-->Fundsache
Die Folter lebt
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von Franz Schönhuber
auf Seite 8, in der NZ
„ Verworren, scheckig, wild umdrängt uns hier ein fratzenhaft Gebild“
Goethe, Faust II
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Überall auf der Welt wird weiter gefoltert, wenn auch nicht immer körperlich, doch gewiss geistig. Der Begriff „auf die Folter gespannt“ war nie realitätsbezogener als heute. Seit Monaten geistern die Fragen durch den Blätterwald: Wann werden die Amerikaner angreifen, wie viele Tote wird es geben, wird dann der internationale Terrorismus auch in Deutschland zuschlagen, welche Auswirkungen wird ein solcher Krieg auch auf unsere Wirtschaft haben, und vieles mehr.
Die geistigen Folterer in Gestalt von Politikern, Militärs und Vertretern der Medien sitzen vor allem in Amerika. Wie mit glühenden Eisenzangen bearbeiten sie Tag für Tag das ins Prokrustesbett der Schuldkomplexe gezwängte Deutschland, seinen Widerstand gegen den Militärschlag aufzugeben. Butterbrot und Peitsche gesellen sich dazu. Die Bush-Leute erzeugen Angst und Schrecken, drohen mit Sanktionen und damit verbundenen wirtschaftlichen Nöten.
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Schlimm genug, schlimmer noch, dass selbst hierzulande Helferinnen und Helfer des Cheffolterers aus Texas sitzen, nahezu ausschließlich in den Reihen der Opposition.
Die amerikahörigen Auftritte von Angela Merkel quälen meine Augen und beleidigen meine Ohren; das hysterische Passauer Geschrei des bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Stoiber foltert meinen Verstand. Dazu eine Anmerkung: Dr. Stoiber wäre gut beraten, nicht nur Aktenstudium zu betreiben, sondern auch Nachhilfeunterricht in Sachen Geschichte zu nehmen und hier besonders das Kapitel Bismarck aufzuschlagen.
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Er hätte daraus die Lehre ziehen können, dass die von ihm beschworenen „Segnungen“ der Nato gegenüber den Gefahren einer Verständigung mit Russland oder China ein Abweichen der Bismarckschen Doktrin bedeutet, wonach Deutschlands Sicherheit nur in einem guten Verhältnis zu Russland gewährleistet sei.
Wie alle Denkformeln bedürfen natürlich auch die Bismarcks einer Anpassung an geschichtliche Entwicklungen, aber die Alternative zu einer guten Nachbarschaft mit Russland kann niemals die Unterwerfung unter die kriegslüsternen Interessen der Amerikaner sein.
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Erinnerungen an Hiroshima und Nagasaki
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Den derzeitigen Kurs der amerikanischen Kriegstreiber begleiten Bomben und Granaten, Erpressungen und Fehlinformationen, die Anwendung politischer Daumenschrauben gegen Widerständische mit perfiden Mitteln der persönlichen Verunglimpfungen, um ihnen das Kreuz zu brechen.
„Bild“ und die Springerpresse marschieren nicht nur im Geiste mit. Sie gewähren Flankenschutz.
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Aber zuweilen sind die angedrohten Mittel der Folter zu grob, zu abstoßend, zu unmenschlich, um ihre Ziele zu erreichen. Jedem Menschen auf dieser Erde, der noch einen Funken von Achtung für Lebewesen empfindet, müsste sich vor Entrüstung das Herz zusammen gezogen haben, als er die Demonstration eines Abwurfes der „Mutter aller Bomben“, der sogenannten „Moab“-Bombe auf den Bildschirmen verfolgen konnte. Sie erweckt Erinnerungen an die Bomben, die auf Hiroshima und Nagasaki abgeworfen worden waren. Diese „Moab“- Bombe löscht in einem Umkreis von anderthalb Kilometern jedes Leben aus. Ob bewusst oder unbewusst geschehen, ich fand es gut von den Verantwortlichen der Sendungen „Heute“ oder „Tageschau“, dass sie nach der schrecklichen amerikanischen Bomben - Demonstration die „Drohne“ der Iraker vorgestellt haben. Dieses Mini-Aufklärungsflugzeug von der Größe eines Modellfliegers war von den anglo-amerikanischen Kriegstreibern zu einer die Welt bedrohenden Waffe aufgeblasen worden. Welch ein Schwachsinn!
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Es gibt in diesen Tagen des amerikanischen Ringens um Bundesgenossen und Spießgesellen nichts, was es nicht gibt. Die Drehbuchschreiber und Regisseure der Fernseh-Serien von Dallas und Denver scheinen die Vorlagen geliefert zu haben.
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Hiroshima und Nagasaki mahnen!
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Menetekel - die Zeichen an der Wand
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Es mag von makabrer Symbolkraft sein, dass die tödlichen Schüsse, die auf den serbischen Ministerpräsidenten Zoran Djindjic abgefeuert wurden, aus einem, dem Parlamentsgebäude gegenüberliegenden, von amerikanischen Bomben verwüsteten Grundstück stammen sollen. Selbstverständlich ist der Anschlag zu verdammen. Durch Morde werden nur selten Probleme gelöst. Im Gegenteil: Es war ebenfalls ein Mord auf bosnischem Boden, in Sarajewo, der den Ersten Weltkrieg ausgelöst hat, nämlich das Attentat auf den österreichischen Erzherzogs Franz Ferdinand und seine Frau.
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Aber auch bei allem, einem Toten gebührenden Respekt darf der Satz „de mortuis nil nisi bene“ -über die Toten nichts, es sei denn Gutes- eine schonungslose Ursachenforschung über diesen schrecklichen Mord an Djindjic nicht verhindern. Ich bin nach langjähriger und intensiver Beschäftigung mit den serbischen Problemen zu der Überzeugung gelangt, dass Djindjic letztlich ein Opfer seiner betont westlichen, vor allem amerikafreundlichen Politik geworden ist. Das von nicht wenigen westeuropäischen, besonders Boulevard-Journalisten gezeichnete Bild über die Verhältnisse in Jugoslawien und das damit verbundene Wirken Djindjics entsprach nur selten der Realität. Manche der Fremdsprachen unkundigen Journalisten bezogen ihr Wissen entweder von dem ausgezeichnet deutsch sprechenden Ministerpräsidenten selbst, oder von westlich geprägten sprachkundigen Intellektuellen. Mit dem Volk kamen sie kaum in Kontakt.
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Tatsache aber ist, dass Djindjic im serbischen Volk immer stärker an Ansehen verloren hatte, insbesondere nach seiner mit der Auslieferung von Milosevic nach Den Haag verbundenen und befohlenen Nacht- und Nebel Aktion. Auch dass er während des Kosovo-Krieges Belgrad verlassen und sich in Montenegro vor den Bomben in Sicherheit gebracht hatte, wurde ihm übel angekreidet. Zwar war es seiner taktischen Raffinesse gelungen, in den entscheidenden Tagen des Umsturzes auch Milosevic-Anhänger in Armee und Polizei mit Bestandsgarantien auf seine Seite zu ziehen, aber dieser Teufelspakt mit später nicht eingelösten Versprechungen hatte aus Partnern Todfeinde gemacht. Die politischen Auseinandersetzungen verlagerten sich dann mehr in das kriminelle Milieu.
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Der größte Fehler von Djindjic aber war, dass er sozusagen im Schnellgang versuchte, westliche Wertevorstellungen seinem Volk überzustülpen, obwohl das Volk sehr bald herausgefunden hatte, dass es mit diesen Werten so toll nun auch wieder nicht ist.
Mit dem Einzug von amerikanischen Geschäftspraktiken wurden zwar die Reichen reicher, doch dafür die Armen ärmer. Die vom Westen versprochenen finanziellen Hilfen blieben gering oder versickerten in dunklen Kanälen. Die von vielen Politikern, innen- und außerhalb Serbiens jetzt vergossenen Tränen sind nicht immer echt. Auch Krokodilstränen sind darunter. Manche Politiker dürften froh sein, dass die Ära Djindjic zu Ende ist, auch wenn sie den Mord ausdrücklich und glaubhaft verurteilen. Politisch war Djindjic schon tot, bevor er ermordet wurde.
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Die CSU und der Söldner-Effekt
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Immer mehr zeigt es sich nun auch in Bayern, dass unterschwellig christsoziale Politiker am liebsten den Freistaat zum 52sten amerikanischen Bundesstaat ausrufen lassen wollen. In verschiedenen Zeitungen war zu lesen, dass sich die CSU-Regierung auf die bevorstehende Übernahme des zugrunde gegangenen Kirch-Imperiums durch den jüdischstämmigen amerikanischen Unternehmer Haim Saban ganz besonders freut.
Saban, der als Bewunderer des australischen Medien-Tycoons Murdock gilt, wird wohl dafür sorgen, dass die Sender Pro Sieben und Sat 1 auf Vordermann und damit auf die amerikanische Linie gebracht werden.
Von Freund Murdock ist bekannt, dass er einen Irak-Krieg aus wirtschaftlichen Gründen wünscht und, um dieses Ziel zu erreichen, seine ganze journalistische Killer-Garde auf die Menschheit loslässt. Die Wahrheit ist für die Murdock-Leute das unbekannte Wesen, Lügen und Tricksen ihr Beruf. Auch der Bayerische Staatskanzleichef und Medienminister Erwin Huber versteht davon eine ganze Menge und deshalb gilt hier das Sprichwort. Gleich und gleich gesellt sich gern.
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PS: Erst jetzt wird nach und nach bekannt, was in meiner Kolumne in dieser Zeitung bereits vor einigen Wochen gestanden hatte:
Dass nämlich der nimmermüde Amerika-Bewunderer Horst Teltschik in die Dienste des amerikanischen Luftfahrtkonzerns Boing als Berater getreten ist! Das hätte er schon vor der von ihm geleiteten Sicherheitskonferenz in München sagen sollen.
Wenn denn in Bälde die Bomben aus den Boeing-Flugzeugen auf Bagdad hernieder regnen, unschuldige Menschen töten und die Natur zerstören, wird sich Teltschik die Frage gefallen lassen müssen, ob er sich auch dann weiter an den Spruch hält: Geld stinkt nicht!
Fundsache Ende
beste Grüße vom Finder
<ul> ~ hier stehts original</ul>
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-->Hallo Baldur,
meine Freude ist ein wenig gedämpft. Du weißt ja, wie die Politik funktioniert: selbst richtige Aussagen stoßen auf Ablehnung, wenn sie von den falschen Leuten formuliert werden. Soll keiner sagen, bei seiner
Urteilsbildung würden allein sachliche Aspekte den Ausschlag geben.
Ob der Schönhuber Franzä mit seiner nicht ganz unproblematischen Reputation als Rechtsausleger, der im Bierzelt seinen natürlichen Lebensraum findet, der beste Vertreter dieser Ansichten ist, dahinter möchte ich doch mal ein Fragezeichen setzen?
Dir ist vielleicht schon mal aufgefallen, daß es zu den wirksamsten Manipulationsmethoden gehört, eine Ansicht, die diskreditiert werden soll, von Leuten vertreten zu lassen, deren Persönlichkeit oder Kompetenz signifikante Schwachstellen aufweist. Das war massivst zu beobachten, als die Eurotz-Propaganda ihrem Höhepunkt zustrebte, und die Anti-Euro-Position in den Medien häufig von alten, gebrechlichen, minder qualifizierten oder sonstwie rückständigen oder zurückgesetzten Leuten verteidigt wurde.
Jüngstes Beispiel war eine Sendung zum Thema Irakkrieg, in der die Anti-Kriegs-Position von Hans-Christian Ströbele und Christoph Schlingensief gehalten wurde, und auf der Gegenseite Wolfgang Gerhardt, M. Friedman und Don Jordan sprachen. Worauf es die Medienmacher offensichtlich abgesehen hatten: dem Fernsehzuschauer nahezulegen, daß die Anti-Angriffs-Meinung von ehemaligen Terror-Sympathisanten - Krieg gegen den Terror (!!!) - und schrägen Vögeln vertreten wird.
Ich fürchte, ein ähnlicher sozialpsychologischer Effekt wird auch im Fall Schönhuber greifen.
Tempranillo
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>Jüngstes Beispiel war eine Sendung zum Thema Irakkrieg, in der die Anti-Kriegs-Position von Hans-Christian Ströbele und Christoph Schlingensief gehalten wurde, und auf der Gegenseite Wolfgang Gerhardt, M. Friedman und Don Jordan sprachen. Worauf es die Medienmacher offensichtlich abgesehen hatten: dem Fernsehzuschauer nahezulegen, daß die Anti-Angriffs-Meinung von ehemaligen Terror-Sympathisanten - Krieg gegen den Terror (!!!) - und schrägen Vögeln vertreten wird.
Hallo, Tempranillo,
vielen Dank für diesen Hinweis, das ist mir bisher noch nicht so ins Bewußtsein getreten, aber Du hast den Punkt voll getroffen.
Freilich fällt auf, daß die Anti-Kriegs-Demos immer von den Extremstauslegern (MLPD etc.) als Selbstdarstellungsbühne mißbraucht werden, sonst würde man die ja gar nicht mehr als existent wahrnehmen, außer am Plakatmüll nach den sogenannten Wahlen.
Den Ex-Rundfunkler lese ich ganz gerne, weil er es bisher als einziger schaffte, die Gestalten aus den C-Parteien sprachlich wirklich treffend zu beschreiben, ob das nun Merkel, Glos, Stoiber, Pflüger oder Schäuble waren, er fand für alle linguistische Volltreffer.
In der Tat läßt sich nicht leugnen, daß man dem Fundsachenschreiber eine gewisse Reserviertheit gegen die Schwarzen unterstellen kann, da er ja, wie er selbst schreibt, aus der SPD-Ecke stammt, und außerdem abgeschossen wurde, als er auch auf die Sitzbank wollte, statt unterm Tisch zu hocken.
Wie auch immer, wir haben nun mal das Problem, daß objektive Feststellungen (heute ist es warm, viele Firmen gehen pleite, der Staatshaushalt ist defizitär) als solche völlig neutral sind und nicht deswegen unzutreffend werden, weil sie jemand sagt, den wir nicht mögen.
Das Gehakel geht dann hinterher an, wenn über Ursachen und Folgen, und vor allem, über die schuldigen Köpp diskutiert wird.
Wenn man Schlingensief als Alleinkasperl in eine Sendung bringt, ist das schon für sich alleine peinlich, der paßt doch in keinerlei vernünftiges Raster außerhalb eines Karl Valentinschen Weltbildes.
Stellt man ihn plötzlich gegen einen der von Dir genannten Meinungsgegner, z.B. gegen schmalzhaarige Wortaggressoren, macht man diesen PseudokünstlerTypen zwangsweise sympathischer, als er je sein kann.
Was mich zur Frage bringt, wer will ausgerechnet Schlingensief derart fördern will
Es gibt natürlich noch eine Erklärung, und die ist simpel.
Bei -25 Grad und 50cm Schnee werden die meisten dick vermummt auf die Straße gehen und feststellen, es sei kalt.
Nur gaaaaaanz wenige werden in Badehosen rausgehen und sich mit dem Pickel ein Loch in den Tümpel klopfen, um ein Bad zu nehmen.
Die gibt es, unzweifelhaft.
Aber ob man deren Sicht der Dinge irgendwie mit Allgemeinwirkungsanspruch unterlegen kann?
Dafür ist doch der Standpunkt viel zu extrem.
So treffen sich halt frierende Schlingensiefs neben Ströbeles, Schönhubers, Freys, Gysis, Schröders, Fischers, Baldurs, Tempranillos alle am Ofen und schauen mit Fassungslosigkeit auf die paar anderen draußen am Wasserloch.
Da bleib ich lieber drin am Ofen, auch wenn mir beim Glühweintrinken Klein-Gregor gegenüberstünde.
beste Grüße vom Baldur
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