dottore
24.04.2003, 12:36 |
Clinton-Rede vom 15. April - Anmerkungen zur"freien Presse" Thread gesperrt |
-->Hi,
es kam der Vowurf von SB, dass die Presse nichts über Clintons Kritik am Irak-Krieg geschrieben habe, die dieser in einer Rede vor dem Conference Board gehalten hat.
So sah der Vowurf aus
Dem bin ich nun intensiv nachgegangen. Das Conference Board sagt, man könne sich das nicht vorstellen, dass über Clintons Auftritt nichts vermeldet worden wäre, da zwei TV-Sender mit Kameras (CNN und CBS) anwesend gewesen seien sowie"lots of reporters".
Beide Sender bestätigen, die (kurze) Rede Clintons in voller Länge übertragen zu haben, das Video war ausweislich Web unter CBS MarketWatch in voller Länge zu sehen (http://netscape5.marketwatch.com/news/story.asp?guid=%7B19FOBE16%DOF7F%2D49...), wie ein Fax vom Board ausweist.
Clinton sprach nicht zum Thema Irak, sondern über "Restoring Corporate Integrity and Public Trust", wobei er vor allem auf Enron, Worldcom usw. einging ("Maybe I should've known"), und, um das Thema zu überhöhen, einige allgemeine Anmerkungen zur aktuellen Politik machte.
Da kein Rede-Text (Clinton sprach frei und ohne Wort-Manu) verfügbar ist, kann aus der Abschrift vom Video zitiert werden (wortgleich Risk Management Magazine, Laura Sullivan):
"There were problems underneath the rosy-ness of the 1990s; there's a lot of rosy-ness underneath the problems of this decade. We shouldn't be blind to that. We should learn to deal with both the disintegrated and the integrated elements of an interdependent world.
The thing that has disoriented all of us is that there isn't a governing theory. We knew the governing theory in the Cold War...
What I think we need here is a paradigm here that says that we live in an interdependent world and we have to turn it into an interdependent global community... we have to live in a world of shared benefits, shared responsibilities and shared values.
And so every issue that comes up, wheter it's what should we do in Iraq or the securities issue, I see through that paradigm. I ask myself: Will this help to make America stronger and will it help to move us from an independent world to an integrated community?
[Das ist die einzige Passage, wo er das Wort"Irak" in den Mund nimmt]
You make misjudgements if your paradigm is wrong. Our paradigm right now seems to be: Something terrible happened to us on September 11; it gave us the right to interpret all future events in a way that everyone else in the world must agree with us.
We should be a little bit more upbeat. We should show more self-confidence here. This is not like World War II, where people were being bombed every day in London and Churchill told everybody to go about their business. He didn't say be sacred and be mad at everybody that disagrees with us...
I think we need a little bit more balance here... Over the long run we have to bring the world together; we can't run it. In an interdependent world, if you cannot kill, jail or occupy all of your adversaries, sooner or later you have to make a deal."
[Laut EIR hätte er gesagt:"Die USA können nicht alle ihre Feinde verhaften, töten und besetzen", was - siehe Kontext eben - eine Verkürzung darstellt, die dem EIR-Text einen speziellen"Drive" geben soll.]
Nach der Rede gab es eine Frage-Antwort-Session zum eigentlichen Thema ("fraudulent accounting practices"), in der Clinton (so CBS)"defended his administration before a standing-room-only audience". Die CBS-Reporterin Luisa Beltran, die das auf Band mitgeschnitten hat, kann die weiteren EIR-Zitate nicht bestätigen. Clinton wurde zum Verhältnis der USA zu F & D angesprochen und sagte:"I understand why France and Germany are upset with us. They were it with us after September 11."
Journalisten sind nun wahrlich keine Engel und schon gar nicht unfehlbar. Aber diesen Fall mit einem"Soviel zur freien Presse..." abzutun, haut nicht hin. Denn:
Es wurde Clintons Rede in voller Länge veröffentlicht. Das "Da Clintons Äußerung von den korrupten US-Massenmedien totgeschwiegen wurde" (EIR) stimmt nicht.
Clinton hat nicht von einem Paradigmenwechsel durch die Bush-Administration gesprochen, sondern das Paradigma ("our paradigm") seit dem 11. September beschrieben, dem er sein eigenes Paradigma ("we need...") entgegen setzt, der"If-you-cannot..."-Passus wird verkürzt wiedergegeben, die weiteren Zitate sind zweifelhaft.
Gruß!
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Zardoz
24.04.2003, 12:47
@ dottore
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Besten Dank für diese dringend notwendige Klarstellung! (owT) |
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Shakur
24.04.2003, 13:13
@ dottore
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Ich jedenfalls habe nur von EIR von dieser Rede gehört... |
-->Hallo
...auf Spiegel-Online z.B. habe ich nichts davon gelesen, obwohl Spiegel-Online sonst gerne jeden Pupser zitiert, wie z.B. kürzlich die Angriffe von Newt Gingrich auf Colin Powell. Auch in den Nachrichten oder PolitMagazinen, die sonst auch gerne mal über den sprichwörtlichen"Sack Reis in China" berichten, habe ich nix gesehen.
Mit den zu Recht von Dir angelegten strengen Maßstäben für journalistische Korrektheit kann man allerdings wohl 80% aller Medienberichte zerpflücken und für schlecht befinden. Häufig genug werden Tasachen sogar völlig verdreht, bis das Gegenteil der Realität berichtet wird oder aber Halbwahrheiten. Insofern machen sich die"Unkorrektheiten" des EIR-Berichtes eher jungfräulich aus.
Gruß
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Standing Bear
24.04.2003, 13:40
@ Zardoz
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Hoppla, Du überschlägst Dich gleich. (owT) |
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Turon
24.04.2003, 13:46
@ dottore
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Auch ich wollte mich für die Recherche bedanken |
-->denn hier war ich doch ein wenig in Zweifel. Clinton war gegenüber Bush, zum Thema offensiver Außenpolitik sehr zurückhaltend mein Eindruck war eher - er war
mehr für die Wirtschaft interessiert - als für Durchsetzung irgendwelcher
militärischer Ziele. Belegt wird das auch durch den kurzentschlossenen aber lange hinausgezögerten Krieg in Jugoslavien - Clinton kommt mir jedenfalls nicht so vor - als wäre er der Boom-Boom Präsident jemals gewesen.
Es wird ebenfalls dadurch deutlich, daß Clinton - der die WTC Trümmer besucht hat und dort vor die Presse gezehrt wurde - im Gegensatz zu Bush - sehr wohl
sichtbares Entsetzen zeigte - Rachegelüste gab es jedenfalls in seinem Gesicht nicht.
Bei Bush dagegen hatte ich den Eindruck - er habe sofort die Realität verdrängt,
und wollte möglichst sofort Vergeltung üben - aber auch: keine besondere Überraschung im Gesicht.
Nicht jeder Schauspieler kann jedenfalls ein Ronald Reagan werden, der sowohl Schauspieler und Präsident war - wobei Bush offensichtlich äußerst spiegelscheu ist und nie die Gesichtsmimik geübt hat.
Gruß
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Standing Bear
24.04.2003, 13:48
@ dottore
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Re: Clinton-Rede vom 15. April - Anmerkungen zur"freien Presse" |
-->>Hi,
>es kam der Vowurf von SB, dass die Presse nichts über Clintons Kritik am Irak-Krieg geschrieben habe, die dieser in einer Rede vor dem Conference Board gehalten hat.
>So sah der Vowurf aus
>Dem bin ich nun intensiv nachgegangen. Das Conference Board sagt, man könne sich das nicht vorstellen, dass über Clintons Auftritt nichts vermeldet worden wäre, da zwei TV-Sender mit Kameras (CNN und CBS) anwesend gewesen seien sowie"lots of reporters".
>Beide Sender bestätigen, die (kurze) Rede Clintons in voller Länge übertragen zu haben, das Video war ausweislich Web unter CBS MarketWatch in voller Länge zu sehen (http://netscape5.marketwatch.com/news/story.asp?guid=%7B19FOBE16%DOF7F%2D49...), wie ein Fax vom Board ausweist.
>Clinton sprach nicht zum Thema Irak, sondern über "Restoring Corporate Integrity and Public Trust", wobei er vor allem auf Enron, Worldcom usw. einging ("Maybe I should've known"), und, um das Thema zu überhöhen, einige allgemeine Anmerkungen zur aktuellen Politik machte.
>Da kein Rede-Text (Clinton sprach frei und ohne Wort-Manu) verfügbar ist, kann aus der Abschrift vom Video zitiert werden (wortgleich Risk Management Magazine, Laura Sullivan):
>"There were problems underneath the rosy-ness of the 1990s; there's a lot of rosy-ness underneath the problems of this decade. We shouldn't be blind to that. We should learn to deal with both the disintegrated and the integrated elements of an interdependent world.
>The thing that has disoriented all of us is that there isn't a governing theory. We knew the governing theory in the Cold War...
>What I think we need here is a paradigm here that says that we live in an interdependent world and we have to turn it into an interdependent global community... we have to live in a world of shared benefits, shared responsibilities and shared values.
>And so every issue that comes up, wheter it's what should we do in Iraq or the securities issue, I see through that paradigm. I ask myself: Will this help to make America stronger and will it help to move us from an independent world to an integrated community?
>[Das ist die einzige Passage, wo er das Wort"Irak" in den Mund nimmt]
>You make misjudgements if your paradigm is wrong. Our paradigm right now seems to be: Something terrible happened to us on September 11; it gave us the right to interpret all future events in a way that everyone else in the world must agree with us.
>We should be a little bit more upbeat. We should show more self-confidence here. This is not like World War II, where people were being bombed every day in London and Churchill told everybody to go about their business. He didn't say be sacred and be mad at everybody that disagrees with us...
>I think we need a little bit more balance here... Over the long run we have to bring the world together; we can't run it. In an interdependent world, if you cannot kill, jail or occupy all of your adversaries, sooner or later you have to make a deal."
>[Laut EIR hätte er gesagt:"Die USA können nicht alle ihre Feinde verhaften, töten und besetzen", was - siehe Kontext eben - eine Verkürzung darstellt, die dem EIR-Text einen speziellen"Drive" geben soll.]
>Nach der Rede gab es eine Frage-Antwort-Session zum eigentlichen Thema ("fraudulent accounting practices"), in der Clinton (so CBS)"defended his administration before a standing-room-only audience". Die CBS-Reporterin Luisa Beltran, die das auf Band mitgeschnitten hat, kann die weiteren EIR-Zitate nicht bestätigen. Clinton wurde zum Verhältnis der USA zu F & D angesprochen und sagte:"I understand why France and Germany are upset with us. They were it with us after September 11."
>Journalisten sind nun wahrlich keine Engel und schon gar nicht unfehlbar. Aber diesen Fall mit einem"Soviel zur freien Presse..." abzutun, haut nicht hin. Denn:
>Es wurde Clintons Rede in voller Länge veröffentlicht. Das "Da Clintons Äußerung von den korrupten US-Massenmedien totgeschwiegen wurde" (EIR) stimmt nicht.
>Clinton hat nicht von einem Paradigmenwechsel durch die Bush-Administration gesprochen, sondern das Paradigma ("our paradigm") seit dem 11. September beschrieben, dem er sein eigenes Paradigma ("we need...") entgegen setzt, der"If-you-cannot..."-Passus wird verkürzt wiedergegeben, die weiteren Zitate sind zweifelhaft.
>Gruß!
Hallo Dottore,
danke für Deine Mühe. Daß die Rede von Clinton doch irgendwo veröffentlicht wird, wundert mich nicht. Ganz totschweigen kann man ihn doch nicht. Wer Information will, der findet sie auch --> siehe dieses Board, wo wirklich atemberaubend viel zusammengetragen wird.
Für die"normalen" Leute, die nicht den Zugang zu diversen Medien haben und die nicht wissen, wo und wonach sie suchen müssen, ist aber die Mainstream-Presse das wichtigste Informationsmittel. Und daß dort nur die Informationen durchgelassen werden, die keine Schaden anrichten oder die ihn bei den"richtige" anrichten, liegt doch auf der Hand. Wichtige Infos werden auch gern versteckt, so daß man sich dem Vorwurf der Unterdrückung von Informationen nicht aussetzen muß.
Das ist doch das gleich mit Gegendarstellungen. Man kann lauthals Lügen verbreiten und druckt paar Tage später auf Seite xy eine winzige Entschuldigung. Effekt gleich Null. So (des)informiert man die Leute.
Besten Gruß
SB
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Zardoz
24.04.2003, 13:50
@ Standing Bear
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Soviel zur freien Presse... (owT) |
-->
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Pudelbirne
24.04.2003, 14:52
@ Standing Bear
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Re: Clinton-Rede vom 15. April - Anmerkungen zur"freien Presse" |
-->>Hallo Dottore,
>danke für Deine Mühe. Daß die Rede von Clinton doch irgendwo veröffentlicht wird, wundert mich nicht. Ganz totschweigen kann man ihn doch nicht. Wer Information will, der findet sie auch --> siehe dieses Board, wo wirklich atemberaubend viel zusammengetragen wird.
>Für die"normalen" Leute, die nicht den Zugang zu diversen Medien haben und die nicht wissen, wo und wonach sie suchen müssen, ist aber die Mainstream-Presse das wichtigste Informationsmittel. Und daß dort nur die Informationen durchgelassen werden, die keine Schaden anrichten oder die ihn bei den"richtige" anrichten, liegt doch auf der Hand. Wichtige Infos werden auch gern versteckt, so daß man sich dem Vorwurf der Unterdrückung von Informationen nicht aussetzen muß.
Gruss von Noam Chomsky...
>Das ist doch das gleich mit Gegendarstellungen. Man kann lauthals Lügen verbreiten und druckt paar Tage später auf Seite xy eine winzige Entschuldigung. Effekt gleich Null. So (des)informiert man die Leute.
>Besten Gruß
>SB
Das Problem ist so alt wie die Presse selbst... Vielleicht ist es ja auch so, dass es"die Leute" gar nicht interessiert, was Clinton so von sich gibt, er hat ja schliesslich nicht mehr viel zu sagen...(Eigentlich fand ich es erstaunlich, dass er ueberhaupt so breit gecovered wurde)
Dass jemand anderes seine Meinung besser an"die Leute" verkaufen kann, als man selbst ist persoenliches Pech, man hat halt nicht so viel Macht, Einfluss, Knete, oder man ist halt nicht Mainstream genug....Keine Macht, macht nuescht...
Ich mag diese Bord sehr, und im Wesen habe ich ja auch nichts gegen Aufklaerung, aber der missionarische Eifer und der Reflex ueberall gleich Verschwoerungen, etc. zu sehen, schiesst meines Erachtens stetig ein bischen ueber das Ziel hinaus....
Aber lieber so als gar nicht...
Deshalbe vielen Dank von einer
Pudel Birne
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dottore
24.04.2003, 15:42
@ Pudelbirne
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Re: Clinton-Rede vom 15. April - Anmerkungen zur"freien Presse" |
-->Hi Pudel Birne,
hast vermutlich Recht: Es war eine Rede, in der Clinton sich für die Finanzskandale verteidigte und meinte:"I don't know what else we could have done... We got beat."
Who likes losers?
Außerdem hätte man, um nicht die"Realität" ins Gegenteil zu vekehren oder"Halbwahrheiten" zu verbreiten (siehe Shakur) ausführlich mitteilen müssen, dass es"eigentlich" eine Konferenz zu Risiko-Fragen war, veranstaltet von der John F. Kennedy School of Government at Harvard University, die aber wiederum im New Yorker Plaza stattfand, dies wiederum in Zusammenarbeit mit Conference Board (das bekanntlich kein Polit-Forum ist) und Walter Shorenstein, dass es seit Clinton zu den Corporate-Schweinereien den Sarbanas-Oxley Act von 2002 gibt, was auf dem Panel sonst noch so gesagt wurde, immerhin vom NYSE-Chef, von der Delaware Generalstaatsanwältin, usw., usw., usw.
Gruß!
Gruß!
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