-->Zur Beantwortung der Frage http://f17.parsimony.net/forum30434/messages/178232.htm Warum war Andre Kostolany kein Freund des Goldstandards? Wer kann helfen? (owT)
In"Kostolanys beste Geldgeschichten" schreibt er:
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Nach dem großen Goldfieber Anfang der achtziger Jahre kann man heute eine entgegengesetzte Tendenz beobachten,
nämlich daß sich die Welt vom stupiden Mythos des Goldes langsam befreit. Schon Bismarck bemerkte über den
Goldstandard, obwohl er kein Wirtschaftswissenschaftler war: »Die Golddeckung für Währungen ist eine Decke, unter der
zwei Personen liegen und jeder versucht, die Decke auf sich zu ziehen.«
Ich kann noch eine Definition meinerseits hinzufügen, die zwar nicht so klug und weise ist, aber trotzdem den
Goldstandard gut illustriert: Der Goldstandard ist ein Korsett, welches der Dame eine schöne Figur macht, ihr aber
jegliche Bewegungsfreiheit raubt.
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Dazu erzählt er noch folgende Geschichte:
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Das Spielen auf dem Samt
Die Weekend−Spekulation
Die, wenn man so will, »sicherste« Variante der Insiderspekulation ist das sogenannte Spielen auf dem Samt. Hiervon
spricht man, wenn der Informierte auch gleichzeitig am richtigen Hebel sitzt und das (von ihm erhoffte) Ereignis
entscheidend mit beeinflußt. Und hierfür fallen mir drei typische historische Beispiele ein..'
Ein Jahr hat 52 Wochenenden. Und keines ähnelt dem anderen. Jeder findet einen anderen Reiz in ihnen: Der eine
spielt Golf, der andere begeistert sich für Ski, wieder andere haben Freude am häuslichen Garten. Und dann gibt es
welche, die am Wochenende ihr materielles Schäfchen ins trockenebringen wollen. Sie spekulierenauf große politische,
besonders aber finanzielle Ereignisse, dienach den zwei freien Tagen eintreten können.
Wenn sich eine Regierung zu einer großen finanziellen Transaktion, sagen wir zu einem Währungsharakiri, entschließt,
ist es fastsicher, daß sie die 48 Stunden dazu aussucht, während deren Handelsherren, Bankleute, Finanziers auf der
faulen Haut liegen. Es gab eine Zeit, in der die Herren Weekend−Spekulanten besonders unternehmungslustig waren.
Sie verkauften schon am Freitagabend irgendeine Währung (ohnesie zu besitzen) mit Lieferung am Dienstag, in der
Hoffnung, sie montags nach der Entwertung billig einkaufen zu können.
Schlug ihre Spekulation nicht ein, hatten sie nur einige Pfennige, das heißt die Spesen, verloren. Das war nur eine
Bagatellefürsie, während sie insgeheim ihre Hoffnung auf das große Geschäft setzten: Eine Ab−oder Aufwertung von
30 bis 40 Prozent konnte enorm große Gewinne einbringen, da Riesenbeträge investiert wurden. Die Gewinne, die man
erlangenkonnte, waren also ungleich größer als die minimalen Verluste, wenn die erwartete Entwicklung nicht eintraf.
Und sie wiederholten diese Weekend−Spekulationen häufig und so lange, bis ihnen der große Coup gelang. Manchmal
reüssierten sie, aber manchmal schlug die Spekulation auch dramatisch fehl. Was alles an Wochenenden passieren
kann, möchteich an einem Beispiel, an dem auch ich mehr oder weniger glücklich beteiligt war, illustrieren.
Ein berühmtes Weekend war das vom 19. zum 21. September 1931, ein Meilenstein in der Finanzgeschichte. Dieses
Wochenende fiel zufälligerweise auf Jom Kippur, den höchsten jüdischen Feiertag. Während dieses Wochenendes gab
die Regierung Seiner Majestät bekannt, daß Großbritannien den Goldstandard aufgäbe. Das verursachte
selbstverständlich auf den internationalen Finanzmärkten eine sofortige Entwertung des englischen Pfundes um 40
Prozent. Die großen Verlierer waren zahlreiche Devisenhändler, die wieder einmal falsch lagen.
Seit Monaten hatten sie auf den Sturz der spanischen Peseta spekuliert. In Spanienherrschte schon seit einiger Zeitein
großes Chaos, das fünf Jahre später sogar zum blutigen Bürgerkrieg zwischen den Linksparteien und General Franco
führte. Der Untergang der Peseta schien aber schondamais unvermeidlich, so meinten wenigstens die Spekulanten und
Währungsexperten.
Nun, wenn man auf den Sturz einer Währung spekulieren will, muß man sie auf Termin gegen eine andere Währung
verkaufen. (Natürlich liegt man dann in der anderen Währung ä lahausse. In unserem Falle hätte die andere Währung
gegen die Peseta also steigen sollen.) Die Spekulanten waren vom kommenden Sturz der Peseta überzeugt.
Siekauften massenhaft Pfund gegen Peseten. Aber was tat der liebe Gott? Er drehte den Spieß um. Der Untergang der
Peseta ließ noch einige Jahre auf sich warten, das Pfund hingegen wurde am genannten Tag über Nacht entwertet.
Abgesehen von der weltgeschichtlichen Bedeutung dieses britischen Entschlusses, war dies für die Spekulanten ein
elementarer Schlag, ihre Verluste warenriesengroß. Mehrere Spekulationsbanken mußten ihre Schalter schließen.
Es gab aber einen Dritten, der sich ins Fäustchen lachte. Er legte bei dieser Katastrophe des englischen Pfundes den
Grundstock seines Vermögens. Dies war Monsieur Pierre Laval,der berühmtefranzösische Ministerpräsident (der dann
1940 mit der deutschen Besatzungsmacht zusammenarbeitete und nach dem Krieg als Vaterlandsverräter erschossen
wurde). Wie kam es zu der Transaktion von Pierre Laval?
Während der Krise der dreißiger Jahre in Amerika floß der Dollarstrom nach Europa immerspärlicher und versickerte
schließlich völlig. Die Dollars fehlten besonders den Ländern, deren Widerstandskraft sowieso schon geschwächt war.
Der europäische Handel hatte seinen größten Kunden, Amerika, verloren. Die amerikanischen Banken waren nicht
mehr liquide genug, um Europa zu finanzieren, und die Kaufkraft des amerikanischen Publikums war dramatisch
gefallen.
Unter diesen Umständen litt Großbritannien natürlich besonders. Die Deviseneinnahmen der Bank of England stürzten
senkrecht in die Tiefe, und derberühmte Spruch »solide wie die Bank ofEngland« begann langsam zu verblassen. Die
alte Dame aus derThreadneedle Street, wie die Engländer die Bank of England liebevollnannten, hielt traditionsgemäß
kleine Goldreserven. Als die Devisenvorräte dahinschmolzen, wandte sich Norman Montague, Gouverneur der Bank of
England, persönlich an die Banque de France und die amerikanische Notenbank und bat um Unterstützung, das heißt
einen größeren Devisenkredit. Aber die Kassen der Bank of England hatten mehr Löcher als die Fässer der Danaiden.
Außerdem setzte die internationale Spekulation auch auf den Sturz des Pfundes, im Gegensatz zu den
Pesetenspekulanten. Die Goldreserven waren schon unter das gesetzliche Minimum gesunken.
Die Bank of England wandte sich also wieder einmal an die Banque de France und bekam einepositive Antwort. Die
Franzosen sicherten ihre Hilfe zu unter der Bedingung, daß die Amerikaner auch mitmachten. Die Banque de France
wollte im Interesse der französischen Exporte eine Pfundentwertung unbedingt verhindern und war bereit, dafür alles zu
tun. Doch reichte natürlich die Intervention Frankreichs allein nicht aus.
Laval erfuhr jedoch schon am Donnerstag abend, daß die Amerikaner ihre Zustimmungversagt hatten. Infolgedessen
zog sich die französische Regierung auch zurück, und die Konsequenz lag auf der Hand: England konnte den
Pfundkurs nicht weiter halten. Die Regierunglöste das Pfund vom Gold, und der Sterlingsackte auf den Weltmärkten um
40 Prozent in die Tiefe.
In den wenigen Stunden am Freitag vor dem Wochenende brachte es Laval fertig, auf den Börsen der ganzen Welt
durch Strohmänner englische Pfund auf Termin leer zu verkaufen. Das schwarze Weekend, das Drama der englischen
Währung, ging vorbei, und Monsieur Laval konnte sich am Montag Dollarmillionär nennen, denn sein Profit aus dieser
Transaktion ging tatsächlichindieMillionen.
Auch die Engländer waren zufrieden. Sie waren überzeugt, vergänglich sei das Gold und nicht ihr Pfund.
Premierminister MaeDonald erklärte sogar mit Überzeugung: »Solange das Pfund 20 Schilling wert ist, hat sich in
seiner Bewertung nichts geänderte Viele Zeitungen begrüßten die Transaktion mit Schlagzeilen, daß alles gut werde,
da England endlich von den Fesseln des Goldes befreit sei.
Es gab natürlich auch Volkswirte und andere Experten, speziell unter den französischen Goldnarren, die in diesen Jubel
nicht einstimmten und ihn mit LaFontaines Fabel verglichen, in der der Fuchs die Trauben, die er nicht erreichen
konnte, für sauer erklärte. Meine Antwort darauf ist aber, daß in diesem Fall der Fuchs die Trauben eines Tages doch
erreichte und dann feststellen mußte, daß sietatsächlich sauer waren. Daß Leo Trotzki in seinem Buch »Europa und
Amerika« die Entwertung des Pfundsterling als den besten Beweis für die Dekadenz Englands bezeichnete, kann mich
nur vom Gegenteil überzeugen,..... −
Dies war tatsächlich der erste Schritt zur Trennung des Währungssystems vom Gold. Seitdem wurde das Gold daraus
vollkommenausgeschaltet, das gelbe Metall ist eine banale Ware geworden. Jeder Sparer, auch in Amerika −nachdem
es dort jahrelangverboten war−, kann, wenn er Lust dazu hat, in seinem Tresor Gold sammeln.
Nach dem großen Goldfieber Anfang der achtziger Jahre kann man heute eine entgegengesetzte Tendenz beobachten,
nämlich daß sich die Welt vom stupiden Mythos des Goldes langsam befreit. Schon Bismarck bemerkte über den
Goldstandard, obwohl er kein Wirtschaftswissenschaftler war: »Die Golddekkung fürwährungen isteine Decke, unter der
zwei Personen liegen und jeder versucht, die Decke auf sich zu ziehen.«
Ich kann noch eine Definition meinerseits hinzufügen, die zwar nicht so klug und weise ist, aber trotzdem den
Goldstandard gut illustriert: Der Goldstandard ist ein Korsett, welches der Dame eine schöne Figur macht, ihr aber
jegliche Bewegungsfreiheit raubt.
Kurz und gut: Ein Kurssturz um 40 Prozent bedeutete einen Riesenprofit für die Spekulanten, die richtig gelegen hatten,
aber umgekehrt natürlich auch eine Katastrophe für diejenigen Devisenhändler, die mit dem Pfund Sterling ä la hausse
waren. Ich kannte mehrere große Spekulationsfirmen in Amsterdam, die deswegen Konkurs anmelden mußten, wie
zum Beispiel die Firma Schönberger und Co. (eigentlich Deutsche, aberin Amsterdam ansässig).
Diesbezüglich hatte ich eine spezielle Information. Einer meiner guten Freunde, leidenschaftlicher Spekulant in allem,
und so auch in Devisen, hatte ein Engagement von 700000 Pfund ä la hausse. Er hatte die Pfund auf Termin gegen
Hollandgulden gekauft und alle drei Monate prolongiert, um die Zinsdifferenz,
die zwischen Pfund und Guldenbestand, auszunützen (sie machte etwa vier Prozent pro anno aus). Das war eine
ähnliche Transaktion wie die, die die »Karpaten« jahrelang in Amsterdam getätigt hatten zwischen Gulden und
Reichsmark, wo ebenfalls eine beträchtliche Differenz bestand. Aber davon später.
Mein Freund, ein routinierter Spekulant mit viel Spürsinn, hatte schoneinige Tage vor der Pfundentwertung ein
schlechtes Gefühl. Binnen einer Minute, wie es einem guten Spekulanten geziemt, entschloß er sich, die 700000 Pfund
loszuwerden. Mit einem Telefonanruf von drei Minuten veräußerte er das ganze Quantum an Schönberger &Co., denen
diese Transaktion den Hals brach. Meinen Freund aber rettete seine Riesenerfahrung und sein außerordentlicher
Spürsinn. In diesem Falle hat sich wieder gezeigt, wie richtig der von mir geprägte Satz ist: My nose is my castle!
Obwohl ich der Meinung bin, daß sich Informationen in der Regel nicht für Spekulationen eignen, war Lavais
Pfundspekulation eine besondere Angelegenheit. Es waren nicht nur eine bestimmte Konstellation und Entscheidungen
auf höchster Ebene erforderlich, man mußte dazu auch der Chef einer der involvierten Regierungen sein. Und so etwas
kommt eben nur alle Jubeljahre vor.
Auch offizielle Erklärungen von Regierungen oder Finanzmini−sternkönnen irreführend oder gar falsch sein. Am
Wochenende vom 17. zum 19. September 1949 wurde das englische Pfund erneut abgewertet, obwohl der
Schatzkanzler im englischen Parlament, Sir Stafford Cripps, einige Wochen vorherein Gerücht über die eventuelle
Abwertung feierlich und demonstrativ dementiert hatte. Daher kam die Entscheidung für die meisten Bankiers und
Spekulanten vollkommen unerwartet. Wer hätte geglaubt, daß der Schatzkanzler im britischen Parlament eine so
spektakuläre Erklärung machen würde, obwohl er von vornherein wußte, daß er sie nicht einhalten konnte. Aber gerade
wegen dieses heftigen Dementis war ichunter den wenigen, denen die Operation einen Gewinn einbrachte.
Zynismuszahlt aufderBörse häufighohe Dividenden.
Zur großen Freude aller Spaßmacher fand diese Abwertung wiederum an einem Jom Kippur statt. »Man kann die
Christen wirklich nicht einen Tag allein lassen«, kommentierten Juden an der Börse.
....
Gold: Runter vom Podest
Die Geschichte des Goldes geht mehrere Jahrtausende zurück. Aber die Epoche, die vor 40 Jahren begann, ähnelt
einem Abenteuerroman. Interessanterweise wurden die ersten Kapitel dieses Romans erst nach dem Ende des Zweiten
Weltkrieges geschrieben, denn unmittelbar vor dem Jahre 1939 und auch während der Feindseligkeiten waren die
Worte »Gold« oder »Goldpreis« noch keineswegs Tagesgespräch.
Während der letzten Wochen vor Kriegsausbruch, in einer Zeit, in der alle Welt schon sicher war, daß es zum Krieg
kommt, wurde Gold in Frankreich − in diesem goldsüchtigen Land par excellence − breit angeboten. Man konnte Gold
in Barren, Bruch oder in schön geschmiedeten Objekten (Dosen, Etuis etc.) unter dem Goldpreis erwerben. Ich besitze
noch heute eine Sammlung von Golddosen, die ich damals günstigeinkaufte, nicht aus Goldleidenschaft, sondern weil
es besondersattraktive Stücke waren. Das Publikum, die Sparer, zogen in ihrer Kriegsangst hingegen Bargeld dem
gelben Metall vor. Und auch in den Kriegsjahren wurde Gold in ganz Europa — besser gesagt: in Lissabon, wo die
Lieferungen in die USA verschifft wurden − einige Prozent unter 35 Dollar pro Unze, dem offiziellen amerikanischen
Kaufpreis.gehandelt.
Die europäischen Regierungen, insbesondere das Deutsche Reich, aber auch Italien, benötigten Dollars und nicht
Gold. Denn für Dollars bekam man all das, was man zum Kriegführen brauchte. Gold kauften in Frankreich nur die
älteren Menschen, die ihre Erfahrungen im Ersten Weltkrieg gemacht hatten. Aber
diese Beträge waren sehr klein im Verhältnis zum immensen Dollarbedarf der kriegführenden Regierungen.
So war Gold in Lissabon natürlich unter dem amerikanischen Einkaufspreis zu bekommen, da man die Transportkosten
und die hohen Versicherungskosten (wegen des Krieges) einkalkulieren mußte, außerdem den Zinsverlust für die
sieben− bis zehntägige Reise über den Atlantik sowie die Marge für den Arbitra−geur, der die Transaktion durchführte.
Als Verkäufer traten die europäischen Banken auf, und das amerikanische Schatzamt kaufte alles. Wierichtig sagte
doch mein Bruder, aisich ihm 1914 die Frage stellte, warum die k.u.k. Regierung Goldbrauche: um damit Dollars zu
kaufen.
Nach dem Krieg aber, nach den Vereinbarungen von Bretton Woods, setzte das Goldfieber langsam ein und stieg dann
in den folgenden Jahren immer höher.
Die großen Umschlagplätze für den Goldhandel, ob Barren oder Münzen, waren Tanger —damals noch eine neutrale
Steueroase, wo alles erlaubt war − und Zürich, ebenfallsein neutraler Platz ohne jegliche Einschränkungen oder
Devisenverordnungen. Aus Tanger, Zürich und auch aus Genf schmuggelten die Profis das Edelmetall in Form von
Münzen in alle Länder Europas, insbesondere auch nach Paris, wo Goldhandel sovVie dessen Ein− und Ausfuhr
strengstens verboten waren. Das französische Publikum bezahlte das Gold 50 bis 100 Prozent über dem Tanger− und
Zürichpreis, wo der Handelspreis auch schon bedeutend höher war als der offizielle Preis. Denn zum offiziellen Preis
konnten nur die Notenbanken Gold erwerben. So kam es öfter vor, daß das französische Publikum beim Kauf der
Napoleonmünze, für die es eine besondere Schwäche hatte, 100 Prozent Aufgeld auf den Wert des in der Münze
enthaltenen Goldanteils zahlte.
Es ist zwar eine Tatsache, daß Gold seit uralten Zeiteneine fast magnetische Anziehung auf die Menschen ausübt, wie
die Literatur und die Mythologie (insbesondere die germanische) beweisen, als Anlage sollte man es jedoch unter die
marginalen
Werte einreihen. In Unserem kapitalistischen System können wir den Wert einer Anlage nur aufgrund ihrer Rendite oder
ihrer möglichen zukünftigen Rendite einschätzen. Gold, wie auch Diamanten, können nur im Rahmen des jeweiligen
Marktes bewertet werden. Und dieser ist oft das Objekt großer Manipulation. Daß Angebot und Nachfrage oft von
psychologischen Motiven bestimmt werden, macht Manipulation noch einfacher. Kriegsanst, Revolution, Bürgerkriege,
Geldentwertung: Dies alles sind Argumente, mit denen man ein Publikum, das um sein Hab und Gut zittert, leicht
bangemachen kann. Und besonders effektvoll können Spekulanten den Preis in die Höhe treiben und das Gold dadurch
fürs Publikum attraktiver machen, indem sie es selber kaufen.
Da das Gold aus den Minen der größte Devisenbringer Südafrikas ist und der Goldpreis für das Land eine
Existenzfrage bedeutet, setzt seit jeher die Regierung in Pretoria alles daran, den Preis so hoch wie möglich zu treiben.
Weil aber die geförderte Menge größer ist als der industrielle Bedarf, stapelten sich zu manchen Zeiten in den Tresoren
der südafrikanischen Regierung die Goldbarren zu Bergen. Ein hoher Preis ist dann nur dadurch zu erzielen, daß man
das Publikum goldsüchtigmacht. Gelingt es, die Kauflust des Publikums einzuheizen, treten auch gewisse Notenbanken
als Käufer auf. Die beste Waffe in diesem Kampf ist immer eineinternationale Währungspanik. Anfang der achtziger
Jahre hat diese Praxis sogar die Dresdner Bank geübt, als sie die führende Rolle im Goldsyndikat spielte.
Die Preistreiberei der Burenherrscher wurde mir einmal von kompetentesterseite hundertprozentig bestätigt. Im Oktober
1972 stellte ich auf einer Goldkonferenz in London Walter Frey, dem Direktor desschweizerischen Bankvereins (der
Hausbank der südafrikanischen Regierung), die Frage, ob Südafrika als der größte Produzent noch Gold kaufe. Die
Antwortwar kurz, aber aufschlußreich: »Die südafrikanische Regierung kauft selber kein Gold, aber wir, die Bank,
kaufen für ihre Rechnung^ Dann wurde er noch deutlicher: »Wir müssen auf dem Goldmarkt
intervenieren und den Preis stützen, wenn zum Beispiel störende Elemente (er meinte Frieden, Preisstabilität, sozialer
Frieden und so weiter) oder russische Verkäufe auf die Preise drücken. Dann kommen auch günstigere Zeitenfür uns
(ermeinte Krieg. Revolution, soziale Unruhe, Inflation, Sintflut oder Feuersbrunst), und dann können wir wieder
verkaufen^
Was könnte dieses Vorgehen besser illustrieren aisein bekannter alter Witz: Der junge Grün zieht aus der Provinzstadt
nach Budapest, um dort Geschäfte zu machen. Nach einigen Wochen ruft er seinen Vater an und berichtet:
»Papa, ich mach' gute Geschäfte und hab' einen großen Posten Ziegenhäute gekauft zu 100. Sie stehen schon 110.«
»Bravo, mein Sohn, du bist sehr tüchtig.« Nach einer Wocheruft er wieder an und berichtet mit Freude: »Papa, die
Ziegenhäute sind schon 120.« »Bravo, mein Sohn, du bist ein Genie.« Zwei Wochen später ruft er wieder an und
jubiliert. »Papa, Ziegenhäute sind 150.«
»Phantastisch«, sagt der Vater. »Aber jetzt verkaufen und Nutzen nehmen.« ^Verkaufen, aber wem? Ich kauf sie ja.«
Meine geheime Gold−Spekulation
Ichbin ein Spekulant von Geburt. Meine Arena ist die Börse. Doch ich bin auch Idealist und habe oft meine Energie für
Dinge verschleudert, die unnütz erscheinen. Ichmöchte jene bekämpfen, deren Leben ausschließlich am Golde hängt,
jene also, die aus theoretischer Überzeugung oder einfach aus Spekulationsgründen den Goldpreis erhöhen möchten.
Ich habe es immer wieder geschrieben und gepredigt, im Fernsehen ebenso wie in der Presse und am
Kaffeehausstammtisch, daß jene Unsinn verlangen.
Verständlich, daß vorallem die Russen und die Südafrikaner für den einzigen Artikel, den sie uniimitiert exportieren
können, gern den doppelten Preiserreichen möchten. Es ist bekannt, daß die Russen in der letzten Zeit Schulden
machten, statt Gold abzugeben, weil sie überzeugt waren, daß der Goldpreiserhöht werden müßte.
Nun, diese Kampagne hatte um die Jahreswende 1967/68 immense Dimensionen angenommen. Ja ichmuß gestehen,
dieser weltweite Wirbelsturm hat sogar mich engagierten Verteidiger des stabilen Goldpreiseserschüttert. Denn ich
habe zwar eine festeüberzeugung, aber auch Demut. Und wie einst ein griechischer Philosoph von sich behauptet hat,
daß er nur wisse, daß er nichts wisse, so muß ein echter Spekulant trotzseiner festen Überzeugung auch wissen, daß
er irren kann. Angesichts dieses weltweiten Wahnsinns der Goldspekulation fragteich mich eines Morgens doch, ob ich
nicht vielleicht irrte. Und an jenem Morgen, an dem Mr. Martin, der damalige US−Notenbankchef, aus
Basel wieder nach Washington zurückflog, zog ich mich inmeinen Elfenbeinturm zurück und begann zugrübeln:
Wenn man gegen jede Logik den Goldpreis doch erhöhen würde, konnte ich es dann überhaupt noch wagen, auf die
Straße zu gehen, in mein Stammcafe, dorthin, wo ich allemeine Bekannten wiederfinden würde, denen ich stets meine
»golde−nen Theorien« gepredigt hatte?
Also griff ich zum Telefon! Ich rief in der Schweiz an und kaufte Gold. Ach, wietief war ichgesunken: Gold zu kaufen wie
die dummen Spekulanten, folgend den falschen Propheten und Theoretikern, die ihre Mitmenschen ängstigen, um
daraus Profit zu schlagen.
Ich kaufte zehntausend Unzen Gold, kreditiert von der Credit Suisse in Genf. Ganz geheim natürlich. Doch durch die
Indiskretion eines Freundes wurde mein Hochverrat in einer großen Pariser Tageszeitung zur besonderen
Schadenfreude meiner Bekannten verkündet. Aberich war ja gar kein Renegat geworden! Ich hatte keineswegs Gold
gekauft, sondern nur eine Freiprämie akzeptiert. Gold konnte nur steigen, nicht aber sinken. Und welcher Spekulant
könnte darauf verzichten, wenn ihm eine Freiprämie angeboten wird? Ich würde, ohne zu zögern, auch eine Freiprämie
auf den Kölner Dom annehmen. Außerdem wurde ich von einer Überlegung geleitet: Ichhatte ja nie daran gezweifelt,
daß ein eventuelles Embargo gewisse Preisverschiebungen auf dem privaten Sektor möglich machen könnte. Wennich
aber eine Blamage erleben mußte, so wollte ich für die Demütigung wenigstensein kleines Trostpflästerchen haben,
einen Trostpreis in finanzieller Form kassieren. Würde der Preis wirklich erhöht, konnte ich auch zur Kasse
marschieren..
Was nachher geschah, ist bereits Geschichte. Das Goldembargo wurde vier Tagenach diesem Schritt erklärt, der Preis
auf dem privaten Markt stieg − sehr bescheiden − an, doch war von eineroffiziellen Erhöhung bis zu jenen
Phantasiepreisen, von denen die Spekulanten geträumt hatten, keine Rede mehr,
und auch für die Zukunft bestehen in dieser Hinsicht keine Hoffnungen.
Ich sehe mit Genugtuung, daß meine Analyse richtig war, doch sitze ich jetzt zwischen zwei Sesseln: Steigt der
Goldpreis, kränkt sich der Theoretiker, fällt er, so ärgert sich der Praktiker. Aber so passiert es eben, wenn ein
Spekulant theoretisiert und mit seinen Ideen hausieren geht.
Silber: Das weiße Metall
Nunwerde ich einen Sprung machen, obwohl ich dabei im Bereich des Edelmetalls bleibe. Ich möchte einige Worte über
Silber sagen und von den Abenteuern der Silberspekulanten berichten, die ich während der letzten 55 Jahre persönlich
verfolgen konnte und bei denen ich selbst mitgemischt habe.
Die Geschichte dieses weißen Metalls ist ein ruhmreiches Heldenepos. Zwar haben schon die alten Griechen
Silbermünzen geprägt, die heroischen Zeiten beginnen aber mit der spanischen Kolonisation, als die Konquistadoren,
geblendet durch das von ihnen entdeckte märchenhafte Amerika, dem spanischen König unglaubliche Berichte
schickten. Von Potosi im geheimnisvollen Peru bis Madridhätte man eine Silberbrücke spannen können mit den
phantastischen Silberadern, die siegefunden hatten.
400 Jahre später übte das weiße Metall wieder einmal seine Faszination aus, und dieses Mal auf Henry Morgenthau jr.,
der ein intimer Freund des Präsidenten Roosevelt war. Er verstand es, eine seiner Lieblingsideen praktisch zu
verwirklichen.
Die große Krise, die mit dem schwarzen Börsentag des Jahres 1929 begonnen hatte, war im Jahre 1933 zum
Höhepunkt gelangt. Die Gelddeflation, der tragische Geldmangel, erstickte buchstäblich das durch eine
Vertrauenskriseerschütterte Land. Henry Morgenthau jr. glaubte, daß eine Aufwertung des Silberpreises die Situation
entspannen könnte. Außerdem übten die silbererzeugenden Staaten der USA aus egoistischen Gründen einen
gewissen politischen Druck aus. Auch wollte die Regierung die Kaufkraft der silberherstellenden Länder, zum Beispiel
Mexikos, heben und ebenfalls die Kaufkraft der Länder, die einen bedeutenden Silbervorrat besaßen. Der
Geheimschatz der Chinesen, der Sparstrumpf der Inder, das war Silber: Es genoß die gleiche Wertschätzung wie das
Gold im Westen (die Rupie, dasindische Zahlungsmittel, und der chinesische Dollar waren Silberwährungen).
Ohne ein Programm für eine ausgesprochene Doppelwährung zu haben, wollte Morgenthau der Federal Reserve Bank
und dem amerikanischen Tresor zu einem großen Silberbestand verhelfen, der im gleichen Verhältnis zum Gold−Stock
stand. Ein Gesetzlegte den Preis fest, zu dem die Regierung das ausschließlich aus amerikanischer Produktion
stammende Silber aufkaufen mußte, und verbot überdies die Einfuhr ausländischen Silbers. Ein neuer, beträchtlich
höherer Kurs wurdefestgesetzt, der ungefähr mit 70 Schilling pro Unze an der Londoner Börse notiert war. Zuvornotierte
Silber in London 15 Schilling (in den USA wurde Silber damals auf dem freien Markt nicht gehandelt).
Eine Riesendiskrepanz, die natürlich die Spekulanten der ganzen Welt aufs äußerste reizte. Sie stürzten sich in London
auf Silber (ich natürlich auch!) und kauften enorme Mengen zu einem Kurs, der so unglaublich viel niedriger war als
Morgen−thaus Einkaufspreis. Man nahm an, daß diese Diskrepanz sich mit derzeitausgleichen, zumindestverringern
würde.
Langsam stieg der Kurs, doch blieb die Sache immer noch interessant aufgrund desgewaltigen Preisunterschiedes, und
viele Spekulanten kauften bei steigenden Preisen mit ihrem Papierprofit weitere Silberkontrakte auf dem Londoner
Terminmarkt.
Aber! Und da kommt das große, unvorhergesehene Aber. Das Silber, das sich nach und nach aus seinen Verstecken in
Indien und China wagte, gelangte in Mengen in die Vereinigten Staaten. Die Chinesen waren immer die geschicktesten
und erfolgreichsten Schmuggler der Welt gewesen, und so war es ein Kinderspiel für sie, den Silberstrom von
Hongkong nach Amerika zu leiten.
Das Silber strömte also diesmal nicht aus Peru nach Madrid, sondern aus dem Fernen Osten nach Amerika. Man
konnte keinen Unterschied zwischen Silber und Silber feststellen. Das aus China importierte Silberhatte die gleiche
Farbe wie das aus Montana, und das aus Montana ähnelte merkwürdigerweise den Schiffsladungen, die aus Bombay
geschmuggelt wurden. Das Schatzamt bezahlte alles. Es war ja seine Absicht gewesen, die Geldmenge drastisch zu
erhöhen und diesmal nicht gegen Gold, sondern Silber zu decken.
Aber eine kleine beiläufige Geschichte hat die ganze Transaktion noch spannendergemacht: Die Chinesen ihrerseits
kauften mit dem Erlös ihrer Silberverkäufe Waffen und Munition in Deutschland, da der Bürgerkrieg bei ihnen schon in
der Luft lag. Sie erzielten für ihr Silbereinen so hohen Preis, daß sie das Kriegsmaterial bezahlen konnten, das die
deutschen Fabriken heimlich herstellten. Die Hitler−Regierung preßte die Arbeiter in der Rüstungsindustrie des Dritten
Reiches immer mehr aus, um den Waffenexport zu forcieren − zu einem Preis, den die Chinesen ohne den
Silberschmuggel nicht hätten akzeptieren können.
Und so kam es, daß die unüberlegte Geldpolitik eines Finanz−inannes durch den geheimnisvollen Kreislauf des Geldes
zu einer Stärkung der Nazis führte...
Nach einer Nacht, die Morgenthau mit Überlegungen verbracht hatte, weil der Silberstrom nicht versiegte und er immer
mehr Dollars in Silber investieren mußte, wurde das Gesetz vom Kongreß aufgehoben. Die Einkäufe wurden gestoppt.
Sofort stürzten in Hongkong, Bombay und natürlich in London die Kurse.
Auf dem Papier war ich, wie auch viele andere meiner Kollegen, mit dieser Spekulation Millionär geworden, da der Kurs
in London bis 50 geklettert war und mir einen astronomischen Gewinn gebracht hatte. In 24 Stunden wardieFata
Morgana meiner Millionen verschwunden. Zum Schluß konnte ich nur noch meine Haut retten, und das nur deshalb,
weil ich mich bei den gleitenden Kursen schnell gedreht hatte und durch Zufall ein kleineres Quantum leer verkaufen
konnte. Eine sehr kleine Revanche gab mir das weiße Metall fast 30 Jahre
später. Ich hatte wieder Silber gekauft, zu einem Plafondpreis von 90 Cent, der von der US−Regierung künstlich
gehalten wurde, um die Preise nicht in die Höhe gehen zu lassen.
Gewissesymptome und Umstände veranlaßten mich damals, in Silber einzusteigen. Die chemische Industrie kaufte
große Mengen, und der Vorrat war nicht zu hoch. Außerdem bekam ich von einem meiner Freunde (bei der Firma
Merrill−Lynch) einen Anruf mit dem Hinweis, die Broker der Federal Reserve hätten die Instruktion bekommen, daß sie
für amerikanische Bürger und Residenten keine Silberkontrakte mehr kaufen dürften. Was tut in so einem Fall der
Spekulant? Ich rief dieBanque de l'lndochine in Lausanne an, mit der ich in freundschaftlicher Verbindung stand, ob
siebereit sei, für meine Rechnung ein größeres Quantum Silber (disponible Ware, also kassa) zu kaufen und zu
finanzieren. Die Antwortwar sofort positiv, und sie führten meinen Auftrag aus. 14 Tage späterhatte die amerikanische
Regierung den Plafondpreis um 33 Prozent, also auf 120 hinaufgesetzt. Der Coupwar gelungen, wenn er auch nur
einen bescheidenen Gewinn erbrachte.
Kaum 40 Jahre nach meinem ersten Silberabenteuer war das Edelmetall wieder Tagesgespräch, als die gesamte
Weltpresse über die sensationellen Silbertransaktionen der Hunt−Brüder berichtete. Die berühmten Texas−Millionäre
hatten schon durch andere große Coups (öl, Sojabohnen und so weiter) von sich reden gemacht. Anfang der achtziger
Jahre faßten sie den Plan, die Silberbestände in der Weltaufzukaufen, den Preis in die Höhe zu treiben und dann bei
einem astronomisch hohenpreis das Silber den Konsumenten zur Verfügung zu stellen. Eine Transaktion dieser Art
heißt im Jargon »Corner«.
Das entsprechende deutsche Wort für »Corner« (eigentlich »Ecke«) ist»Ring«, und es bedeutet, daß eine Gruppe von
Spekulanten die Produktion und die verfügbaren Lagerbestände einerware aufkauft und dann durch aggressive
Propaganda das Publikum zur Spekulation verführt, das heißt, diese Ware auf Termin, also auf Kredit, zu kaufen.
Die Grundidee der Huntswar, daß die Diskrepanz zwischen Produktion und Verbrauch immer größer wird, zum Beispiel
durch die in der Welt ununterbrochen wachsende Fotomanie und die Nachfrage nachanderen Produkten der
chemischen Industrie. Die Hunt−Brüder rissen die Kontrolle mehrerer Silberminen an sich und hielten die Produktion
zurück. Durch eine geschickte Propaganda gelang es ihnen, das Publikum in die Spekulation zu locken. Eine todsichere
Sache, dachten die Haussiers. Die Makler riefen alle ihre Kunden an und überzeugten sie, unbedingt in Silber
einzusteigen: Die Huntskaufen, und wenn sie kaufen, dann wissen sie, warum sie es tun.
Zur gleichen Zeit stiegen andere Spekulanten in ein Baisse−Engagement ein, das heißt, sie verkauften Silber, welches
sie noch nicht besaßen, in der Hoffnung, es später viel billiger zurückzukaufen. Solche Spekulanten gab es Tausende in
Amerika, aber auch in Bombay, Hongkong, Mexico City, überall, wo Silberein Heimprodukt ist. Siealle waren der
Ansicht, daß der Preis schon übertrieben hochsei.
Aber der Preisstieg weiter, das Syndikat verknappte die Ware immer mehr, bis sie fast völlig vom Markt verschwand.
Die Preise kletterten nochweiter, die Baissiers wurden auch immer wilder und verkauften immer mehr
Baisse−Terminkontrakte. Auch die Broker riefen weiter ihre Kunden an und empfahlen ihnen, weitere Silberkontraktezu
kaufen, mit der Begründung, daß die Baissiers vom Hunt−Syndikat erwürgt werden würden... Das alte Lied.
So strömten die Kaufaufträge herein, die Kurse stiegen, mit dem Papiergewinn erwarb man weitere Kontrakte, denn das
Spiel war leicht, man mußte ja nur 10 Prozent Garantie zahlen. Auf diese Weise geschah es dann, daß der Kurs von 5
auf 50 Dollar pro Unze stieg. Alle Börsenspieler der Welt beobachteten mit Spannung, wie die gigantische Pokerpartie
enden würde. Einer meiner Freunde, ein Finanzjournalist, bot mir eine Wette an, daß der Kursauf 500 Dollar pro Unze
steigen würde. Vergebens warnteich ihn, daß die Behörden eingreifenkönnten,
denn gewisse Kreiseriefen schon »Skandal!« über den Silberwucher. Auch das spielt keine Rolle, erwiderte er, das
Syndikat pfeift auf die Behörden. Vor den Silberscheiden standen die Menschen Schlange, weil sie ihr Haushaltssilber
zu nie erhofften Preisen verkaufen konnten.
Niemand rechnete damit, daß der Silberboom jemals enden könnte − etwa dadurch, daß die Regierung oder die
Börsenkammer eingreift. Und doch geschah es so. Dank verschiedener Maßnahmen, wie neuer Kreditbestimmungen,
brach der Ring wie ein Kartenhaus zusammen.
Vor allem aber hatten die Huntsvergessen, daß man über unbegrenzte Mittelverfügen und die absolute Kontrolle über
die Weitbestände haben muß, um einen »Corner« erfolgreich abzuschließen. Nur dann kann man die Baissiers
abwürgen, indem man sie zwingt, die Ware bei turmhohen Preisen abzunehmen. Der Silberring eines viel mächtigeren
Finanziers, nämlich der amerikanischen Regierung, von dem ich bereits berichtet habe, ist dafür das beste Beispiel. Ihr
standen tatsächlich unbegrenzte Mittel zur Verfügung − die Dollars der Federal Reserve Bank.
Sicher kannten die Hunt−Brüder den Spruch nicht, den die Spaßmacher der Budapester Börse geprägt haben: »Der
Ring der Nie−gelungen.«
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