-->> Erstaunlich das Italien im Gegensatz zu Polen und Australien nicht am Krieg gegen den Irak teilnimmt. Sind sie so schlecht ausgerüstet?
Nach einem alten Witz ist das dünnste Buch der Welt ja bekanntlich"Italienische Heldensagen".
Da lege ich doch gleich noch ein Kapitel aus Saul Davids"Die größten Fehlschläge der Militärgeschichte" nach (dagegen sind ja die Amerikaner noch Kämpfer vor dem Herrn):
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Nordafrika: 1940/41
Die Kämpfe, die in Nordafrika von September 1940 bis April
1941 zwischen Briten und Italienern (und später den Deut-
schen) tobten, zeichneten sich durch eine ganz außerordentli-
che Folge unwahrscheinlicher Siege und verpasster Chancen
aus. Einen Großteil der Verantwortung trugen dabei zwei Po-
litiker - Mussolini und Churchill -, die es beide nicht lassen
konnten, sich einzumischen.
Am 10. Juni 1940, als die Niederlage Frankreichs faktisch
feststand, trat Italien aufseiten Deutschlands in den Krieg ein.
Benito Mussolini hoffte von den deutschen Siegen profitieren
zu können. Insbesondere wollte er Großbritannien als herr-
schende Macht in Nordafrika und dem Mittelmeer ablösen
(Italien hatte bereits Kolonien in Libyen und war inzwischen
auch in Abessinien einmarschiert). Doch Mussolini hätte einen
Ausspruch von Sir Percy Lorraine, dem britischen Botschafter
in Rom, ernster nehmen sollen. Als ihm der italienische
Außenminister Graf Ciano mitteilte, dass ihre Länder sich im
Kriegszustand befanden, hatte er gesagt: »Ich habe die Ehre,
Eurer Exzellenz mitzuteilen, dass England nicht die Gewohn-
heit hat, seine Kriege zu verlieren.«
Zumindest Ciano schien eine gewisse Ahnung zu haben,
worauf sich Italien mit dem Kriegseintritt einließ. Als Musso-
lini auf dem Balkon des Palazzo Venezia in Rom vor einer we-
nig begeisterten Menge den Kriegszustand verkündete,
stöhnte Ciano: »Ich bin traurig, sehr traurig. Das Abenteuer
beginnt. Gott helfe Italien.«
Zugunsten Mussolinis muss man einräumen, dass sich
Großbritannien damals wirklich in einer sehr schwachen Posi-
tion befand. Zwar war die Masse seiner Armee in Dünkirchen
gerettet worden, aber die Truppen hatten einen Großteil ihrer
Waffen und Transportmittel zurücklassen müssen. Und in die-
sem geschwächten Zustand musste Großbritannien jeden Tag
mit einer deutschen Invasion rechnen. Es war daher kaum in
der Lage, viel zu unternehmen, wenn die italienischen Ar-
meen in Libyen und Ostafrika die kleinen britischen Garniso-
nen angriffen, die Ägypten und den Sudan schützen sollten.
Außerdem war das Mittelmeer mit dem italienischen Kriegs-
emtritt zu gefährlich für alliierte Truppenkonvois geworden.
Sie mussten stattdessen den langen Weg um das Kap der Guten
Hoffnung nehmen. Ein kleiner Schub von 7.000 Soldaten war
schon im Mai bereit, Großbritannien zu verlassen, kam aber erst
Ende August in Ägypten an. Aber auch ihre Ankunft änderte
nichts an der massiven Überzahl der Italiener auf dem Kriegs-
schauplatz. Während Sir Archibald Wavell, der britische Ober-
kommandierende im Nahen Osten, nur knapp 50.000 Mann
zur Verfügung standen, verfügten die Italiener über eine halbe
Million Soldaten - von denen allerdings 100.000 in den Kolo-
nien rekrutiert worden waren.
Allein an der nordafrikanischen Front hatten die Italiener
unter Marschall Rodolfo Graziani über 300.000 Mann stehen,
und zwar in Libyen, während in Ägypten gerade mal 36.000
britische, neuseeländische und indische Soldaten stationiert
waren. Dies bedeutete jedoch nicht, dass die Briten in der
Libyschen Wüste vollkommen in die Defensive gedrängt wa-
ren. Nur wenige Tage nach der Kriegserklärung eroberte eine
mobile Kolonne der 7. Panzerdivision - die ursprünglichen
»Wüstenratten« - die Forts Capuzzo und Maddalena an der
Grenze zwischen Libyen und Ägypten. »Bei geringen eigenen
Verlusten haben wir den feindlichen Kräften, wo immer wir
sie trafen, hohe Verluste beigebracht und 25 italienische Offi-
ziere und 500 andere Dienstgrade gefangen genommen«,
funkte Wavell am 22. Juni nach London. Die eroberten Forts zu
halten war natürlich nicht möglich. Angesichts seiner zahlen-
mäßigen Unterlegenheit blieb Wavell nichts anderes übrig, als
die Italiener mit einer Serie überfallartiger Operationen zu
stören. Diese Guerillataktik hatte er im Sinn, als er Ende Juni
die Long Range Desert Group bildete.
Mussolini war über die kleinen britischen Siege verärgert.
Er brauchte dringend einen Propagandaerfolg. Am 15. Juli be-
fahl das italienische Oberkommando auf sein Drängen Gra-
ziani, eine Offensive gegen Ägypten vorzubereiten (das, ob-
wohl es als Basis für die britischen Truppen diente, formell
neutral war). Graziani jedoch war keineswegs begeistert. Er
hatte die Offensive bereits monatelang aufgeschoben, als er
am 8. August zu einem Gespräch mit Außenminister Ciano
nach Rom bestellt wurde. Es sollte die Entschlossenheit des
Marschalls stärken, zeigte aber keine Wirkung. »Unsere ge-
genwärtigen Vorbereitungen sind noch keineswegs perfekt«,
klagte Graziani und fügte hinzu: »Wir steuern auf eine Nie-
derlage zu, die in der Wüste unweigerlich zu einer plötzlichen
und absoluten Katastrophe führen muss.«
Er wäre vielleicht nicht so mutlos gewesen, wenn er von
Wavells Nachschubproblemen gewusst hätte. Ende Juli waren
über 200 der 306 Panzer von Generalleutnant Richard O'Con-
nors Western Desert Force - dem Vorläufer der 8. Armee - in
Reparatur. Am 7. August bezeichnete Kriegsminister Anthony
Eden nach einem Gespräch mit Wavell in London diese Män-
gel als »schockierend«.
Dank Grazianis Zaudern war jedoch immer noch Zeit, ei-
nen großen Nachschubkonvoi mit Panzern, Geschützen und
Ersatzteilen um das Kap zu schicken. Er traf schließlich am
5. September im Sueskanal ein, als eine italienische Armee
von Abessinien (heute Äthiopien) aus bereits Britisch-Somali-
land überrannt hatte. Trotzdem war bei den Italienern nicht
alles wunschgemäß verlaufen. Obwohl sie gegenüber den bri-
tischen Kräften fünf zu eins in der Überzahl waren, waren sie
am Pass von Tuk Argan fünf Tage lang aufgehalten worden.
Als die Briten am 18. August schließlich auf dem Seeweg
evakuiert wurden, hatten sie den Italienern Verluste von
2.000 Mann beigebracht, selbst jedoch keine 250 Mann ver-
loren.
Der Feldzug in Britisch-Somaliland machte Mussolini kei-
neswegs vorsichtiger, sondern vergrößerte noch seinen Appe-
tit. Am 29. August war er mit seiner Geduld am Ende und
befahl Graziani, bis zum 10. September von Libyen aus anzu-
greifen. Doch Graziani blieb bei seiner alten Verzögerungstak-
tik. Am 7. September drohte ihm Mussolini, er müsse binnen
zwei Tagen angreifen oder zurücktreten. Da endlich erteilte
der Marschall widerstrebend die Angriffsbefehle. »Niemals«,
schrieb Ciano, »wurde eine militärische Operation so sehr ge-
gen des Willen ihres Kommandeurs unternommen.«
Trotzdem fand der Angriff immer noch vier Tage zu spät
statt. Einige Einheiten verirrten sich auf dem Weg zum Sam-
melpunkt und Graziani bekam neue Zweifel, als er Berichte
von »massiven britischen Panzerkräften« hörte, die sich an-
geblich in der Wüste gegen ihn sammelten. In Wirklichkeit je-
doch führte Wavell mit seiner ganzen Streitmacht einen strate-
gischen Rückzug durch die Libysche Wüste bis Mersa Matruh,
das etwa 200 Kilometer östlich der ägyptischen Grenze und
320 Kilometer westlich des Nildeltas liegt.
Am 13. September konnten die sechs angreifenden italieni-
schen Divisionen deshalb ungehindert die ägyptische Grenze
überschreiten. Doch nachdem sie 100 Kilometer zurückgelegt
hatten, beschloss Graziani, sich bei der Küstenstadt Sidi Bar-
rani einzugraben. Schlimmer noch, er zerstreute seine Trup-
pen, indem er sie auf eine Reihe befestigter Lager verteilte, die
viel zu weit voneinander entfernt waren, um sich gegenseitig
unterstützen zu können. Ciano war entsetzt. »Graziani be-
hauptet steif und fest, dass wir ziemlich lange warten müssen,
mindestens bis Ende November, bis die Vorbereitungen für
einen weiteren Vorstoß abgeschlossen sind«, schrieb er am
2. Oktober in sein Tagebuch.
Für die Briten aber war die Verzögerung eine gute Nach-
richt. Zwei Tage vor dem italienischen Vorstoß hatte General
Wavell seinen Stabschef beauftragt, Pläne für eine Invasion in
Libyen zu machen: »Wir dürfen... hoffen, dass wir es mit
einem etwas mutlosen, nicht gerade Furcht erregenden Italie-
ner zu tun haben und gewisse Risiken eingehen können.« Die
Halbherzigkeit von Grazianis Invasion schien dies zu bestäti-
gen. Sie verschaffte den Briten außerdem genügend Zeit, auf
schnellen Handelsschiffen rasch Verstärkung herbeizuschaf-
fen, darunter drei Panzerregimenter.
Doch Wavell überstürzte nichts, selbst als Italien am 28. Ok-
tober Griechenland den Krieg erklärte und die Gefahr bestand,
dass ein Teil seiner knappen Streitmacht auf den neuen Kriegs-
schauplatz abgezogen würde. »Meiner Ansicht nach ist es jetzt
an der Zeit, Risiken einzugehen und zuzuschlagen«, telegra-
fierte Churchill am 14. November. »Die Operation ist in Vorbe-
reitung«, antwortete Wavell zwei Tage später. »Sie lässt sich je-
doch nicht, wie ursprünglich gehofft, noch in diesem Monat
durchführen. Wir arbeiten jetzt auf einen Termin gegen Ende
der ersten Dezemberwoche hin, es sei denn, dass sich der
Feind in der Zwischenzeit bewegt.«
In dieser Hinsicht bestand wenig Gefahr. Wavell konnte
seine Vorbereitungen ohne italienische Störung vollenden -
auch wenn Churchill weiterhin auf einen frühen Beginn der
Operation drängte. Wavell jedoch hatte nicht die Absicht, eine
große Offensive zu unternehmen. Es sei, funkte er am 6. De-
zember an den Premierminister, »nur ein überfallartiges Un-
ternehmen geplant«. »Wir sind am Boden wie in der Luft zah-
lenmäßig stark unterlegen, müssen uns 120 Kilometer durch
die Wüste bewegen und greifen einen Feind an, der seine
Stellungen seit drei Monaten befestigt hat.«
Die Operation Compass sollte sich Grazianis auseinander
gezogenen Verteidigungsgürtel um Sidi Barrani zunutze ma-
chen. Er erstreckte sich von Maktila an der Küste bis Sofafi
80 Kilometer landeinwärts. Dahinter waren die Italiener in der
Tiefe des Raumes aufgestellt. Die vorderen Lager konnten sich
jedoch nicht wechselseitig unterstützen und zwischen Sofafi
und der nächsten Gruppe von Lagern bei Nibeiwa klaffte eine
große Lücke. Laut Plan sollten General O'Connors Truppen in
der Nacht durch diese Lücke vorstoßen und dann nach Nor-
den schwenken und die noch verbliebenen Stellungen aufrol-
len. Aufgrund einer zahlenmäßigen Unterlegenheit von 30.000
britischen gegenüber 80.000 italienischen Soldaten verließen
sich die Briten auf ihre Überlegenheit bei den Panzerkräften;
ihren 275 Tanks standen nur 120 italienische gegenüber. Die
50 schwer gepanzerten, wenn auch schwach bestückten Ma-
tilda-Tanks des 7. königlichen Panzerregiments (RTR) waren
für die meisten panzerbrechenden Waffen der Italiener unver-
wundbar und sollten eine entscheidende Rolle spielen.
In der Nacht vom 7. auf den 8. Dezember begannen O'Con-
nors Truppen in Mersa Matruh ihren langen Anmarsch durch
die Wüste. In der folgenden Nacht bezog eine gemischte
Streitmacht mit Panzerattrappen scheinbar Stellungen vor
Maktila und Nibeiwa, während die 4. indische Infanteriedivi-
sion und die 7. Panzerdivision durch die Lücke in der italieni-
schen Verteidigung vorstießen. Am folgenden Morgen griffen
die Inder, nach vorbereitendem Artilleriebeschuss, mit den
Matilda-Panzern des 7. Panzerregiments als Speerspitze Ni-
beiwa von hinten an. Die Italiener waren völlig überrascht und
verloren 23 Panzer, die sie außerhalb des Lagers abgestellt hat-
ten. Innerhalb von zwei Stunden hatten die Alliierten auch das
Lager selbst genommen und 4.000 Gefangene gemacht.
Danach wandte sich die 4. indische Division nach Norden
und stürmte, wiederum mit Unterstützung der Matildas, die
Lager Tummar West und Tummar Ost, bevor der Tag zu Ende
war. Inzwischen war die 7. Panzerdivision nördlich der Lager
von Sofafi durchgebrochen und stieß in nordwestlicher Rich-
tung weiter auf die Küstenstadt Buq Buq vor, womit sie dem
Feind den Rückzug abschnitt.
Am Abend des 10. Dezember fiel Sidi Barrani nach einem
Angriff auf beide Flanken, der von zwei Regimentern der
7. Panzerdivision unterstützt wurde. Am folgenden Tag er-
reichte die Reservebrigade der 7. Panzerdivision die Küste bei
Buq Buq und schloss 14.000 auf dem Rückzug befindliche
Italiener ein. Insgesamt hatten O'Connors Männer in nur drei
Tagen die enorme Zahl von 40.000 Soldaten gefangen genom-
men sowie 237 Geschütze und 73 Panzer erbeutet. Sie selbst
hatten nur 624 Verluste an Toten, Verwundeten und Vermiss-
ten zu beklagen.
Die Überreste von Grazianis demoralisierter Armee ström-
ten über die Grenze nach Libyen und suchten in der Küstenfes-
tung Bardia Schutz. Die 7. Panzerdivision holte sie schnell ein
und schnitt ihnen den Weg nach Westen ab. Leider stand keine
Infanteriedivision zur Verfügung, weil Wavell, vorsichtig wie
immer, die 4. indische Division am 12. Dezember zurückgezo-
gen und zur Verstärkung in den Sudan geschickt hatte.
Der mangelnde Eifer des britischen Oberbefehlshabers wird
auch in dem Funkspruch deutlich, den er an jenem Tag nach
London schickte. »Schneller Verband der 7. Panzerdivision
stößt auf Sollum-Capuzzo vor und versucht die Straße nach
Tobruk zu überqueren und Bardia abzuschneiden. Für den
Fall, dass Bardia fällt, was ich allerdings für unwahrscheinlich
halte, habe ich O'Connor instruiert, dass er weiter gegen Tob-
ruk vorrücken kann, soweit es die Ausdauer seiner Fahrzeuge
und Männer erlaubt.«
Es dauerte drei Wochen, bis die 6. australische Division aus
Palästina eintraf. Dies gab dem italienischen Befehlshaber in
Bardia, General Bergonzoli, der wegen seines feuerroten Bar-
tes den Spitznamen »Elektrobart« hatte, viel Zeit, seinen 30 Ki-
lometer langen Verteidigungsring in Ordnung zu bringen. Er
versicherte Mussolini, dass seine Truppen bis zum Letzten
kämpfen würden, und er hatte allen Grund zum Optimismus,
da er über 45.000 Mann verfügte, was der Stärke von vier
Divisionen entsprach. Genauso wenig wie Graziani kam ihm
jedoch in den Sinn, dass Angriff, insbesondere gegen einen
zahlenmäßig unterlegenen Gegner, häufig die beste Verteidi-
gung ist.
Am 3. Januar 1941 wurde der Angriff auf Bardia mit hefti-
gem Artilleriebeschuss eröffnet. Als durch den Panzergraben
und ein Stacheldraht- und Minenfeld zwei Gassen gebahnt
waren, brachen die Australier durch, angeführt von den letz-
ten 25 noch gefechtsfähigen Matildas. Um 12 Uhr mittags
ergaben sich die Italiener zu Tausenden, wenn auch einzelne
Widerstandsnester noch weitere zwei Tage aushielten. Zu Eh-
ren der Sieger prägte Anthony Eden analog zu Churchills
berühmtem Lob für die britischen Piloten in der Luftschlacht
um England den Satz: »Nie haben so viele so wenigen so viel
übergeben.«
Mit jedem weiteren praktisch unblutigen Sieg - bei den Aus-
traliern gab es 456 Tote und Verwundete - schien Wavells
Selbstvertrauen zu wachsen. An dem Tag, als Bardia fiel, be-
fahl er, Pläne für die Eroberung Tobruks und dann für die Ein-
nahme Bengasis - der Hauptstadt der Cyrenaika - zu machen.
(Libyen bestand aus zwei Provinzen, der Cyrenaika und Tri-
politanien.) Wie immer wurde er von Churchill angetrieben,,
»Die Zeit ist knapp«, warnte dieser am 6. Januar. »Ich kann
nicht glauben, dass Hitler nicht bald interveniert...«
Trotzdem spielte Churchill ständig mit dem Gedanken, zur
Unterstützung von Griechenland kostbare Truppen aus dem
Nahen Osten abzuziehen. Zwar war der dortige italienische
Feldzug ebenfalls ein Fiasko gewesen, aber auch in Griechen-
land sah es ganz danach aus, als ob bald die Deutschen über-
nehmen würden. »Die Vernichtung Griechenlands würde die
Siege zunichte machen, die Sie in Libyen errungen haben«,
telegrafierte Churchill am 10. Januar an Wavell. »Nichts darf
die Einnahme von Tobruk behindern, aber danach müssen alle
Operationen der Hilfe für Griechenland untergeordnet wer-
den.«
Tobruk wurde am 22. Januar von den Australiern genom-
men, wobei die verbliebenen 16 Matildas erneut eine wichtige
Rolle spielten. Sie machten weitere 30.000 Gefangene und er-
beuteten 236 Geschütze und 87 Panzer. Unterdessen weigerte
sich die griechische Regierung, britische Hilfe anzunehmen,
da sie fürchtete, damit einen deutschen Angriff zu provozie-
ren. Wavell bekam die Erlaubnis, weiter nach Bengasi vorzu-
stoßen. Wie von Churchill befürchtet, hatte jedoch Mussolini
inzwischen Hitlers Angebot angenommen, Verstärkung nach
Nordafrika zu schicken. Die ersten deutschen Truppen wur-
den Mitte Februar in Nordafrika erwartet.
Zeit war deshalb der entscheidende Faktor. Obwohl die
7. Panzerdivision nur noch über 50 mittelschwere und
95 leichte Panzer verfügte, stieß O'Connor weiter vor. Als er
feststellte, dass die Italiener an der Küstenstraße von Derna in
starken Stellungen saßen, plante er einen ehrgeizigen linken
Haken. Er wollte nicht nur Derna, sondern auch Bengasi um-
gehen und damit den Rest von Grazianis ursprünglicher Inva-
sionsarmee einkesseln. Zunächst aber musste er auf neue Pan-
zer warten, die am 7. Februar eintreffen sollten. Vier Tage vor
diesem Datum erhielt er jedoch Berichte der Luftaufklärung,
dass die Italiener beabsichtigten, Bengasi zu verlassen und
sich durch die Engstelle bei El Agheila zurückzuziehen, wo
sie den Weg von der Cyrenaika nach Tripolitanien blockieren
konnten. Wenn O'Connor sie aufhalten wollte, musste er
schnell handeln.
Am Morgen des 4. Februar brach die dezimierte 7. Panzer-
division, angeführt von den Panzerwagen der 11. Husaren, zu
einer der gewagtesten Eskapaden des Wüstenkrieges auf. Mit
Lebensmittelratrionen für nur zwei Tage und kaum genug
Treibstoff legten sie in einem der am stärksten zerklüfteten Ge-
biete Nordafrikas in nur 33 Stunden 270 Kilometer zurück. Sie
kamen gerade noch rechtzeitig an. Zwei Stunden, nachdem
die 7. Husaren, ein Bataillon der Schützenbrigade und etwas
unterstützende Artillerie die Küstenstraße bei Beda Fromm er-
reicht hatten, fingen sie die Vorauseinheiten der Garnison von
Bengasi ab. Zwar zählten die Briten keine 2.000 Mann, aber sie
hatten die Überraschung auf ihrer Seite und hielten die Italie-
ner drei Stunden lang auf, bis die ersten Panzer eintrafen.
Am folgenden Morgen traf die feindliche Hauptkolonne ein.
Sie wurde von über hundert neuen schweren Panzern eskor-
tiert, während die Briten nur 29 schwere Tanks besaßen. Doch
die italienischen Panzerkräfte trafen nach und nach ein und
blieben in der Nähe der Straße, während die Briten ihre Panzer
in günstige »hull-down« Positionen brachten, bei denen der
Rumpf des Panzers durch das Gelände geschützt und nur der
Turm dem feindlichen Feuer ausgesetzt war. Bis zum Einbruch
der Dunkelheit waren 60 italienische Panzer ausgeschaltet,
Tausende von Soldaten hatten sich ergeben. Am folgenden
Morgen machten die Italiener, geführt von siebzehn Panzern,
einen letzten Durchbruchversuch, der jedoch von der Schüt-
zenbrigade vereitelt wurde. Knapp 3.000 britische Soldaten
hatten 20.000 Gefangene gemacht und 216 Geschütze und
120 Panzer erbeutet.
In weniger als zwei Monaten und bei nur 2.000 Mann Ver-
lusten waren zwei Divisionen des Commonwealth 800 Kilo-
meter weit vorgestoßen und hatten eine fünfmal so große
feindliche Streitmacht vernichtend geschlagen. Sie hatten
130.000 Italiener gefangen genommen und fast 400 Panzer und
über 800 Geschütze erbeutet oder zerstört. Nach der totalen
Vernichtung von Grazianis Armee hatten die Briten nun freie
Bahn, um durch die Engstelle bei El Agheila nach Tripolis vor-
zustoßen, Mussolinis letztem Stützpunkt in Nordafrika. Aber
gerade als O'Connor sich darauf vorbereitete, dem Feind den
Gnadenstoß zu versetzen, mischte sich Churchill ein.
Am 29. Januar 1941 war der griechische Ministerpräsident,
General Ioannis Metaxas, gestorben und sein Nachfolger
Alexander Korisis hatte dem britischen Botschafter mitgeteilt,
dass er militärische Hilfe begrüßen würde. Churchill war
begeistert und befahl am 12. Februar Wavell, den Vormarsch
in Nordafrika zu stoppen, »den kämpfenden Teil der Armee,
die bis jetzt Ägypten verteidigt hat«, nach Griechenland
zu verlegen »und alle notwendigen Pläne für ihre äußerste
Verstärkung zu machen«. Wenn sich Griechenland mit briti-
scher Hilfe ein paar Monate gegen die Deutschen halten
könnte, erläuterte Churchill, dann verbesserten sich »die
Chancen für eine türkische Intervention« aufseiten der Alli-
ierten.
Tatsächlich hatte die von Churchill veranlasste Aufsplitte-
rung von Wavells knappen Ressourcen sowohl in Nordafrika
als auch in Griechenland katastrophale Folgen. Das erste Kon-
tingent einer Streitmacht, die am Ende 50.000 Mann zählen
sollte, traf am 7. März in Saloniki ein. Einen Monat danach
marschierten die Deutschen in Griechenland ein. Eine weitere
Woche später hatten sie das Land überrollt und zwangen die
Briten zu einer weiteren peinlichen Evakuierungsaktion, bei der
sie 12.000 Mann, den größten Teil ihrer Ausrüstung und all
ihre Panzer zurücklassen mussten.
In Nordafrika wendete sich inzwischen das Blatt. Am 6. Fe-
bruar 1941 erhielt der damalige Generalleutnant Rommel das
Kommando über das neu gebildete Afrikakorps, das aus zwei
motorisierten Divisionen bestand, der 5. leichten und der
15. Panzerdivision. Acht Tage später trafen die ersten Einhei-
ten der leichten Division - ein Aufklärungsbataillon und ein
Panzerabwehrbataillon - in Tripolis ein. Sie wurden sofort in
die vordersten italienischen Stellungen beordert, zusammen
mit einigen Panzerattrappen, die Rommel auf die Fahrgestelle
von Volkswagen hatte montieren lassen. Das Panzerregiment
der Division traf erst am 11. März in Tripolis ein.
Als die Briten immer noch nicht angriffen, ergriff Rommel
selbst die Initiative. Am 24. März nahm sein Aufklärungs-
bataillon mit Leichtigkeit das strategisch wichtige, aber nur
schwach verteidigte El Agheila. Dann stieß er mit 50 Panzern
als Spitze und zwei neuen italienischen Divisionen als Nach-
hut auf zwei Fronten weiter vor.
Dabei kam ihm zugute, dass seine Gegner sehr unerfahren
waren. Die 7. Panzerdivision war Ende Februar zur Ausbesse-
rung und Erholung nach Ägypten zurückgezogen und durch
einen Teil der neu eingetroffenen 2. Panzerdivision ersetzt
worden. (Ihr anderer Teil war nach Griechenland verlegt.) Die
hervorragende 6. australische Division war ebenfalls nach
Griechenland verlegt und durch die 9. australische ersetzt
worden, die nur ungenügend ausgerüstet und ausgebildet
war. Auch O'Connor war vorübergehend durch den noch
unerprobten Kommandeur General Neame ersetzt worden.
Von Rommels plötzlichem Angriff überrascht, zogen sich
die Briten ungeordnet zurück und räumten am 3. April Ben-
gasi. O'Connor kehrte wieder zurück, um Neame zu beraten,
aber beide Generäle wurden gefangen genommen, als sie am
Abend des 6. April mit einem uneskortierten Geländewagen
auf deutsche Motorradtruppen stießen. Am folgenden Tag ge-
riet der Kommandeur der 6. Panzerdivision bei Mechili zu-
sammen mit der neu eingetroffenen motorisierten Brigade und
anderen Einheiten in Gefangenschaft. Ein Täuschungsma-
növer, bei dem Lastwagen Staub aufwirbelten, um Panzer zu
imitieren, hatte die Streitmacht, die die Brigade einkreiste,
mächtiger erscheinen lassen. Am 11. April 1941 - Rommels
Offensive dauerte gerade erst zwei Wochen - hatten sich die
meisten britischen Truppen hinter die ägyptische Grenze
zurückgezogen. Nur eine kleine Streitmacht, die Tobruk hielt,
war noch in der Cyrenaika verblieben.
Wie die Einmischung Mussolinis war auch Churchills Ein-
mischung in den Nordafrikafeldzug den militärischen Interes-
sen seines Landes äußerst abträglich gewesen. Ohne diese Ein-
mischung hätte O'Connor wahrscheinlich die Italiener aus
Libyen vertrieben, bevor Rommels Kräfte hätten wirksam ein-
greifen können. Selbst die Deutschen waren davon überzeugt.
Laut General Walter Warlimont aus Hitlers Stab verstanden sie
nicht, warum die Briten die Probleme in der Cyrenaika nicht
ausnutzten und weiter nach Tripolis vorstießen. Nichts habe
sie aufhalten können. Die wenigen noch verbliebenen italieni-
schen Truppen seien von Panik erfüllt gewesen und hätten je-
den Augenblick mit dem Erscheinen der britischen Panzer ge-
rechnet.
Es sollte weitere zwei Jahre schwerer Kämpfe erfordern und
viele weitere Menschenleben kosten, bis die Achsenmächte
endlich aus Nordafrika vertrieben waren. »Wir mussten«,
schrieb der britische Historiker Liddell Hart, »einen hohen
Preis dafür bezahlen, dass wir die einmalige Chance vom
Februar 1941 nicht nutzten.«
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