-->Auch mit Rabatten wollte sich die SPD-Fraktion im Münchner Rathaus von Microsoft nicht locken lassen: Ihre Empfehlung für Linux ist eine Vorentscheidung für die Abstimmung im Rat.
Eigentlich fällt der Würfel erst am 28. Mai, wenn in der Vollversammlung des Stadtrats darüber beraten und abgestimmt wird, mit welchem Betriebssystem die kommunalen Computer künftig laufen sollen. Doch wie das Votum am Ende aussehen wird, ist heute klar geworden: Die Rathaus-SPD, größte Fraktion in München, hat sich in ihrer heutigen Sitzung für Linux ausgesprochen. Damit ist die Vorentscheidung gefallen: Die Münchner Stadtverwaltung migriert auf Linux als Client-Betriebssystem und ein Office-Paket aus dem Open-Source-Feld.
Dabei soll nicht mit der Axt agiert werden, sondern die"Migration" von Rechnerwelt zu Rechnerwelt möglichst sanft vonstatten gehen. Immerhin über 14.000 PC-Systeme und Notebooks mit über 16.000 Anwendern gilt es, von Windows-Technik auf Linux zu trimmen. So könnten insbesondere Referate mit"umfangreichen Fachanwendungen" langfristig planen. Signale, die Bedenken zerstreuen sollen: Die Migration von einem zum anderen System ist auf mehrere Jahre angesetzt.
Doch die Entscheidung ist nicht nur eine technische, sondern auch eine politische.
Stadträtin Christine Strobl, stellvertretende Fraktionsvorsitzende und SPD-Sprecherin im zuständigen Personal- und Verwaltungsausschuss:"Wir sind uns voll darüber bewusst, dass unsere Entscheidung Signalwirkung hat. Deshalb haben wir uns intensiv mit der Materie auseinandergesetzt."
Ballmer: Urlaubstag verschwendet
Erst vor wenigen Tagen hatte es einige Verwirrung darüber gegeben, ob die SPD-Fraktion nun zu ihren seit einiger Zeit penetrierten Linux-Plänen stehen würde. Microsoft-Chef Steve Ballmer höchstpersönlich hatte im April seinen Urlaub unterbruchen, um Druck für seine Rechnerwelt zu machen.
Doch die SPD, sagt Strobl, wolle Open Source:"Die Beraterfirma Unilog bewertete zunächst das nachgebesserte Microsoft-'Angebot' als vorteilhafter. Doch hier gab es nach unserer Ansicht noch ungeklärte Fragen, zumal ein neues 'Angebot' von IBM vorlag. Schließlich führte die erneute Gesamtbewertung aus Kapitalwert und qualitativ-strategischen Kriterien praktisch zum Gleichstand zwischen beiden Lösungsvarianten. Da aber die Kombination Linux und Open-Source-Office-Lösung qualitativ-strategisch eindeutig die Nase vorn hat, entschied sich die SPD-Fraktion für diese Alternative als langfristige Weichenstellung."
Will heißen: Linux verspricht, auf Dauer Kosten einsparen zu helfen und dabei noch Vorteile gegenüber Windows zu bieten. Die sehen IT-Fachleute vor allem im Bereich der Sicherheit - wohl der Hauptgrund, warum die öffentliche Hand zunehmend Richtung Linux tendiert.
Darüber hianus, zeigt sich die SPD-Fraktion überzeugt, garantiere die Migration auf Linux"eine größere Herstellerunabhängigkeit und mehr Flexibilität bei der Gestaltung der künftigen IT-Landschaft der Stadtverwaltung. Hinzu kommt, dass deutlich geringere haushaltswirksame Kosten anfallen."
Im Anschluss an den Stadtratsbeschluss am 28. Mai folgt die Phase der Feinkonzeptionierung. Hier fordert die SPD klare Rahmenbedingungen für eine"sanfte, auf mehrere Jahre gestreckte Migration". Schnell wird also gar nichts passieren, und doch gilt der Beschluss als Signal: München wird die erste deutsche Großstatdt sein, die ihre Verwaltung auf Linux umstellt. Eine profane Aufgabe ist das nicht.
Zunächst sollen die Referate und Dienststellen umgestellt werden, die vor allem Büroanwendungen und nur wenige, überschaubare Fachapplikationen im Einsatz haben. Das heißt, Spezialarbeitplätze - zum Beispiel für CAD-Anwendungen - sind von der Migration vorerst nicht betroffen.
Weiterhin umfasst die Feinkonzeptionierung die Tests der 173 Fachverfahren auf ihre Lauffähigkeit unter dem neuen Betriebssystem, die Erarbeitung von Migrationskonfigurationen und die Entwicklung einer stadteinheitlichen Client-Basiskonfiguration, die die Sicherheitsvorgaben erfüllt. Ergebnis dieser Phase ist zudem die Abschätzung des notwendigen Personal- und Sachaufwands. Über den endgültigen Ablauf der Migration und deren Finanzierung entscheidet der Stadtrat nach Vorlage des Feinkonzepts im Frühjahr 2004.
SPIEGEL ONLINE - 26. Mai 2003, 18:20
URL: http://www.spiegel.de/netzwelt/politik/0,1518,250422,00.html
$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$$
Sollte Engel Aloisius endlich doch noch die göttlichen Eingebungen überbracht haben?....:-))
tofir
|