-->FAZ.NET-Spezial
<font size=5>Die demographische Zeitbombe</font>
<font color="#FF0000">An mahnenden Worten fehlt es nicht. Den demographischen Wandel in Deutschland vergleichen Bevölkerungsforscher mit einer Zeitbombe</font>."Wir leben vier Jahre länger als unsere Eltern, unsere Kinder vier Jahre länger als wir", sagt Axel Börsch-Supan, Direktor des Mannheimer Forschungsinstituts Ã-konomie und demographischer Wandel. Dieser Alterungsprozeß sei einmalig. Verbunden mit einer <font color="#FF0000">äußerst niedrigen Geburtenrate</font>, ergibt sich eine enorme Herausforderung für die Sozialsysteme, für die gesamte Infrastruktur und für die Wirtschaft.
Allein steht Deutschland nicht, auch die Bevölkerung <font color="#FF0000">Italiens und Japans altert stark</font>. Während die Vereinten Nationen für die Weltbevölkerung bis 2050 ein Wachstum von mehr als einem Viertel prognostizierten, erwarten sie für die erweiterte Europäische Union <font color="#FF0000">einen Bevölkerungsrückgang</font>.
Reformen der Dramatik noch nicht angemessen
<font color="#FF0000">Die Warnungen dringen langsam ins Bewußtsein. Zwei Drittel der Bundesbürger sind sich des Alterungs- und Schrumpfungsprozesses bewußt</font>, hat jüngst eine Umfrage für die Bertelsmann-Stiftung gezeigt. <font color="#FF0000">Die jüngsten Versuche zur Reform der sozialen Sicherung tragen den dramatischen Veränderungen noch nicht wirklich Rechnung</font>.
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung wird in den nächsten Wochen auf Sonderseiten einen Aufriß über die Schwierigkeiten geben, die insbesondere den Alterssicherungssystemen durch den demographischen Wandel entstehen.
Im Herbst will sich auch die Bundesregierung abermals der Reform der Alterssicherung zuwenden, die Rürup-Kommission hat schon Vorschläge unterbreitet. Für die Union arbeitet der frühere Bundespräsident Roman Herzog an Reformplänen. Diesmal könnte weit gesprungen werden. Tabus beim Nachdenken soll es nicht mehr geben. Geprüft wird alles - von der Grundrente über stärkere Kapitaldeckung bis hin zur Anhebung des Rentenalters oder einer <font color="#FF0000">Staffelung der Rente nach Kinderzahl</font>. (hig.)
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hig., Frankfurter Allgemeine Zeitung, 07.08.2003, Nr. 181 / Seite 12
Bildmaterial: F.A.Z.
Quelle: http://www.faz.net/s/RubEC1ACFE1EE274C81BCD3621EF555C83C/Doc~E77193325C11A4F59BB0E89C8BDFE8AF6~ATpl~Eaktuell~Scontent_dossier.html
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<font size=5>An der Alterung drohen die Sozialsysteme zu zerbrechen</font>
06. August 2003 <font color="#FF0000">Die Deutschen leben immer länger und bekommen immer weniger Kinder. An dieser demographischen Entwicklung drohen die Systeme der sozialen Sicherung zu zerbrechen. Denn der Generationenvertrag funktioniert nicht mehr: Immer weniger Beitragszahler müssen für immer mehr Rentner aufkommen. Finanzieren heute noch 100 Junge etwa 44 Alte, werden 2050 auf 100 Beitragszahler 78 Rentner kommen</font>.
Doch die Probleme der Alterssicherung <font color="#FF0000">eskalieren nicht erst im Jahr 2050</font>: <font color="#FF0000">Schon zwischen 2010 und 2030 wird es nach den Berechnungen der Bevölkerungsforscher eine"kritische Beschleunigung" geben</font>, wenn die geburtenstarken Jahrgänge aus den späten fünfziger und den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts langsam in das Rentenalter kommen. Die"Restlebenserwartung" und damit die Dauer des Rentenbezugs eines 65 Jahre alten Mannes wird 2030 nach den Vorhersagen bei 18,4 Jahren, bei gleich alten Frauen sogar bei 22,6 Jahren liegen.
Druck auf die Politik ist hoch
Deshalb ist der Druck auf die Politik hoch, die umlagefinanzierten Sicherungssysteme - Rente, aber auch Gesundheit und Pflege - zu reformieren. Wegen des verfassungsrechtlich garantierten Vertrauensschutzes der Bürger lassen sich die von Fachleuten empfohlenen und von der Bundesregierung erwogenen Änderungen wie eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit, eine Anhebung der Rentenaltersgrenze oder eine neue Rentenformel, die den Anstieg der Altersbezüge weiter dämpft, nicht ohne längeren zeitlichen Vorlauf umsetzen.
Zudem wird die Alterssicherung dereinst nicht mehr weit überwiegend auf dem umlagefinanzierten System der gesetzlichen Rentenversicherung beruhen. Vielmehr soll die eigenverantwortliche Alterssicherung über eine private oder betriebliche Vorsorge, die seit der rot-grünen Rentenreform von 2001 durch das Schlagwort"Riester-Rente" gekennzeichnet wird, gestärkt werden, um ein demographiefestes Mischsystem zu erhalten.
<font color="#FF0000">Gewarnt wird seit einem viertel Jahrhundert</font>
Das System der Rentenversicherung war noch jung in Deutschland, als 1916 die <font color="#FF0000">Rentenaltersgrenze für Arbeiter von 70 auf 65 Jahre herabgesetzt wurde</font>. Wer damals mit 65 in den Ruhestand ging, konnte die arbeitsfreie Zeit allerdings nicht mehr allzulange genießen, denn die durchschnittliche Lebenserwartung lag kaum höher als das Renteneintrittsalter. In den Jahrzehnten danach stieg die Lebensdauer infolge gesünderer Arbeits- und Lebensbedingungen und besserer medizinischer Versorgung deutlich: Heute geborene Jungen werden im Schnitt 75,1 Jahre alt, Mädchen sogar 81,1 Jahre.
Gleichzeitig ermöglichte der Gesetzgeber immer mehr Personengruppen, vor dem 65. Geburtstag in den Ruhestand zu gehen. Langjährig Versicherte, Frauen, Arbeitslose und Schwerbehinderte machten von diesem Recht zunehmend Gebrauch. Das tatsächliche Renteneintrittsalter sank bis zur Jahrtausendwende auf rund 60 Jahre. Damit nahm die Dauer des Rentenbezugs stetig zu: Zwischen 1960 und 2001 stieg sie bei Männern um 47 Prozent und bei Frauen um 73 Prozent.
Steigende Geburtenraten sind wenig wahrscheinlich
<font color="#FF0000">Seit rund 25 Jahren warnen die Bevölkerungsforscher vor den dramatischen Folgen des demographischen Wandels</font>. Selbst eine Einwanderungspolitik, die den Zuzug von Ausländern fördert, <font color="#FF0000">kann die Probleme nur lindern, nicht beseitigen</font>. Nach Prognosen der Wissenschaftler vom Statistischen Bundesamt in Wiesbaden wird die Geburtenrate auch in den nächsten Jahrzehnten bei dem gegenwärtigen statistischen Wert von 1,4 Geburten je Frau bleiben - selbst wenn durch verschiedene familienpolitische Maßnahmen von höherem Kindergeld bis zu besserer Kinderbetreuung eine Steigerung der Geburtenrate angestrebt wird.
Für die Annahme einer gleichbleibenden Geburtenrate spricht nach Überzeugung der Statistiker, daß sie in Westdeutschland seit der Einführung moderner Verhütungsmittel Ende der sechziger Jahre auf diesen Wert gesunken sei und sie sich in Ostdeutschland nach dem staatlich geförderten Geburtenboom zu DDR-Zeiten und dem Geburtenknick in den Jahren nach der Wende nun dem Wert von 1,4 annähere.
"Reproduktionsgrundlage" schrumpft...
Ein weiteres Element zur Vorausberechnung der Bevölkerungsentwicklung ist das Ausmaß der Einwanderung. Das Statistische Bundesamt schätzt den Wanderungssaldo im mittleren von drei Entwicklungsszenarien auf 200.000 Personen. Unter der Annahme, daß die Lebenserwartung weiter zunimmt, rechnen die Statistiker mit einem Rückgang der Bevölkerung bis 2050 <font color="#FF0000">um sieben Millionen auf etwa 75 Millionen Menschen</font>. Im Zuge dieser Entwicklung schrumpft die"Reproduktionsgrundlage" der Bevölkerung unaufhörlich weiter. <font color="#FF0000">Die Zahl der Frauen im"gebärfähigen Alter" zwischen 15 und 49 Jahren sinkt von 20 Millionen im Jahr 2001 auf 14 Millionen 2050; ihr Anteil an der Bevölkerung sinkt in diesem Zeitraum von 24 auf 19 Prozent</font>.
... der Sterbeüberschuß steigt
Die Dramatik des Bevölkerungswandels zeigt sich in der Prognose des Bundesamtes auch durch den steigenden Sterbeüberschuß: Während zur Zeit die Zahl der Gestorbenen die Zahl der Neugeborenen in Deutschland um etwa 94000 übersteigt, wird dieser Sterbeüberschuß bis 2050 auf fast 600 000 wachsen. Damit würde nicht einmal die Hälfte der Verstorbenen in einem Jahr durch Neugeborene ersetzt. Die Zahl derer, die 80 Jahre oder älter sind, wird von gegenwärtig 3,2 Millionen (4 Prozent der Bevölkerung) bis 2050 auf etwa 9 Millionen (12 Prozent) wachsen.
In anderen Industrieländern sehen die Vorhersagen zur demographischen Entwicklung ähnlich aus. <font color="#FF0000">Vor allem Spanien, Italien und Ã-sterreich freuen sich über eine längere Lebenserwartung und leiden ähnlich wie Deutschland unter niedrigen Geburtenraten. Auch sie spüren den sozialpolitischen Reformdruck</font>. Rentenreformgesetze in Ã-sterreich und Frankreich, die beide eine Heraufsetzung des Renteneintrittsalters vorschreiben, <font color="#FF0000">waren in jüngster Zeit von Protesten und Demonstrationen begleitet</font>. In Großbritannien und den Niederlanden ist der politische Druck dagegen geringer. In beiden Ländern wird ein hoher Anteil von privater Altersvorsorge verzeichnet; außerdem sagen die Bevölkerungsforscher dort relativ stabile Bevölkerungszahlen vorher.
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Text: enn., Frankfurter Allgemeine Zeitung, 07.08.2003, Nr. 181 / Seite 12
Bildmaterial: F.A.Z.
Quelle: http://www.faz.net/s/RubEC1ACFE1EE274C81BCD3621EF555C83C/Doc~E68AACF2E9DBE4FB4ADBA388D2F498143~ATpl~Ecommon~Scontent.html
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Demographie
<font size=5>Weniger Hände und Köpfe</font>[/b][/b]
06. August 2003 Die Bevölkerung in Deutschland wird in den kommenden Jahrzehnten schrumpfen. <font color="#FF0000">Nach einer konservativen Prognose des Statistischen Bundesamtes sinkt die Bevölkerungszahl von heute gut 82 Millionen auf 75 Millionen im Jahr 2050</font>.
Sieben Millionen weniger - das ist die heutige Bevölkerung von Niedersachsen. Schon in zwölf Jahren beginnt der Abstieg vom Bevölkerungsgipfel. <font color="#FF0000">Zugleich werden die Deutschen älter</font>. Die Zahl der Geburten reicht nicht, um die Bevölkerungszahl zu erhalten. <font color="#FF0000">Ab 2015 drängen die geburtenstarken Jahrgänge der"Babyboomer" in die Rente</font>. <font color="#FF0000">Mit der Vergreisung der Bevölkerung</font> sinkt das Erwerbspersonenpotential weit mehr als die Bevölkerung. <font color="#FF0000">Die Zahl der Erwerbspersonen wird von heute 40 Millionen bis 2050 auf 30 Millionen fallen</font>.
Wachstumspotential sinkt
Im Mittelpunkt der politischen Diskussion stehen die direkten Folgen dieses dramatischen Wandels für die Sozialversicherungssysteme. <font color="#FF0000">Kaum wahrgenommen wird, daß die schrumpfende und alternde Bevölkerung auch das Wirtschaftswachstum drückt</font>. Der gesamtwirtschaftliche Verteilungsspielraum wird geringer - was indirekt die Probleme der Sozialsysteme vergrößert.
<font color="#FF0000">Die demographische Zeitbombe läßt das Wachstumspotential der deutschen Wirtschaft von derzeit rund 1,5 Prozent in den kommenden Jahrzehnten auf etwa ein Prozent sinken</font>. Das haben die Ã-konomen von Deutsche Bank Research (DBR) berechnet - unter den konservativen Annahmen des Status quo. Variiert man die Annahmen bezüglich Geburtenrate, Zuwanderungszahl, Lebensarbeitszeit und ähnlichem, <font color="#FF0000">kann das Ergebnis weniger schlecht ausfallen</font>. Es kann aber auch noch schlimmer kommen. Im schlechtesten Szenario - keine Zuwanderung, keine längere Lebensarbeitszeit, geringere Produktivitätssteigerungen - schrumpft die Volkswirtschaft über Jahre. Als Wachstumspotential bezeichnen Ã-konomen das Tempo, in dem eine Wirtschaft spannungsfrei wachsen kann.
Zunehmender Wohlstand ist nicht gesichert
Niedrigere Wachstumsraten oder gar eine Schrumpfung der Gesamtwirtschaft bedeuten rein rechnerisch nicht zwingend, daß der Wohlstand des einzelnen sinkt: Entscheidend ist dafür das Pro-Kopf-Einkommen. Wenn die Bevölkerung schneller schrumpft, kann selbst ein sinkendes Bruttoinlandsprodukt im Durchschnitt mehr Euro für jeden einzelnen bedeuten.
<font color="#FF0000">Aus ökonomischer Sicht ist zunehmender Wohlstand in einer schrumpfenden Wirtschaft aber nicht gesichert</font>. Es stimmt zwar: Mit sinkender Bevölkerungszahl werden Wohnungspreise nachgeben, Land wird billiger, Arbeit wird teurer, und Überfüllungskosten werden sinken. Gesamtwirtschaftlich wird aber auch viel Produktionskapital entwertet, wenn Landstriche entsiedelt und Anlagen und Infrastruktur stillgelegt werden. <font color="#FF0000">Die geringere Zahl der Menschen läßt Vorteile der Bevölkerungsdichte kleiner werden</font>. <font color="#FF0000">Mit der Vergreisung der Bevölkerung sinkt die Zahl an jüngeren Köpfen, die häufig zu den innovativsten zählen</font>. Wie wenig attraktiv eine Volkswirtschaft mit einem Potentialwachstum unter ein Prozent etwa für Investoren und Anleger wäre, läßt sich unschwer vorstellen - <font color="#FF0000">zumal aufstrebende und"junge" Volkswirtschaften um das knappe Kapital konkurrieren</font>. <font color="#FF0000">Solche dynamischen Effekte des Wachstums sind in den Berechnungen von Ã-konomen in der Regel nicht enthalten; sie lassen sich seriös kaum beziffern</font>.
Arbeitsmärkte liberalisieren
Heftig umstritten ist auch, ob mit der Alterung der Erwerbspersonen die durchschnittliche Produktivität und damit das Wachstum leidet. <font color="#FF0000">Weniger Beweglichkeit steht ein Mehr an Erfahrung gegenüber</font>. <font color="#FF0000">Sicher aber ist: Die Hände und Köpfe, die schaffen, werden knapper</font>. So geht Wachstumspotential verloren. Und weniger Arbeitende müssen für mehr Verbraucher plötzlich die Waren und Dienste herstellen, die Senioren bevorzugen.
In wirtschaftlicher Sicht ausgleichen läßt sich der Verlust an Arbeitskraft direkt durch mehr Geburten, eine höhere Zuwanderung, längere Wochen- oder Lebensarbeitszeiten, mehr Frauenarbeit. Das erfordert von der Politik, die Arbeitsmärkte zu liberalisieren und den Trend zur Frühverrentung und zur Verkürzung der Wochenarbeitszeit umzukehren. Beweglichere Arbeits- und Gütermärkte würden es auch erleichtern, die alterungsbedingten Verschiebungen von Konsum und Produktion zu bewältigen. Nach einer überschlägigen Rechnung des Ã-konomen Axel Börsch-Supan müssen mindestens 15 Prozent der Arbeitsplätze in andere Sektoren umgeschichtet werden, weil ältere Bürger beispielsweise mehr Gesundheitsdienste und weniger Verkehrsleistungen beanspruchen.
Maßnahmenbündel als Königsweg
Die Chancen, den Verlust an Arbeitskraft und Wachstum durch höheren Kapitaleinsatz oder durch schnelleren technischen Fortschritt und eine höhere Produktivität auszugleichen, schätzen Ã-konomen eher gering ein. Das Wachstum der totalen Faktorproduktivität hat sich in den vergangenen Jahrzehnten schon deutlich verlangsamt. DBR verweist darauf, daß Produktivitätswachstum eng mit Wirtschaftswachstum gekoppelt ist.
Den Königsweg sehen Volkswirte daher darin, die Wachstumsdynamik in einem Maßnahmenbündel durch mehr Arbeit, höhere Erwerbsbeteiligung und eine maßvolle Zuwanderung zu stärken. Die Ã-konomen von Deutsche Bank Research stellen die Alternative so dar: Im schlimmsten Fall droht Deutschland bis 2050 eine Stagnation oder Schrumpfung des Pro-Kopf-Einkommens. Gelingt es indes, das Potentialwachstum bei 1,5 Prozent zu halten, lockte trotz geringerer Bevölkerung eine Verdreifachung des Pro-Kopf-Einkommens.
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Text: pwe., Frankfurter Allgemeine Zeitung, 07.08.2003, Nr. 181 / Seite 13
Bildmaterial: F.A.Z.
Quelle: http://www.faz.net/s/RubEC1ACFE1EE274C81BCD3621EF555C83C/Doc~E86B680855EF04FDAAAE05F170B1B5396~ATpl~Ecommon~Scontent.html
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Vereinigte Staaten
<font size=5>Latinos helfen Amerika</font>[/b]
Die Vereinigten Staaten altern langsamer als Europa
06. August 2003 <font color="#FF0000">Noch erzielt die im Umlageverfahren finanzierte staatliche Rentenversicherung in Amerika jedes Jahr Überschüsse in Milliardenhöhe</font>. <font color="#FF0000">Doch die Zeiten, in denen sich das ändern wird, kommen unaufhaltsam näher</font>. <font color="#FF0000">Gegen Ende dieses Jahrzehnts, wenn die ersten geburtenstarken Jahrgänge - die"Babyboomer" - das Rentenalter erreichen, wird sich die Finanzlage der Social Security erheblich verschlechtern</font>. Ungefähr im Jahr 2015 werden sich, wenn es nicht bald zur notwendigen Reform der staatlichen Alterssicherung kommt, die Überschüsse in Defizite verwandeln.
Die Regierung in Washington zögert allerdings, das Reformwerk anzugehen. Für die notwendige Einführung einer teilweisen Kapitaldeckung <font color="#FF0000">sind angesichts der trüben Stimmung an den Börsen in den vergangenen drei Jahren und der Bilanzskandale wohl derzeit keine Mehrheiten aufzubringen</font>.
Amerika bleibt jünger als Europa
Im internationalen Vergleich der demographischen Entwicklung steht Amerika <font color="#FF0000">gleichwohl nicht schlecht dar</font>. Zwar wird den Prognosen des Amtes für Bevölkerungsstatistik in Washington zufolge auch die amerikanische Bevölkerung in den kommenden Jahrzehnten im Durchschnitt altern. Das mittlere Alter (Medianalter) <font color="#FF0000">wird von aktuell 35,5 Jahre auf 36,2 Jahre im Jahr 2050 steigen. Damit bleibt Amerika aber immer noch viel jünger als Europa, wo ein Anstieg von 37,7 auf 52,7 Jahre prognostiziert wird</font>.
Erheblichen Einfluß auf die Entwicklung der Bevölkerungsstruktur wird den Schätzungen zufolge die Einwanderung aus verschiedenen lateinamerikanischen Ländern haben, vor allem aus dem Nachbarland Mexiko. <font color="#FF0000">Die Geburtenrate unter den Latinos ist mit knapp 3 erheblich höher als bei den nichthispanischen Weißen (1,8) und auch bei den Schwarzen (2,1). Zwei Drittel des prognostizierten Bevölkerungszuwachses in Amerika bis zum Jahr 2050 werden auf Latinos entfallen</font>.
Für die amerikanische Wirtschaft werden sich - jenseits der Fragen der Alterssicherung - aus der Änderung der Altersstruktur und der Zusammensetzung der Bevölkerung eine Reihe von Veränderungen ergeben. Sie reichen von höheren gesamtwirtschaftlichen Kosten für die Gesundheitsversorgung bis zu Änderungen in der Lohn- und Gehaltsstruktur, <font color="#FF0000">verfügen doch viele der Immigranten über ein unterdurchschnittliches Bildungsniveau</font>.
Text: ctg., Frankfurter Allgemeine Zeitung, 07.08.2003, Nr. 181 / Seite 12
Quelle: http://www.faz.net/s/RubEC1ACFE1EE274C81BCD3621EF555C83C/Doc~E70EC86990CCB413D9EDDD0A682943699~ATpl~Ecommon~Scontent.html
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Immigration
<font size=5>Zuwanderung kann das Bevölkerungsproblem nur mildern</font>[/b]
06. August 2003 <font color="#FF0000">Ã-konomen und Bevölkerungsforscher sind sich einig, daß Zuwanderung nur ein Hilfsmittel, nicht aber die Lösung der demographischen Probleme Deutschlands sein kann</font>. Der Grund ist politischer Natur. <font color="#FF0000">"Wollten wir die demographischen Ausfälle allein durch Migration ersetzen, haben wir in dreißig Jahren eine Überfremdung, die wahrscheinlich sozial nicht funktionieren wird"</font>, sagt Klaus F. Zimmermann, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin.
Um die Bevölkerungszahl und vor allem die Zahl der Arbeitenden <font color="#FF0000">zu stabilisieren</font>, müßte Deutschland <font color="#FF0000">bis 2050 mehr als 400 000 Menschen jährlich zuwandern lassen </font>- netto. Von 2030 an wären zeitweise mehr als 800 000 Zuwanderer im Jahr nötig. 2001 wanderten netto lediglich 273 000 Menschen zu."Migration kann nur helfen, die Spitzen des demographischen Problems zu brechen", sagt Thomas Straubhaar, ein Schweizer in Deutschland und Präsident des HWWA-Instituts in Hamburg.
Wachstumspotential nachhaltig gestärkt
Die Vorteile einer maßvollen Zuwanderung zur Linderung der demographischen Schmerzen liegen freilich auf der Hand. Zuwanderung läßt die Bevölkerung weniger stark schrumpfen, was das Wachstumspotential nachhaltig stärkt. Immigranten sind in der Regel jung und bremsen die Alterung der Gesellschaft. 2001 kamen auf 100 Deutsche im Erwerbsalter 44 Alte über 60 Jahre. Bei einer Nettozuwanderung von 100 000 Menschen pro Jahr stiege dieser Altenquotient bis 2050 auf 85. Würden 300 000 Menschen pro Jahr zuwandern, müßten 100 Erwerbsfähige im Jahr 2050 nur 74 Menschen über 60 Jahre ernähren.
Den Sozialkassen verspricht eine solch verlangsamte Alterung spürbare Entlastung. Der Ã-konom Axel Börsch-Supan hat berechnet, daß schon eine niedrige Zuwanderung von 125 000 Menschen netto die Rentenbeitragssätze ab 2035 um fast zwei Prozent senken könnte. Ohne Zuwanderung ergäbe sich ein Beitragssatz von etwa 24 Prozent - ohne"Riester-Anteil". Börsch-Supan erinnert aber an die Grenzen:"Keineswegs kann die deutsche Sozialpolitik hoffen, daß ihr die Reformen durch Zuwanderung abgenommen werden."
Deutsche rutschen eher in Sozialhilfeprogramme
<font color="#FF0000">Zu bedenken ist ferner, daß auch Zuwanderer älter werden und sich bezüglich Erwerbsquote und Geburtenrate an die heimische Bevölkerung anpassen</font>. Entscheidend für den Erfolg einer Zuwanderungspolitik ist aber vor allem, daß die Immigranten sich schnell in den Arbeitsmarkt integrieren. Nur dann ist mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten, daß Sozialkassen und Finanzminister von der Zuwanderung profitieren. <font color="#FF0000">Seit dem Anwerbestopp für Gastarbeiter 1973 ist die Zuwanderung nach Deutschland überwiegend durch Familienzusammenführung, humanitäre Flüchtlinge und Asylanten gespeist</font>. <font color="#FF0000">Der Schweizer Straubhaar sagt nüchtern:"Wer humanitär auswählt, darf sich nicht wundern, wenn er mehr Geld für Immigranten ausgibt, als hereinfließt."</font>
<font color="#FF0000">Es kommt eben darauf an, wen die Deutschen als Zuwanderer willkommen heißen</font>. DIW-Chef Zimmermann plädiert für eine Steuerung der Immigration mit einem Punktesystem, in dem Ausbildung, Sprachkenntnisse und Alter bessere Einwanderungschancen bieten. Das sieht der Entwurf für ein Zuwanderungsgesetz vor, den die Union im Bundesrat im Juni abermals gestoppt hat. Sie hat Sorge, daß Zuwanderer Kostgänger sind. Zimmermann, der auch Präsident des Instituts zur Zukunft der Arbeit ist, sagt:"Vergleichen wir Immigranten und Deutsche mit gleicher Ausbildung, Qualifikation und gleichem Familienstand, dann rutschen Zuwanderer weniger wahrscheinlich als Deutsche in Sozialhilfeprogramme." Das bestätigt die Ergebnisse der Migrationsforschung, nach denen Zuwanderer im Schnitt mobiler und innovativer sind als der Rest der Bevölkerung: Nur wer flexibel ist, wandert aus. Zuwanderer stützen die Sozialsysteme so auch indirekt. Kreative Immigranten tragen als Unternehmer oder Fachkraft dazu bei, daß Deutsche ihren Arbeitsplatz behalten. Straubhaar:"Das hilft den Sozialkassen mehr als die Einzahlungen der Einwanderer."
Text: pwe. / Frankfurter Allgemeine Zeitung, 07.08.2003, Nr. 181 / Seite 12
[b] Quelle: http://www.faz.net/s/RubEC1ACFE1EE274C81BCD3621EF555C83C/Doc~EDA1371CF034846C3B13381DB81F7C5EE~ATpl~Ecommon~Scontent.html
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