thomas
25.03.2003, 11:18 |
Frage zu Goldstandard vs. Kreditgeld Thread gesperrt |
-->Ich höre gelegentlich die Auffassung, eine Beibehaltung des Goldstandards hätte die Kreditexzesse (und den Untergang des Abendlandes) verhindert.
Ist es wirklich so einfach?
Es gibt noch zwei weitere Aspekte der Geldordnung, die unabhängig von Gold- oder Kreditgeld gestaltet werden können: Fractional Banking und Staatsverschuldung.
Das macht acht denkbare Kombinationen von Geldordnung:
1. Kreditgeld, kein fiat, keine Staatsschuld
2. Kreditgeld, kein fiat, mit Staatsschuld
3. Kreditgeld, mit fiat, keine Staatsschuld
4. Kreditgeld, mit fiat, mit Staatsschuld
5. Goldgeld, kein fiat, keine Staatsschuld
6. Goldgeld, kein fiat, mit Staatsschuld
7. Goldgeld, mit fiat, keine Staatsschuld
8. Goldgeld, mit fiat, mit Staatsschuld
Ich vermute, die Staatsschulden und das fiat sind relevanter als die Frage ob Gold oder Kreditgeld.
Also, welche Kombination soll es denn sein? Ich plädiere für 1 oder 5.
Oder bin ich auf der ganz falschen Spur?
(Unter Kreditgeld verstehe ich die Zession von Schuld gegen vollstreckbare Titel, wie von HS beschrieben)
Gruß und schönen Tag
Thomas
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dottore
25.03.2003, 12:32
@ thomas
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Re: Frage zu Goldstandard vs. Kreditgeld |
-->>Ich höre gelegentlich die Auffassung, eine Beibehaltung des Goldstandards hätte die Kreditexzesse (und den Untergang des Abendlandes) verhindert.
Die Beibehaltung des GS 1914 hätte verhindert, dass die kriegsführenden Nationen ihre"Kriegswechsel" bei ihren ZBs einreichen konnten. Kriegswechsel (sog."Schatzwechsel" o.ä.) werden bei der ZB buchungstechnisch wie private Wechsel behandelt. Deren Re-Diskont hatte im GS eine eindeutige Grenze - die sog."Deckungsgrenze", d.h. die Summe aller ausstehenden Banknoten (teils gegen Goldablieferungen aus der ZB gekommen, teils gegen re-diskontierte Wechsel) musste durch 30 bis 40 % (je nach ZB damals) durch in der ZB vorhandenes Gold, bewertet zur gesetzlichen"Parität", gedeckt sein.
Also 1000 M Reichsbanknoten außerhalb der RB = 400 M Gold (bewertet) musste in der RB physisch lagern. Gab die RB mehr aus, also z.B. 1100 M Noten bei 400 Gold, musste sie auf die 100 eine Banknotensteuer bezahlen, was diverse Male vorgekommen war.
Dieses Modell hätte man theoretisch auch 1914 beibehalten können. Also 2000 Banknoten (1000 davon gegen Kriegswechsel an den Staat) bei nur 400 Gold, hätte eine Besteuerung der 1000 zusätzlichen Banknoten bedeutet. Das hätte aber keinen Sinn gemacht, da die RB letztlich dann ihr Gold (über die Entrichtung der Banknotensteuer, die in Gold oder in goldgedeckten, also in Gold bei ihr abforderbaren Noten) der Einfachheit halber sofort zur Gänze ans Reich hätte abliefern können.
Damit wäre der GS"hintenrum" erledigt gewesen, da die RB dann Privaten, die Noten zum Umtausch in Gold präsentierten, kein Gold mehr hätte aushändigen können, da dieses beim Reich lag.
Beim Krieg braucht man ja zunächst ready cash at hand, es sei denn man erhebt sofort eine den Cash-Ausgaben entsprechende"Kriegsteuer", was technisch andererseits wiederum nicht geht, weil man mit dem ersten Schuss auch zeitgleich die entsprechende Steuer zur Finanzierung der Ersatzpatrone erheben müsste.
Staaten sind ohne Defizit nicht definierbar, weil sie immer erst Auszahlungen leisten müssen (Herrschaft, Polizei, Beamte, Armee), bevor sie - via Steuern - Einzahlungen erhalten können. Es ist ein Hase-und-Igel-Spiel.
"Ausnahmen", die gern zitiert werden, sind Augenwischerei, da es nicht um einzelne, sondern um alle Staaten geht. Historische Beispiele, wo die Einzahlungen an den Staat thesauriert wurden gibt es auch (Persien usw.). Dort gab es dann andererseits keinerlei"Geld", da es auch keine privaten Märkte gab. Das"Geld" erscheint bei den Persern erst, als sie die an den Großkönig zu leistenden Abgaben ihrerseits wieder ausgeben mussten (das "Söldner-Phänomen").
>Ist es wirklich so einfach?
Ja.
>Es gibt noch zwei weitere Aspekte der Geldordnung, die unabhängig von Gold- oder Kreditgeld gestaltet werden können: Fractional Banking und Staatsverschuldung.
>Das macht acht denkbare Kombinationen von Geldordnung:
>1. Kreditgeld, kein fiat, keine Staatsschuld
>2. Kreditgeld, kein fiat, mit Staatsschuld
>3. Kreditgeld, mit fiat, keine Staatsschuld
>4. Kreditgeld, mit fiat, mit Staatsschuld
>5. Goldgeld, kein fiat, keine Staatsschuld
>6. Goldgeld, kein fiat, mit Staatsschuld
>7. Goldgeld, mit fiat, keine Staatsschuld
>8. Goldgeld, mit fiat, mit Staatsschuld
Da Kreditgeld immer fiat money ist, erledigen sich die ersten 4 Punkte. Punkt 5 kann nicht sein, da Staat immer Staatsverschuldung bedeutet, es sei denn wir haben reine Abgabendespotien. 6 ist nicht definierbar, da Staatsschuld aus Titeln besteht, die - da zedierbar - jederzeit am freien Markt in Gold gewechselt werden können (Kursabschläge beachten). 7 geht nicht, da Staat bestimmt, dass Gold"Geld" ist (GZ), also Staat und damit Staatsschuld vorhanden sein muss (das"benchmark"-Phänomen). Punkt 8 entspricht dem klassischen GS: Gold läuft um, fiat läuft um ("goldgedeckt" bzw. jederzeit in Gold abforderbar), Staatsschuld ist vorhanden und kursiert als Titel neben privaten Anleihen.
>Ich vermute, die Staatsschulden und das fiat sind relevanter als die Frage ob Gold oder Kreditgeld.
>Also, welche Kombination soll es denn sein? Ich plädiere für 1 oder 5.
>Oder bin ich auf der ganz falschen Spur?
>(Unter Kreditgeld verstehe ich die Zession von Schuld gegen vollstreckbare Titel, wie von HS beschrieben)
Davon steht bei HS leider nichts. Das Phänomen der"Zession" wurde erst von mir eingeführt: man kann nur Forderungen zedieren, aber keine Aktiva. Die werden entweder vermietet (verpachtet) oder verkauft.
HS konstruieren ein Geld als Aktivum (jemand, Bauer A, betitelt sein Eigentum und bezeichnet diese Titel als"Geld"), ohne zu erklären, warum ein anderer, Bauer B, sich diesen Titel beschaffen soll, den er bekanntlich nur erhält, wenn er selbst betitelbares Eigentum ("Sicherheit","Pfand") hat und es also selbst betiteln und zu"Geld" erklären könnte.
Hat Bauer B keine Sicherheit, gibt es für ihn keine Möglichkeit, an die Titel (Nostro-Titel!) von Bauer A zu kommen, da Bauer A im Fall der Nicht-Leistung von Bauer B (Rückgabe des A-Titels an diesen) ins Leere greift, da er in nichts von B vollstrecken kann.
Der bedauerliche Denkfehler von HS ist in ausführlichen Postings von mir erklärt worden: Den berühmten"Notlagen-Bauern" gibt es zwar, aber er erhält, da in Not, eben leider auch keinen unbesicherten Kredit.
Insofern ist auch das HS-Konstrukt von Zins = Ersatz der Eigentumsprämie, die sich aus dem Unterschied zwischen betiteltem und nicht betiteltem Eigentum und der"Ausleihe" des ersteren in Form von Titeln ergibt, falsch.
"Geld" (= gült = Schuld) ist immer nur als Abgabenschuld definierbar, also als ein ex nihilo mit Hilfe von bewaffnetem Zwang erschaffbares Passivum, das dann vom Abgabengläubiger wiederum verausgabt und so in ein Aktivum beim jeweiligen Inhaber verwandelt wird, das dieser entweder wieder zur Bedienung seiner Abgabenschuld verwenden oder an andere Abgabenschuldner zedieren kann.
Dazu eignen sich Edelmetalle aufgrund ihrer physikalischen Konsistenz, aber auch andere nicht fälschbare Substanzen (siehe modernes Papiergeld). Der Vorteil von Edelmetall für die nichtstaatlichen Privaten liegt darin, dass sie das Abgabenmittel (Metall) selbst fördern und damit ihre Abgabenlast zum Teil (Metallfunde!) erheblich mindern können, was der Staat dadurch zu unterlaufen versuchte, dass er die Metallgewinnung ("Geld"-Gewinnung) zu monopolisieren versuchte ("Bergregal").
Vielleicht ist es so etwas klarer?
P.S.: Zur Unmöglichkeit (historisch und theoretisch), dass sich alle"Privaten" in"Such"- oder"Übereinkunfts"- oder"Vertrauensbildungs-Prozessen" auf ein"Geld" "geeinigt" hätten oder einigen könnten, wurde ebenfalls ausführlichst gepostet. Geld ist immer ein sich aus Abgaben-, Macht-, Zwangs- und Herrschaftsmonopolen ergebendes Folge-Monopol.
Wie wir wissen, bis heute.
Gruß!
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thomas
25.03.2003, 22:45
@ dottore
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@dottore Betrifft: Frage zu Goldstandard vs. Kreditgeld |
-->Vielen Dank für die ausführliche Antwort, dottore.
Ich muss das erstmal verdauen. Der Gedanke, dass Geld ausschließlich durch die Sanktions-Androhung bei Nicht-Abgabe (an den Staat) einen"Wert" erhält, ist mir neu. (Habe ich das in"Umbruch" übersehen?)
Welche Relevanz hat z.B. die babylonische Tontafel ("Umbruch" 1. Auflage, Seite 20:"Zalilum schuldet Nanna 6 Shekel Silber...")?
Was war in der Situation das Geld (GZ)?
War Silber Geld? Dann wäre die Tontafel lediglich die Dokumentation eines privatrechtlichen Schuldverhältnisses. Nanna hat gegen Zalilum eine (abtretbare) Forderung. Aber Geld wäre schon vorher definiert gewesen (Silber), und die Tontafel trägt nicht zur Erhellung der Geldgeschichte bei, außer dass es Geld (und Staat) schon damals gab.
War die Tontafel Geld? Dann müsste"Nanna" Inhaber bedeuten, und die Tontafel wäre ein Inhaberpapier (Inhaber-Tontafel).
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Gruß, Thomas
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dottore
26.03.2003, 12:59
@ thomas
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Re: @dottore Betrifft: Frage zu Goldstandard vs. Kreditgeld |
-->Hi Thomas,
>Ich muss das erstmal verdauen. Der Gedanke, dass Geld ausschließlich durch die Sanktions-Androhung bei Nicht-Abgabe (an den Staat) einen"Wert" erhält, ist mir neu. (Habe ich das in"Umbruch" übersehen?)
Das stand im"Umbruch" nicht, richtig. Es handelt sich um neuere Erkenntnisse, speziell von archaeometallurgischen Tagungen und danach folgenden Ableitungen mit Hilfe des Gossen'schen Theorems (Grenznutzenlehre): Der"Wert" (Preis) einer Sache, Ware usw. ergibt sich danach nicht aus dem"Haben" dieser Sache, Ware, sondern aus dem"Nichthaben" bzw. den Folgen aus diesem Zustand.
>Welche Relevanz hat z.B. die babylonische Tontafel ("Umbruch" 1. Auflage, Seite 20:"Zalilum schuldet Nanna 6 Shekel Silber...")?
Ich habe den"Umbruch" gerade nicht zur Hand, nehme aber an, es handelt sich um die Tafel mit der Bürgschaft. Jedenfalls beweist sie, dass a) Silber GZ (Abgabengut) gewesen sein muss (thesauriert in Tempeln, die quasi"Staatstresore" waren) und dass wir (sofern es die Bürgschafts-Tafel ist) b) einen Kontrakt mit dinglicher Besicherung durch einen Dritten (Bürgen) sehen. Entgegen meiner ersten Einschätzung bestätigt die Tafel HS leider nicht, sondern wiederlegt sie (der Ergänzungsband war damals noch nicht erschienen).
Silber, das als"Geld", i.e."Banknote" (Forderung) quasi seine dingliche Besicherung mit sich führt, ist ein theoretisches Unding (den Hinweis verdanke ich Herrn Oswald, Luzern, der Top-Kritiker von HS ist).
Das Silber kam ex Baktrien (Afghanistan), wo vor einigen Jahren erst die größten Silberminen aller Zeiten entdeckt wurden.
>Was war in der Situation das Geld (GZ)?
Silber. Die Thesaurierung war gigantisch, wenn man sich an Alexander erinnert, der nach der Eroberung des Perserreichs (inkl. Mesopotamien natürlich) Millionen von Münzen schlagen lassen konnte. Ich hatte das mal ausführlich gepostet, wie viel.
Alexander bezahlte mit den Münzen (VS Herkules mit Löwenskalp, RS thronender Zeus, Unmengen von Beizeichen) seine Truppen, daran kann überhaupt kein Zweifel sein. Damit war das"System" geschlossen: Abgabe = Einzahlung - Ausgabe = Auszahlung - neue Abgabe. Die Tontafeln gingen natürlich weiter, auch unter makedonischer Besatzung, die Keilschrift auch, die ja anhand einer persischen Königsinschrift (Zeitgenosse Alexanders) entziffert werden konnte.
>War Silber Geld? Dann wäre die Tontafel lediglich die Dokumentation eines privatrechtlichen Schuldverhältnisses.
Ja, das steht wohl außer Zweifel.
>Nanna hat gegen Zalilum eine (abtretbare) Forderung.
Zedierbare Forderungen gab es in Unmengen. Die Tontafeln liefen allerdings nicht um. Sie werden fast ausschließlich in privaten oder staatlichen Archiven gefunden, in letzteren lagen auch die"Doppel" (wie Secunda beim Wechsel oder wie von städtischen Verwaltungen ab dem MA geführte"Schuldbücher", in denen die privaten Schulddokumente nochmals eingetragen waren).
>Aber Geld wäre schon vorher definiert gewesen (Silber), und die Tontafel trägt nicht zur Erhellung der Geldgeschichte bei, außer dass es Geld (und Staat) schon damals gab.
Ja. Es ist nur zu fragen, warum überhaupt Schulden in Geld (Silber) aufgenommmen wurden, da es nichts zu"investieren" gab, womit sich also die berühmte Keynes'sche und mainstreamige S = I - Gleichung (Sparen = Investition) erledigt. Ein Kauf, nachdem man sich das"Geld" geliehen hat, ist keine Investition, da das Geld bereits vorhanden ist, nur bei jemand anderem. Dadurch, dass jemand Silber ausleiht,"spart" er ja nicht. Dann wäre es sichereres Sparen, das Silber selbst zu behalten.
>War die Tontafel Geld? Dann müsste"Nanna" Inhaber bedeuten, und die Tontafel wäre ein Inhaberpapier (Inhaber-Tontafel).
Die Tafeln kursierten nicht. Die ersten kursierenden Forderungen in Form von Depotscheinen kann ich erst in Milet (Cheirographoi) und Karthago ("Ledergeld") entdecken. Dann natürlich die Masse der römischen"Syngraphen.
Wie das alles zu datieren ist, kann ich noch nicht abschließend beurteilen. Die Chronologie-Kritik (auch und vor allem von Heinsohn!) ist bekannt. Vielleicht müssen wir von ganz kurzen Zeiträumen BC ausgehen. Das würde auch nach der ökonomischen Logik einleuchten: Abgabe - GZ - Depotscheine - Zins - Titel - Termin, usw. - dazu braucht man keine Genies, um das in ganz kurzer Zeit hintereinander zu entwickeln.
Die Venezianer brachten das in weniger als 150 Jahren hin. Der bekannte"neue Durchlauf" nach ca. 1100 AD.
Gruß!
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-- Elli --
26.03.2003, 13:10
@ dottore
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Re: @dottore Betrifft: Frage zu Goldstandard vs. Kreditgeld/UMBRUCH S. 20 |
-->>Ich habe den"Umbruch" gerade nicht zur Hand, nehme aber an, es handelt sich um die Tafel mit der Bürgschaft.
Hier der Text aus UMBRUCH:
Es geht also um Schulden und Geld und warum nicht alle Schulden Geld sind. Denn wären Schulden als solche Geld, müssten alle Schulden Geld sein. Egal jetzt wer die Schulden macht oder gemacht hat.
Abgesehen davon, dass in dem Beitrag nicht bestritten wird, dass auch Geld nur durch zeitlich vorangegangene Schulden in die Welt kommen kann, darf ich noch Mal wiederholen, was ich noch und noch gepostet habe, um den Unterschied zwischen Schulden und Geld klar zu machen, wobei unstreitig ist, dass sowohl mit dem Eingehen von Schulden Nachfrage entfaltet und so Absatz und Preisniveau beeinflusst werden kann und zwar ganz genau so wie mit auf bereits existenten Schulden basierendem Geld:
Zum Eingehen einer Schuld bedarf es zweier Teilnehmer, Schuldner und Gläubiger. A und B. Das ist völlig klar. Diese Schuld kann der Gläubiger zedieren, indem er jemand findet, der sie ihm abkauft. Das wäre C. Das wird C tun, wenn er sich von der Bonität des Schuldners dahingehend versichert hat, dass er absolut sicher ist, dass der Schuldner auch leistet. Sonst gibt es für ihn keinen Grund, die Forderung zu übernehmen.
Aber wie kann er absolut sicher sein, dass der Schuldner leistet? Der Schuldner ist ja bereits in einer Schuldner-Position und gibt dadurch zu erkennen, das er in einer schlechteren Position als der Gläubiger ist. Sonst hätte er ja keine Schulden gemacht oder er wäre möglicherweise selbst zum Gläubiger eines anderen Schuldners geworden.
Es bleibt zunächst also bei dem Schuldverhältnis zwischen A und B. Die Schulden, die das Schuldverhältnis beinhalten, können niemals zu Geld werden, da in die Forderung schwerlich ein anderer eintritt. Und selbst für den Fall, dass C dem A die Schuld abkauft, würde es C dann wiederum schwer fallen, einen D zu finden und der wiederum einen E, usw., kurzum aus der ursprünglichen Forderung des A kann kein Geld werden, das für alle an der Wirtschaft Beteiligten umläuft.
Jeder Gläubiger würde langwierige Prüfungen der Bonität des B vornehmen, was letztlich darauf hinausläuft, die Zession der Forderung, die sich immer gegen B richtet, ganz einfach nicht voran kommt, zumal ja während dieses Prozesses auch noch Zeit abläuft, in der sich die Lage des Schuldners womöglich weiter veschlechtert hat, was immer wieder aufs Neue überprüft werden müsste.
Was muss also geschehen, dass aus der A-Forderung (= B-Schuld) Geld wird, also etwas, das jeder sofort annimmt (also dem jeweils zeitlich vorangegangenen Gläubiger der B-Schuld abkauft oder abtauscht; Kauf und Tausch sind beides schuldrechtliche Vorgänge)?
Ganz einfach: Wir brauchen den großen Unbekannten, nämlich X.
Der muss etwas haben, womit er die Erfüllung des A/B-Kontraktes garantiert, egal welches Schicksal B, der Schuldner, erleiden mag. Womit aber kann X die Erfüllung des A/B-Kontraktes garantieren? Ganz einfach, indem er seinerseits für diese Schuld gerade steht. Und das tut er mit Eigentum!
Geht B also unter, spielt es für jeden weiteren, der die Forderung gegen B gerade in Händen hat, keine Rolle, da er sich dann an das Eigentum von X halten kann, um sich dort statt bei B zu bedienen.
Jetzt und zwar erst jetzt ist aus der Schuld Geld geworden, jedenfalls für alle, dienen das unbelastete Eigentum des X als Sicherheit genügt, wovon in der Regel auszugehen ist. Es ist natürlich noch kein"gesetzliches Geld" im modernen Sinne, aber immerhin leuchtet sofort ein, dass zwei Schuldner, in die ich vollstrecken kann (in B aufgrund der bereits existenten Schuld und in X, der für eine mögliche Vollstreckung Eigentum anbietet) eine ganz andere Qualität haben als nur ein Schuldner.
So erklären Heinsohn und Steiger die Entstehung von Geld, eben salopp gesagt als eine Schuld, die auch für andere am jeweiligen Wirtschaftskreislauf Beteiligten"gilt". (Geld kommt ethymologisch von"gelten", früher auch"Gelt" geschrieben).
Dass dies auch der real abgelaufenen Geschichte entsprochen haben muss, kann ich mit Hilfe des von mir entdeckten Tontäfelchens (altbabylonisch ca. 1900 bis 1700 B.C.) beweisen. Auf dem Täfelchen, übersetzt von Experten der Yale University, steht zu lesen:
"Zalilum schuldet Nanna 6 Shekel Silber. Als Sicherheit dienen 5 Äcker Land, die im Eigentum des Kaufmanns Agaya sind, der das Land für die Rückzahlung des Silbers verpfändet. Sobald Zalilum das Silber zurückgibt, wird die Verpfändung des Landes des Agaya aufgehoben. Bis Zalilum das Silber zurückgibt darf Agaya den"miksu" behalten (miksu = Ertrag von Feldern). Zeugen sind Sindata, Mannum-girrishu und Silii-Eshtar, die zum Beweis ihres Zeugnisses ihre Siegel abrollen. Im VII. Monat des Jahres (unleserlich)."
Ich hatte die Tontafel in Ochsenfurt ausgestellt.
Der Kaufmann Agaya ist also der berühmte X, der aus einer Schuld zwischen Nanna (A) und Zalilum (B) einen umlauffähigen Titel macht, also Geld.
Und damit ist der Unterschied zwischen Schulden und Geld bzw. Geld und Schulden völlig klar erklärt.
Diesen Unterschied gibt es bis heute. Aus jedem zentralbankfähigen Titel muss klar ersichtlich sein, dass nicht nur ein, sondern mindestens zwei Schuldner haften (beim Handelswechsel kann nicht nur in den Schuldner, sondern auch in den Gläubiger vollstreckt werden). Und selbstverständlich haften die Banken für die von ihnen der Zentralbank angedienten Sicherheiten und nicht nur die jeweiligen Schuldner des wie auch immer gearteten Schuldverhältnisses selbst.
Insofern löst sich der von Läufer konstruierte Gegensatz zwischen"debts of banks" und"debts of the firm/household" in das auf, was er ist: in Luft.
Wie viel dieser"zentralbankfähigen Sicherheiten" (die z.B. niemals einfache Schulden eines Privathaushalts sein können, also ein Schuldschein über eine offene Rechnung einem Kramladen gegenüber!) die Zentralbank dann ankauft, entscheidet sie selbst. Dazu ist die von ihr zu verantwortende Geldpolitik da.
Das wiederum ist eine ganz andere Geschichte, die mit dem Phänomen des"gesetzlichen Zahlungsmittels" zu tun hat, um die es aber bei der Frage, wie überhaupt Geld entstanden ist, bzw. entstanden sein muss (plus Zins, siehe den Tontafel-Passus über den"miksu") und was Geld im Gegensatz zu Schulden überhaupt ist, nicht geht.
Resümee: Läufer hat Heinsohn/Steiger schlicht und einfach nicht kapiert.
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