BossCube
03.10.2000, 16:33 |
Buchbesprechung: A. Kostolany: Die Kunst über Geld nachzudenken mvT. Thread gesperrt |
Hallo allerseits!
Wie Ihr vielleicht gemerkt habt, habe ich seit einiger Zeit nichts mehr im Forum von mir hören lassen und auch keine Buchbesprechung mehr geschrieben. Das war aber nicht aus Faulheit, sondern weil ich zur Zeit einfach mächtig im Streß stecke und nicht dazu gekommen bin. Zum Glück ist endlich mal ein langes Wochenende, so daß ich ein paar Schulden abtragen kann. Sobald die Uni wieder beginnt, habe ich wieder mehr Zeit:-(
Alsdann Kostos letztes Werk:
Viele von uns kennen Kosto noch als liebenswerten Spekulanten und Ratgeber, der uns so manches Schmunzeln in seinen Werken abgenötigt hat. So auch diesmal. Viele Anekdoten ( mit „Grün“ und „Blau“) waren schon bekannt, einiges ist aber neu und ruft in mir Widerspruch hervor. Dazu später.
Kostos Buch ist ein finales Plädoyer für die freie Wirtschaft, freie Entfaltung der Persönlichkeit und freie Spekulation. Nach eigener Aussage war Geldverdienen für Kosto nie Selbstzweck, sondern die Gewinne zeigten ihm, daß er recht hatte (S 19). Dafür stand er auch harte Zeiten durch, was ihn in dieser Hinsicht etwas ähnlich zu uns macht, die wir die Aktienmärkte abstürzen sehen. Nach Kostos Ansicht geht Geld immer zu dem, der es am meisten begehrt (S.21), der jedoch einen kühlen Kopf behält. Viel Geld bekommt man auf dreierlei Weise: reiche Heirat, glückliche Geschäftsidee oder Spekulation. Den meisten von uns bleibt wohl nur der dritte Weg.
Eine kleine Anekdote: Kosto floh 1940 vor unseren Truppen in die USA. Da ihm Theater, Lesen, Reisen etc. zu langweilig wurden, wollte er sich eine Arbeitsstelle suchen. Er ging also zu Goldmann Sachs und traf dort mit Walter Sachs zusammen. Er machte aber leider den Fehler, zu sagen, daß er relativ reich sei und auch ohne Geld arbeiten würde. Da Goldmann aber junge, gierige und karriereversessene Leute wollte, fiel Kosto durch und für ihn wurde Rober Rubin eingestellt. Diesen Namen kennen wir wohl alle.
Kosto geht dann auf die unterschiedlichen Arten von Leuten ein, die mehr oder weniger mit der Börse zu tun haben. Da wären Makler (für die er nichts übrig hat), Money-Manager, Finanziers, Arbitrageure, Hasardeure. Kosto kritisiert auch die jetzt vermehrt auftretenden Zocker, die den Markt schädigen. Er erwähnt das Beispiel der Friseuse, die ihre Arbeit aufgab, um als Daytrader zu arbeiten. Ich kann mich genau an den Beitrag erinnern. Er sagt wie wir, daß aus der Börse ein Spielkasino geworden ist, weiter hinten zieht er aber daraus nicht die richtigen Schlüsse. Devisenhändler hat er auch auf dem Kieker und würzt das wieder mit einer kleinen Geschichte. Devisenhändler sind für ihn wie Landstreicher: „ Die Händler und ihre Arbeitgeber denken wohl ähnlich wie jener Landstreicher im alten Ungarn, der sich wegen Mordes vor Gericht verantworten mußte. „ Schämst Du Dich nicht, einen Mann zu ermorden, für nur 2 Gulden?“ Aus tiefster Überzeugung kam die Antwort: „ Aber gnädiger Herr, zwei Gulden hier, zwei Gulden dort, es läppert sich zusammen.““ Das genau ist Kostos Witz, den ich so mag.
Wir wissen auch, was Kosto von akademischen Lehren hält - um es vorsichtig auszudrücken - wenig. Als erfolgreicher Spekulant sollte man besser seine Volkswirtschaftlichen Kenntnisse ablegen. In der heutigen Zeit der Börsenblase sind wahrscheinlich sehr viele diesem Rat gefolgt und haben die wirtschaftlichen Rahmendaten völlig aus den Augen verloren.
Dann beginnt Kosto damit, aufzuzählen, womit man spekulieren kann: Anleihen (wobei er seinen Zarendeal erwähnt), Devisen (Franc - Spekulation Anfang der 20er), Rohstoffe( Getreide - Spekulation in Ungarn) und Sachwerte. Und jetzt wird es interessant, da sich Kosto dem Golde zuwendet: „ Die Entwicklung des Goldpreises offenbart das ganze Desaster. Von in der Spitze von 850 Dollar für die Feinunze ist Gold auf heute unter 300 Dollar gefallen. Und Besserung ist nicht in Sicht. Ich betrachte dies mit großer Genugtuun, denn ich war immer ein Gegner der Goldanbeter.“ Seinen Haß gegen Gold erklärt Kosto später noch etwas genauer.
Es folgt eine kleine Börsengeschichte. Wie es so zuging im 17.Jh in Amsterdam, mit der ostindischen Kompanie und den Tulpen (Tulpe kommt übrigens von Turban (türkisch), interessant, was?). Irgendwie war die Börse doch immer schon so wie sie heute ist und sie wird sich auch nie ändern. Kosto zieht aber nicht den Schluß daraus, daß heute wieder eine Tulpenmanie im Gange ist. Er erwähnt auch kurz de la Vegas Buch über „ Die Verwirrung der Verwirrungen“, das er leider nie in der Originalausgabe bekommen konnte, da es irgendein Japaner auf der Auktion weggeschnappt hat. Kosto hat wohl nie erfahren, daß das unser Freund Dottore war.
Kosto, so erzähl er, ging immer gern zur Börse, aber nicht, um zu machen was alle dort taten, sondern, um genau das Gegenteil dessen zu tun. Das ist doch wieder ein Punkt, der uns in unserer bärischen Einstellung bestärkt, denn die dumme Hammelherde rennt doch immer noch nur in die eine Richtung. Was folgt, ist die Geschichte mit dem Mann und dem Hund, der manchmal vorausrennt und manchmal zurückliegt. Kosto beschreibt die Diskrepanz, die zwischen Hund und Mann in Japan Ende der 80er Jahre bestand, er zieht aber kein Parallelen zur heutigen Entwicklung in den USA. Bernd Niquet verfaßte neulich mal einen guten Kommentar auf Spiegel-online dazu. Niquet beschrieb so trefflich, daß sich das Spiel mittlerweile so gestaltet, daß der Hund mit dem Mann spazieren geht.
Jetzt kommt eine von Kostos Kernthesen: „ Der Friede ist das Wichtigste“. Damit hat er sicher recht, doch auch 1929 war wieder Frieden. Da jetzt die Amerikaner als einzige Weltmacht übrig seien und den Frieden auf absehbare Zeit sichern würden, dann es an den Börsen munter weiter steigen. Daß der Frieden keinesfalls unbedingt sicher ist, erschließt sich dem interessierten Leser in folgendem Buch: „Kampf der Kulturen“ von S. Huntington.
Kosto: „ Ist die Wirtschaft frei von Hemmnissen, so daß sie wachsen kann, wird die Börse trotz Schwankungen a la longue nach oben gehen.“ Ja aber eben diese von allen Fesseln befreite Wirtschaft ist es doch, die die Exzesse mit herbeigeführt hat!? Es ist doch jetzt so, daß Kapitalinteressen alles andere dominieren und das kann Kosto doch nicht gutheißen?
Und jetzt ist Kosto wieder beim vorhin erwähnten Gold angelangt. Seiner Meinung nach verhinderte ein auf dem Goldstandard basierendes Geldsystem die ausreichende Liquiditätsversorgung der Volkswirtschaften, was sich u.a. in mäßigen Börsenentwicklungen niederschlug. Soweit ich weiß, bestand 1929 noch der Goldstandard...... Kostos falscher Schluß lautet: „ In Wirklichkeit hat das Goldstandardsystem nie funktioniert und es wird nie funktionieren“. Komisch, über Jahrhunderte funktionierte es hervorragend. Es gab quasi weltweit eine einheitliche Währung und z.B. die industrielle Revolution wurde dadurch auch nicht verhindert. Um Kostos historische Kenntnisse scheint es in dieser Hinsicht nicht gut bestellt zu sein. Eine wirklich heftige These von Kosto ist diese: „ Vielleicht wären Hitler, das Dritte Reich, der Zweite Weltkrieg und der Holocaust nie geschehen, hätte es den Goldstandard nie gegeben.“ Und hier erreicht Kosto einen Punkt, der ihn jeden Kredit bei mir verspielen läßt. Es dürfte Kosto nicht entgangen sein, daß Dl. nach dem 1.WK Tribute auferlegt wurden, die es nicht erbringen konnte und die eine Rache der Sieger darstellten. Brüning blieb doch nichts weiter übrig, als bis zur äußersten Erschöpfung das Volk mit Steuern zu belasten, da die Sieger ihre Beute wollen. Hätten wir nicht gezahlt, so wären Franzosen und Engländer wieder eingerückt und hätten Deutschland besetzt. Die nationalsozialistische Diktatur dem Gold in die Schuhe zu schieben, ist wirklich nicht nur eine Frechheit, sie ist einfach dumm. Kosto kennt genau die Vorgeschichte der goldenen Zwanziger mit all den Exzessen, der Kreditausweitung und der kurzfristig finanzierten Spekulation. Das alles hatte mit dem Gold überhaupt nichts zu tun. Noch ein nettes Zitat von Kosto: „ Unser heutiges Wirtschaftssystem braucht gute Notenbanker, die Dirigenten der Finanzmärkte, und nicht das Goldstandardsystem. A.Greenspan, der Chef der FED, ist ein sehr guter Dirigent. Er gibt der Wirtschaft Geld, wenn sie es braucht, und reduziert die Geldmenge, wenn zu viel Geld im Umlauf ist.....“ Kosto scheint hier die Entwicklungen der letzten Jahre nicht mehr so ganz mitbekommen zu haben. Die Notenbanker sind längst keine Dirigenten mehr. Die Dirigenten sind die weltweiten Devisenspekulanten geworden, die a la Sorros Gewinne privatisieren (Pfund-Abwertung) und Verluste sozialisieren (Mexiko-Krise), also der Bevölkerung aufladen.
Stabiles Geld ist für Kosto kein Ziel. Ziel ist nur Frieden und Wohlstand, auch wenn dieser mit Inflation erkauft wird. Daß er mit dieser Meinung kein Freund des Goldes sein kann, ist absolut einleuchtend. Hätten wir in unserer heutigen Zeit den Goldstandard, so wären uns wohl die meisten Exzesse erspart geblieben. Sicher, die Wirtschaft wäre nicht so schnell gewachsen, doch wäre das unbedingt ein Nachteil gewesen? Jetzt hat sie sich doch so aufgeblasen, daß es kein verträgliches Luftablassen mehr geben kann.
Für Kosto sind die entscheidenden Faktoren, damit die Märkte steigen können, Geld und Psychologie. Damit hat er zweifellos recht. Nicht umsonst hat ja die FED die Geldmenge so deutlich ausgedehnt, um die Blase weiter am Leben zu halten. „ Meiner Ansicht nach sind für die mittelfristige Börsentendenz die Faktoren Phantasie und Geld viel ausschlaggebender als die fundamentalen Tatsachen, wobei der Faktor Geld klar der dominierende ist.“ Und eben daran krankt doch alles. Wir sind schon himmelweit von den fundamentalen Tatsachen entfernt. Das ist wieder eine Stelle, an der Kosto den Drahtseilakt wagt. Er prangert zwar Überreaktionen an, sieht aber aktuell keine oder nur eine geringe Gefahr Kostos Logik folgend wäre es wohl das beste, wenn die Notenbank die Druckpresse immer fleißig in Gang halten würde. Kosto benennt den Kredit als Triebkraft der Wirtschaft. Daß diese Triebkraft aber durch exorbitante Staatsverschuldung und durch Unternehmenüberschuldung in eine immer gefährlichere Schieflage gerät, benennt er nicht. Dann aber weiter ein Satz, in dem er doch seiner Besorgnis etwas Ausdruck verleiht: „ Gelingt ihnen (den Notenbanken) diese Balance zwischen Rezession und Euphorie aber irgendwann nicht mehr, und die Wirtschaft wächst unkontrolliert schnell (diese Gefahr besteht zur Zeit allenfalls in den USA), gepaart mit anziehenden Inflationsraten, werden die Folgen dramatisch sein.“ (S. 110) Und weiter: „Je euphorischer die Stimmung zuvor war, desto heftiger wird der Krach...... Der Vollblutspekulant, der sich a la baisse engagiert, kann ein Vermögen machen.“
Er greift auch kurz die Massenpsychologie auf und erwähnt Le Bons Buch. Für ihn entziehen sich aber die psychologischen Motivationen der Vorhersage. Uns kann dafür die EW-Theorie sehr hilfreich sein. Auch darauf geht Kosto ein. Was dann folgt, ist seine bekannte Geschichte von den Zittrigen und den Hartgesottenen. Die Frage ist die, wer wohl jetzt die Papiere hält. Ich erinnere mich gut an eine Statistik über US-Internetwerte, die auswies, daß z.B. Priceline im Durchschnitt 3 Tage gehalten wird. Im Nachhinein haben die Zocker da noch Glück gehabt. Fakt ist aber, daß dadurch die Börse kaputtgeht.
Dem Ei des Kolumbus entlehnt, erklärt Kosto dann das Ei des Kosto. Wir dürften jetzt in Phase A3 sein, die einen euphorischen Wendepunkt darstellt.
Und jetzt wird es für EW-Freunde interessant. Es war im Jahre 1987. „ Ein Börsenguru namens Robert Prechter, der mit Hilfe der Elliot (!!!!) - Wellen einen Dow Jones von 3686 für 1988 vorraussagte, war der Star der Anleger. Seine Berühmtheit war ein klares Indiz dafür, daß sich die Papiere bereits überwiegend in den Händen der Zittrigen befanden. Jeder nur ein wenig erfahrene Börsianer würde niemals einem Guru hinterherlaufen, der behauptet, den Dow Jones auf den Punkt genau vorhersagen zu können....... was Prechter machte, war eine Beleidigung des gesunden Menschenverstandes.“ Kosto vergißt hier nur, daß Prechter diese Prognose Ender der Siebziger Jahre (!!!) abgab, als der Dow bei 1000 Punkten lag. Daß sich Kosto nie ernsthaft mit EW befaßt hat, ist klar. Man merkt Kosto an, daß er innerlich gespalten ist: „ kein Börsenkrach, und kein Boom, der nicht in einem Börsenkrach endet“. Ja, und ich will besonders diesmal beim Krach nicht dabei sein.
Es folgen noch eine Reihe anderer Auslassungen, so z. B. über 1929 (Blasenwerte wie Radio Corp. eingeschlossen), antizyklisches Handeln (verkaufen wenn alle anderen kaufen und umgekehrt), Charakterstärke, Informationsgesellschaft, Insider, Turnaround - Werte usw.
Zusammenfassend stelle ich fest, daß Kosto hier kein neues Buch an sich geschrieben hat, sondern aus alten Büchern, etwas aufgepeppt, zusammengefaßt hat. Er sieht die realen Verwerfungen an der Börse, wagt die Konsequenzen aber nicht auszusprechen. Seine dreisten Aussagen zum Gold und zur Weimarer Republik haben mich wütend gemacht und Kosto in meiner Wertschätzung herabgesetzt. Dieses Buch war nicht sein bestes, ist aber für Einsteiger recht brauchbar, die Funktionsweise der Börse besser zu verstehen. Lesenswert und witzig sind wie immer seine Anekdoten, die viele aber schon kennen. Auf meiner Notenskala eine 3,0.
Grüße und bis zum nächsten Mal!
Jan
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JüKü
03.10.2000, 18:00
@ BossCube
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Re: Buchbesprechung: A. Kostolany: / Danke, Jan! Toller Service! (owT) |
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snob
03.10.2000, 19:12
@ BossCube
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Re: Buchbesprechung: A. Kostolany: Die Kunst über Geld nachzudenken mvT. |
Hallo Jan,
Danke für die Buchbesprechung. Ich selber habe das Buch"Börsen-Psychologie"
von Kostolany gelesen, und es war wie immer sehr hilfreich. Zum Beispiel
als die Euphorie ihren Höhepunkt im März/April hatte, nahm ich sein Buch und
habe entsprechende Stellen über den Crash von 1929 gelesen. Es verhalf mir
zumindest über den Schmerz entgangener Gewinne hinwegzukommen, nachdem
ich meine Cashquote auf 90% erhöht hatte.
Noch etwas zu Prechter. Da JüKü mal gesagt hat, das die Technische Analyse
der Vorläufer der EWA ist, möchte ich folgende Frage stellen.
Die Technischen Analyse lehrt einem das wenn alle Widerstände gebrochen sind ATH, das der Weg nach oben frei ist. Warum hat dann Prechter so lange auf
seine Elliott-Analyse festgehalten? Zumindest sollte man ab diesen Zeitpunkt (wenn neue All-Time-Highs erreicht werden) seine Prognosen überdenken.
Gruß,
snob
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JüKü
03.10.2000, 19:21
@ snob
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Re: Prechter |
>Noch etwas zu Prechter. Da JüKü mal gesagt hat, das die Technische Analyse
>der Vorläufer der EWA ist, möchte ich folgende Frage stellen.
>Die Technischen Analyse lehrt einem das wenn alle Widerstände gebrochen sind ATH, das der Weg nach oben frei ist. Warum hat dann Prechter so lange auf
>seine Elliott-Analyse festgehalten? Zumindest sollte man ab diesen Zeitpunkt (wenn neue All-Time-Highs erreicht werden) seine Prognosen überdenken.
>Gruß,
>snob
Welche konkrete Analyse bzw. Prognose ist gemeint? Es ist richtig, wenn ein enues ATH erreicht wird, obwohl man bearish war, MUSS man die Zählung (fast) immer verwerfen. Einzige Ausnahme: Ein sog."überschießenes B", aber das führt nicht zu signifikant neuen Hochs, sondern nur knapp. Man kann bearish bleiben, solange ein ATH nicht überschritten wird (wie z. B. 11.750 beim Dow am 14.01.00); SELBST WENN DER Index von 9.700 wieder bei 11.400 steigt. BIS HEUTE kann man (muss man) davon ausgehen, dass seit 11.750 der Trend abwärts ist, auch wenn es starke Korrekturen gegeben hat.
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dottore
03.10.2000, 20:07
@ BossCube
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Re: Die Kunst, das älteste Buch über die Börse zu ersteigern... |
>Auf meiner Notenskala eine 3,0.
Sag' das nicht, Jan. Das Geheimnis aller sog. Erfolgsautoren besteht darin, immer einen neuen Quirl in alter Pampe kreisen zu lassen und gelegentlich ein neues Gewürz hinein zu tun. Ich weiß, wo von ich schreibe.
Zu Kosto noch ein Nachtrag (weil er mich betrifft, und das nicht bloß in der Funktion, dass ich ihm die ganzen Bücher eingeredet habe). Den bringe ich, nicht um Kosto bei Wahrheitswidrigkeiten zu erwischen oder gar, um mich ins rechte, grellere Licht zu stellen, sondern, weils ne nette Story ist (beim Vorabdruck von mir auch schon in etwa in WamS geschrieben):
Es gibt ein Buch, auf das jeder Börsianer scharf ist: José de la Vega (1650-92), Confusion de Confusiones (Verwirkung der Verwirrungen), Amsterdam 1688. Dieses Buch erklärt zum ersten Mal (in der klassisch-spanischen Trialogform - Aktionär, Philosoph, Kaufmann) die Börse und ist nicht nur stilistisch, sondern auch inhaltlich von allergrößtem Reiz ("Börsengewinne sind wie Koboldschätze... mal Diamanten, mal Tau, mal Tränen..." usw.)
Bei einem Besuch in Madrid lernte ich einen dortigen Börsenmakler (und Stierkampf-Arenen-Aktien-Sammler - extrem teure Titel!) kennen, der über de la Vega eine Monographie geschrieben hatte (incl. Abb. der Grabplatte usw.). Leider gab es das Buch nirgends - es schien fast so etwas wie ein Ghoast-Book zu sein. Schließlich lichtete sich der Nebel und Exx. wurden nachgewiesen in Harvard (Kress Library - für jeden der mal dorthin kommt ein MUST!), in London (BM), in Paris (BN), in Belgien (BN) und in Spanien (BN). Zwei in Deutschland existiert haben sollende Exx. sind wg. Krieg verschollen.
Der langjährige Leiter der vowi Abteilung der DeuBa fand ein solches Ex. in einem Wiener Privatarchiv (Ã-sterreich herrschte im 17. Jh. in den Niederlanden) und bot es mir zum Tausch gg. die nicht minder seltenen Gründer-Statuten der National Bank of Scotia an. Ich willigte ein und besaß das Börsianer-Rarissimum. Nun haben Unikate (Bücher, die auf dem Markt nie vorkommen) keinen"Preis". Also gab ich das Buch an Sotheby's (hochkriminelle Vereinigung wie wir inzwischen wissen) zur Auktion. Die sagten 300 - 400 Pfund und erhöhten die Schätzung auf meine Intervention hin auf 400 - 600 Pfund. Ich machte daraufhin alle auf die Rarität aufmerksam, den Spanier und Kosto inklusive.
Kosto soll ein Gebot bis 5000 Pfund abgegeben haben, der Spanier hatte noch nicht so viel Geld (es war 1987). Ich schickte einen Freund nach London, um das Buch zu ersteigern (das mir sowieso gehörte, aber für das ich Mal ein Preisschildchen sehen wollte). Und es kam wie es kommen musste. Ich ersteigerte gegen Kosto und viele andere (Letztbieter war der Antiquar Quaritch) meinen de la Vega für 18.000 Pfund (womit sich Sotheby's erwartungsgemäß lächerlich gemacht hatte und der arme Kosto hinten runter gefallen war). Kosto meint in seinem Buch, es habe ein Japaner ersteigert, aber der Japaner war - ich.
"Habent sua fata libelli" - es haben die Bücher so ihre Schicksale, sagt der Lateiner.
Und das ist die Wahrheit. Denn das Buch liegt, während ich das schreibe, hier vor mir. Das einzige Ex. in Privatbesitz.
Und wenn wir demnächst unser erstes Elliott-Wave-Symposion machen (meine Idee vom Wochenende, hier kurz reingebracht), wird es eine begleitende Ausstellung dazu geben und dann wollen wir doch Mal sehen, was wir nicht nur aktuell, sondern auch historisch drauf haben. So schnell reicht diesem Board keiner das Wasser!
Lieben Gruß und Danke!
d.
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snob
03.10.2000, 20:18
@ JüKü
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Re: Prechter |
>Welche konkrete Analyse bzw. Prognose ist gemeint? Es ist richtig, wenn ein enues ATH erreicht wird, obwohl man bearish war, MUSS man die Zählung (fast) immer verwerfen. Einzige Ausnahme: Ein sog."überschießenes B", aber das führt nicht zu signifikant neuen Hochs, sondern nur knapp. Man kann bearish bleiben, solange ein ATH nicht überschritten wird (wie z. B. 11.750 beim Dow am 14.01.00); SELBST WENN DER Index von 9.700 wieder bei 11.400 steigt. BIS HEUTE kann man (muss man) davon ausgehen, dass seit 11.750 der Trend abwärts ist, auch wenn es starke Korrekturen gegeben hat.
Nach dem Crash von 1987 hat Prechter in der anschließenden Aufwärtsbewegung
ein Kursziel von 3700 ausgesprochen. Dies war seiner Meinung die Vollendung
der 5 Welle, er prophezeite daraufhin ein Kursziel für den Dow von unter
1000 Punkten. Naja, das Ende kennen wir ja. ("Das große Buch der Technischen Indikatoren")
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JüKü
03.10.2000, 21:04
@ snob
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Re: Prechter |
>
>>Welche konkrete Analyse bzw. Prognose ist gemeint? Es ist richtig, wenn ein enues ATH erreicht wird, obwohl man bearish war, MUSS man die Zählung (fast) immer verwerfen. Einzige Ausnahme: Ein sog."überschießenes B", aber das führt nicht zu signifikant neuen Hochs, sondern nur knapp. Man kann bearish bleiben, solange ein ATH nicht überschritten wird (wie z. B. 11.750 beim Dow am 14.01.00); SELBST WENN DER Index von 9.700 wieder bei 11.400 steigt. BIS HEUTE kann man (muss man) davon ausgehen, dass seit 11.750 der Trend abwärts ist, auch wenn es starke Korrekturen gegeben hat.
>Nach dem Crash von 1987 hat Prechter in der anschließenden Aufwärtsbewegung
>ein Kursziel von 3700 ausgesprochen. Dies war seiner Meinung die Vollendung
>der 5 Welle, er prophezeite daraufhin ein Kursziel für den Dow von unter
>1000 Punkten. Naja, das Ende kennen wir ja. ("Das große Buch der Technischen Indikatoren")
Wie Jan schon sagte, hat Prechter 1978 einen Dow von 3.700 prognostiziert, bei damals etwa 1.000 und in einer allgemeinen Aktienstimmung, die der heutigen völlig konträr war: Der Dow hatte 1978 seinen Höchststand von 1965, 13 Jahre vorher (!) nicht wieder überschritten. Niemand wollte von Aktien etwas wissen, und eine Dow-Prognose von 3.700 wurde lächerlich gemacht. 1987, nach dem Crash, glaubte er, dass"es das war", das Ende der 5, und im Verlauf des Wiederanstiegs hat er das m. W. aufrecht erhalten - BIS ZUM NEUEN ATH. Dann aber musste er eingestehen, dass das noch nicht das Ende der 5 war. Wie er von da an genau prognostiziert hat, weiß ich nicht, aber mindestens seit 4 oder 5 Jahren glaubte er, dass die 5 beendet ist.
Bitte nicht vergessen, dass in der heutigen Zeit ein Zyklus beendet wird (eine ganz große Welle 3), der 1789 (!) begann, und da ist es unmöglich, das auf den Punkt genau zu treffen (was sind schon ein paar Jahre bei über 200 Jahren?).
Entscheidend ist: WENN die 5 beendet ist, dann geht es zur"nächstkleineren 4" zurück, und das ist der Bereich von 1929 - 1932. Und wenn es nur bis zur 4 zwei Ebenen tiefer geht, sind es mindestens 1.000 Punkte fällig.
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snob
03.10.2000, 21:43
@ JüKü
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Re: Prechter |
>>
>>>Welche konkrete Analyse bzw. Prognose ist gemeint? Es ist richtig, wenn ein enues ATH erreicht wird, obwohl man bearish war, MUSS man die Zählung (fast) immer verwerfen. Einzige Ausnahme: Ein sog."überschießenes B", aber das führt nicht zu signifikant neuen Hochs, sondern nur knapp. Man kann bearish bleiben, solange ein ATH nicht überschritten wird (wie z. B. 11.750 beim Dow am 14.01.00); SELBST WENN DER Index von 9.700 wieder bei 11.400 steigt. BIS HEUTE kann man (muss man) davon ausgehen, dass seit 11.750 der Trend abwärts ist, auch wenn es starke Korrekturen gegeben hat.
>>Nach dem Crash von 1987 hat Prechter in der anschließenden Aufwärtsbewegung
>>ein Kursziel von 3700 ausgesprochen. Dies war seiner Meinung die Vollendung
>>der 5 Welle, er prophezeite daraufhin ein Kursziel für den Dow von unter
>>1000 Punkten. Naja, das Ende kennen wir ja. ("Das große Buch der Technischen Indikatoren")
>Wie Jan schon sagte, hat Prechter 1978 einen Dow von 3.700 prognostiziert, bei damals etwa 1.000 und in einer allgemeinen Aktienstimmung, die der heutigen völlig konträr war: Der Dow hatte 1978 seinen Höchststand von 1965, 13 Jahre vorher (!) nicht wieder überschritten. Niemand wollte von Aktien etwas wissen, und eine Dow-Prognose von 3.700 wurde lächerlich gemacht. 1987, nach dem Crash, glaubte er, dass"es das war", das Ende der 5, und im Verlauf des Wiederanstiegs hat er das m. W. aufrecht erhalten - BIS ZUM NEUEN ATH. Dann aber musste er eingestehen, dass das noch nicht das Ende der 5 war. Wie er von da an genau prognostiziert hat, weiß ich nicht, aber mindestens seit 4 oder 5 Jahren glaubte er, dass die 5 beendet ist.
>Bitte nicht vergessen, dass in der heutigen Zeit ein Zyklus beendet wird (eine ganz große Welle 3), der 1789 (!) begann, und da ist es unmöglich, das auf den Punkt genau zu treffen (was sind schon ein paar Jahre bei über 200 Jahren?).
>Entscheidend ist: WENN die 5 beendet ist, dann geht es zur"nächstkleineren 4" zurück, und das ist der Bereich von 1929 - 1932. Und wenn es nur bis zur 4 zwei Ebenen tiefer geht, sind es mindestens 1.000 Punkte fällig.
Danke für die Aufklärung. Das Prechter seine Prognose revidiert hat (nach neuen ATH), habe ich nicht gewusst.
Gruß,
snob
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Desaster
04.10.2000, 16:01
@ BossCube
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Das Ei des Kostolany! |
Das Ei des Kostolany
[img][/img]
A3 = Phase der Übertreibung (Umsatz wird euphorish, Zahl der Aktienbesitzer ist hoch, bei X am höchsten)
Kosto dazu (Ende 1999):"Und wo stehen wir heute? Der Krach von 1998 hat den Markt nicht so stark bereinigt wie der Krach von 1987. Die Übertreibungen sowohl nach oben als auch nach unten waren diesmal nicht so stark. Die Erholung kam zu schnell, um alle Zittrigen aus dem Markt zu werfen. Trotzdem, die Angst ist ein Jahr später größer als 1998, obwohl der Index seinen alten Rekord schon wieder überboten hat.Ich glaube, dass wir zur Zeit am Ende der zweiten Phase stehen."
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Hardy
04.10.2000, 17:49
@ dottore
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www.delavega.de |
ist anscheinend noch frei. Wäre es möglich, das Buch zu verscannen & als schönes Faksimile ins Netz zu stellen, für alle, die sich an frühneuzeitlichem Spanisch delektieren (mein Spanisch ist lausig, aber wir alle wachsen doch an Herausforderungen....)
>Es gibt ein Buch, auf das jeder Börsianer scharf ist: José de la Vega (1650-92), Confusion de Confusiones (Verwirkung der Verwirrungen), Amsterdam 1688. Dieses Buch erklärt zum ersten Mal (in der klassisch-spanischen Trialogform - Aktionär, Philosoph, Kaufmann) die Börse und ist nicht nur stilistisch, sondern auch inhaltlich von allergrößtem Reiz ("Börsengewinne sind wie Koboldschätze... mal Diamanten, mal Tau, mal Tränen..." usw.)>Und wenn wir demnächst unser erstes Elliott-Wave-Symposion machen (meine Idee vom Wochenende, hier kurz reingebracht), wird es eine begleitende Ausstellung dazu geben und dann wollen wir doch Mal sehen, was wir nicht nur aktuell, sondern auch historisch drauf haben. So schnell reicht diesem Board keiner das Wasser!
>Lieben Gruß und Danke!
>d.
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dottore
04.10.2000, 17:54
@ Hardy
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Re: www.delavega.de |
>ist anscheinend noch frei. Wäre es möglich, das Buch zu verscannen & als schönes Faksimile ins Netz zu stellen, für alle, die sich an frühneuzeitlichem Spanisch delektieren (mein Spanisch ist lausig, aber wir alle wachsen doch an Herausforderungen....)
>>Es gibt ein Buch, auf das jeder Börsianer scharf ist: José de la Vega (1650-92), Confusion de Confusiones (Verwirkung der Verwirrungen), Amsterdam 1688. Dieses Buch erklärt zum ersten Mal (in der klassisch-spanischen Trialogform - Aktionär, Philosoph, Kaufmann) die Börse und ist nicht nur stilistisch, sondern auch inhaltlich von allergrößtem Reiz ("Börsengewinne sind wie Koboldschätze... mal Diamanten, mal Tau, mal Tränen..." usw.)>Und wenn wir demnächst unser erstes Elliott-Wave-Symposion machen (meine Idee vom Wochenende, hier kurz reingebracht), wird es eine begleitende Ausstellung dazu geben und dann wollen wir doch Mal sehen, was wir nicht nur aktuell, sondern auch historisch drauf haben. So schnell reicht diesem Board keiner das Wasser!
>>Lieben Gruß und Danke!
>>d.
Sehr gute Idee! Es ist nur ziemlich eng im Bund und ich will die Seiten nicht"aufbrechen", da Einband der Zeit. Schaumer mal, obs geht.
d.
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Uwe
05.10.2000, 00:08
@ dottore
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Symposion,"orthodox" oder modern? |
<dottore>: [i]...Und wenn wir demnächst unser erstes Elliott-Wave-Symposion machen (meine Idee vom Wochenende, hier kurz reingebracht)...[/i]
Wenn's denn wie bei den alten Griechen gehalten wird, warum eigentlich nicht ;-).
Aber auch eine Tagung zum Thema würde bestimmt eine interessante Veranstaltung werden und ein Rahmen wie Börsentag (Anlegermesse ist bereits vorbei, IFTA2000 vom 5.-7.10.2000 im Mainz ist wohl zu kurzfristig ;-)) könnte sogar eine größere Personenzahl erreichen. Gibt es den schon erste Vorstellungen zur Realiserung?
Weiterhin immer die richtigen Ideen wünscht
Uwe
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JüKü
05.10.2000, 00:12
@ Uwe
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Re: Symposion,"orthodox" oder modern? |
><dottore>: [i]...Und wenn wir demnächst unser erstes Elliott-Wave-Symposion machen (meine Idee vom Wochenende, hier kurz reingebracht)...[/i]
>Wenn's denn wie bei den alten Griechen gehalten wird, warum eigentlich nicht ;-).
>Aber auch eine Tagung zum Thema würde bestimmt eine interessante Veranstaltung werden und ein Rahmen wie Börsentag (Anlegermesse ist bereits vorbei, IFTA2000 vom 5.-7.10.2000 im Mainz ist wohl zu kurzfristig ;-)) könnte sogar eine größere Personenzahl erreichen. Gibt es den schon erste Vorstellungen zur Realiserung?
>Weiterhin immer die richtigen Ideen wünscht
>Uwe
Ich wollte auch schon dottore fragen - hab da wohl was verpasst. Aber die Idee eines EW-Symposiums finde ich gut!
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Hardy
05.10.2000, 09:04
@ JüKü
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Wann? |
Das Schöne an den altgriechischen Symposien war nicht zuletzt die Sitte, den Rotwein fließen zu lassen & auch die Annehmlichkeiten der Hetären zu genießen...
Weniger schön (Getümmel, Alarum. Ein Hardy auf die Bühne):
1. mei Inkognito isch nau hii (siehe der kurze Wortwexel mit Tiffy)
2. Dottore, der ja seine Mitmenschen auch nach dem Äußeren & deren Gehabe beurteilt, kippt womöglich doch aus den Latschen, wenn ich ihm leibhaftig erscheine (ich trage zwar weder Brokathäubchen wie alte Augsburger Handelsherren noch Bommelschuhe wie gewesene bayerische Bankvorstände & pflege auch meinen Bart nicht in Ringellöckchen zu legen wie es die Mode zur Zeit Assurbanipals vorschrieb, aaaber...)
Hardy
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