dottore
27.04.2003, 12:18 |
Free Coinage of Silver - Fundstück Thread gesperrt |
-->Hi,
Doppelwährungen (Gold/Silber) sind ein besonders heikles Kapitel. Sie sind regelmäßig gescheitert, da entweder das Gold oder das Silber die gesetzte Parität verlassen hatte.
Was im Klarext heißt: Mit einem von beidem konnte das andere günstiger erworben werden, was der etablierten Macht natürlich nicht behagen konnte, da das Ganze auf eine Minderung der festgelegten Abgabenverpflichtungen hinaus lief, wenn jemand das"billiger" gewordene Material nahm, um sich seiner Verpflichtungen zu entledigen. Also im Klarext weniger arbeiten musste, um aus seiner Schuldnerposition zu entkommen.
Die gesetzliche Schuldnerposition ist dabei gravierender als die kontraktliche, da sich die Privatwirtschaft jederzeit gegen Einbussen absichern kann (ähnlich wie gegen Wechselkursrisiken), der Staat dafür regelmäßig zu blöd ist.
Hätten wir es mit einem"schlauen" Staat zu tun, hätte dieser längst die Steuereinnahmen, die er erwartet, auf Termin verkaufen können, womit der Haushalt unschwer stets die erwarteten Steuereinnahmen hätte, womit sich das Risiko auf den Markt übertragen hätte und die"politische" Diskussion sich nur um die Frage drehen müsste, ob der Staat bereit ist, die dann fällige Risikoprämie, mit der er sich also die erwarteten Einnahmen auch als tatsächlich erscheinende sichert (wie sich heute jedermann den Erlös aus einer erst in ferner Zukunft anzubietenden Leistung bzw. Ware am Terminmarkt sichern kann), auch zu bezahlen - was ebenfalls per Derivate erledigt werden könnte.
(Historisch gab es das"tax farming" übrigens noch und noch, also das auf Private überwälzte Risiko von Staatseinkünften, was freilichdann regelmäßig einherging mit entsprechendem Ziehen auf diese Einkünfte und zur Ballonisierung der Staatsverschuldung, sehr schön am Beispiel Frankreichs vor 1788 zu beobachten; zum Termingeschäft in Steuern gehört also zwangsläufig ein Verbot der Staatsverschuldung, da es dafür dann auch keinen Grund mehr gibt -"Überraschung" usw. - und sämtliche"investiven Maßnahmen" der öffentlichen Hand unschwer von Privaten abgewickelt werden können, die das Phänomen der"Abschreibung" bestens drauf haben im Gegensatz zum Staat, der uns bekanntlich auch die"Ersatzinvestitionen" als"Neuinvestitionen" verkauft und entsprechend sich verschulden darf, siehe Grundgesetz Art. 115 usw., ein Skandal, über den hier schon lang und breit debattiert wurde).
Will ich also als Finanzminister im Jahr 2005 Summe 1000 als Steuern haben, schließe ich einen entsprechenden Terminkontrakt ab, der mich z.B. 100 kostet (Contango) und es wird nur über die 100 diskutiert, weil die 1000 in jedem Fall über den Markt, alias die Terminbörse eintreffen. Für die 100 kann ich auch einen Markt schaffen, so dass auch diese eintreffen, usw. Man muss als Staat halt nur die intellektuelle Kapazität haben, sich entsprechend abzusichern, was aber von diesem zu erwarten (der Staat versichert sich nie!) vergebliche Liebesmüh ist.
Nun begab sich in den USA 1873, dass die bis dahin von der Verfassung garantierte Doppelwährung abgeschafft wurde, das Silber also (da damals in Mengen auf den Markt strömend)"demonetisiert" wurde.
Daraufhin forderten Leute aus Montana (klar, warum) in einem Leaflet"Demands of Organized Labor" dann"The Free Coinage of Silver and the Restauration of The Money of the Constitution" (2 S., datiert 21. August 1894), also eine Rückkehr zur"wise bimetallic policy of Washington, Jefferson and Hamilton". Das Blatt richtete sich"To the Members of Organized Labor and all other Producers and Toilers Throughout the United States".
Die Forderung schließlich:
"We demand of the present Congress the immediate return to the money of the Constitution as established by our fathers, by restoring the free and unlimited coinage of both, gold and silver at the present ratio of 16 to 1, the coins of both metals to be equally full legal tender for all debts, public and private, as before the fraudulent demontization of silver in 1873. We also condemn the increase of the national debt in time of peace, and the use of interest bearing bonds at any time."
Unterschrieben von 11 Vertretern vor allem der Arbeitnehmerschaft, u.a. von Lokomotivführern und Bergleuten.
Wie nicht anders zu erwarten, verhallte dieser Aufruf ungehört. Was wieder mal beweist, dass die Schuldnerfraktion immer die schlechteren Karten hat - jedenfalls so lange das"System" überhaupt aufrecht erhalten werden kann.
Je länger es allerdings aufrecht erhalten wird, desto kolossaler ist dann die Entladung. Und die kommt so sicher wie das Amen in St. Peter.
Gruß!
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Silberfuchs
27.04.2003, 13:26
@ dottore
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Ganz meine Worte |
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Ich vergleiche diese Situation der Ruhe vor dem Sturm gerne mit einem fälligen, jedoch ausbleibenden, Erdbeben.
Durch Aufschub wird das Problem nicht minder oder unwarscheinlicher sondern vielmehr härter und erbarmungsloser. Doch viele glauben sich in Sicherheit und werden dann wohl übel überrascht.
Schönen Restsonntag allseits
Silberfuchs
@Dotore, in Eurosilberzehnern cash gehen ist doch eine Möglichkeit oder? Die Sparkasse gibt gerne große Mengen ab...
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dottore
27.04.2003, 13:54
@ Silberfuchs
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Re: Ja, sind Cash, GZ und ein kostenloser, ewig laufener Silber-Call |
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Tobias
27.04.2003, 18:28
@ dottore
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Hier Verbriefung zukünftiger Staatseinnahmen (Bsp. Italien, Griechenland ): |
-->Hi,
sowas gibt's (=>Italien und Griechenland schlau?):
>Hätten wir es mit einem"schlauen" Staat zu tun, hätte dieser längst die Steuereinnahmen, die er erwartet, auf Termin verkaufen können, womit der Haushalt unschwer stets die erwarteten Steuereinnahmen hätte,...
Hier Bsp. italienischer Staat [Der Standard, 26.09.2002]:
"Kreative" Stabilitätspolitik im Club der Euroländer
Berlin redet sich auf Flutkatastrophe aus - Rom verbucht künftige Lottoeinnahmen und Paris vergisst auf die France Telecom
Berlin/Rom/Paris - Dass der deutsche Finanzminister Hans Eichel am Mittwoch die neuesten Zahlen zum Staatsdefizit nach Brüssel meldete, hatte seinen Grund. Am Donnerstag gab das Statistische Bundesamt bekannt, dass sich der Fehlbetrag öffentlicher Haushalte im Halbjahresvergleich um 20 Mrd. EURO auf 58 Mrd. EURO vergrößert hat. Die öffentlichen Haushalte haben im ersten Halbjahr um 2,1 Prozent geringere Einnahmen als im Vorjahreszeitraum erzielt. Damit ist der nach Brüssel gemeldete Wert von 2,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts bereits Makulatur, das Maastrichter Defizitkriterium von drei Prozent wird kaum noch zu erreichen sein. Die Prognose müsste aufgrund der neuesten Daten revidiert werden. Berlin spielt vielmehr auf Zeit und setzt auf das Prinzip Hoffnung, dass die Konjunktur endlich anspringt. Und wenn nicht, so wird hinter vorgehaltener Hand gemunkelt, biete sich ja noch die Flutkatastrophe als Rechtfertigung an.
Rom: Künftige Lottoeinkünfte im Budget
Italien hat im letzten Jahr mit seiner"kreativen" Haushaltspolitik bereits den Ärger der EU-Experten ausgelöst. Denn, statt den von der EU geforderten Strukturreformen, versucht Italiens Wirtschaftsminister Giulio Tremonti durch eine ausgesprochen kreative Bilanzkosmetik das Defizit zu senken. Auch für 2003 sieht das Budget eine Reihe von Einmalmaßnahmen, wie etwa eine Steueramnestie vor, um den Fehlbetrag auf zwei Prozent zu bringen. Eurostat hat im Sommer mehrere Maßnahmen zur Defizitsenkung nicht anerkannt und daher für 2001 das anteilsmäßige Budgetdefizit von 1,6 auf 2,2 Prozent nach oben revidiert. Ausschlaggebend für die Korrektur waren die vom italienischen Staat an zwei spezielle Finanzvehikel abgetretene Einnahmen aus dem künftigen Verkauf von Staatsimmobilien und von Lotterieeinnahmen. Italiens Haushaltsrechnung ähnelt der Enron-Bilanz, spöttelte die internationale Presse.
Quelle: http://www.derstandard.net/?id=1083770
Hier Bsp. griechischer Staat [BaKred 26.02.2002]
Grundsatz I (GS I) gemäß Â§Â§ 10, 10a KWG;
Risikogewichtung einer von einer nach luxemburgischen Recht errichteten Einzweckgesellschaft emittierten asset-backed Anleihe, in der künftige Forderungen der Republik Griechenland gegen die Europäischen Gemeinschaften auf Leistungen aus dem"gemeinschaftlichen Förderkonzept" ("Community Support Framework III") verbrieft werden
...
Risikoaktiva, die Forderungen ausschließlich gegen den Emittenten eines Wertpapiers begründen, sind grundsätzlich mit dem Adressenrisikogewicht des Emittenten zu gewichten[1]. Für asset-backed securities (ABS), die von einem SPV emittiert werden, gilt danach generell ein Adressengewicht von 100 % gemäß Â§ 13 Abs. 6 Nr. 2 GS I. Dies entspricht der Vorgabe in Art. 43 Abs. 1 lit. d Nr. 4 der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. März 2000 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute (im Folgenden: KodifizierungsRL), zuletzt geändert durch Richtlinie 2000/28/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. September 2000 zur Änderung der Richtlinie 2000/12/EG über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute.
Sie hatten mir bestätigt, dass es sich bei der von Ihnen bezeichneten Transaktion um die Verbriefung von künftigen Forderungen der Republik Griechenland gegen die Europäischen Gemeinschaften auf Leistungen aus dem"gemeinschaftlichen Förderkonzept" (Community Support Framework) im Sinne des Art. 9 lit. d der Verordnung (EG) Nr. 1260/1999 des Rates vom 21. Juni 1999 mit allgemeinen Bestimmungen über die Strukturfonds durch die nach luxemburgischen Recht errichtete Einzweckgesellschaft"Atlas Securitisation S.A." handelt.
Mir sind keine Gründe ersichtlich, auf Risikoaktiva, deren Erfüllung von der"Atlas Securitisation S.A." geschuldet wird, ein geringeres Risikogewicht als 100 % gemäß Â§ 13 Abs. 6 Nr. 2 GS I anzuwenden.
Nach den mir vorliegenden Informationen kommt auch im Hinblick auf die als"Undertaking" bezeichnete Verpflichtung der Republik Griechenland keine erleichterte Anrechnung der Anleihe als ein durch eine Zentralregierung der Zone A"ausdrücklich gewährleistetes" Risikoaktivum gemäß Â§ 13 Abs. 1 Nr. 1 lit. b GS I in Betracht.
Wie ich einem Pre-Sale Report zur"Atlas Securitisation S.A." entnommen habe, steht die Republik Griechenland im Rahmen der als"Undertaking" bezeichneten Vereinbarung dafür ein, dass dem Emittenten rechtzeitig zu bestimmten Zahlungsterminen ausreichende Mittel zur Verfügung stehen, um fälligen Zahlungsverpflichtungen aus den Anleihen nachzukommen. Dieses"Undertaking" sichert m. W. lediglich den Bestand der Aktivseite des Emittenten; sie garantiert nicht die Tilgung der diese refinanzierenden Verbindlichkeiten des Emittenten.
In meinem Schreiben vom 29. November 2000 habe ich mitgeteilt, dass eine von der Republik Griechenland im Zuge der Verbriefung künftiger Einnahmen aus der staatlichen Lotterie gewährte"Performance Undertaking" nach deutschem Solvabilitätsregime nicht dazu führt, dass Forderungen gegen das SPV als"ausdrücklich gewährleistet" gemäß Â§ 13 Abs. 1 Nr. 1 lit. b GS I (vgl. Art. 43 Abs. 1 lit. a Nr. 4 KodifizierungsRL) oder"nachweislich gesichert" gemäß Â§ 13 Abs. 1 Nr. 2 lit. a GS I (vgl. Art. 43 Abs. 1 lit. a Nr. 7 KodifizierungsRL) angesehen werden können, da die"Performance Undertaking" bei Leistungsstörungen des Emittenten keine unmittelbaren Ansprüche der Investoren gegen die Republik Griechenland begründet.
Nach den mir vorliegenden Informationen sehe ich keinen Grund, für die Beurteilung der Transaktion"Atlas Securitisation S.A." von dieser Entscheidung abzuweichen.
Nach derzeitiger Verwaltungspraxis des Bundesaufsichtsamtes ergibt sich auch keine andere Gewichtung nach Maßgabe meines Rundschreibens 6/97 zur"Behandlung von Wertpapieren im Rahmen von 'Repackaging'-Vereinbarungen". Ursprünglich bezog sich der Anwendungsbereich dieses Rundschreibens auf im Rahmen eines"Repackaging" von einem SPV begebene Wertpapiere, deren Erfüllung durch Wertpapiere einer Zentralregierung oder einer Zentralnotenbank der Zone A oder durch Wertpapiere der Europäischen Gemeinschaften besichert ist.
Mit Schreiben vom 9. März 2001 wurde der Anwendungsbereich des Rundschreibens 6/97 auf Wertpapiere erweitert, deren Erfüllung durch spanische Pfandbriefe besichert ist. Zur Klarstellung sei angemerkt, dass der Hinweis in diesem Schreiben auf die im Zuge der Reform des Baseler Eigenkapitalakkords angedachte Durchschau für Senior ABS-Tranchen nicht dahingehend missverstanden werden darf, die Grundsätze des Rundschreibens 6/97 seien bereits nach derzeitigem GS I-Regime auf tranchierte Strukturen anwendbar.
Forderungen aus Anleihen der"Atlas Securitisation S.A.", die künftige Forderungen der Republik Griechenland gegen die Europäischen Gemeinschaften auf Leistungen aus dem"gemeinschaftlichen Förderkonzept" (Community Support Framework) verbriefen, sind in Deutschland daher mit 100 % Risikogewicht anzusetzen, § 13 Abs. 6 Nr. 2 GS
Quelle: http://www.bakred.de/texte/sonstige/260202_2.htm
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Gruß
Tobias
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Baldur der Ketzer
27.04.2003, 19:12
@ Tobias
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Re: kreative Staatsfinanzen und Italien - vorbildliche Steueramnestie |
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>Auch für 2003 sieht das Budget eine Reihe von Einmalmaßnahmen, wie etwa eine Steueramnestie vor, um den Fehlbetrag auf zwei Prozent zu bringen.
Hallo, Tobias,
das halte ich für vorbildlich.
Du zahlst pro Veranlagungsjahr (ich glaube) 8% der Steuerschuld damals, mindestens aber 600 Euro. Dann bleibt der Steuerakt für immer geschlossen, egal, aus welchen Gründen man ihn nochmals öffnen will.
Italien hat regelmäßige Steueramnestien, die letzte dürfte so 10 Jahre zurückliegen, also gehe ich davon aus, daß man die letzten 10 Jahre zurückgehen kann.
Macht, wenn man vom Mindestsatz ausgeht, also 6.000 Euro zusätzliche Einmaleinnahme pro mitmachendem Steuerknecht.
Das ist doch was, oder? Projizieren wir es auf die deutschen Fiskalruinenlandschaften:
Heuchel hat so an die 30 Millionen Steuerzahler, nehmen wir mal an, er würde das genauso machen, und, unersättlich, wie das System ist, würde er 1000 Euro Minimum nehmen.
Gehen wir davon aus, daß ein Drittel aller Steuerzahler gerne Ruhe hätten, wären das alleine schon mal 1000x10 Mios=10 Milliarden Euro.
Dann nehmen wir noch an, daß die obersten 5% der Steuerzahler, also 1,5 Millionen Gutverdiener, noch lieber verbriefte Ruhe hätten, und nehmen wir an, sie hätten 30% aus 150.000 Einkommen bezahlt, so wären das 45.000 Euro Jahres-Steuern, mal 10 Veranlagungszeiträume, bei 8% Quote rund 3.600 Euro bei den Spitzenverdienern.
Also 36.000 Euro für deren letzte 10 Jahre mal 1,5 Millionen macht nochmals 54 Milliarden Euro.
Sagen wir großzügigst, es kämen 40 Milliarden dabei heraus.
Jetzt nimm noch die Firmen dazu, Steueramnestie für zurückliegende Veranlagungszeiträume, nach einem Schlüssel aus Ertragskraft, Cash Flow, Mitarbeitern, Jahresumsatz, usw.
Man wird wohl per Saldo von 50 Milliarden Euro ausgehen können - ist das nix?
FREIWILLIG bezahlt, obendrein!
Bloß geht das ja nicht zwengs der Grundsätze und des Sozialdingsbummsens, wie die linken Hardliner betonen.
Italien hat damit keine Probleme - Bella Italia, kann ich nur sagen.
Und die fiskalischen Piefkes können statt getrockneter Tomaten und gebratenen Auberginen in würzigem Ã-livenöl, schönen Antipasti halt, an ihrem sauertöpfischen Sauerkraut kiefen......
What shalls.
jeder kann sich in einer freizügigen Welt seine Situation optimieren. Das Geld ist scheu wie das Reh, das tuts eh.
beste Grüße vom Baldur
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