-->Anlegen mit Allahs Segen - Islamic Banking
Steffen Gassel
BERLIN, 1. Januar."Fürchtet Allah und lasset den Rest des Wuchers fahren": Aus dieser Empfehlung im Vers 278 der zweiten Koransure ziehen immer mehr Muslime praktische Konsequenzen. Nach gängiger Auslegung beinhaltet der Vers ein Verbot von Geldanlagen zum Zweck des Zinsgewinns. Wenn gläubige Muslime Geschäfte machen, sollen sie sich nach den Vorgaben des Korans am Risiko beteiligen. Viele haben deshalb begonnen, ihr Geld in Aktienfonds anzulegen, die im Sinne der Scharia, des islamischen Rechts, unbedenklich sind. Als einzige deutsche Bank bietet die Commerzbank-Tochter Cominvest einen islamischen Fonds an.
Scharia-Rat gefragt
Die Aktien für den AlSukoor European Equity Fund würden nach strengen Kriterien ausgewählt, so ein Kundenbetreuer für Nahost bei Cominvest. Von den über 1 000 Blue Chips im europäischen Aktienmarkt genügen nur rund 300 den Standards des so genannten Islamic Banking, der Anlage von Geld nach Normen des Islams. Die Verbindlichkeiten dürfen nicht mehr als 30 Prozent der Bilanzsumme entsprechen. Zinseinnahmen dürfen nicht mehr als fünf Prozent des Firmengewinns ausmachen. Wertpapiere von Unternehmen, die ihr Geld mit Alkohol, Tabak, Schweinefleisch, Waffen, Glücksspiel oder Pornografie verdienen, sind tabu.
Über die Einhaltung dieser Kriterien wacht bei Cominvest ein Scharia-Rat aus fünf islamischen Rechtsgelehrten. Alle sechs Monate überprüfen sie, ob die Geschäfte der im Fonds vertretenen Unternehmen noch mit islamischen Regeln vereinbar sind."Allah führt uns zum Erfolg", sagt der Vorsitzende des Rates, Scheich Abdul Karim aus Syrien. Kleinere Zinseinnahmen, die im Bankverkehr anfallen, müssen für wohltätige Zwecke gespendet werden."Das ist ein notwendiger Reinigungsmechanismus", sagt der Scheich. Protest gab es, als die Fondsmanager Aktien der Lufthansa kaufen wollten: An Bord werde Alkohol ausgeschenkt, meinten die Rechtsgelehrten. Bei KarstadtQuelle sahen sie aber darüber hinweg, dass die Firma auch Spirituosen und Erotikartikel anbietet.
Gemessen an der allgemeinen Flaute könne sich die Performance von AlSukoor sehen lassen, heißt es bei Cominvest. Zwar sei das Fondsvolumen seit der Erstauflage im März 2000 von 30 Millionen Euro auf 17 Millionen Euro geschrumpft. Doch liege AlSukoor damit im Schnitt zehn Prozent über dem Fonds- Vergleichsmaßstab Morgan Stanley Capital Index. Der Grund: Die konservative Mischung des Fonds vermeidet von Kursschwankungen besonders betroffene Technologie- und Finanzwerte. Undenkbar wäre es, eine Aktie vom Neuen Markt aufzunehmen. Die größten Positionen sind Nestlé, BP und Royal Dutch Petrol, Schering und Vodafone. Am stärksten übergewichtet sind die Sektoren Chemie und Ressourcen. Wenn die Märkte starke Gewinne verzeichnen, steigen die Werte im AlSukoor-Portfolio meist nicht ganz so stark. Dafür fallen sie nicht so stark, wenn die Börsenindizes in den Keller gehen.
Wenig Interesse in Deutschland
Hauptanleger bei AlSukoor sind finanzschwere Anleger aus den Staaten am Persischen Golf. Deutsche Muslime wie der türkischstämmige Reiseunternehmer Vural Ã-ger aus Hamburg haben bisher kein signifikantes Interesse gezeigt. Die islamische Finanzmoral steht bei den meisten von ihnen nicht besonders hoch im Kurs."Wir sind ein deutsches Unternehmen. Herr Ã-ger ist kein gläubiger Mensch. An Islamic Banking hat er kein Interesse", sagt Ã-gers Berater Ingo Thiel.
Experten sehen dennoch ein großes Wachstumspotenzial für Islamic Banking. Heute gebe es weltweit islamische Fonds mit einem Volumen von 100 Milliarden US-Dollar."Es könnte doppelt so viel werden, wenn mehr islamische Finanzprodukte angeboten würden", schätzt eine Analystin des Beraterhauses Moody’s.
<ul> ~ http://www.berlinonline.de/aktuelles/berliner_zeitung/wirtschaft/205726.html</ul>
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