Harry Popper
01.07.2003, 11:18 |
@dottore: The Law (vormals Boxershorts) Thread gesperrt |
-->Als Antwort auf: Re: 1 Milliarde Boxer-Shorts für Wim? geschrieben von dottore am 30. Juni 2003 19:05:40:
Hallo dottore,
(ich habe mal in einen neuen Thread angelegt, weil der andere soweit unten ist)
>>Das ist doch das was von Regierung und Fed gewünscht ist. Und es ist der klassische Weg a la 20er Jahre in D. Welcher Mechanismus sollte dies verhindern?
>Auch wenn jetzt alle lachen und R.Deutsch ganz besonders: The law!
Welche Gründe haben wir anzunehmen, dass Regierungen bestehende Gesetze respektieren werden, wenn diese Gesetze bestimmten Interessen entgegenstehen?
Als Beispiele fallen mir ein:
- Irakkrieg, dieser war völkerechtswidrig. Hat die Bush-Administration aber nicht gehindert.
- Chirac, ich habe vergessen in welchen Schlamassel er verwickelt war. Als grosser Verehrer des Rechts hat er sich aber wohl nicht hervorgetan.
- Berlusconi, hat sich gerade ein Gesetz nach seinem Geschmack schneidern lassen. So frech, dass man es vorher wohl kaum geglaubt hätte.
- in D: man denke nur an die Parteispendenaffären, vieles davon mag zwar legal gewesen sein, aber nicht legitim. Man hatte einfach die Gesetze nicht verabschiedet, die es eigentlich hätte geben müssen. Auch eine Variante.
- Trichet, nun gut er wurde freigesprochen. Trotzdem habe ich das Gefühl es zeigt eine Entwicklungsrichtung auf, wenn er EZB-Präsident werden sollte.
>Die Feds könnten nur Papiere direkt ankaufen, nachdem dies beide Häuser des Kongresses beschlossen haben.
>Sollte so ein"law in the making" sein - würde es jeder unschwer erfahren (Insider zuerst) und dann könnten sie alle Märkte, NYSE voran, sofort und ein für alle Mal schließen.
Ist das so sicher? Würde nicht im Gegenteil die NYSE boomen? War es nicht historisch so, daß die Börsen bei Hyperinflationen floriert haben? Flucht in die Sachwerte! Sie können sicher mehr drüber erzählen als ich.
Ich möchte mal einen medizischen Vergleich anstellen:
Deflation würde ich mit einem relativ kurzen, schmerzhaftem Exitus vergleichen. Inflation wäre ein unter stetigen Morphiumgaben zeitlich gestrecktes Dahinscheiden. Wofür entscheidet man sich im Ernstfall?
Exitus in dieser Legislaturperiode oder in der übernächsten?
Warum sollten in einem kollabierenden System gerade die Gesetze monolithisch unverändert stehenbleiben? Vor allem wenn das Volk schreit: Tut was! Sie haben doch in einem ihrer Bücher eine schöne Passage von Grant über den Untergang des röm. Reiches zitiert. Dort gab es eine Flut von Edikten, die allerdings nicht mehr halfen und an die sich auch niemand mehr hielt.
Gruß
HP
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dottore
01.07.2003, 12:01
@ Harry Popper
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Re: @dottore: The Law (vormals Boxershorts) |
-->Hi HP,
>>Auch wenn jetzt alle lachen und R.Deutsch ganz besonders: The law!
>Welche Gründe haben wir anzunehmen, dass Regierungen bestehende Gesetze respektieren werden, wenn diese Gesetze bestimmten Interessen entgegenstehen?
Es geht einzig und allein um das Gesetz (USA, Euro-Raum), dass die Notenbanken dem Staat seine Papiere nicht direkt abkaufen dürfen. (Der Umweg über"Staatsbanken", siehe tier-2, ist bekannt, trifft aber nur auf die tier-2-Zonen zu).
Dieses Gesetz kann nicht gebrochen, wohl aber geändert werden. Gebrochen nicht, weil die WPs, die die ZB-Bilanzen testieren, die Aktivseiten der ZBs sorgsam durchflöhen; außerdem würde so etwas sofort publik und wäre außerdem sofort aus den Wochen- und Monatsausweisen zu erkennen.
Würde das Gesetz geändert, müsste es durch die Instanzen (House, Senate; Euro-Parlamente usw.). Wenn die Legislativ-Maschine anläuft, wissen wir Bescheid. Aber ich sehe nirgends, dass sie anläuft.
>Als Beispiele fallen mir ein:
>- Irakkrieg, dieser war völkerechtswidrig. Hat die Bush-Administration aber nicht gehindert.
Die ZB-Gesetze sind Binnenrecht und nicht zu brechen, sondern nur zu ändern.
>- Chirac, ich habe vergessen in welchen Schlamassel er verwickelt war. Als grosser Verehrer des Rechts hat er sich aber wohl nicht hervorgetan.
Das waren die üblichen Durchstechereien aus seiner Pariser BM-Zeit.
>- Berlusconi, hat sich gerade ein Gesetz nach seinem Geschmack schneidern lassen. So frech, dass man es vorher wohl kaum geglaubt hätte.
Ja, aber es musste doch ein Gesetz her. Er konnte nicht sagen: Ich erscheine einfach nicht mehr vor Gericht.
>- in D: man denke nur an die Parteispendenaffären, vieles davon mag zwar legal gewesen sein, aber nicht legitim. Man hatte einfach die Gesetze nicht verabschiedet, die es eigentlich hätte geben müssen. Auch eine Variante.
Gewiss. Aber das ist nicht das ZB- oder Währungsgesetz, schon gar nicht der Amsterdamer Vertrag.
>- Trichet, nun gut er wurde freigesprochen. Trotzdem habe ich das Gefühl es zeigt eine Entwicklungsrichtung auf, wenn er EZB-Präsident werden sollte.
Gut! Auf den Herrn müssen wir achten. Aber auch ein Trichet kann nicht so ohne weiteres rumfuhrwerken, da gibt's noch andere im Direktorium. Wir werden auf die Position 4. in der EZB-Bilanz schon achten ("Einfallstor").
>>Die Feds könnten nur Papiere direkt ankaufen, nachdem dies beide Häuser des Kongresses beschlossen haben.
>>Sollte so ein"law in the making" sein - würde es jeder unschwer erfahren (Insider zuerst) und dann könnten sie alle Märkte, NYSE voran, sofort und ein für alle Mal schließen.
>Ist das so sicher? Würde nicht im Gegenteil die NYSE boomen? War es nicht historisch so, daß die Börsen bei Hyperinflationen floriert haben?
Nein. In D kamen die Aktien erst ganz zum Schluss (1922/23) in die Höhe.
>Flucht in die Sachwerte! Sie können sicher mehr drüber erzählen als ich.
Ich hab' die Kurskurven gerade nicht da, sind weiter unten versteckt (a. logarithmisch).
>Ich möchte mal einen medizischen Vergleich anstellen:
>Deflation würde ich mit einem relativ kurzen, schmerzhaftem Exitus vergleichen. Inflation wäre ein unter stetigen Morphiumgaben zeitlich gestrecktes Dahinscheiden. Wofür entscheidet man sich im Ernstfall?
Man würde sich gern... Aber so wie's jetzt (Dienstag, 1. Juli, 12.00 Uhr MEZ) gestrickt ist, geht's halt leider nicht.
>Exitus in dieser Legislaturperiode oder in der übernächsten?
>Warum sollten in einem kollabierenden System gerade die Gesetze monolithisch unverändert stehenbleiben?
Ich glaube, sie bleiben sehr lange stehen, weil jene, die sie verändern könnten, denken, es"ginge" auch mit den bestehenden ZB-Gesetzen, siehe heute wieder DIW:"Zinssenkungen" her! Denn die"helfen".
>Vor allem wenn das Volk schreit: Tut was! Sie haben doch in einem ihrer Bücher eine schöne Passage von Grant über den Untergang des röm. Reiches zitiert. Dort gab es eine Flut von Edikten, die allerdings nicht mehr halfen und an die sich auch niemand mehr hielt.
Richtig. Damals gab's eine Kurantmünzen-Inflation (Silber mit Kupfer"gestreckt"), gegen die es kein Gesetz gab. Das"Gesetz" gegen die Inflation (Diokletians"Preisedikt") blieb wirkungslos, wie alle Preisstopp-Gesetze immer wirkungslos bleiben: Kurieren am Symptom.
Gruß!
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sensortimecom
01.07.2003, 12:28
@ Harry Popper
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@dottore: privatwirtschaftlich induzierte Hyper-Infla wirklich unmöglich? |
-->harry popper schrieb (gerade jetzt):
>Ich möchte mal einen medizischen Vergleich anstellen:
>Deflation würde ich mit einem relativ kurzen, schmerzhaftem Exitus vergleichen. Inflation wäre ein unter stetigen Morphiumgaben zeitlich gestrecktes Dahinscheiden. Wofür entscheidet man sich im Ernstfall?
>Exitus in dieser Legislaturperiode oder in der übernächsten?
>Warum sollten in einem kollabierenden System gerade die Gesetze monolithisch unverändert stehenbleiben? Vor allem wenn das Volk schreit: Tut was! Sie haben doch in einem ihrer Bücher eine schöne Passage von Grant über den Untergang des röm. Reiches zitiert. Dort gab es eine Flut von Edikten, die allerdings nicht mehr halfen und an die sich auch niemand mehr hielt.
>Gruß
>HP
@dottore schrieb über die Möglichkeit einer Hyperinfla am 13. Juni wie folgt:
>Eine Hyperinflation ist letztlich nur möglich, wenn der Staat direkt auf die Notenbank ziehen kann, wie oft genug erklärt. Ich hatte mit dem Posting nichts anderes beabsichtigt als aufzuzeigen, mit Hilfe welcher Mittel dies geschehen könnte. Noch ist dort, wo das Einfallstor liegt, keine nennenswerte Bewegung zu erkennen.
>>wieviel Milliarden wäre Ihrer Meinung nötig um die von mir angeprochenen Infl.raten zu erreiche.
>Das ginge ganz ohne eine einzige zusätzliche Milliarde, falls Du Geld meinst. Denn es kommt dann nur auf die Fälligkeiten an. Du kannst Morgen die Umsätze aller Geschäfte verdoppeln, ohne dass es dazu eines einziges zusätzlichen Geldscheins / Geldstücks bedarf.
>Falls Du Umsätze meinst (die irgendwann später mit Geld abgewickelt werden müssen) müssten die Umsätze (also die Käufe!) ziemlich lange Zeit mit zweistelligen Zuwachsraten steigen. Das halte ich für ausgeschlossen, jedenfalls ex Zustand heute.
>>wieviel Milliarden bei einer Hyperinflation
>Eine privatwirtschaftlich induzierte Hyperinflation ist völlig ausgeschlossen. Eine staatsinduzierte haben wir lange genug diskutiert. Was gefehlt hatte, war das Einfallstor. Das ist nun gefunden. Sobald die entsprechende Position der EZB Monat für Monat in die Höhe schießen würde (quasi Ausgabe von €-Noten gegen staatliche Schatztitel), ist es zu sehen. Sobald dann die Preise (dadurch) steigen, sich also im wesentlichen nur noch oder überwiegend die Staatsnachfrage erhöht (in Mengen gemessen usw.), wird das nicht unbemerkt bleiben und die bekannte Gegenreaktion des Publikums dürfte einsetzen.
[b]Hallo:
Ich bin gehe mit dieser letztgenannten Meinung nicht ganz konform.
Kann WIRKLICH NUR dadurch Hyper-Infla herbeigeführt werden, indem der"Staat direkt auf die Notenbank zieht" (zit. @dottore); oder gibt es nicht vielleicht auch eine alternative Möglichkeit? Wenn ja, könnte sich der Staat nicht BEIDE MÃ-GLICHKEITEN zunutze machen, um sozusagen Hyper-Infla in"homöopatischer Dosis" dazu zu"mischen", um aus der eindeutig deflationistischen Situation rauszukommen auf Infla-Raten um die 4, 5%?
Sozusagen: 90% DEFLATION + 10% HYPER-INFLA = erwünschtes Infla-Resultat??
Ich denke es geht auf folgende Weise:
DER STAAT BAUT (gezwungenermaßen, nicht planmäßig!) den HiTech-Wirtschaftsanteil, in dem KEINE Nachfrage herrscht, AB - und forciert den OldEconomy, Gesundheits- & Grundartikel-Anteil, der LEBENSNOTWENDIG ist - und LÄSST DORT KRÄFTIG INFLATION ZU. Diese kann durchaus zeitweise HYPER-INFLATORISCHE Ausmaße annehmen; der Staat muss halt dann sehr exakt steuern und timen, damit das"Mischverhältnis" stimmt und die Schlingerbewegung nicht völlig ausser Kontrolle kommt....
Deflation beginnt in der PRIVATWIRTSCHAFT dort wo die Nachfrage sinkt, weil infolge Wirtschaftskrise gespart werden muss. Also HiTech-Güter, Luxusartikel, Zweiturlaub, Zweitwohnsitz, Fitness-Studio, Zweit- und Drittauto usw. Dort wo man nicht verzichten will (z.B. Internet-Zugang) sucht man den Billigstanbieter.
Dieser Trend führt klarerweise zur Verzerrung der Wirtschaft; hält diese Strukturkrise weiter an (was bei der Schuldenkrise die wir erleben unvermeidlich ist) so stauern wir auf einen Zusammenbruch der HiTech/&Luxusgüter-Gesellschaft in generellem Sinn zu. Das heißt: Wir verändern uns zu einem 3.-Welt-Staat. Gleichzeitig verändert sich aber auch das Konsum- und Nachfrage-Verhalten DRAMATISCH. Wurden vorher vielleicht nur 20% des Einkommens für Grundnahrungsmittel, Wohnen, Bildung oder Gesundheit ausgegeben - so sind es auf einmal 70, ja 80%! Da gerade dieser Anteil UNVERZICHTBAR ist, strebt auch das Nachfrage-Verhalten in ebendiese Richtung! Daher KANN es in besagtem (lebensnotwendigen) Wirtschaftpart GAR KEINE DEFLATION geben! Deflation setzt bei einem hochtechnisierten Land IMMER zuerst bei jenen Produkten ein, auf die in NOTZEITEN VERZICHTET wird bzw. werden kann! Wenn aber mal der DURCHBRUCH (od. Zusammenbruch) vom HiTech-Standard zum Mindest-Standard"geschafft" ist, gibts auch kein Halten für den von dottore prophezeiten Übergang von procedere 1 zu procedere 2 mehr; das heißt= Deflation mündet in Hyper-Infla!
Der Staat kann sich nun diese geschilderte Tatsache zu eigen machen (sozusagen aus NOT eine TUGEND) und w.o. beschrieben, in jenem Wirtschaftteil, wo Defaltionierung möglich ist (weil unverzichtbar!) HYPER-INFLA zuzulassen, um damit den anderen Part, der von Deflation geplagt ist, zu kompensieren. Auch was die Steuereinnahmen betrifft. Damit könnte er, wenn gleichzeitig noch eine Umschuldung der kurzfristigen hochverzinsten Staatsschulden auf langfristige niedrigverzinste Sch. (zu 2, 2,5% etc.) NOCH EINE ZEITLANG ÜBER DIE RUNDEN KOMMEN.
mfg Erich B.
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fridolin
01.07.2003, 12:59
@ sensortimecom
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und wie geht es genau? |
-->DER STAAT BAUT (gezwungenermaßen, nicht planmäßig!) den HiTech-Wirtschaftsanteil, in dem KEINE Nachfrage herrscht, AB - und forciert den OldEconomy, Gesundheits- & Grundartikel-Anteil, der LEBENSNOTWENDIG ist - und LÄSST DORT KRÄFTIG INFLATION ZU. Diese kann durchaus zeitweise HYPER-INFLATORISCHE Ausmaße annehmen...
Wie soll denn der Staat dafür sorgen, daß etwa der Brotpreis sich binnen Jahresfrist verdoppelt? Indem er den Preis für Mehl oder gleich den Brotpreis direkt (wie früher in Frankreich) festsetzt? Oder indem er eine Brötchensteuer einführt?
Damit könnte er, wenn gleichzeitig noch eine Umschuldung der kurzfristigen hochverzinsten Staatsschulden auf langfristige niedrigverzinste Sch. (zu 2, 2,5% etc.) NOCH EINE ZEITLANG ÜBER DIE RUNDEN KOMMEN.
Wie soll der Mechanismus einer solchen Umschuldung denn laufen? Die langfristigen Anleihen sind draußen und müssen bis Fälligkeit bedient werden. Soll die Regierung jetzt deren Bedienung einstellen (=Bankrott) oder den Inhabern sagen"liebe Leute, seid doch so gut und tauscht freiwillig aus Patriotismus eure 5-Prozenter gegen 2-Prozenter mit langer Laufzeit ein"?
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dottore
01.07.2003, 13:07
@ sensortimecom
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Re: @dottore: privatwirtschaftlich induzierte Hyper-Infla wirklich unmöglich? |
-->Hi,
>Kann WIRKLICH NUR dadurch Hyper-Infla herbeigeführt werden, indem der"Staat direkt auf die Notenbank zieht" (zit. @dottore); oder gibt es nicht vielleicht auch eine alternative Möglichkeit? Wenn ja, könnte sich der Staat nicht BEIDE MÃ-GLICHKEITEN zunutze machen, um sozusagen Hyper-Infla in"homöopatischer Dosis" dazu zu"mischen", um aus der eindeutig deflationistischen Situation rauszukommen auf Infla-Raten um die 4, 5%?
>Sozusagen: 90% DEFLATION + 10% HYPER-INFLA = erwünschtes Infla-Resultat??
>Ich denke es geht auf folgende Weise:
>DER STAAT BAUT (gezwungenermaßen, nicht planmäßig!) den HiTech-Wirtschaftsanteil, in dem KEINE Nachfrage herrscht, AB - und forciert den OldEconomy, Gesundheits- & Grundartikel-Anteil, der LEBENSNOTWENDIG ist - und LÄSST DORT KRÄFTIG INFLATION ZU.
Wie soll der Staat das machen? Er tritt dort nicht selbst als Nachfrager auf.
>Diese kann durchaus zeitweise HYPER-INFLATORISCHE Ausmaße annehmen; der Staat muss halt dann sehr exakt steuern und timen, damit das"Mischverhältnis" stimmt und die Schlingerbewegung nicht völlig ausser Kontrolle kommt....
Zu mischen wäre höchstens das: Staat wie gehabt und die Privaten dürfen sämtliche Kreditzinsen (wieder!) von der Steuer absetzen. Das könnte einen privaten, kreditfinanzierten Push auslösen. Davon ist aber weit und breit nichts zu sehen.
>Deflation beginnt in der PRIVATWIRTSCHAFT dort wo die Nachfrage sinkt, weil infolge Wirtschaftskrise gespart werden muss. Also HiTech-Güter, Luxusartikel, Zweiturlaub, Zweitwohnsitz, Fitness-Studio, Zweit- und Drittauto usw. Dort wo man nicht verzichten will (z.B. Internet-Zugang) sucht man den Billigstanbieter.
>Dieser Trend führt klarerweise zur Verzerrung der Wirtschaft; hält diese Strukturkrise weiter an (was bei der Schuldenkrise die wir erleben unvermeidlich ist) so stauern wir auf einen Zusammenbruch der HiTech/&Luxusgüter-Gesellschaft in generellem Sinn zu. Das heißt: Wir verändern uns zu einem 3.-Welt-Staat. Gleichzeitig verändert sich aber auch das Konsum- und Nachfrage-Verhalten DRAMATISCH. Wurden vorher vielleicht nur 20% des Einkommens für Grundnahrungsmittel, Wohnen, Bildung oder Gesundheit ausgegeben - so sind es auf einmal 70, ja 80%!
Wie sollte das alles so extrem verteuert werden? Ginge vielleicht durch eine massive MWSt.-Erhöhung, aber erstens würde das nicht durchgehen und zweitens (falls doch): Woher käme das Geld, um die zusätzliche MWSt. zu bezahlen?
Falls aus anderen Bereichen, dann fallen diese durch den Rost. 100.000 arbeitslose Daimler-Benz-Arbeiter hätte auch was, plus 200.000, die Siemens"frei setzt".
>Da gerade dieser Anteil UNVERZICHTBAR ist, strebt auch das Nachfrage-Verhalten in ebendiese Richtung!
Grundsätzlich richtig. Die Preiselastizität der Nachfrage bei"unverzichtbaren" Gütern ist sehr gering. ABER (wie schon geschrieben): Nahrungsmittelpreise März 02 = 107,5, Mai 03: 105,4 (Buba).
>Daher KANN es in besagtem (lebensnotwendigen) Wirtschaftpart GAR KEINE DEFLATION geben!
Schaumermal.
>Deflation setzt bei einem hochtechnisierten Land IMMER zuerst bei jenen Produkten ein, auf die in NOTZEITEN VERZICHTET wird bzw. werden kann!
Generell ist es so (man muss nur die Augen offen halten).
>Wenn aber mal der DURCHBRUCH (od. Zusammenbruch) vom HiTech-Standard zum Mindest-Standard"geschafft" ist, gibts auch kein Halten für den von dottore prophezeiten Übergang von procedere 1 zu procedere 2 mehr; das heißt= Deflation mündet in Hyper-Infla!
Nur wenn die ZB"geöffnet" wird. Derzeit nicht in Sicht. Kann aber jederzeit kommen.
>Der Staat kann sich nun diese geschilderte Tatsache zu eigen machen (sozusagen aus NOT eine TUGEND) und w.o. beschrieben, in jenem Wirtschaftteil, wo Defaltionierung möglich ist (weil unverzichtbar!) HYPER-INFLA zuzulassen,
Die muss er dann schon selbst veranstalten, z.B. MWSt. auf Brot = 100 % usw. Das hält der Staat nicht durch.
>um damit den anderen Part, der von Deflation geplagt ist, zu kompensieren. Auch was die Steuereinnahmen betrifft. Damit könnte er, wenn gleichzeitig noch eine Umschuldung der kurzfristigen hochverzinsten Staatsschulden auf langfristige niedrigverzinste Sch. (zu 2, 2,5% etc.) NOCH EINE ZEITLANG ÜBER DIE RUNDEN KOMMEN.
Wer kauft freiwillig 2-Prozenter? Außerdem liegen die kurzen Sätze bekanntlich unter den langen. Will man eine"inverse Zinskurve" fabrizieren, geht das auf Kosten der Liquidität und die Pleiten steigen rasant (wie immer, wenn kurz über lang).
Gruß!
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sensortimecom
01.07.2003, 14:35
@ fridolin
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Re: und wie geht es genau? |
-->>DER STAAT BAUT (gezwungenermaßen, nicht planmäßig!) den HiTech-Wirtschaftsanteil, in dem KEINE Nachfrage herrscht, AB - und forciert den OldEconomy, Gesundheits- & Grundartikel-Anteil, der LEBENSNOTWENDIG ist - und LÄSST DORT KRÄFTIG INFLATION ZU. Diese kann durchaus zeitweise HYPER-INFLATORISCHE Ausmaße annehmen...
>Wie soll denn der Staat dafür sorgen, daß etwa der Brotpreis sich binnen Jahresfrist verdoppelt? Indem er den Preis für Mehl oder gleich den Brotpreis direkt (wie früher in Frankreich) festsetzt? Oder indem er eine Brötchensteuer einführt?
Der braucht sich nicht gleich verdoppeln;-) Es genügt, wenn er, sagen wir vorab mal - um 10 oder 15% steigt. Lässt sich doch leicht hinkriegen, oder nicht? Die Bäcker können das relativ einfach steuern: sie nehmen die billigeren Brotsorten vom Markt und ersetzen sie sukzessive durch"hochwertige" Spezialbrotsorten ala Kürbiskern-Brot mit Multivitamine und weiß der Teufel... Wenn die Nachfrage nach"normalen" Hausbrot-Arten so stark ansteigt, dass die Geschäftsinhaber Ohrenschmerzen bekommen, wird wieder VERMEHRT Hausbrot angeliefert - nur halt um 30% teurer als früher....
Mit diesem Trick kannst du in ALLEN Branchen reüssieren, auf deren Produkte der Konsument NICHT VERZICHTEN KANN. Und die er auch nicht SELBER (womöglich per Internet aus dem Nicht-EU-Ausland) IMPORTIEREN kann!
Eine solche"gesteuerte" Inflation ließe sich EU-weit relativ einfach inszenieren. Kartellgesetze und Wettbewerbsrechte? Dass ich nicht lache. Die"Steuerung" ist umso leichter, je mehr sich der Markt Richtung Mindeststandard-Länder (3.-Welt-Standard) annähert; mit hohen Arbeitslosigkeitsraten und kaputter HiTech-Industrie.... Denn auf die GRUNDVERSORGUNG (einschließlich Wohnung, Wasser, Energie, Kleidung etc.) ist der Konsument auch dann angewiesen, wenn er kaum noch Geld in der Tasche hat.
Das Wirtschaftsministerium schrumpfte in einem solchen Fall zum"Notstands-Ministerium", das dafür sorgt, dass die Konsumenten via Arbeitsämter, OldEconomy-Industrien (die noch weiter funktionieren und Basis-Güter auch exportieren!), Sozialämter und Rentenanstalten GERADE IMMER MAL SOVIEL Geld zur Verfügung haben, das notwendig ist, um die - ständig sich erhöhenden -Preise für die lebensnotwendigen Basisgüter bezahlen zu können; und dass aus den hyper-inflationierenden Wirtschaftsteilen jenes zusätzliche Steueraufkommen resultiert, dass nötig ist um a) den Verlust durch Steuermindereinnahmen aus der maroden HiTech-Güter-Industrie auszugleichen, und b) das Budgetdefizit in Grenzen zu halten (wobei der"Sparkurs unvermindert und rigoros weitergeführt wird!)
Ich glaube dass ein solches Szenario durchaus hinsichtlich dottore`s Crash-/ bzw. Schulden-Theorie konsistent wäre; jedoch muss ich das noch gründlich durchstudieren.
mfg Erich B.
>Damit könnte er, wenn gleichzeitig noch eine Umschuldung der kurzfristigen hochverzinsten Staatsschulden auf langfristige niedrigverzinste Sch. (zu 2, 2,5% etc.) NOCH EINE ZEITLANG ÜBER DIE RUNDEN KOMMEN.
>Wie soll der Mechanismus einer solchen Umschuldung denn laufen? Die langfristigen Anleihen sind draußen und müssen bis Fälligkeit bedient werden. Soll die Regierung jetzt deren Bedienung einstellen (=Bankrott) oder den Inhabern sagen"liebe Leute, seid doch so gut und tauscht freiwillig aus Patriotismus eure 5-Prozenter gegen 2-Prozenter mit langer Laufzeit ein"?
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sensortimecom
01.07.2003, 15:32
@ dottore
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Re: @dottore: privatwirtschaftlich induzierte Hyper-Infla wirklich unmöglich? |
-->>Hi,
>>Kann WIRKLICH NUR dadurch Hyper-Infla herbeigeführt werden, indem der"Staat direkt auf die Notenbank zieht" (zit. @dottore); oder gibt es nicht vielleicht auch eine alternative Möglichkeit? Wenn ja, könnte sich der Staat nicht BEIDE MÃ-GLICHKEITEN zunutze machen, um sozusagen Hyper-Infla in"homöopatischer Dosis" dazu zu"mischen", um aus der eindeutig deflationistischen Situation rauszukommen auf Infla-Raten um die 4, 5%?
>>Sozusagen: 90% DEFLATION + 10% HYPER-INFLA = erwünschtes Infla-Resultat??
>>Ich denke es geht auf folgende Weise:
>>DER STAAT BAUT (gezwungenermaßen, nicht planmäßig!) den HiTech-Wirtschaftsanteil, in dem KEINE Nachfrage herrscht, AB - und forciert den OldEconomy, Gesundheits- & Grundartikel-Anteil, der LEBENSNOTWENDIG ist - und LÄSST DORT KRÄFTIG INFLATION ZU.
>Wie soll der Staat das machen? Er tritt dort nicht selbst als Nachfrager auf.
Ich denke, er muss nicht notwenigerweise als"Käufer" auftreten.
Es genügt schon, wenn er WENIGER LIBERISMUS im Grundversorgungs-Bereich walten lässt; und zu manipulatorischen Mittel greift (Beschränkung der Zahl Selbständiger bei wichtigsten Dienstleistungen und Betrieben; Verschärfung der Konzessionsbestimmungen etc... In Japan oder den USA wäre dieses u. Szenario deshalb unmöglich; daher können die aus der Deflation niemals raus; höchstens durch Kauf der Staatspapiere durch die Notenbanken wie eh...)
>>Diese kann durchaus zeitweise HYPER-INFLATORISCHE Ausmaße annehmen; der Staat muss halt dann sehr exakt steuern und timen, damit das"Mischverhältnis" stimmt und die Schlingerbewegung nicht völlig ausser Kontrolle kommt....
>Zu mischen wäre höchstens das: Staat wie gehabt und die Privaten dürfen sämtliche Kreditzinsen (wieder!) von der Steuer absetzen. Das könnte einen privaten, kreditfinanzierten Push auslösen. Davon ist aber weit und breit nichts zu sehen.
>>Deflation beginnt in der PRIVATWIRTSCHAFT dort wo die Nachfrage sinkt, weil infolge Wirtschaftskrise gespart werden muss. Also HiTech-Güter, Luxusartikel, Zweiturlaub, Zweitwohnsitz, Fitness-Studio, Zweit- und Drittauto usw. Dort wo man nicht verzichten will (z.B. Internet-Zugang) sucht man den Billigstanbieter.
>>Dieser Trend führt klarerweise zur Verzerrung der Wirtschaft; hält diese Strukturkrise weiter an (was bei der Schuldenkrise die wir erleben unvermeidlich ist) so stauern wir auf einen Zusammenbruch der HiTech/&Luxusgüter-Gesellschaft in generellem Sinn zu. Das heißt: Wir verändern uns zu einem 3.-Welt-Staat. Gleichzeitig verändert sich aber auch das Konsum- und Nachfrage-Verhalten DRAMATISCH. Wurden vorher vielleicht nur 20% des Einkommens für Grundnahrungsmittel, Wohnen, Bildung oder Gesundheit ausgegeben - so sind es auf einmal 70, ja 80%!
>Wie sollte das alles so extrem verteuert werden? Ginge vielleicht durch eine massive MWSt.-Erhöhung, aber erstens würde das nicht durchgehen und zweitens (falls doch): Woher käme das Geld, um die zusätzliche MWSt. zu bezahlen?
Der Staat muss nicht mal die Mst-Stuer kräftig anheben, wenn er über die höheren Preise mehr St. einhebt:
Nehmen wir das Beispiel Bäckereien und BROTPREIS:
Der braucht sich nicht gleich verdoppeln;-) Es genügt, wenn er, sagen wir vorab mal - um 10 oder 15% steigt. Lässt sich doch leicht hinkriegen, oder nicht? Die Bäcker können das relativ einfach steuern: sie nehmen die billigeren Brotsorten vom Markt und ersetzen sie sukzessive durch"hochwertige" Spezialbrotsorten ala Kürbiskern-Brot mit Multivitamine und weiß der Teufel... Wenn die Nachfrage nach"normalen" Hausbrot-Arten so stark ansteigt, dass die Geschäftsinhaber Ohrenschmerzen bekommen, wird wieder VERMEHRT Hausbrot angeliefert - nur halt um 30% teurer als früher....
Mit diesem Trick kannst du in ALLEN Branchen reüssieren, auf deren Produkte der Konsument NICHT VERZICHTEN KANN. Und die er auch nicht SELBER (womöglich per Internet aus dem Nicht-EU-Ausland) IMPORTIEREN kann!
Eine solche"gesteuerte" Inflation ließe sich EU-weit relativ einfach inszenieren. Kartellgesetze und Wettbewerbsrechte? Warenkorb-Preisindex? Dass ich nicht lache. Die"Steuerung" ist umso leichter, je mehr sich der Markt Richtung Mindeststandard-Länder (3.-Welt-Standard) annähert; mit hohen Arbeitslosigkeitsraten und kaputter HiTech-Industrie.... Denn auf die GRUNDVERSORGUNG (einschließlich Wohnung, Wasser, Energie, Kleidung etc.) ist der Konsument auch dann angewiesen, wenn er kaum noch Geld in der Tasche hat.
>Falls aus anderen Bereichen, dann fallen diese durch den Rost. 100.000 arbeitslose Daimler-Benz-Arbeiter hätte auch was, plus 200.000, die Siemens"frei setzt".
[b]Dort würde sicherlich noch eine Weile weiter produziert; natürlich mit immer weniger Arbeitskräften (die ja ohnehin im Vergleich zu Billiglohnländern zu teuer sind;-( und wo der Staat OHNEHIN damit zu rechnen hat, dass diese Arbeitsplätze verloren gingen - ob mit oder ohne dem von mir geschilderten Szenario....
Das Wirtschaftsministerium schrumpfte in einem solchen Fall zu einer Art"Notstands-Ministerium", das dafür sorgt, dass die Konsumenten via Arbeitsämter, OldEconomy-Industrien (die noch weiter funktionieren und Basis-Güter auch exportieren!), Sozialämter und Rentenanstalten GERADE IMMER MAL SOVIEL Geld zur Verfügung haben, das notwendig ist, um die - ständig sich erhöhenden -Preise für die lebensnotwendigen Basisgüter bezahlen zu können; und dass aus den hyper-inflationierenden Wirtschaftsteilen jenes zusätzliche Steueraufkommen resultiert, dass nötig ist um a) den Verlust durch Steuermindereinnahmen aus der maroden HiTech-Güter-Industrie auszugleichen, und b) das Budgetdefizit in Grenzen zu halten (wobei der"Sparkurs unvermindert und rigoros weitergeführt wird!)
mfg Erich B.
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