-->Schnee von Gestern: 27.07.2003
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Ein kleiner Exkurs in die irakische Geschichte
Die Meinung"Ã-l sei eine viel zu wichtige Sache, als daß man sie den Arabern überlassen sollte", wurde bereits vor dem Ersten Weltkrieg in Kreisen der britischen Admiralität geteilt, als die britische Flotte von Kohle auf Ã-l-Feuerung umrüstete. Damals war die USA, Mexiko (wirtschaftlich gesehen weitgehend eine US-Kolonie) und Rußland die hauptsächlichen Ã-llieferanten. Um sich von den USA unabhängig zu machen, entschied eine britische Militärkommission 1912,"daß wir die Eigentümer oder zumindest die Kontrolleure der Menge Erdöl werden müssen, die wir benötigen". Kurz davor hatte man im Süden des Osmanischen Reiches und in Persien Ã-l entdeckt und schon 1909 die britische Ã-lgesellschaft Anglo-Persian Oil Company (APOC) mit Förderkonzessionen für Persien und Teilen Mesopotamiens gegründet. 1914 hatte die Turkish Petroleum Company (TPC), die zu 25% in der Hand der Deutschen Bank war, Konzessionen für die osmanischen Provinzen Bagdad und Mosul erhalten. 1914, wenige Tage vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges, kaufte die britische Regierung 51 Prozent der APOC und kontrollierte nach ihrer Verschmelzung mit der TPC die gesamte Ã-lförderung im Nahen Osten.
Am 5. November trat das Osmanische Reich 1914 als Verbündeter des Deutschen Reiches in den Krieg ein. Einen Tag später landeten die ersten indischen Truppen mit ihren britischen Offizieren im Süden Mesopotamiens. Bis 1918 gelang es ihnen, das Gebiet des heutigen Irak zu besetzen und es der 400jährigen türkischen Herrschaft zu entreißen. Als die britischen Truppen im März 1917 Bagdad eroberten, erklärte Ihr Befehlshaber General Sir Stanley Maude fast gleichlautend wie US-Befehlshaber Tommy R. Franks in diesem Jahres bei ähnlicher Gelegenheit:"Unsere Armeen kommen nicht in eure Städte und euer Land als Eroberer oder als Feind, sondern als Befreier. Einwohner Bagdads, vergeßt nicht: Seit 26 Generationen leidet ihr unter fremden Tyrannen, die alles dafür taten, daß ein arabisches Haus gegen ein anderes stand, damit sie von eurer Uneinigkeit profitieren konnten. Diese Politik ist abscheulich für Großbritannien und seine Alliierten, denn es kann weder Frieden noch Wohlstand geben, wo Feindschaft oder eine schlechte Regierung herrscht". Damals sollen viele mit ihren Türkischen Herren unzufriedene Iraker den schönen Worten des westlichen Demokraten geglaubt haben. Den Preis dafür sollten sie auch bald erfahren.
Ähnliches war 1915 dem Scheich Hussein von Mekka versprochen worden, nämlich ein pan-arabischer Staat, falls sich die Araber gegen die Türken erheben würden; was sie daraufhin auch taten. Ohne dieses Versprechen zu bedenken, hatten sich Großbritannien und Frankreich noch vor dem Einmarsch in das Gebiet über seine Verteilung verständigt: Frankreich sollte Syrien und den Libanon, Großbritannien den Irak, Palästina und Jordanien bekommen. Ursprünglich war Frankreich auch die Ã-lprovinz Mosul zugesprochen worden. Doch England besann sich eines besseren und behielt die Ã-lquelle gegen gewisse billigere Zugeständnisse in Versailles. Frankreich bekam nur den Anteil der Deutschen Bank an der türkischen Ã-l-Firma.
Die USA, deren Hilfe schließlich den 1. Weltkrieg entschied, wollten beim Nahost-Ã-l nicht leer ausgehen. Sie setzten über den Völkerbund durch, daß Sie einen angemessenen Zugriff auf die"befreiten" Gebiete bekämen, was das Verhältnis zwischen England und den USA in den 20er Jahren trübte. Jedenfalls stand das"berechtigte" US-Ã-l-Interesse hinter der Völkerbundformel von der"Nationale Souveränität" oder dem Selbstbestimmungsrecht der Völker. Zugleich aber legte die Völkergemeinschaft fest, daß die Ã-l-Gebiete"von Völkern bewohnt seien, die sich noch nicht selbst regieren können". So bekamen die"entwickelten Länder", Großbritannien und Frankreich, das Mandat, die Völker in den besetzten Gebieten"nach den Prinzipien des Wohlergehens und der Entwicklung" in die Lage zu versetzen, sich selber zu regieren, und bis dahin ihre Außen-, Finanz- und Militärpolitik zu kontrollieren. Aber wirtschaftlich müsse das Prinzip der"Offenen Tür" des Freihandels nach außen gelten: Allen Siegermächten sollte es erlaubt sein, sich wirtschaftlich gleich berechtigt in den Mandatsgebieten zu betätigen oder - wie man es sieht - zu bedienen. Die Briten richteten daraufhin eine irakischen Monarchie ein, nach den Worten eines britischen Beamten:"Ein Apparat mit arabischen Einrichtungen, den wir alleine handeln lassen können, während wir im Hintergrund die Fäden ziehen. Eine Lösung, die nicht viel kostet und uns unsere wirtschaftlichen und politischen Interessen sichert".
Während sich die Iraker unter der schlechten Osmanischen Verwaltung abgesehen von einigen fälligen Bakschischs relativ unbehelligt blieben, wurden sie zur exakten Steuerzahlung erfaßt und hatten der Besatzungsarmee - wie heute wieder - Menschenmaterial für die vorderste Front zu stellen.
Kontrolle aus der Luft
Hungerrevolten und Aufständen konnten da nicht ausbleiben. Man fand aber ein kostengünstiges Gegenmittel. Ab 1919 wurde zum ersten Mal das Konzept der kolonialen Kontrolle aus der Luft des Karlspreisträgers Winston Churchill angewandt. Die Royal Air Force sollte die Kontrolle der neuen Kolonien im Nahen Osten übernehmen. Bomben, Giftgas und Maschinengewehrfeuer aus der Luft sorgten nun im Irak für westliche Ruhe und Ordnung.
Anfänglich gab es noch Vorbehalte im britischen Militär. Doch der Karlspreisträger wies"diejenigen, die nicht klar denken", zurück."Ich verstehe den Widerstand gegen den Einsatz von Gas nicht. Ich bin sehr dafür, Giftgas gegen unzivilisierte Stämme einzusetzen", ließ er verlauten. Das eingesetzte Gas müsse ja nicht tödlich sein, sondern nur"große Schmerzen hervorrufen und einen umfassenden Terror verbreiten". Heute heißt das etwas moderner"Shock and Awe". Das gegen Dörfer eingesetzte Gas, war aber tödlich. Der Terror mobilisierte und es kam 1920 zum flächendeckenden Volksaufstand gegen das Königshaus von Britanniens Gnaden. Er wurde"mit äußerster Härte" niedergeschlagen. In seinen Erinnerungen zitiert General Sir Aylmer L. Haldane seine damaligen Befehle für den Umgang mit Irakis, die Schußwaffen besaßen:"Das Dorf, indem ein solcher Zuflucht findet, wird zerstört, der Druck auf die Bewohner wird durch die Zerstörung der Wasserversorgung erhöht; lebensnotwendige Versorgungen werden verweigert". 9000 Irakis fielen und 2000 britische Söldner indischer Herkunft. Heute tun sich die USA schwer, für den Demokratisierungs-Job ihre"Inder" zu finden.
Arthur Bomber Harris mit Statue in der Londoner Fleet Street brüstete sich 1924 nach einem Bombeneinsatz:"Der Araber und der Kurde hatten angefangen zu glauben, wenn er ein bißchen Lärm ertragen könne, konnte er auch ertragen, bombardiert zu werden und weiter diskutieren. Sie wissen nun beide, was echtes Bombardieren in Verlusten und Schäden heißt; sie wissen nun, daß innerhalb 45 Minuten ein ganzes Dorf faktisch ausgelöscht und ein Drittel der Einwohner getötet oder verletzt werden können und zwar von vier oder fünf Maschinen, die ihnen kein richtiges Angriffsziel, keine Chance auf eine Ehre als Krieger und keine Chance zur Flucht lassen... eine 250- oder 500 Pfund-Bombe in jedes Dorf zu werfen, das aus der Reihe tanzt" genügt.
Es gab damals amerikanischen Protest, nicht wegen der Behandlung der"unzivilisierten Stämme" (die regten sie so wenig auf wie die gesamte Völkergemeinschaft), sondern wegen der Beute. Auch amerikanische Firmen sollten im Irak Ã-l schürfen dürfen. Ihre Botschaft forderte in London das Prinzip der"Offenen Tür" ein. Churchill vermerkt 1922 sicher richtig, daß"weder die USA noch Frankreich besonders traurig wären, die Türken wieder in Mosul zu sehen, um ihren Leuten die Ã-lverträge zu übergeben, die jetzt von der Regierung seiner Majestät für die Turkish Petroleum Company in Anspruch genommen werden". Nach langem Gerangel mußten die Briten schließlich die Amerikaner am Geschäft beteiligten.
1932 konnten die Briten den Irak in die"Unabhängigkeit" entlassen. Sie hatten sich den Großteil der Förderrechte gesichert und das Volk in die Lage versetzt, sich nach westlichen Vorstellungen"selbst zu regieren". Eine kleine Gruppe sunnitischer Bürokraten und Politiker, kontrollierte in völliger Abhängigkeit von britischen Beratern die Regierungsgeschäfte. Ihrer Treue versicherte man sich (wie heute weltweit) durch die Präsenz der Luftwaffe auf entsprechenden"Stützpunkten" im Land. Als der zweite Weltkrieg wieder faschistische Unabhängigkeitsgelüste aufkommen ließ, besetzten die Briten 1941 das Land erneut. Ein britischer Offizier soll sich damals auf einer Party britisch offen geäußert haben:"Ich nehme nicht an, daß die Armeen, die hier kämpften, am Ã-l interessiert waren. Wenn sie für etwas kämpften, war es dann nicht für etwas Höheres? Die Welt für Demokratie sicher zu machen, oder so etwas, Sir?"
Vielleicht enthält der Koran so etwas wie die Bibel:"Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, aber die Seele nicht töten können, fürchtet euch vielmehr vor dem, was Leib und Seele verderben kann". Doch sehen christliche Fundamentalisten die modernere herrschaftssichernde Dimension der Pop- und Drogenkultur westlicher Medien ganz anders als noch die Islamisten.
Mehr auf die Rolle der USA und deren innerer Entwicklung geht A. Zalloum, Feindbild Islam, Kapitalismus und Globalisierung in der Krise, 414 Seiten, 19,80 € ein, zu bestellen bei Dr. Böttiger Verlag Fax 0611-7786118 oder e-mail.
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