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Freimaurer bilden säkulare Gegenkirche
Ã-sterreich 04. Februar 2003, 21:15
Theologe Knittel: Christentum und Freimaurerei bleiben unvereinbar Von Stephan Baier / DIE TAGESPOST
St. Pölten (DT)
Als eine „säkulare Gegenkirche“, die sich selbst als humanistisch und tolerant definiert, sieht der katholische Theologe Reinhard Knittel die Freimaurerei. Auch wenn das neue Kirchenrecht die Freimaurer nicht mehr ausdrücklich mit der Strafe der Exkommunikation belegt, seien Freimaurerei und Christentum doch ein „unverträglicher und unvereinbarer Gegensatz“, sagte Knittel, der lange Jahre enger Mitarbeiter von Bischof Kurt Krenn und Dozent an der römischen Lateranuniversität war, bei einem Vortrag in St. Pölten. Die römische Glaubenskongregation habe klargestellt, dass „das negative Urteil der Kirche über die freimaurerischen Vereinigungen unverändert bleibt“. Gläubige, die solchen Vereinigungen angehören, seien nach dem Urteil der Glaubenskongregation „im Stand schwerer Sünde“.
Die organisierte Freimaurerei sei, so meinte Knittel, ein „Motor der Säkularisierung“ und betrachte die Religion als „Hindernis für die wahre Veredelung des Menschen“. Wo die christliche Religion nur mehr als „schaler Humanismus“ auftrete, würden die Unterschiede zwischen Freimaurerei und Kirche verschwimmen. Knittel kritisierte die ab 1968 unter Führung von Kardinal Franz König geführten Dialoge mit den Freimaurern: „Was sachlich trennt, kann nicht durch Dialog überbrückt werden.“ In diesem Dialog sei eine gemeinsame Grundlage gesucht und die Unvereinbarkeit als bloße historische Reminiszenz betrachtet worden. Demgegenüber sei die Prüfung der Freimaurerei in Deutschland unter dem damaligen Augsburger Bischof Josef Stimpfle „genau und sachgerecht“ gewesen; die gleichzeitige Zugehörigkeit zu Freimaurerei und Kirche sei ausgeschlossen worden.
Hysterie und Verdächtigung ist allerdings unangebracht Der Theologe warnte vor einer „Freimaurer-Hysterie“, die „hinter jedem Baum“ Freimaurer vermute und nach Kirchenmännern in den Logen suche. Nicht die formelle Mitgliedschaft in einer Loge, über die es nur Vermutungen geben könne, sondern die Sympathie mit dem Geist der Loge sei entscheidend. Knittel wörtlich: „Am meisten freut sich die Loge, wenn Menschen, die ihr nicht angehören, ihre Ziele vorantreiben.“ Knittel schilderte den historischen Werdegang und die Spaltungen der Freimaurerei. Deren Gottesbild sei das des Deismus, also die Vorstellung von einem „allmächtigen Baumeister aller Welten“, der die Welt geschaffen habe, sich aber nicht mehr um sie kümmere. Dieses Bild eines „kalten, unpersönlichen, abstrakten Gottes“ schließe jede Gnade, übernatürliche Offenbarung und Erlösung aus. Es handle sich um das „Ideengebilde des religiösen Relativismus“, in dem die ewige Bestimmung des Menschen vor Gott und die Wahrheitsfähigkeit des Menschen geleugnet werde.
Ihr Ziel einer „einheitlichen neuen Weltordnung“ verfolgt die Freimaurerei laut Knittel bis in die höchsten Spitzen von Wirtschaft und Politik: Der Theologe vermutet etwa freimaurerisches Wirken im „Kontrollsystem, das durch die Weltbank Gestalt annimmt“, aber auch im Europäischen Konvent, in dessen Auseinandersetzungen „freimaurerischer Geist immer wieder sein Haupt erhebt“. Auch die Vereinigten Staaten von Amerika seien „freimaurerisch geprägt“. Dennoch unterstrich Knittel, dass die „Freimaurerei als Institution nicht allmächtig und allgegenwärtig“ sei. Entscheidend sei es, den Unterschied zum christlichen Gottes- und Menschenbild zu sehen
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-->Peter Scholl-Latour schreibt in"Kampf dem Terror - Kampf dem Islam?":
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War es nicht Tariq Aziz, der mit leicht bedrohlichem Unterton
darauf verwiesen hatte, daß Europa sich in unmittelbarer
Nachbarschaft, fast in Symbiose mit dieser undurchdringlichen
islamischen Welt befinde? Zu dieser Feststellung schien der
Stellvertreter Saddam Husseins besonders berufen. Im Verlauf
unseres Gespräches hatte er sich völlig unbefangen als
katholischer Christ zu erkennen gegeben. Er gehört der mit Rom
unierten Konfession der Chaldäer an, kann sich also rühmen,
von den Ureinwohnern Mesopotamiens abzustammen. Unter
dem Namen Mikail Yuhanna wurde er in der Nähe von Mossul
1936 getauft. Für Saddam Hussein, der von Verrat und
Meuchelmord umgeben ist, bleibt dieser Chaldäer, der von
Anfang an seinen brutalen Aufstieg zur Macht begleitete,
vielleicht der einzige verläßliche Gefährte, seitdem die eigenen
Schwiegersöhne und andere Günstlinge zur amerikanischen CIA
überliefen und Verrat übten. Psychologisch gesehen bildet der
intellektuelle, verbindlich auftretende Stellvertreter einen
Gegenpol zu seinem finsteren Herrn und Meister. Die beiden
scheinen sich vorzüglich zu ergänzen.
Die Zahl der orientalischen Christen ist im Laufe der
Jahrhunderte, vor allem aber seit Ende der britischfranzösischen
Mandatszeit, dramatisch geschrumpft. Sie dürfte heute in
Mesopotamien noch knapp sechs Prozent der Bevölkerung
ausmachen. Vom westlichen Abendland und auch von der
amerikanischen Supermacht sind diese »Nasrani«, diese
Nazarener, immer wieder im Stich gelassen worden. Sie geben
weiterhin Kunde davon, daß vor dem Auftreten des Propheten
Mohammed und den Eroberungszügen seiner Nachfolger und
Kalifen der gesamte Mashreq - vom Mittelmeer bis zum
Euphrat -, das ganze südliche Ufer des Mittelmeers - vom Nil
bis zum östlichen Maghreb sich unter verschiedenen
dogmatischen Abweichungen zum Glauben an die Dreifaltigkeit
bekannte und erst durch die »Futuhat«, die blitzschnellen
Feldzüge der arabischen Beduinenkrieger, mehr oder weniger
freiwillig zur koranischen Lehre bekehren ließ, soweit sie nicht
als sogenannte »Dhimmi«, als geduldete, aber auch geduckte
»Schutzbefohlene«, an ihrem christlichen Bekenntnis
festhielten.
Im Mittelalter sind die Sarazenen, die bereits an der Loire in
Mittelfrankreich und vor den Pforten Roms kampierten, erst
durch das Erstarken der fränkischen Karolinger Schritt um
Schritt zurückgedrängt worden. Später brach jedoch der Sturm
der seldschukischen und osmanischen Türken über Anatolien
und den Balkan herein und ersetzte das Kreuz des
byzantinischen Basileus durch den Halbmond des Sultans.
Zweimal sollten die Janitscharen des Padischah die kaiserliche
Stadt Wien, den »Goldenen Apfel«, wie man damals in Istanbul
sagte, belagern. Angesichts der permanenten
Selbstbeschuldigungen, die in europäischen Flagellanten-Kreisen,
zumal auch bei manchen Orientalisten, über die
Angriffswut und Grausamkeit der christlichen Kreuzzüge immer
wieder vorgetragen werden, sollte die streitbare Expansion des
Islam, der das gesamte Abendland beinahe erlegen wäre,
gebührend erwähnt werden.
Bei meinen Begegnungen mit orientalischen Christen
überkommt mich stets ein Anflug von Wehmut. Die meisten
orthodoxen Gläubigen der byzantinischen Ost-Kirche haben sich
resigniert, ja anpasserisch der koranischen Theokratie
untergeordnet. Bei den Chaldäern hingegen, die nach der
Absage an ihre ursprünglich monophysitische Lehre die
Autorität des römischen Papstes akzeptierten, ist allen
Rückschlägen ihrer leidvollen Geschichte zum Trotz Vitalität
und Selbstbewußtsein erhalten geblieben. Darin ähneln sie den
kämpferischen Maroniten des Libanon. Mit 800 000 Gläubigen
bilden die Chaldäer, die aus der nestorianischen Konfession
hervorgegangen sind, die weitaus stärkste christliche Gemeinde
Mesopotamiens. Was immer man gegen das Regime von
Bagdad vorbringen kann - die Unterdrückung der Freiheit, die
Hinrichtung von politischen Gegnern, der vorherrschende
Meinungsterror, der absurde Führerkult -, in einem Punkt muß
Saddam Hussein Gerechtigkeit widerfahren: Der Irak verhält
sich gegenüber seinen christlichen Minderheiten, die den
Muslimen gesetzlich gleichgestellt sind, weit toleranter als viele
islamische Länder, die aufs engste mit dem Westen verbündet
sind, ganz zu schweigen von Saudi-Arabien, wo schon der
Besitz eines Kruzifixes oder einer Bibel strafrechtlich geahndet
wird und die Feier einer christlichen Messe - selbst in
Privaträumen - als todwürdiges Delikt gilt. Auch die
kemalistische Türkei, die mit Nachdruck ihren Beitritt zur
Europäischen Union betreibt, verhält sich gegenüber ihren
eigenen christlichen Gemeinden extrem intolerant. Wenn heute
die Abwanderung der mesopotamischen »Massihi« - der
Anhänger des Messias, wie die korrekte Bezeichnung für
Christen lauten sollte - anhält, so geschieht das nicht auf Grund
staatlicher Schikane, sondern aus Furcht vor der ungewissen
Zukunft und unter dem Druck wirtschaftlicher Not. Die meisten
Chaldäer emigrieren übrigens nach Nordamerika und haben dort
im Umkreis der Stadt Detroit einen Schwerpunkt gebildet.
Im blühenden Innengarten eines umfangreichen
Ziegelkomplexes leuchtet die weiße Statue der Jungfrau Maria
aus dem Grün. Neben dem Eingang des Gebäudes ist ein
Bronzeschild angebracht mit der Inschrift in arabischer und
aramäischer, in englischer und französischer Sprache:
»Chaldäisches Patriarchat von Babylon«. Im geräumigen
Empfangssaal - die Bilder des Papstes Johannes Paul II. und des
Präsidenten Saddam Hussein blicken von den Wänden - begrüßt
uns seine Eminenz Rafael Badawi, der den ungewöhnlichen
Titel »Patriarch von Babylon« trägt. Der gedrungene, beleibte
Mann, der im Gegensatz zu den meisten orientalischen
Geistlichen glattrasiert ist, trägt die knallrote Soutane der
römischen Kardinale. Zum ersten Mal hatte ich ihn beobachtet,
als ich im Sommer 1998 zu einer christlichislamischen
Konferenz in Bagdad als einziger Nichtkleriker eingeladen
worden war. Mich hatte damals die Vielzahl der
widerstreitenden christlichen Bekenntnisse schockiert, die sich
seit den frühen Konzilen des Oströmischen Reiches im Zwist
um theologische Haarspaltereien entzweit hatten. Vor allem aber
amüsierte mich die Farbenpracht der Amtsroben ihrer Äbte und
Bischöfe, von Apfelgrün bis Azurblau. Kinderchöre hatten
Litaneien angestimmt. Die Seminaristen und Nonnen der
Chaldäer waren eindeutig in der Mehrzahl und gaben der
Konferenz, an der auch ein paar muslimische Ulama teilnahmen,
das Gepräge.
Aus der Ferne war mir Rafael Badawi bei seinem
kirchenfürstlichen Auftritt wie ein orientalischer Borgia
vorgekommen. Aber jetzt sitze ich dem unprätentiösen Mann
unmittelbar gegenüber und bin durch seinen gütigen Blick
beeindruckt. In perfektem Französisch erklärt er die
Sonderposition seiner Kirche innerhalb der Katholizität. Die
führt sich auf die Predigten des Apostel Thomas zurück, der
später angeblich in Süd-Indien den Tod fand. Thomas, der
Zweifler, der an die Auferstehung Christi nicht glauben wollte,
ehe er seine Finger nicht in die Wunden des Heilands gelegt
hätte, könnte für dieses von Ungewißheiten und Betrug
zerrissene Land am Tigris einen vorzüglichen Schutzpatron
abgeben, so scheint mir.
Mit seinen politischen Aussagen hält sich Rafael Badawi
natürlich zurück. Aber über die Machtausübung der Baath-Partei
will er sich nicht beschweren. Saddam Hussein persönlich hat
dafür gesorgt, daß die uralten christlichen Kirchen und Klöster
im Umkreis von Mossul auf Regierungskosten restauriert
werden. Unterschwellig fürchten sich die Christen des Irak vor
einem revolutionären Umschwung. Nirgendwo in der arabischen
Welt werden die Regimewechsel so blutig und grausam
ausgetragen wie im Zweistromland. Darüber hinaus ist der
Patriarch sich wohl bewußt, daß jede Systemveränderung am
Ende wohl einer militanten Form des Islam zugute käme, die
sich gegenüber seiner Gemeinde weniger entgegenkommend
verhielte. Als sich im Februar 1991 in Bagdad ein
vorübergehendes Machtvakuum abzeichnete und bereits Horden
von Plünderern und zwielichtigen Elementen aus den
Armensiedlungen von Saddam-City auf die Innenstadt im
Anmarsch waren, ließen sie ihre Wut unter anderem an
christlichen Kirchen aus.
Am späten Nachmittag nehmen wir an einem chaldäischen
Gottesdienst teil. Die Gebete werden auf arabisch und auf
aramäisch rezitiert, jenem semitischen Idiom, das Jesus Christus
gesprochen hatte. Es herrscht große Frömmigkeit bei den
Gläubigen, die in großer Zahl zur Kommunion gehen. Bei der
Rückfahrt ins Hotel fällt mir das hohe Kreuz über dem Turm
eines armenischchristlichen Gotteshauses auf. Sehr sichtbar,
beinahe herausfordernd, zeichnet es sich vom Abendhimmel ab.
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