und zwar außerhalb der per Dekret, Gesetz, Anschlag, Säule, usw. festgelegten Preise der Abgaben)?
>Weiter schreibt Dottore:
>Es muss also eine"integrative" Kraft gegeben haben, die etwas ab einem ganz konkreten Zeitpunkt als"geltend" gesetzt hat (gilt übrigens für alle Maße und Gewichte genauso). Eine"langsamer" integrativer"Annäherungsprozess" (der eine zahlt mit 3,4 Gramm, der nächste mit 3,0, der nächste mit 4,3, usw. muss schon deshalb ausgeschlossen werden, da die"Gegenware" ebenfalls in Einheiten, Qualitäten, Gewicht, Feinheit und also standardisiert auftritt.
>Die Menschen einigen sich sehr schnell freiwillig auf einheitliche Maßstäbe (Fuß, Elle, Internetprotokolle etc.)
Dieses stimmt leider ganz und gar nicht."Fuß","Elle" usw. wurden durch die Obrigkeit vereinheitlicht. In jeder Stadt waren die Maße ganz genau festgelegt und zwar"von oben". Sie waren in jeder Markthalle angeschlagen, weshalb es auch die bekannten"Marktaufseher" gab (später dann der"Episcopus", der Aufseher - und fälschlich als"Bischof" tradiert)."Freiwillig" war da gar nichts. Alle mussten sich dran halten. Jedes Gewicht wurde von der Obrigkeit geeicht. Wer sich nicht an Maße & Gewichte hielt - schwere Strafen und Ausschluss für immer.
>dazu braucht es keine „integrative Kraft“ sprich Diktator. Und auf Galianis schönes Beispiel mit legalem Falschgeld:
>"Götter! Man soll das Kupfergeld verwenden, das die Stadt herausgegeben hat. Die Obolen aus Silber soll man nicht mehr annehmen. Wenn aber einer solches [Silbergeld] annimmt oder das Kupfergeld nicht annehmen will, oder Zahlung in Naturalien anbietet, soll er [als Buße] fünf Silberstater bezahlen...
>antwortet Dottore:
>Herrlicher Text! Nur wer hatte die Obolen ausgegeben? Logischerweise die selbe Macht ("Stadt"), die wg. Überschuldung zum bekannten Falschgeldtrick greifen musste. Wären die Obolen"Privatgeld" gewesen - wozu hätte sich die Stadt in diese Geschäfte einmischen sollen?
>Die Stadt konnte das Privatgeld der Obolen nicht dulden,
Die"Obolen" als Privatgeld? Ich muss mich wohl verlesen haben. Die Obolen trugen sämtlich staatliches Gepräge, und kamen sämtlich aus der obrigkeitlich betriebenen Münze. Das ist nun wirklich unbestrittener historischer Standard.
Wo gibt es in der Münzgeschichte eine"private" Münzanstalt? Abgesehen davon, dass es Unmengen davon gegeben haben müsste, da jeder"Privater" doch wohl sein"Privatgeld" fabrizieren durfte.
Nichts aber war zentraler und unikaler als die Münzstätte in jeder antiken Stadt, die wir daraufhin untersuchen konnten. In Rom war sie - by the way - dem Juno-Tempel angeschlossen, der wahrlich keine Privatveranstaltung war, weshalb Münzen auch den schönen Namen der Gottheit tragen:"Juno MONETA" - überall nachzulesen.
>weil sonst ihr Falschgeldtrick nicht funktioniert hätte. Genau wie oben beschrieben, behauptet die Stadt einfach, der Wert ihres Kupfergeldes sei der gleiche wie der der Silberobolen. Das ist der ganze Trick. Man macht den Wert unabhängig vom Gewicht (vom realen Inhalt).
Der Trick ist klar. Aber er wurde nicht angewendet, um"privaten" Schuldnern aus der Klemme zu helfen ("man" schuldet Silber und zahlt mit Cu zurück), sondern um der überschuldeten Stadt aus der Klemme zu helfen ("Stadt" schuldet Silber und zahlt mit Cu zurück).
Also deutlicher geht's wohl nicht.
Gruß!
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Euklid
21.10.2002, 08:59
@ dottore
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Re: Normen setzt ausschließlich der Staat - bis hin zu DIN-Formaten |
-->>>Dottore schreibt:
>>Ich halte es für völlig ausgeschlossen, dass das Geld in normierter Form (und Geld muss normiert sein, wenn es als solches zu definieren ist, nach Gewicht, nach Feinheit, nach Stückelung, nach Material, nach Münzbild - letzteres ist äußerst wichtig!) durch"gesellschaftliche" (also macht- und staatsfreie) Integration entstanden ist.
>>Erstaunlich, diese Aussage! Ausgerechnet der entscheidende Normierungstatbestand fehlt! Für Gewicht, Feinheit, Stückelung und das Material braucht man den Staat nun wirklich nicht. Jeder kann selbst wiegen und die Rübe auf der Münze ist so ziemlich das Nebensächslichste beim Nachwiegen. Nein, nein, der entscheidende obrigkeitliche Normierungstatbestand bei Geld war immer der Wert.
>Ach so, und ich dachte, den hätten sich die Privaten"irgendwie" und"untereinander" vereinbart. Oder gab's bei jedem Höker ein Huhn gegen ein anderes Metallstück? Und das von Platz zu Platz, von Tür zu Tür, von Dorf zu Dorf, von Stadt zu Stadt verschieden?
>Mann, was müssen die umhergelaufen sein, um endlich den optimalen, weil am wenigsten Metall fordernden"Tauschpartner" zu finden...
>Was mag dann bloß der erste"Preis" (ausgedrückt in Gramm Metall) gewesen sein? Für welche"Ware" mag er gegolten haben (ich bitte um ahnungsvolle Angaben).
>Der erste Preis, ich sag' es gerne nochmal, war die pro Einheit Land oder pro Einheit"Kopf" ganz gleiche Menge Metall, die abzugeben war, als Steuer zu entrichten. Nichts standardisiert mehr als die Obrigkeit, weil sie den Preis für sich, nämlich die Macht festlegen kann. Dieser"Preis" ist in vielen schönen Dokumenten überliefert. Es geht schon in Mesopotamien los.
>Ich bitte dringend, den Staat als Preissetzungfaktor (so und so viel kostet es, MICH, die MACHT zu haben) nicht zu übersehen. >
>>Erst so funktioniert der staatliche Geldbetrug. Der (normierte) Wert bleibt bestehen, aber das Gewicht (in Silber z.B.) nimmt ab.
>Wer hat den Wert"normiert"? Den Wert für was (und zwar außerhalb der per Dekret, Gesetz, Anschlag, Säule, usw. festgelegten Preise der Abgaben)?
>>Weiter schreibt Dottore:
>>Es muss also eine"integrative" Kraft gegeben haben, die etwas ab einem ganz konkreten Zeitpunkt als"geltend" gesetzt hat (gilt übrigens für alle Maße und Gewichte genauso). Eine"langsamer" integrativer"Annäherungsprozess" (der eine zahlt mit 3,4 Gramm, der nächste mit 3,0, der nächste mit 4,3, usw. muss schon deshalb ausgeschlossen werden, da die"Gegenware" ebenfalls in Einheiten, Qualitäten, Gewicht, Feinheit und also standardisiert auftritt.
>>Die Menschen einigen sich sehr schnell freiwillig auf einheitliche Maßstäbe (Fuß, Elle, Internetprotokolle etc.)
>Dieses stimmt leider ganz und gar nicht."Fuß","Elle" usw. wurden durch die Obrigkeit vereinheitlicht. In jeder Stadt waren die Maße ganz genau festgelegt und zwar"von oben". Sie waren in jeder Markthalle angeschlagen, weshalb es auch die bekannten"Marktaufseher" gab (später dann der"Episcopus", der Aufseher - und fälschlich als"Bischof" tradiert)."Freiwillig" war da gar nichts. Alle mussten sich dran halten. Jedes Gewicht wurde von der Obrigkeit geeicht. Wer sich nicht an Maße & Gewichte hielt - schwere Strafen und Ausschluss für immer.
Hierzu möchte ich nach Genuß meiner Semmel gerade eben dazu aufrufen die Bäckertaufe wieder einzuführen.
Das was man mir geliefert hat sind keine Semmeln mehr sondern geradezu Weizenhohlkörper.
Da heute jedermann besser trainiert ist bitte ich die Strafen gegenüber früher auszuweiten (bzw zu verlängern)
1.Bäckertaufe 2 min in geschlossenenem Käfig unter Wasser
2.Bäckertaufe 5 min in geschlossenem Käfig unter Wasser
3.Bäckertaufe 10 min in geschlossenem Käfig unter Wasser.
Man beachte die von mir eingeführte Progression;-)
Gruß EUKLID
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dottore
21.10.2002, 09:50
@ Galiani
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Re: Trieben wirklich die Engel als erste Handel? |
-->>Hallo
>>Die Integration von gesellschaftlichem Verhalten, also sozusagen dessen"Gleichschaltung" ist geradezu das Kennzeichen von ausgeübter Macht....
>Richtig! Jeder Herrscher verlangt"Verhaltensintegration". Aber erstens klappt das nicht immer, sonst bräuchte es keine Polizei, Gerichte u.s.w.
Wann klappt's denn ohne Obrigkeit und die von ihr bei Nicht-Einhalten der Integration angedrohten (!) und dann verhängten Sanktionen? Da müssen in grauer Zeit offenbar Engel miteinander Handel getrieben haben. (Daher vermutlich die Flügelwesen auf so vielen alten Münzen...).
>Und zweitens ist der Umkehrschluß unzulässig: Keineswegs jede Verhaltensintegration ist ein Ergebnis der Macht, geschweige denn ausschließlich ein Ergebnis der Macht.
Wir reden von Wirtschaft, also Erfolg und Misserfolg, zu messen in ökonomischen Größen (Waren, Geld). Es liegt bekanntlich in der Natur des Menschen, diese Größen zu seinen Gunsten zu maximieren, zu minimieren und zu manipulieren. Schon minimale Minderleistungen (= Nicht-Einhalten der Integration) bringen auf Dauer großen Vorteil. Und den hätten die"Integrierenden" nicht genutzt?
Offenbar wirklich engelsgleiche Gestalten, die damals wirtschaftlich tätig waren. Man nimmt 10000 Shekel Kredit und zahlt tatsächlich 10000 zurück. Nein, keiner versucht es mal mit 9999?
Ach so, die Shekel wurden gewogen? Wer hat dann das Gewicht festgelegt? Jede Partei für sich? Dann muss es mehr Gewichte gegeben haben (für jede Transaktion zwei, und zwar gleiche, für Gläubiger und Schuldner), woraus folgt:
Wir müssten mehr Gewichte gefunden haben als Münzen. Nur sind Gewichte äußerst selten und fast alle, die gefunden wurden, haben ein Obrigkeitszeichen und bei denen ohne Zeichen gab es als Vergleichsgewicht das von der Amtsperson in Halle oder Tempel aufbewahrte - es gibt keinen Markt ohne Marktaufseher (oder wo dürfen wir solche Märkte suchen?).
>Aber genau das, nämlich daß das Geld aufgrund gesellschaftlicher"Konvention" entstanden sei, behauptete z. B. John Locke, ein auch nicht ganz dummer Mann. Auch diese sog."Konventionstheorie" wäre im übrigen mit anderen Theorien der Geldbegründung keineswegs unvereinbar.
Das ist die Variante zur Gesellschaftsvertragstheorie. Bis heute werden Urschriften oder auch nur Abschriften dieser"Konventionen" und"Verträge" fieberhaft gesucht - bisher ohne Erfolg. Aber vielleicht sind diese Dokumente irgendwo versteckt (eingemauert?) und wir haben sie bloß noch nicht gefunden?
Bestimmt hatten Locke, Hobbes und die anderen Giganten diese Dokumente einsehen können. Haben sie daraus sogar zitiert? In ihren gedruckten Werken finden sich nichts, aber vielleicht in unentdeckten Manuskripten?
>Sie gehen übrigens von einem bedenklichen Gedanken-Fundament aus, wenn Sie sagen:"...Geld muss normiert sein, wenn es als solches zu definieren ist, nach Gewicht, nach Feinheit, nach Stückelung, nach Material, nach Münzbild..."
>Geld ist, was GILT, wie Ghandi richtig sagt! Das muß KEINESWEGS normiert sein! Erst die MÜNZE ist normiert!
Ei, als was"gilt" es denn? Ich sehe, hier wird das Metall als solches mit bestimmten Mengen bzw. Gewichten desselben verwechselt. Oder täusche ich mich?
Normiert war übrigens die Metallabgabe!
Bei Herodot sehr schön nachzulesen, was die einzelnen Satrapien bzw. tributpflichtigen Völker abzuliefern hatten, ganz präzise in Talenten (Gewicht) angegeben. In Persien, es sei wiederholt, gab es nirgends Märkte. Das einzige"Gut", das einen konkreten Preis hatte, war der Söldner. Der Söldner ist das erste Massengut, das gekauft wurde und zwar zum Standardpreis.
Leuchtet auch ein, weil Söldner = Söldner.
>>Es muss also eine"integrative" Kraft gegeben haben, die etwas ab einem ganz konkreten Zeitpunkt als"geltend" gesetzt hat (gilt übrigens für alle Maße und Gewichte genauso)....
>Wie schon gesagt: Der von Ihnen vertretene Chartalismus ist absolut nicht unvereinbar mit der Annahme, daß Geld (in einer bestimmten Gesellschaft und Konstellation) ursprünglich ganz im Gegensatz dazu als Mittel zur Transaktionserleichterung geschaffen wurde.
Bitte konkret: Welche Transaktion wurde auf welchem Markt"erleichtert"?
Ich bitte nochmals zu bedenken, dass die ersten"privaten" Käufe gegen"Geld" Stückkäufe waren und nicht Gattungskäufe. Dabei wurde zunächst gegen Specie gekauft (weil Specie das Abgabengut war und ergo einen"Kurs" hatte, siehe eben), dann gegen auf Specie lautende Verpflichtungen (Depotscheine, Schuldscheine, usw.).
>Ihre Bemerkung: "Die Integration, was das Geld angeht, muss also"verordnet" worden sein... ist deshalb in dieser keinen Widerspruch duldenden Form meiner Meinung nach unhaltbar!
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>Anmerkung am Rande:
>[Was mich im übrigen aber am"Chartalismus" immer schon gestört hat und ihn mir besonders unsympathisch macht, ist die Tatsache, daß diese Theorie den Begriff des WERTES aus dem Wirtschaftsleben eliminiert.
Der"Wert", das wurde oft genug erläutert, ist subjektiv und eine Wunschvorstellung. Erst der"Preis" ist - via Marktvorgang - objektiv und entscheidet über den wirtschaftlichen Fortgang: Erst der geforderte, dann der realisierte Preis.
>Wohin das führt hat uns ja das Beispiel des Staatsunterganges der DDR und besonders auch der Sowjetunion gezeigt. Ja, erst der Chartalismus öffnet dem"legalen Falschgeld" (R. Deutsch) Tür und Tor
Dass der Chartalismus dem Staatsbetrug Tür und Tor öffnet, kann nicht bestritten werden. Der Betrüger ist stets der Staat, der jederzeit unschwer die"Charta" ändern kann, siehe Defizitkriterien aktuell.
>und führt - gerade weil er so verbreitet ist und so sehr in die Geld-Praxis Eingang gefunden hat (vergleiche das Beispiel der Gesetze von Gortyn, das ich in meinem Eingangsposting erwähnt habe) - geradeswegs in die ja auch von Ihnen prophezeite Katastrophe.]
Auch das ist völlig klar und richtig.
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>>Wirtschaften als im Sinne des Austauschens, zumal von Produktionsgütern, die ihrerseits Herstell- und damit Zeit- und Kostenprobleme verursachen, ist nicht vorstellbar, etwa: der eine baut ein Boot, der andere einen Wagen - und nun tauschen sie beides aus....
>Ich möchte darüber nicht nochmals diskutieren!
Okay, akzeptiert.
>>Ich hatte schon an Popeye geschrieben, dass... Kolossal-Kapitalbildungen, wenn sie auf dem Wege über privates Wirtschaften und allmähliches Abschöpfen von Überschüssen oder"Gewinnen" gelaufen wären...
>Das behauptet doch niemand.
Doch! Die Gutstaats-Theoretiker gehen aus von einer"Privatwirtschaft", aus der sich der Staat dann"ein ganz kleines Bisserl" bedient und zwar aus der erbrachten Wirtschaftsleistung.
Wie lange muss eine solche"Bisserl"-Zeit gedauert haben, bis der Staat so viel an erbrachter Wirtschaftsleistung beisammen hatte, dass er ENDLICH seine Kolossal-Objekte verwirklichen konnte?
>>Warum also ist Gold wertvoll? Weil es wertvoll ist?...
>Ja genau! Der Nobelpreisträger Paul Samuelson erklärt übrigens in seinem berühmten Lehrbuch genau auf diese Weise den Wert des Geldes!
Natürlich. Etwas ist wertvoll, weil es wertvoll ist. Gold war den Indios in Panama sogar so wertvoll, dass sie ihre Fischernetze damit beschwerten. Villeicht hatten sie keine Steine? Gold war den Jungs im frühen Sudan so wertvoll, dass sie daraus Ketten für Gefangene fertigten. Vermutlich war der Strick noch nicht erfunden.
>Im Ernst: Ihre Frage wird - um nur einige Namen zu nennen - ausführlich beantwortet z.B. von Knies, von Eugen Dühring oder - nochmals! - von Ferdinando Galiani!
Es gibt eine schöne Preisstatistik für Straßburg von 1401 bis 1901. Erstellt von der"Historischen Schule", deren Mitbegründer just Knies ist.
Jeweils ein Hektoliter Getreide gegen Gewichtseinheit Silber (in Gewichtsmark). Wie kommt's, dass das Silber gegen Getreide immer wertloser wurde, wo es doch eigentlich wertvoll ist?
Bei der Bestimmung von"wertvoll" hat offenbar jemand nicht aufgepasst. Es wäre nämlich viel wertvoller gewesen, in Getreide zu sein als in Metall. Warum nur hat sich die gesamte Welt und haben sich unendlich viele kluge Geschäftsleute so sehr vertan?
Dissens goes on...
Gruß!
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R.Deutsch
21.10.2002, 09:57
@ dottore
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Re: Normen setzt ausschließlich der Staat - Trust Yourself |
-->Lieber Dottore,
Du schreibst:
Ach so, und ich dachte, den (den Wert) hätten sich die Privaten"irgendwie" und"untereinander" vereinbart. Oder gab's bei jedem Höker ein Huhn gegen ein anderes Metallstück? Und das von Platz zu Platz, von Tür zu Tür, von Dorf zu Dorf, von Stadt zu Stadt verschieden? Mann, was müssen die umhergelaufen sein, um endlich den optimalen, weil am wenigsten Metall fordernden"Tauschpartner" zu finden...
Gratuliere, Du hast es erfasst! So funktioniert Marktwirtschaft! Wert lässt sich nun mal nicht normieren, auch nicht vom Staat. Der Staat tut nur so, als ob er das könne, und die Menschen fallen leider immer wieder auf diesen Trick herein. Weiter schreibst Du:
Was mag dann bloß der erste"Preis" (ausgedrückt in Gramm Metall) gewesen sein? Für welche"Ware" mag er gegolten haben (ich bitte um ahnungsvolle Angaben).
Der erste Preis, ich sag' es gerne nochmal, war die pro Einheit Land oder pro Einheit"Kopf" ganz gleiche Menge Metall, die abzugeben war, als Steuer zu entrichten.
Na also, bitteschön sag ich doch. Nix Wert sondern Menge wurde festgelegt. Den Wert der Menge mussten die Menschen nach wie vor selbst bestimmen. Aber dann kommt der Staat und prägt die Zahl 20 auf die Münze und behauptet, diese Menge Silber ist 20 wert, weil ich es so festlege. Und die Menschen sagen, ach so, wenn das so ist, dann ist die Metallscheibe also 20 wert, wenn 20 draufsteht. Und der Staat sagt, ja so ist es, und macht die Scheibe nur noch halb so groß - mit einer 20 drauf.
Erst wenn die Menschen (erneut) erkennen, dass der Staat den Wert nicht festlegen kann, sondern sie ihn jeweils selbst bestimmen müssen (ja, sie müssen zu diesem Zweck geistig umherlaufen und unter verschiedenen Geldarten wählen, wenn sie nicht immer erneut auf den Falschgeldtrick hereinfallen wollen) erst dann haben sie ihre monetäre Freiheit wieder erlangt.
Trust Yourself
RD
p.s. übrigens der erste Preis war Gold ausgedrückt in Gramm Silber, bzw. Silber ausgedrückt in Gramm Gold - ganz einfach
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Bob
21.10.2002, 11:10
@ Ghandi
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so'ne Art"Dreiklassenwahlrecht" |
-->D.h. die Stimme, die einer bei einer Wahl abgibt, wird gewichtet mit den Steuern, die er in den letzten 4 Jahren gezahlt hat.
(dann gibt's allerdings nur noch absolute Mehrheiten für die SPD, wie ich mal vermute)
bob
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