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Der israelische Bush-Krieg
von Friedrich Romig, Wien
«Wir können es einfach nicht zulassen», so Präsident G. W. Bush in seiner jüngsten
«State of Union»-Botschaft, «dass der Irak den Nahen Osten dominiert.» In der
Strategie der Amerikaner ist das die Aufgabe Israels, des USA-Vorpostens in dieser
hochsensiblen Region. Dank der Milliardenhilfe und der Rüstungslieferungen aus der USA
und Europa verfügt Israel über die viertstärkste Armee der Welt, überlegene
Luftstreitkräfte, Atombomben sowie alle biologischen und chemischen
Massenvernichtungswaffen, mit denen andere Staaten in Schach gehalten, diszipliniert
oder durch empfindliche Militärschläge «bestraft» werden können. Mit Ariel Sharon steht
ein echter «Warrior», General und Haudegen an der Spitze Israels, der seine Ziele allem
Friedens-, Humanitäts-, und Menschenrechtsgefasel zum Trotz rücksichtslos durchsetzt.
Und diese Ziele decken sich mit jenen der USA: Israel soll und will eine Grossmacht im
Nahen Osten werden. Sein Gebiet hat sich vom Jordan bis zum Mittelmeer, im Süden bis
zum Suezkanal und im Norden über die Golanhöhen hinaus zu erstrecken. Hauptstadt
Israels hat das ungeteilte Jerusalem zu werden. Den Palästinensern ist der Aufenthalt in
diesem Gebiet so lange zu verleiden, bis sie «abwandern». Als Palästinenserstaat mit
eingeschränkter Autonomie ist Jordanien zu dulden. Dort nicht unterkommende
Palästinenser sind von den übrigen arabischen Staaten aufzunehmen, ihre Ansiedlung
durch die USA und die EU finanziell zu unterstützen.
Der Krieg gegen den Irak ist das Schutzschild, hinter und unter dem die Pläne für
Gross-Israel sich zügig verwirklichen lassen. Die Ablösung des «verbrecherischen
Regimes» von Saddam Hussein durch eine Militärdiktatur von Amerikas Gnaden, wird zu
einer engen Zusammenarbeit von Israel und dem Irak, ähnlich wie heute schon zwischen
Israel und der Türkei führen. Durch diese Verbindung kann in Zukunft jede Regung
islamistischer, «terroristischer» Kräfte in Saudi-Arabien, in Syrien, Ägypten oder
Nordafrika niedergehalten oder mit brutalen Vergeltungsmassnahmen beantwortet
werden, die die Lust an solchen Regungen austreiben. Die Erfahrungen, welche die Israeli
mit der Anwendung solcher Massnahmen in den Palästinensergebieten seit Jahrzehnten
oder durch die gelegentlichen, überfallartigen Bombardierungen von Einrichtungen in
anderen Ländern gesammelt haben, kommen dabei zu Hilfe.
Die Kontrolle über den gesamten Nahen Osten durch die US-israelische Konnexion wird
den Zugriff auf die für die Energieversorgung der westlichen Welt unverzichtbaren Erdöl-
und Erdgasvorräte sichern. Kissinger hatte zur Zeit der Nixon-Ära mit der Bemerkung,
man könne doch die Erdölversorgung der hochentwickelten Industrieländer nicht von den
unzuverlässigen Arabern abhängig machen und solle sie selbst in die Hand nehmen, wohl
nur ausgesprochen, was in den massgebenden politischen Zirkeln längst gedacht und
geplant wurde. Es hat bis heute seine Gültigkeit nicht verloren.
Nach der endgültigen Niederwerfung des Irak und der Festigung Gross-Israels wird die
Beherrschung des Nahen Ostens es alsbald gestatten, auch das Regime der Mullahs im
Iran durch eine amerika- und israelfreundliche Regierung, wie sie einst unter Schah Reza
Pahlevi bestand, zu ersetzen. Mit der bereits bestehenden Besetzung Afghanistans sowie
den Stationierungen von US-Truppen in Usbekistan, Turkmenistan, Tadschikistan,
Kasachstan und Georgien wird Russlands Einfluss im zentralasiatischen Raum begrenzt
und der Zugang zu den Erdölvorräten um das Kaspische Meer gesichert. Das wird
naturgemäss auch den Einfluss auf die Politik Chinas und auf den südasiatischen Raum
ganz wesentlich stärken.
So jedenfalls die weitgestecken Ziele der amerikanisch-israelischen Strategen im
Pentagon und im Statedepartment. Deren erfolgreiche Durchsetzung ist nicht im
Interesse Europas (unter Führung von Frankreich und Deutschland), Russlands und
Chinas sowie der gesamten islamischen Welt. Die Vorspiele im Sicherheitsrat um den
Showdown im Irak lassen die Frontbildung des dritten Weltkrieges, der längst begonnen
hat, deutlich erkennen. Obwohl «einzige Weltmacht», werden die USA ihn so wenig
gewinnen wie die Sowjetunion einst die «Weltrevolution». Der Gott der Geschichte
scheint die Dominanz einer einzigen Weltmacht nicht zu dulden.
Der Autor lehrte politische Ã-konomie in Wien, Graz und Aachen. Sein zuletzt erschienenes Buch:
Die Rechte der Nation, Stocker-Verlag, Graz 2002.
Artikel 9: Zeit-Fragen Nr.9 vom 10. 3. 2003, letzte Änderung am 11. 3. 2003
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