Sascha
26.05.2003, 04:38 |
Modell Amerika: Die Rückkehr der Tagelöhner Thread gesperrt |
--> Vor kurzem schrieb ich im Posting"Es geht bergab Teil 9 / Ein Hauch Amerika... mkT" unter http://www.f17.parsimony.net/forum30434/messages/192543.htm:
Es scheint mir als seien wir schon am Beginn der Entwicklung zu einer 2-Klassen-Gesellschaft wie in Amerika. Uns wird das gleiche Schicksal bevorstehen wie Amerika.
Denn in einem Punkt ist Amerika weiter und das ist die Rationalisierung von Arbeitsplätzen in vielen Branchen.
In Amerika herrscht die Hire & Fire-Mentalität. Mit dem Abbau des Kündigungsschutzes und den erwähnten Billiglöhnen aus dem Zeit-Artikel kommen wir diesem Zustand schon um einiges näher. Nebenbei stieg auch bei uns die Kriminalität im letzten Jahrzehnt eher an als das sie abnahm. Soziale Konflikte zwischen"Arbeitsbesitzern" und Arbeitlosen nehmen auch hierzulande zu.
Amerika hat scheinbar schon einen gewissen kleinen Teil in Richtung 20:80-Gesellschaft zurückgelegt.
Oft wird Amerika als"Land der Superlative" hervorgehoben. Grenzenloser Wohlstand würde dort herrschen. Konsum pur! Vom Tellerwäscher zum Millionär...
Doch die Realität ist anders. Jeder der Amerika lobt sollte sich eines zumindest vor Augen führen. Amerika ist ein Land der Kontraste. Man möge sich nur mal die Stadt New York ansehen. Glitzerfassaden, Wall Street, 5th Avenue, Broadway und die beeindruckenden Hochhäuser der Großbanken und Großkonzerne in Manhatten und nur ein paar Kilometer weiter...
Wohngebiete in Harlem die derart herungekommen sind das man glaubt man sei ins Sao Paulo im Gebiet der Favelas. Arme Menschen, hohe Kriminalität, vergammelte Häuser...
Amerika ist nur solange ein gutes Land zum Leben solange man Arbeit hat. Sobald man arbeitslos wird kann man auch ganz schön schnell von oben nach unten durchgereicht werden. Soziale Netze gibt es kaum, Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe nur mit starker Beschränkung und meist nur auf Zeit, Krankenversicherung ist größtenteils Privatsache. In Amerika gibt es eine ziemlich breite Bevölerungsschicht die einfach nur noch zu bedauern ist. Sie besteht aus den Leuten die mit dem ganzen Technologiewahn und den immer mehr steigenden Anforderungen an ihre Qualifikation nicht mehr mithalten konnten. Es sind die Menschen die zwei Jobs machen und 12 Stunden-Tage haben und dennoch fast von der Mülltonne leben. Das Problem: Es handelt sich nicht nur um einzelne arme Schweine. Nein, es sind leider ziemlich viele dort. Und das wird oft übersehen. Es sind ganz einfach Menschen die wirklich viel arbeiten, machen was sie können und dennoch - egal was sie auch tun - kaum aus diesem Leben nochmal heraus können. Und das ist m.E. traurig für eine Gesellschaft. Wenn Menschen die engagiert sind, arbeitswillig sind und tun was sie können trotzdem gerade mal noch so leben können.
Hierzu zwei Quellen:
1. Quelle / Die reicheren 20% in Amerika!
[img][/img]
<IMG src="http://www.saschajakobi.de/forum/anderes/EDA140.JPG" alt="http://www.saschajakobi.de/forum/anderes/EDA140.JPG">
<IMG src="http://www.saschajakobi.de/forum/anderes/EDA142.JPG" alt="http://www.saschajakobi.de/forum/anderes/EDA142.JPG">
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2. Quelle / Modell Amerika: Die Rückkehr der Tagelöhner
<IMG src="http://www.saschajakobi.de/forum/anderes/DGF164.JPG" alt="http://www.saschajakobi.de/forum/anderes/DGF164.JPG">
<IMG src="http://www.saschajakobi.de/forum/anderes/DGF166.JPG" alt="http://www.saschajakobi.de/forum/anderes/DGF166.JPG">
<IMG src="http://www.saschajakobi.de/forum/anderes/DGF168.JPG" alt="http://www.saschajakobi.de/forum/anderes/DGF168.JPG">
<IMG src="http://www.saschajakobi.de/forum/anderes/DGF170.JPG" alt="http://www.saschajakobi.de/forum/anderes/DGF170.JPG">
<IMG src="http://www.saschajakobi.de/forum/anderes/DGF172.JPG" alt="http://www.saschajakobi.de/forum/anderes/DGF172.JPG">
<IMG src="http://www.saschajakobi.de/forum/anderes/DGF174.JPG" alt="http://www.saschajakobi.de/forum/anderes/DGF174.JPG">
Paßt prima zu dem Artikel"Arbeit für 4,90 Euro" aus"Die Zeit", Nr. 22 vom 22.05.2003, siehe hier:
http://www.f17.parsimony.net/forum30434/messages/192525.htm
oder: http://www.zeit.de/2003/22/Niedrigl_9ahne
Viele Grüße
Sascha
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Ventura
26.05.2003, 07:44
@ Sascha
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wie sieht es denn hier aus, ohne Arbeit? (owT) |
-->
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CRASH_GURU
26.05.2003, 08:32
@ Sascha
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Re: Modell Amerika: Die Rückkehr der Tagelöhner |
-->Das merkwürdige ist, daß die Intention diese weinerlichen Bücher schon nach der 5. Zeile zu erkennen ist. Wird vermutlich speziell für Deutschland aufgelegt. Nochmal die Frage was soll das ganze? Warum über Amerika lamentieren statt bessere Alternativen für Europa aufzuzeigen? Ich vermute mal liegt irgenwie an unserem ausgeprägten Problembewusstsein?
gruss
cg
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fridolin
26.05.2003, 08:43
@ CRASH_GURU
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Re: Modell Amerika: Die Rückkehr der Tagelöhner |
-->Das merkwürdige ist, daß die Intention diese weinerlichen Bücher schon nach der 5. Zeile zu erkennen ist. Wird vermutlich speziell für Deutschland aufgelegt. Nochmal die Frage was soll das ganze? Warum über Amerika lamentieren statt bessere Alternativen für Europa aufzuzeigen? Ich vermute mal liegt irgenwie an unserem ausgeprägten Problembewusstsein?
Ehrlich gesagt, das frage ich mich auch. Soll nun der Staat sich um alles kümmern und alle tatsächlichen und vermeintlichen Ungerechtigkeiten ausgleichen?"Wie hätten Sie's denn gerne?" ;-)
Weiterhin frage ich mich auch, wie die Generation meiner Eltern und Großeltern eigentlich das Wirtschaftswunder nach dem Krieg, wo buchstäblich alles in Trümmern lag, geschafft hat. Durch Ärmelhochkrempeln, Unternehmungsgeist und harte Arbeit, nicht aber durch ständiges Gejammere und Rufen nach staatlichen Interventionen oder Wohltaten, die es damals nicht gab. Die heutige Situation ist am besten durch den Satz vom"Jammern auf hohem Niveau" beschrieben. Woanders in der Welt haben die Menschen täglich ganz andere Probleme zu bewältigen - bloß verwenden sie ihre Zeit darauf, diese mit ihren beschränkten Möglichkeiten zu lösen oder ihre Lösung zumindest zu versuchen, statt ständig nach dem Staat zu rufen.
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Euklid
26.05.2003, 08:56
@ CRASH_GURU
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Re: Modell Amerika: Die Rückkehr der Tagelöhner |
-->>Das merkwürdige ist, daß die Intention diese weinerlichen Bücher schon nach der 5. Zeile zu erkennen ist. Wird vermutlich speziell für Deutschland aufgelegt. Nochmal die Frage was soll das ganze? Warum über Amerika lamentieren statt bessere Alternativen für Europa aufzuzeigen? Ich vermute mal liegt irgenwie an unserem ausgeprägten Problembewusstsein?
>gruss
>cg
Nein das liegt daran daß wir alles was aus Amerika kommt mit einem Drang nachäffen der seinesgleichen sucht.
Auch Malik hat die amerikanischen Managementmethoden schon angegriffen und trotzdem verspielen die Europäer jetzt ihre gute Ausgangsbasis weil sie jeden Scheißdreck der aus Amerika kommt ungeprüft nachmachen.
Gruß EUKLID
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Euklid
26.05.2003, 09:32
@ fridolin
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Re: Modell Amerika: Die Rückkehr der Tagelöhner |
-->Das hat mit weinerlich nichts zu tun.
Der Ruf nach dem Staat erschallt doch nur weil er mehr als 70% der Leistung der Bürger abbaggert.
Oder kann man von jemand der 70% konfisziert auch etwas erwarten?
Mein Ruf nach dem Staat wäre höchstens der daß er verschwinden soll und zwar so schnell wie möglich.
Zu den Sparbemühungen im Bundeshaushalt.
Es gibt mehrere Möglichkeiten zu sparen.
Die Möglichkeit die jetzt noch hilft ist diejenige die nicht des Bürgers Kaufkraft weiter aufzehrt mit halbgaren Reformen,sondern kann nur auf der Ausgabenseite ansetzen.
Das heißt das die Gelder die abfließen neu justiert werden müssen.Dazu gehören auch die immer noch massiv vorhandenen Scheckbuchdiplomatien zu beenden.
Auch der Konflikt mit England muß gesucht werden.Es kann nicht angehen daß England nur profitieren möchte und sich am Aufbau von Osteuropa mit keinem Penny beteiligt.
Ich würde wetten daß England über die amerikanische Wirtschaftspolitik informiert war und deshalb die Währung nicht auf Euro umgestellt hat.
Komischerweise wird hierüber nicht einmal ansatzweise geredet.
Es scheint als wären diese Ausgaben unantastbar.
Gruß EUKLID
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Henning
26.05.2003, 09:36
@ Euklid
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Re: Modell Amerika: Die Rückkehr der Tagelöhner |
-->>>Das merkwürdige ist, daß die Intention diese weinerlichen Bücher schon nach der 5. Zeile zu erkennen ist. Wird vermutlich speziell für Deutschland aufgelegt. Nochmal die Frage was soll das ganze? Warum über Amerika lamentieren statt bessere Alternativen für Europa aufzuzeigen? Ich vermute mal liegt irgenwie an unserem ausgeprägten Problembewusstsein?
>>gruss
>>cg
>Nein das liegt daran daß wir alles was aus Amerika kommt mit einem Drang nachäffen der seinesgleichen sucht.
>Auch Malik hat die amerikanischen Managementmethoden schon angegriffen und trotzdem verspielen die Europäer jetzt ihre gute Ausgangsbasis weil sie jeden Scheißdreck der aus Amerika kommt ungeprüft nachmachen.
Das nachäffen ist schon Tradition - hat aber nicht wirklich was mit Amerika
zu tun. Vor Amerika war es Japan (das Erfolgmodell der 80er) - da wurde
Just-in-Time eingeführt. Natürlich ohne zu überlegen ob das überhaupt Sinn
macht. Wenn man in Japan 1qm eingespart hat konnte man etwa 2000 DM dafür
bekommen. VW hat das dann z.B. in Emden gemacht - für 10 Dm pro qm. Jahre
später brauchten sie dann wieder neue Lagerflächen (wegen dem Dauerstau) -
nur leider waren die dann nicht mehr so günstig gelegen wie damals.
Das Management ist eben meist nicht das Geld wert was sie kosten - schon
garnicht in Zeiten des Shareholder-Value wo man sich von Quartal zu Quartal
hangelt ohne auch nur die Chance zu haben so etwas wie eine Strategie zu
verfolgen...
CU
Henning
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Sascha
26.05.2003, 15:16
@ Ventura
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Nicht gut aber man verhungert sicher auch nicht mkT |
--> > wie sieht es denn hier aus, ohne Arbeit?
NOCH (Betonung liegt besonders auf diesem Wort) relativ gut. Man kann sich nicht beklagen.
Man muß allerdings unterscheiden ob jemand Null-Bock auf Arbeit hat oder ob er sich anstreng und egangiert und keine bekommt. Erstere Gruppe existiert in Deutschland aber die Mehrheit dürfte doch letztere Gruppe unter den nicht Erwerbstätigen stellen.
Wenn ich in meinem Freundeskreis momentan so umschaue sieht es in Deutschland immer schlechter aus. Die Leute suchen arbeit, wollen arbeiten und alles was sie als ausgebildeter Installateur bekommen ist eine Arbeitsstelle im 50 km entfernten Kuhdorf wo man mit öffenlichen Verkehrsmitteln so und so kaum hinkommt, zu 65% Bezahlung, miesen Arbeitsbedingungen und natürlich in einem anderen Job.
Angesichts fast 5 Millionen Arbeitsloser, Umschuler und ABMler und was weiß ich noch alles rutschen viele Menschen immer tiefer in die Krise. Das allerschlimmste jedoch ist: Es sind Menschen die eben nicht"Kein-Bock" auf Arbeit haben sondern Menschen die wirklich arbeiten wollen und sich bemühen. Das ist das Traurige.
Viele Grüße
Sascha
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Sascha
26.05.2003, 15:35
@ CRASH_GURU
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Modell Amerika: Die Rückkehr der Tagelöhner |
--> Naja ich würde die Bücher nicht unbedingt als weinerlich bezeichnen.
Das eine Buch ist eine Übersetzung eines amerikanischen Buches. Das Buch orientiert sich primär an amerikanischen Quellen aber der Autor sieht dieses Problem schon auch für die ganze Welt.
Das andere Buch ist ein deutsches Buch.
Beide Autoren bringen sehr wohl (im letzten Teil viele vielleicht mögliche Lösungen). Es werden also auch Vorschläge gemacht. Auch sagt Jeremi Rifkins richtigerweise, daß es durchaus auch einen Wohlstand mit weniger Arbeitszeit für alle geben kann wenn sich die Regierungen einig sind und die Unternehmen einsehen, daß Arbeitslose kaum Autos kaufen oder Urlaubsreisen machen. Das sich die aber alle einig sind. Das halte ich für das Problem. Eher gibt es wieder wenn es bergab geht Zoff. So war es ja meistens. Bleibt zu hoffen, daß es nicht so kommt.
Zu deiner Frage:"Was soll das ganze?"
Eigentlich nicht viel. Ich denke die Autoren wollen lediglich den Leser dazu anregen sich einmal Gedanken über das ganze zu machen. Man soll sich m.E. nicht verrückt machen lassen oder sich auf dieses einzige Problem versteifen. Das sicher nicht!
Aber m.E. wird gerade dieses Problem einfach weggekehrt. Es ist häufig die pauschale Aussage zu hören"Ja die Technik schafft doch auch neue Arbeitsplätze". Doch ist das oft nicht weit genug gedacht da diese neuen Arbeitsplätze oft immer höhere Anforderungen an die Qualifikation haben.
Außerdem: Die momentane Arbeitslosigkeit die wir haben ist ja schon teilweise durch den Fortschritt entstanden. Früher hätten wir das was wir heute an Nahrungsmitteln und Kosmetik/Hygieneartikel konsumieren bzw. verbrauchen und was wir uns alles an Gebrauchsgütern anschaffen vom Auto bis zum Fernsehgerät gar nicht mit dieser Zahl Leute produzieren können.
Heute haben wir das alles. Die Läden sind VOLL mit Waren. Trotzdem sitzen bald fünf Millionen Menschen auf der Straße. Dieses Jahr fehlen vielleicht bis im September rund 70.000 Lehrstellen (derzeit sind es noch 140.000). Haufenweise Freunde von mir und Leute die ich kenne stürzen gerade ab weil sie arbeitslos sind und keine Arbeit mehr finden. Das ist das traurige. Leute die kräftig sind und anpacken wollen bekommen keine Arbeit mehr weil sie"wegrationalisiert" wurden.
Dieses Problem beschreiben die beiden Autoren. Sie wollen dafür mehr Aufmerksamkeit. Denn über dieses Problem das uns in Zukunft erwartet haben sich viele nur kurz oder gar noch überhaupt nie Gedanken gemacht. Und daran zeigt sich ja das es mal nötig wäre.
Ich frage jeden der diese Probleme unter den Tisch kehrt immer und immer wieder: Wo sind die neuen Arbeitsplätze? In welchen Branchen? In welchen Städten? Bei welchen Unternehmen? Damit meine ich aber DIE Arbeitsplätze die die Menschen die wegrationalisiert werden, also meist körperliche und manuelle Arbeiten, auch machen können. Nicht jeder kann sich dieser"schönen neuen Arbeitswelt" einfach anpassen und Programmierern, Ingenieur o.ä. werden. Und dann wird meist die logische Folge klar. Für diese Menschen gibt es einfach immer weniger Arbeit. Und da diese Menschen mittlerweile in Deutschland ein ganzes Heer bilden (braucht man sich ja nur mal die Arbeitslosenstatistik) anzuschauen geht es in Richtung"Arbeit für 4,90 Euro" wie die Zeitung die Zeit schon richtig die Zeichen der Zeit erkannt hat.
Auch die Demographie - die oft als Problemlöser angeführt wird - löst dieses Problem nicht wirklich. Ja sicher werden bald gewisse STARKE Jahrgänge aus dem Arbeitsleben ausscheiden und WENIGER starke Jahrgänge nachfolgen.
Aber wer glaubt, daß die nachgefragten Qualifikationen in den Stellenanzeigen gerade mit dem Pool der Qualifikationen der Arbeitslosen übereinstimmen sodas damit das Arbeitslosigkeitsproblem gelöst ist irrt GEWALTIG! Dem ist eben nicht so. Und es ist auch nicht immer (eher selten) möglich einen Maurer oder Schweisser zu einem Bankkaufmann (dem sie heute fast nur noch Leute mit Abitur ausbilden und einstellen) weiterzubilden. Das funktioniert eben nicht aber höre ich so oft.
Auch werden durch jeden einzelnen Abgang eines Menschen aus den starken Jahrgängen von der Arbeitswelt ins Rentnerdasein jeweils sofort ein Rentenanspruch generiert den derjenige praktisch erst mal tragen muß der dafür dann Arbeit hat. Wenn er denn die freigewordene Stelle annehmen kann und sie mit den Qualifikationen übereinstimmt.
Fazit: Man sollte diese Szenarien des technischen Fortschritts einerseits nicht überbewerten aber man darf auch nicht den Fehler machen diese Dinge mit"wird schon irgendwie gehen","wird sich schon eine Lösung finden" o.ä. wegzudrücken. Sonst kann die Überraschung umso größer ausfallen.
Viele Grüße
|
Sascha
26.05.2003, 15:50
@ fridolin
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Modell Amerika: Die Rückkehr der Tagelöhner / |
--> Hallo fridolin!
Ich gebe dir in vielen Punken Recht. Sicher hat es bei uns jeder Arbeitslose noch besser als ein hungerndes Kind in Afrika. Und man könnte durchaus die Frage aufwerfen: Jammern sich denn im Moment alle zu Tode.
Die einen weil die Arbeitslosenhilfe ja so niedrig ist
Andere weil sie 53% Steuern bezahlen müssen und ja soviel dafür arbeiten müssen
Andere weil sie Kinder haben und kaum Stütze vom Staat bekommen
Andere weil sie arbeitslos sind aber ja trotzdem versorgt sind
Andere weil die Abgaben so hoch sind und die Politik nur Müll zustande bringt
...
Ja das könnte man sich fragen. Hunger gibt es in Deutschland in keiner Bevölkerungsschicht. Doch ist das Jammern m.E. nur menschlich. Ich denke nach wie vor, daß der Mensch eben ein Gewohnheitswesen ist. Und es kommt nicht auf den absoluten Wohlstand oder Lebensstandard an sondern häufig auf Veränderungen.
Es gab da mal Studien die hat man auch in gewissene Eingeborenen-Dörfern in Südamerika durchgeführt. Siehe da: Festgestellt hat man, daß diese Menschen durchschnittlich - obwohl sie weder Autos, Fernseher noch sonst groß was hatten - häufiger lächelten und auch zufriedener mit dem Leben waren als der Durchschnittsmensch in den meisten Industriestaaten.
Aber auf was will ich hinaus?
Es geht mir nicht um diejenigen die kein Bock auf Arbeit haben oder solche Leute in Deutschland. Nein das interessiert mich nicht groß.
Es geht mir UM DIE MENSCHEN die hierzulande arbeiten wollen, engagiert sind und tun was sie können und einfach durch einen Sieb fallen weil sie halt sich nicht der modernen Welt anpassen können. Und das ist m.E. eine gewisse Ungerechtigkeit. Man könnte natürlich sagen. Nein es ist keine Ungerechtigkeit da sie halt blöder sind vom IQ her. Ja das könnte man. Aber kann man das auch noch wenn mal tatsächlich 15 Millionen Menschen arbeitslos sind?
Will man denen die engagiert sind, gerne arbeiten würden, sich auch soweit sie können (jeder hat eine natürliche Grenze) weiterbilden und umbilden irgendwann allen sagen: Wir haben keine Verwendung mehr für euch! Das ist Pech!
Naja das kann man eine gewisse Zeit lang machen aber nicht mehr dann wenn es mal 30% der Bevölkerung sind und sich eine regelrechte 2-Klassen-Gesellschaft herausbildet.
In Amerika ist diese Entwicklung mit Billiglöhnern und Tagelöhnern schon viel weiter. Und davor habe ich ehrlich gesagt ein wenig Angst. Vor immer mehr steigenden Anforderungen denen auch ich - obwohl ich mich für alles andere als dumm oder faul erachte - mal nicht mehr gewachsen sein könnte. Vor einer 2-Klassen-Gesellschaft in der nur noch wenige Menschen einen festen und geregelten Arbeitsplatz haben und fast alle anderen mit zwei Jobs für 4 oder 5 Euro die Stunde sich gerade so über Wasser halten können während andere die Party feiern.
Und ich meine: Der Staat sollte sich aus sicher sehr sehr vielem raushalten aber wenn mal 60% SEINER eigenen Bevölkerung einer Hire & Fire-Mentalität ausgesetzt sind und zwei oder drei Billigjobs gleichzeitig machen müssen um gerade noch etwas besser zu leben als von der Mülltone dann muß er was machen. Alleine schon wegen der dann herrschenden Kriminalität. In Amerika ist es auch noch nicht soweit aber ein ganzes Stück weiter. Ich kann jedem nur wärmstens empfehlen sich den Kontrast in Manhatten von Glitzerfassaden, dicken Autos und Harlem (nur ein paar Kilometer weiter entfernt) anzuschauen. Das diese Menschen dann stärker kriminell werden wenn sie so ein Leben führen müssen für 4 Dollar die Stunde während ein paar Kilometer entfernt die Glitzerfassaden der Banken und Versicherungen in den Himmel ragen wundert manche dann auch noch.
In der Hoffnung, daß uns dieses Szenario nicht auch droht
Sascha
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Miesespeter
26.05.2003, 19:34
@ Sascha
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Re: Modell Amerika: Die Rückkehr der Tagelöhner |
-->>
>Ich frage jeden der diese Probleme unter den Tisch kehrt immer und immer wieder: Wo sind die neuen Arbeitsplätze? In welchen Branchen? In welchen Städten? Bei welchen Unternehmen? Damit meine ich aber DIE Arbeitsplätze die die Menschen die wegrationalisiert werden, also meist körperliche und manuelle Arbeiten, auch machen können. Nicht jeder kann sich dieser"schönen neuen Arbeitswelt" einfach anpassen und Programmierern, Ingenieur o.ä. werden. Und dann wird meist die logische Folge klar. Für diese Menschen gibt es einfach immer weniger Arbeit. >
Ich finde diese Miniserie auch sehr lesenswert, muss aber bei Rifkins Text doch jedesmal wieder feststellen, wie sich mir die Nackenhaare straeuben, wenn er kaum verhohlen wirtschaftliche Produktivitaetssteigerung als Uebel skizziert und ziemlich eindeutig versucht, staatlichen dirigistischen Eingriffen eine Steilvorlage zu liefern.
Es sind naemlich keineswegs nur die Aktionaere und die boesen Manager, die hier in blindem Egoismus das soziale Biotop einreissen.
Vorweg gesagt: Die postindustrielle Revolution ist ein massiver Umbruch, dem viele Menschen nicht gewachsen sind. Es ist daher durchaus berechtigt zu ueberlegen, ob man diesen Wandel radikal geschehen lassen kann, oder ob man versucht diesen ueber einen laengeren Zeitraum zu lenken, mit dem Preis einer insgesamt niedrigeren Fortschrittsrate.
Falsch ist aber die Idee, man koennte jemals wieder zurueck in die Vergangenheit.
Und was von Rifkin tunlichst verschwiegen wird, ist der enorme Resourcenverbrauch geistiger und materieller Art fuer absolut sinnlose Unternehmungen. Wenn sich die Herren Gesellschaftslenker mit ihren Millionenheeren an Juristen und Buerokraten nicht darin verbrauchen wuerden, staendig mit Eimern Wasser in die sinkenden Schiffe zu schaufeln, sondern all diese gesamte graue Materie dorthin gelenkt wuerde, wo sie gebraucht wird - der Suche nach neuen Visionen, Produkten, Lebenserleichterungen, Dienstleistungen, Problemloesungen - dann liesse sich sicherlich ein guter Teil der Probleme der Zukunft in ordentlicher Manier loesen.
Das wuerde dann aber mehr als Phrasenschwingerei und Propagandismus erfordern, und eine derartige Neuorientierung kann ich bei den selbsternannten Gesellschaftsdesignern nirgends feststellen. Es scheint vielmehr, dass diese noch nicht einmal die industrielle Revolution richtig verarbeitet haben, und nun mit Methoden aus dem feudalistischen Zeitalter ihre Schaeffchen auf der globalen Wiese ruhig halten wollen.
Zukunft zu gestalten und Menschen, die auf diese nicht vorbereitet sind, entsprechend zu befaehigen, ist halt ein schwieriges Brot, wie jeder Unternehmer aus eigener Erfahrung wohl wissen duerfte. Es ist doch viel einfacher, sich als Vorsinger einzureihen in das Heer der Anpassungsrenitenten und zu proklamieren, warum die Dinge alle in die falsche Richtung laufen, und mit dem Finger auf vermeintliche Verursacher zu zeigen. Das erinnert mich immer nur an die Verkaeufertypen, die immer ein Grund in Konjunktur, Konkurrenz oder Produkten finden, warum sie nichts verkaufen koennen. Mit solchen Leuten haette die Menschheit die erste Sintflut bereits nichts ueberlebt.
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CRASH_GURU
26.05.2003, 22:25
@ Sascha
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Re: Modell Amerika: Die Rückkehr der Tagelöhner |
-->> Naja ich würde die Bücher nicht unbedingt als weinerlich bezeichnen.
>Das eine Buch ist eine Übersetzung eines amerikanischen Buches. Das Buch orientiert sich primär an amerikanischen Quellen aber der Autor sieht dieses Problem schon auch für die ganze Welt.
>Das andere Buch ist ein deutsches Buch.
>Beide Autoren bringen sehr wohl (im letzten Teil viele vielleicht mögliche Lösungen). Es werden also auch Vorschläge gemacht. Auch sagt Jeremi Rifkins richtigerweise, daß es durchaus auch einen Wohlstand mit weniger Arbeitszeit für alle geben kann wenn sich die Regierungen einig sind und die Unternehmen einsehen, daß Arbeitslose kaum Autos kaufen oder Urlaubsreisen machen. Das sich die aber alle einig sind. Das halte ich für das Problem. Eher gibt es wieder wenn es bergab geht Zoff. So war es ja meistens. Bleibt zu hoffen, daß es nicht so kommt.
>Zu deiner Frage:"Was soll das ganze?"
>Eigentlich nicht viel. Ich denke die Autoren wollen lediglich den Leser dazu anregen sich einmal Gedanken über das ganze zu machen. Man soll sich m.E. nicht verrückt machen lassen oder sich auf dieses einzige Problem versteifen. Das sicher nicht!
>Aber m.E. wird gerade dieses Problem einfach weggekehrt. Es ist häufig die pauschale Aussage zu hören"Ja die Technik schafft doch auch neue Arbeitsplätze". Doch ist das oft nicht weit genug gedacht da diese neuen Arbeitsplätze oft immer höhere Anforderungen an die Qualifikation haben.
>Außerdem: Die momentane Arbeitslosigkeit die wir haben ist ja schon teilweise durch den Fortschritt entstanden. Früher hätten wir das was wir heute an Nahrungsmitteln und Kosmetik/Hygieneartikel konsumieren bzw. verbrauchen und was wir uns alles an Gebrauchsgütern anschaffen vom Auto bis zum Fernsehgerät gar nicht mit dieser Zahl Leute produzieren können.
>Heute haben wir das alles. Die Läden sind VOLL mit Waren. Trotzdem sitzen bald fünf Millionen Menschen auf der Straße. Dieses Jahr fehlen vielleicht bis im September rund 70.000 Lehrstellen (derzeit sind es noch 140.000). Haufenweise Freunde von mir und Leute die ich kenne stürzen gerade ab weil sie arbeitslos sind und keine Arbeit mehr finden. Das ist das traurige. Leute die kräftig sind und anpacken wollen bekommen keine Arbeit mehr weil sie"wegrationalisiert" wurden.
>Dieses Problem beschreiben die beiden Autoren. Sie wollen dafür mehr Aufmerksamkeit. Denn über dieses Problem das uns in Zukunft erwartet haben sich viele nur kurz oder gar noch überhaupt nie Gedanken gemacht. Und daran zeigt sich ja das es mal nötig wäre.
>Ich frage jeden der diese Probleme unter den Tisch kehrt immer und immer wieder: Wo sind die neuen Arbeitsplätze? In welchen Branchen? In welchen Städten? Bei welchen Unternehmen? Damit meine ich aber DIE Arbeitsplätze die die Menschen die wegrationalisiert werden, also meist körperliche und manuelle Arbeiten, auch machen können. Nicht jeder kann sich dieser"schönen neuen Arbeitswelt" einfach anpassen und Programmierern, Ingenieur o.ä. werden. Und dann wird meist die logische Folge klar. Für diese Menschen gibt es einfach immer weniger Arbeit. Und da diese Menschen mittlerweile in Deutschland ein ganzes Heer bilden (braucht man sich ja nur mal die Arbeitslosenstatistik) anzuschauen geht es in Richtung"Arbeit für 4,90 Euro" wie die Zeitung die Zeit schon richtig die Zeichen der Zeit erkannt hat.
>Auch die Demographie - die oft als Problemlöser angeführt wird - löst dieses Problem nicht wirklich. Ja sicher werden bald gewisse STARKE Jahrgänge aus dem Arbeitsleben ausscheiden und WENIGER starke Jahrgänge nachfolgen.
>Aber wer glaubt, daß die nachgefragten Qualifikationen in den Stellenanzeigen gerade mit dem Pool der Qualifikationen der Arbeitslosen übereinstimmen sodas damit das Arbeitslosigkeitsproblem gelöst ist irrt GEWALTIG! Dem ist eben nicht so. Und es ist auch nicht immer (eher selten) möglich einen Maurer oder Schweisser zu einem Bankkaufmann (dem sie heute fast nur noch Leute mit Abitur ausbilden und einstellen) weiterzubilden. Das funktioniert eben nicht aber höre ich so oft.
>Auch werden durch jeden einzelnen Abgang eines Menschen aus den starken Jahrgängen von der Arbeitswelt ins Rentnerdasein jeweils sofort ein Rentenanspruch generiert den derjenige praktisch erst mal tragen muß der dafür dann Arbeit hat. Wenn er denn die freigewordene Stelle annehmen kann und sie mit den Qualifikationen übereinstimmt.
>Fazit: Man sollte diese Szenarien des technischen Fortschritts einerseits nicht überbewerten aber man darf auch nicht den Fehler machen diese Dinge mit"wird schon irgendwie gehen","wird sich schon eine Lösung finden" o.ä. wegzudrücken. Sonst kann die Überraschung umso größer ausfallen.
>Viele Grüße
>
Ich möchte z.B. folgendes von Dir aufgreifen: Früher hätten wir das was wir heute an Nahrungsmitteln und Kosmetik/Hygieneartikel konsumieren bzw. verbrauchen und was wir uns alles an Gebrauchsgütern anschaffen vom Auto bis zum Fernsehgerät gar nicht mit dieser Zahl Leute produzieren können.
Noch um 1900 haben Missionare den Münchner Bauern das Essen mit Messer und Gabel beigebracht, ich würde es daher argumentieren: Diese Bauern hätten nicht die kleinste Chance die heutige Bevölkerung am Leben zu erhalten.
Die Arbeit wird niemals ausgehen, sie stellt nur ständig neue Anforderungen an die Arbeitenden, aber Leben bedeuted nun mal ständige Veränderung, wer das nicht akzeptieren kann wird auf Dauer nicht existieren können.
Zurück zum Ochsenpflug ist ja wohl keine Lösung. In D. geht nicht die Arbeit aus, sondern es lohnt sich nicht mehr zu arbeiten, es lohnt sich nicht einmal darüber nachzudenken, wie man andere für sich arbeiten lassen könnte!
gruss
cg
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Sascha
27.05.2003, 00:52
@ CRASH_GURU
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Re: Modell Amerika: Die Rückkehr der Tagelöhner |
--> > Die Arbeit wird niemals ausgehen, sie stellt nur ständig neue > Anforderungen an die Arbeitenden, aber Leben bedeuted nun mal ständige > Veränderung, wer das nicht akzeptieren kann wird auf Dauer nicht existieren > können.
Dann argumentierst du ähnlich wie 1929. Ein von Präsident Hoover eingesetztes Komitee sagte in seinem veröffentlichte Abschlußbericht goldene Zeiten voraus:
"Die Untersuchung hat eindeutig bewiesen, was seit längerem vermutet wurde, daß nämlich die menschlichen Bedürfnisse unerschöpflich sind; ist eines befriedigt, erwacht ein neues. Wir können daraus schließen, daß der Wirtschaft keine Grenzen gesetzt sind; daß es stehts Bedürfnisse geben wird, die die bereits bedriedigten ersetzen"
Es mag ja sein, daß uns die Arbeit nie ausgehen wird. Aber ich glaube nicht recht daran. Es ist wie eine Art"daran glauben, daß die schon wieder was erfinden werden was sie uns durch Werbung schmackhaft machen und wir dann"unbedingt" auch brauchen weil es so lebensnotwendig ist". Das uns die Arbeit ausgeht kann ich glauben oder nicht aber ich habe keine handfesten Argumente hierfür und denke daher eher, daß sie tendenziell weniger wird.
Aber mal angenommen sie ginge uns nicht aus. Dann folgerst du richtig wenn du sagst, daß sie ständig neue Anforderungen stellen wird an die Arbeitenden.
Eins dürfte aber klar sein. Je weiter wir forschen desto schwieriger wird es. Man muß immer tiefer in die Materie und forscht immer dort weiter wo der Vorgänger aufgehört hat. Um überhaupt dort weiterzumachen wo der Vorgänger aufgehört hat bedarf es tendenziell immer mehr"Vorwissen"/"Grundwissen". Irgendwann wird das so komplex, daß immer weniger Menschen die neuen Roboter und Maschinen...
1....entwickeln und konstruieren können
2....warten, instandhalten, reparieren können
3....benutzen/verwenden können
Du schreibst richtig: "Die Arbeit wird niemals ausgehen, sie stellt nur ständig neue Anforderungen an die Arbeitenden, aber Leben bedeuted nun mal ständige Veränderung, wer das nicht akzeptieren kann wird auf Dauer nicht existieren können".
Crash-Guru, es geht nicht darum ob man es akzeptiert oder nicht. Es geht schlicht und einfach darum ob die Menschen dem gewachsen sind. Heute wollen viele Menschen mit dem Computer umgehen können, heute wollen viele Menschen gerne Englisch und Französisch fließend können, heute wollen viele Menschen sich weiterbilden. Doch viele bleiben in einer Sackgasse hängen. Sie kommen nicht mehr weiter. Jeder Mensch hat natürliche Grenzen. Sowohl was seine körperliche Leistungsfähigkeit angeht als auch was seine geistige Leistungsfähigkeit angeht. Nicht jeder Mensch ist dazu in der Lage ein Mathematik- oder Informatikstudium zu machen nur weil es die"neue Arbeitswelt" so fordert. Viele Menschen würden es probieren und könnten machen was sie wollen und würden es dennoch nicht schaffen. Auch sind viele Menschen dem einfach nicht gewachsen - ob sie wollen oder nicht wollen - das die Zeit sich heute derart schnell verändert, daß manche ihre Berufe über Nacht verlieren.
Es geht nicht darum es zu akzeptieren oder es zu wollen oder nicht zu wollen. Es geht darum, daß die Menschen keine Arbeit mehr finden auch wenn sie sich noch so anstrengen weil sie es"akzeptieren müssen" (sie haben so und so keine Wahl).
Schon John Maynard Keyes hatte in den 30er-Jahren in einem Aufsatz geschrieben:
"Wir sind von einer neuen Krankheit befallen, deren Namen einige Leser noch nicht gehört haben mögen, von der sie aber in den nächsten Jahren noch recht viel hören werden, nämlich technologischer Arbeitslosigkeit. Das bedeutet Arbeitslosigkeit, weil <font color="#FF0000">unsere Entdeckung von Mitteln zur Ersparnis von Arbeit schneller voranschreitet als unsere Fähigkeit, neue Verwendung für die Arbeit zu finden</font>."
Dazu kommt nebenbei irgendwann auch die ökologische Komponente. Wenn wir weiter so abholzen und Energie verschwenden und dann überlegen was erst passiert wenn die aufstrebenden Staaten zu Industriestaaten werden dann könnte sich die seit langem gehegte Befürchtung bewahrheiten, nach der sich"der Mensch selbst ausrottet".
Viele Grüße
Sascha
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Sascha
27.05.2003, 02:51
@ Sascha
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Arbeitslosigkeit 1948 - 2003 |
--> > Das bedeutet Arbeitslosigkeit, weil unsere Entdeckung von Mitteln zur > Ersparnis von Arbeit schneller voranschreitet als unsere Fähigkeit, neue > Verwendung für die Arbeit zu finden."
[b]<font color="#FF0000"> Obwohl wir neue Arbeitsplätze generiert haben im IT-Sektor, obwohl die Menschen heute Fernsehgeräte, Autos, Stereoanlagen und was sonst alles haben wollen und obwohl die Menschen heute gerne um die Welt reisen...</font>
DENNOCH - trotz dieser zusätzlichen Nachfrage von allen Seiten - ist die Arbeitslosigkeit gestiegen.
Die Produktivitätsfortschritte vernichten mehr Arbeitsplätze als durch neue Produkte und neue Nachfrage geschaffen werden. Außerdem wird die Arbeit immer anspruchsvoller sodaß immer mehr Menschen von vornherein nicht mehr für den Arbeitsmarkt zu gebrauchen sind.
Die Folgen sieht man hier:
[img][/img]
Bis etwa 1970/1972 hatten wir kaum nennenswerte Arbeitslosigkeit in Deutschland.
Eine Entwicklung wie von 1950 (angestoßen v.a. durch die Währungsreform 1948) bis 1970 wird sich <font color="#FF0000">NICHT</font> wiederholen da es sich hierbei um eine Sondersituation gehandelt hat. Es war - dadurch das alles ausgebombt war - schon genug Nachfrage nach Arbeit da. Außerdem waren wirklich teilweise sogar Grundbedürfnisse wie Nahrungsversorgung & Wohnungsversorgung nicht mal sichergestellt. Doch nach Freß-, Auto- und Reisewelle ging der Republik erstmals die Arbeit aus.
Das Wirtschaftswunder war vorbei. Die größte Nachfrage nach dem wichtigsten war gesättigt. Die Wirtschaft mußte umdenken und es begann der Siegeszug des Marketing. Man mußte den Menschen klar machen, daß sie alle diese neuen schönen Produkte brauchen.
Doch wie lange wird das noch funktionieren. Wir haben doch eigentlich fast schon alles?
Als die Vollbeschäftigung zuende war und sozusagen die ersten Menschen unfreiwillig arbeitslos wurden und auf Staatshilfe angewiesen waren und zugleich keine Steuern mehr einbrachten hat man auch die ersten Staatsschulden gemacht.
Trotz (oder wegen) immer mehr und mehr Schulden stieg die Arbeitslosigkeit DENNOCH an.
Früher war das Gekreische riesengroß als mal 1,5 Millionen Menschen arbeitslos waren. Man konnte sich das fast nicht vorstellen. Später waren's dann 2, dann 3, dann 4 und jetzt sind wir froh wenn wir nicht bald bei 5 Millionen ankommen.
Und die Grafik habe ich noch aus den Daten der Bundesanstalt für Arbeit erstellt. Da sind ja noch haufenweise verdeckte Arbeitslose die da gar nicht auftauchen aber auch existieren. Man denke an die ganz grob gesagt halbe Million Menschen die in den letzten Jahren durch die Arbeitslosigkeit unfreiwillig in die Selbständigkeit gingen... Mit mehr oder weniger Erfolg...
Sollte die Entwicklung der Arbeitslosigkeit - wie sie seit Anfang der 70er-Jahre besteht und in der Grafik weiter oben ersichtlich ist - so weitergehen werden sich die sich teilweise schon seit langem zeigenden Probleme verschärfen.
Einige der Trends die ich für den Arbeitsmarkt sehe:
1. Die Arbeitslosigkeit wird steigen
2. Die Qualifikationsanforderungen werden weiter steigen. Dies gilt sowohl für Fremdsprachenkentnisse als auch für Teamfähigkeit, Kreativität oder den Umgang mit modernen Kommunikationsmitteln und den PC usw.
3. Die Arbeitswelt wird sowohl durch die erhöhte Konkurrenz (Überangebot von Arbeitnehmern wird immer höher) als auch durch den technischen Fortschritt auch in Zukunft immer hektischer, stressiger und belastender für die Arbeitnehmer, Burn-Out-Syndrom und innere Kündigungen sowie Depressionen bei Arbeitnehmern werden auch in den nächsten Jahren zunehmen.
4. Die Löhne in vielen Berufen werden sinken. Ich-AGs und die Freigabe vieler Berufe vom Meisterzwang (ist ja durchaus sinnvoll) werden dazu führen, daß hier die Konkurrenz aufblüht. Dies wird jedoch zu Lasten der Löhne der arbeitenden Menschen geschehen.
5. Festeinstellungen werden zurückgehen. Es findet eine Verschiebung hin zu"Arbeit auf Abruf","Teilzeitarbeiten" und befristeter Arbeit statt.
6. Durch die höhere Arbeitslosigkeit wird die Position der Arbeitgeber in vielen Berufen gegenüber den Arbeitnehmern noch stärker. Dies führt nicht nur zu niedrigeren Löhnen sondern wirkt sich auch auf andere Bereiche (Arbeitsbedingungen usw.) aus.
7. Das Arbeitslosigkeitsproblem wird sich nicht durch die Demographie lösen. Es gibt den sog. Missmatch, d.h. die Qualifikationen über die Arbeitslose verfügen stimmen nicht mit den Qualifikationen überein die am Arbeitsmarkt gefragt sind. Das Problem wird außerdem sein, daß die Zahl der Rentner durch jeden so freiwerdenden Arbeitsplätze sofort/unmittelbar i.d.R. um jeweils einen ansteigt. Das Problem könnte sich allerhöchstens etwas entschärfen.
Viele Grüße
Sascha
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fridolin
27.05.2003, 08:36
@ Sascha
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Re: Nicht gut aber man verhungert sicher auch nicht mkT |
-->Weißt Du, Sascha, man merkt hier sehr deutlich den Generationenwandel.
Als meine Eltern und Großeltern aus dem Krieg zurückkamen (als Heimatvertriebene wohlgemerkt in ein für sie fremdes Gebiet), gab es hier NICHTS. Die Hauptsorge war damals, täglich überhaupt genug zum Essen zu haben. Mein Vater, gelernter Einzelhandelskaufmann, hat in ganz anderen Berufen gearbeitet, als Waldarbeiter, Vulkaniseur, Busfahrer, bis er nach längerer Zeit wieder eine Stellung in einem ähnlichen Beruf hatte. Staatliche Hilfen - vergiß es. Wir haben noch einen alten Bescheid über Soforthilfe aufgehoben - 100 Mark, die für die unbedingt notwendige Haushaltseinrichtung, sprich Betten, Tische oder Stühle, zweckgebunden waren. Oder für ein Fahrrad,"wenn für den Weg zur Arbeit zwingend erforderlich". Meine Mutter mußte bei Wind und Wetter eine lange Strecke mit einem alten Fahrrad zur Arbeit fahren.
Damals hat sich niemand groß beklagt, sondern zugesehen, wie es weitergeht. Und das hat auch geklappt. Heute heißt es gleich: Hilf Staat! Ich habe Ansprüche! Und mein Besitzstand muß gewahrt bleiben! Eine schlechter bezahlte Arbeit anzunehmen ist mir nicht zuzumuten, und wie soll ich denn ins Nachbardorf kommen ohne Auto?
Ich glaube, Deine Generation (und auch meine) könnte sehr viel lernen vom Selbstbehauptungswillen und der Eigeninitiative unserer Eltern und Großeltern damals. Aber stattdessen lieber: Jammern auf hohem Niveau (nicht persönlich gemeint).
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Euklid
27.05.2003, 09:04
@ fridolin
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Re: Nicht gut aber man verhungert sicher auch nicht mkT |
-->>Weißt Du, Sascha, man merkt hier sehr deutlich den Generationenwandel.
>Als meine Eltern und Großeltern aus dem Krieg zurückkamen (als Heimatvertriebene wohlgemerkt in ein für sie fremdes Gebiet), gab es hier NICHTS. Die Hauptsorge war damals, täglich überhaupt genug zum Essen zu haben. Mein Vater, gelernter Einzelhandelskaufmann, hat in ganz anderen Berufen gearbeitet, als Waldarbeiter, Vulkaniseur, Busfahrer, bis er nach längerer Zeit wieder eine Stellung in einem ähnlichen Beruf hatte. Staatliche Hilfen - vergiß es. Wir haben noch einen alten Bescheid über Soforthilfe aufgehoben - 100 Mark, die für die unbedingt notwendige Haushaltseinrichtung, sprich Betten, Tische oder Stühle, zweckgebunden waren. Oder für ein Fahrrad,"wenn für den Weg zur Arbeit zwingend erforderlich". Meine Mutter mußte bei Wind und Wetter eine lange Strecke mit einem alten Fahrrad zur Arbeit fahren.
>Damals hat sich niemand groß beklagt, sondern zugesehen, wie es weitergeht. Und das hat auch geklappt. Heute heißt es gleich: Hilf Staat! Ich habe Ansprüche! Und mein Besitzstand muß gewahrt bleiben! Eine schlechter bezahlte Arbeit anzunehmen ist mir nicht zuzumuten, und wie soll ich denn ins Nachbardorf kommen ohne Auto?
>Ich glaube, Deine Generation (und auch meine) könnte sehr viel lernen vom Selbstbehauptungswillen und der Eigeninitiative unserer Eltern und Großeltern damals. Aber stattdessen lieber: Jammern auf hohem Niveau (nicht persönlich gemeint).
Hallo fridolin
sicher hast Du Recht daß noch niemand verhungern muß.
Wenn wir aber das zum Grundmaßstab für das Land machen wollen daß niemand verhungert dann Gute Nacht Mari
Wenn es erst Mal soweit ist kannst Du nicht mehr auf die Straße.
Wir geben inzwischen fast 70% des erarbeiteten Produkts in andere Hände.
Es wird uns per Zwang entrissen.Das war aber nach dem Krieg nicht so obwohl der Staat über erheblich weniger Geld verfügte.
Das Problem ist daß heute einfach jeder Scheißdreck vom Staat übernommen wird.
Siehe die Algerien-Urlauber -Sache.Da wird noch nicht mal offen über die Ausgaben ein Rechenschaftsbericht gegeben.Das hält man gar nicht mehr für notwendig.
Das mindeste was man von Politikern fordern muß ist daß sie die Rahmenbedingungen vorgeben daß wieder Arbeitsplätze hier geschaffen werden.
Sie werden schließlich von uns fürstlich bezahlt.
Auch Flugmeilen umsonst und Privatbesuche in Amerika neuerdings;-))
Aber wenn ich mir die Taten unserer Politiker so anschaue dann habe ich den Eindruck daß sie nur Spenden verteilen in alle Welt um sich irgendwann dafür noch einen Doktorthut ehrenhalber auf die Birne setzen zu lassen.
Die Tagesordnungspunkte sind noch immer die Außenpolitik und die Beglückung fremder Länder während die Hausaufgaben so nebenher laufen.
Schau Dir die Sorgen der Bildungspolitiker an.
Sie sorgen sich daß nicht genügend Ausländer an deutsche Universitäten kommen,die dann anschließend eh abwandern weil noch nicht einmal alle Absolventen hier einen Job bekommen.
Dann können wir uns rühmen die Ausbildung finanziert zu haben.
Die anderen können lachen über uns Deppen. Hier wird eine Politik getrieben die unter aller Sau ist.
Warum wird das nicht endlich aus den Hirnen dieser Politiker getrieben daß unsere Leute auch Menschen sind.
Es ist ja hier schon so pervertiert daß man noch für Ausländerbeauftragte zusätzliches Geld und Steuern verdummbeutelt anstatt die Straßenlöcher damit zu flicken.
Ich bin der Auffassung daß das Schuldbewußtsein der Deutschen in den letzten 50 Jahren derart entwickelt wurde daß man bereit ist sich selbst aufzugeben um es nur allen anderen Recht machen zu können.
So funktioniert aber Politik nicht.
Gruß EUKLID
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Sascha
27.05.2003, 11:25
@ Sascha
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Reform löst Boom bei Minijobs aus (FTD), Billigjobs schon auf dem Vormarsch |
-->Aus der FTD vom 27.5.2003
<font size=5>Reform löst Boom bei Minijobs aus </font>
Von Margaret Heckel, Berlin
<font color="#FF0000">Der Niedriglohnsektor in Deutschland hat mit der Neuregelung der Minijobs einen großen Schub erhalten</font>. Insgesamt zählt die zuständige Bundesknappschaft in Cottbus nach Angaben des wirtschafts- und arbeitsmarktpolitischen Sprechers der SPD-Fraktion, Klaus Brandner, <font color="#FF0000">inzwischen knapp sechs Millionen Minijobber - also ungefähr jeden sechsten Erwerbstätigen</font>.
"Nach ersten Einschätzungen sind seit April 2003 bereits 600.000 neue Arbeitsverhältnisse entstanden, davon ungefähr 30.000 in privaten Haushalten", sagte Brandner der Financial Times Deutschland.
Die Entwicklung zeigt, dass für die von den Gewerkschaften heftig bekämpften gering vergüteten Beschäftigungsverhältnisse in Deutschland ein großer Bedarf besteht. Die Minijobs sind Teil der Hartz-Gesetze für die Reform des Arbeitsmarkts. Die Neuregelung zielt darauf ab, Beschäftigungspotenziale vor allem im Dienstleistungssektor zu erschließen. <font color="#FF0000">Gewerkschaften fürchten, dass mit der Ausweitung des Niedriglohnsektors die Vergütungen auch in anderen Branchen sinken</font>.
Seit April dieses Jahres kann jeder Arbeitnehmer bis zu 400 Euro pro Monat brutto für netto verdienen - entweder als Nebentätigkeit oder als Hauptbeschäftigung. Arbeitgeber zahlen darauf pauschale Abgaben in Höhe von 25, Privathaushalte in Höhe von zwölf Prozent."Hiermit schaffen wir neue Jobs beispielsweise im Gastgewerbe, im Einzelhandel oder auch in Privathaushalten", sagte Brandner.
Zahl geringfügig Beschäftigter deutlich höher
<font color="#FF0000">Wie die Bundesknappschaft in Cottbus ebenfalls herausfand, ist die Zahl der so genannten geringfügig Beschäftigten deutlich höher als die bisher bekannten 4,1 Millionen. Am 31. März waren demnach 5,3 Millionen solcher Arbeitnehmer bei den Rentenkassen registriert. Seit der Neuregelung am 1. April kamen noch einmal mehr als zehn Prozent hinzu. </font>
Der SPD-Arbeitsmarktexperte Brandner führt dies unter anderem auf die deutliche Vereinfachung des Verfahrens zurück:"Das wirkt sehr positiv." Die Vorgängerregelung für 325-Euro-Jobs sah noch vor, dass der Arbeitgeber jeden Beschäftigten bei dessen jeweiliger Krankenkasse sowie der Rentenkasse anmelden musste. Nun ist es mit der Bundesknappschaft nur noch eine Stelle. Dorthin überweisen Arbeitgeber eine 25-prozentige Abgabenpauschale (elf Prozent Krankenkassen-, zwölf Prozent Rentenbeitrag und zwei Prozent Pauschalsteuer).
Verdienstgrenze angehoben
Der Minijobber selbst musste früher eine Freistellungsbescheinigung des Finanzamtes vorlegen. Andernfalls wurde Lohnsteuer fällig. Mit der Neuregelung ist das entfallen. Die Verdienstgrenze wurde auf 400 Euro im Monat angehoben. Nun dürfen Arbeitnehmer einen Minijob auch in Nebentätigkeit ausüben. Er bleibt abgaben- und steuerfrei. Für so genannte Midijobs bis zu einem Monatseinkommen von 800 Euro gibt es eine Gleitzone mit langsam steigenden Sozialabgaben."Wir wollten damit deutlich machen, dass sich was tut im Bereich Entbürokratisierung", sagte Brandner.
Als die rot-grüne Bundesregierung 1999 die Abgabenpflicht für Minijobs einführte, kündigten nach Schätzung des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes allein in dieser Branche rund 100.000 der eine Million Beschäftigten. Auch im Reinigungsgewerbe und beispielsweise bei den Zeitungszustellern gingen Zehntausende gering vergütete Arbeitsplätze verloren. Die neuen Zahlen lassen darauf schließen, dass ein erheblicher Teil dieser Arbeitsplätze erneut angeboten und besetzt wurde.
Genaue Zahlen erst in einigen Wochen
Noch ist allerdings unklar, ob die Aufsplittung von Vollzeitstellen zu dem Minijob-Boom beigetragen hat. Dies war immer die Befürchtung der Gewerkschaften. Genaue Zahlen hierzu sind erst in einigen Wochen zu erwarten. Wie die Daten andeuten, scheint es auch in begrenztem Umfang gelungen zu sein, Schwarzarbeit im Haushalt in legale Arbeitsverhältnisse umzuwandeln. Experten vermuten gerade in Privathaushalten ein Potenzial von mehreren Hunderttausend Stellen. Private Arbeitgeber können zehn Prozent ihrer Kosten für Minijobber oder maximal 510 Euro pro Jahr von der Steuer absetzen, bei Midijobs sind es zwölf Prozent oder maximal 2400 Euro pro Jahr.
© 2003 Financial Times Deutschland
Quelle: http://www.ftd.de/pw/de/1053857168950.html?nv=hptn, 27.05.2003
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