-->Schröder-Aussagen verschärfen Debatte um Stabilitätspakt
Zuletzt aktualisiert: 10 February 2003 22:19 CEST
Berlin (Reuters) - Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hat mit Äußerungen vor dem SPD-Vorstand der Debatte über eine von der Regierung angestrebten Lockerung der europäischen Stabilitätskriterien neue Nahrung gegeben.
Nach Angaben der SPD-Linken Andrea Nahles kündigte Schröder am Montag in der Sitzung Verhandlungen mit Großbritannien und Frankreich über eine Lockerung des Konsolidierungskurses in Europa an. SPD-Generalsekretär Olaf Scholz bestritt eine solche Ankündigung jedoch. Andere Vorstandsmitglieder nannten Nahles' Darstellung eine"Überinterpretation", sprachen aber von Diskussionen in der EU über konjunkturbelebende Maßnahmen. Ein Sprecher des Finanzministeriums sagte, die Bundesregierung halte am Konsoliderungskurs fest. Darüber gebe es keine Diskussionen.
Das SPD-Vorstandsmitglied Christoph Zöpel erklärte, es werde darüber gesprochen,"was Europa zur Konjunkturbelebung tut". Der stellvertretende SPD-Bundestagsfraktionschef Ludwig Stiegler sagte Reuters:"Diese Fixierung nur auf die Maastricht-Kriterien ist jedenfalls jetzt nicht gewollt." Der SPD-Finanzpolitiker Joachim Poß betonte, es sei notwendig, sich finanzpolitisch je nach der ökonomischen Situation flexibel zu verhalten.
SPD-Fraktionschef Franz Müntefering sagte am Abend, Schröder habe in der SPD-Fraktionssitzung"deutlich gemacht, dass der Konsolidierungskurs stimmt". Er habe weiter gesagt, man werde mit den internationalen Partnern darüber sprechen, wie man den ökonomischen Entwicklungen der nächsten Monate begegnen könne. Dies schließe Gespräche über die weltwirtschaftlichen Entwicklungen im Zusammenhang mit der Irak-Krise ein.
Analysten und Wirtschaftsexperten äußerten sich verhalten zu den Äußerungen des Kanzlers, so wie sie aus dem SPD-Vorstand berichtet wurden. Der Konjunkturexperte des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH), Udo Ludwig, sagte Reuters, die Konsolidierung der Haushalte bleibe weiter nötig. Dass das aber, wie in der EU verabredet, bis 2006 gelinge, halte er für eine Illusion.
Der Volkswirt Bernd Weidensteiner von der DZ-Bank sagte:"Grundsätzlich ist der Stabilitätspakt schon relativ starr und reagiert nicht sehr flexibel auf Krisensituationen." Der Euro steige im Übrigen, obwohl die Stabilitätskriterien immer stärker aufgeweicht würden. Ein Kollege von Weidensteiner sagte, Schröder müsse sich selbst äußern, dann beschäftigten sich auch die Märkte damit. EU-Währungskommissar Pedro Solbes hatte Deutschland erst am Wochenende aufgefordert, die Zusage eine deutlichen Senkung der Neuverschuldung einzuhalten.
NAHLES: KANZLER GEGEN EIN"WEITER SO" IN EU
Nahles hatte am Rande der SPD-Vorstandssitzung gesagt, Schröder habe Verständnis für die Diskussion über die Konsolidierungspolitik geäußert."Er hat nur gesagt, dass diese Diskussion berechtigt ist und dass es ein 'weiter so' in der europäischen Konsolidierungspolitik in der Europäischen Union nicht unbedingt geben kann", sagte sie. Allerdings könne Deutschland das nicht alleine anstoßen. Vielmehr werde man mit Großbritannien und Frankreich über eine neue Wachstumspolitik sprechen. Finanzminister Hans Eichel (SPD) habe die Verhandlungen mit den beiden Ländern bestätigt.
SPD-Generalsekretär Scholz erklärte dazu, eine Ankündigung für eine deutsch-französisch-britische Initiative zur Lockerung der europäischen Konsolidierungspolitik durch den Kanzler gebe es nicht. Der Kurs der Reformen und einer soliden Haushaltspolitik müsse fortgeführt werden. Mit Blick auf das Steueränderungspaket von Eichel, das von den Unionsparteien abgelehnt wird, sagte Scholz:"Wir werden keine neuen Vorschläge machen." Die Vorschläge der Regierung lägen auf dem Tisch.
Der stellvertretende SPD-Fraktionschef Stiegler nannte Nahles Äußerungen eine"verkehrte Interpretation". Schröder habe aber deutlich gemacht, dass auf europäischer Ebene über eine Reaktionen auf die schwache Weltwirtschaftslage, gerade auch mit Blick auf wirtschaftliche Folgen eines möglichen Irak-Krieges, gesprochen werden solle."Das hat der Kanzler ausdrücklich gesagt, dass der Eichel längst in Sondierungen ist", sagte Stiegler. Es gehe um eine europäische Antwort auf Herausforderungen durch die aktuellen Probleme, ohne dass man nun gerade eine neue Maastricht-Diskussion lostreten wolle.
Quelle: Reuters
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