-->Das schrödersche 'Nein' zum Irakkrieg
ist immer noch ausreichend, um ihm seine Untaten der Innenpolitik zu verzeihen.
Mindestens ein einziges mal ist die deutsche Politik der vergangenen 20 Jahre
ehrlich gewesen und sie setzte vor allem einmal ausnahmsweise nicht auf den Verlierer oder toten Gaul, die die USA ganz klar mit sich darstellt.
Will sagen: die SPD hat ein einziges Mal mit Nein zum Krieg den Kurs der CDU verlassen. Ansonsten sehe ich keinen Unterschied Kohl machte genau das was Schröder jetzt fortsetzt.
Ende der Durchsage. ;)
Gruß.
>SPIEGEL ONLINE - 12. September 2003, 17:07
>URL: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,265347,00.html
>Egon Bahr über die deutsche Außenpolitik >
>"Anti-Amerikanismus ist dumm"
>Von Markus Deggerich
>
>Wenige Tage vor dem geplanten Versöhnungstreffen zwischen Schröder und Bush in New York bringt SPD-Vordenker Bahr den deutschen Kanzler mit einem <font color=#0000FF>Pamphlet</font> >
>Berlin - Der Architekt der Ostpolitik will eine neue Westpolitik. Egon Bahr sitzt im Willy-Brandt-Haus, der SPD-Zentrale in Berlin, und schleudert kantige Sätze in den Raum."Jammern und Schimpfen bringt doch nichts", sagt er, man müsse mal ein paar Realitäten zur Kenntnis nehmen:"Amerika ist nun mal Amerika." Vier Meter neben ihm steht die überdimensionale Plastik von Willy Brandt, mit dem er einst an der langen Leine der USA die deutsche Ostpolitik"Wandel durch Annäherung" formulierte - und damit den ersten Schritt zur späteren deutschen Einheit und Souveränität ging.
>Es war der aktuelle SPD-Chef Gerhard Schröder, der im vergangenen Jahr im Wahlkampf den"deutschen Weg" ausrief. Und es war Schröder, der auf deutschen Marktplätzen den USA sein stolzes Nein zum Irak-Krieg entgegenschleuderte. Der"deutsche Weg" ist für Genossen ein Reizwort, weil er an Sonderweg erinnert, an das deutsche Wesen und ein seltsames Verhältnis zum Begriff der Nation. Auf der anderen Seite konnte Schröder mit seinem emotionalen deutschen Nein bei den Wählern punkten - <font color=#0000FF>latenter Antiamerikanismus inbegriffen</font>.
>Egon Bahr hat nun ein Buch geschrieben und es provozierend"Der deutsche Weg" genannt - mit dem Zusatz:"Selbstverständlich und normal". Er erwähnt Schröder in seiner knappen Streitschrift kaum und will auch nicht die alten Schlachten schlagen:"Es hätte viel mehr Spaß gemacht zu polemisieren", sagt er. Aber das wäre eben zu billig gewesen, weil - wie er in kaum verhüllter Anspielung auf Schröder erklärt:"Emotion hat es leichter zu überzeugen als der Verstand."
>Lieber schreibt er den Genossen und den Deutschen ein paar Einsichten ins Stamm- und Geschichtsbuch:"Anti-Amerikanismus ist dumm. Die erste Weltmacht ist die Realität. Rebellieren ändert daran ebenso wenig wie kuschen." Egon Bahr fordert ein neues Verhältnis Deutschlands und Europas zu Amerika - und deutlich mehr deutsches Selbstbewusstsein:"Amerika besitzt nicht das Monopol, der Westen zu sein."
>Während alle Welt darüber redet, wie das zerrüttete Verhältnis zum großen Bruder in Übersee wieder gekittet werden kann, und der Kanzler in den Startlöchern steht, durch stärkeres Engagement in Afghanistan und ein baldiges Treffen mit George W. Bush wieder alles einzurenken, überrascht Bahr mit der Aufforderung, die Kluft nicht zu schließen:"Das ist das falsche Ziel", sagt er. Diese Kluft sei eine natürliche Entwicklung. Unterschiede müssten nicht Gegnerschaft sein, sondern könnten Arbeitsteilung bedeuten.
>Bahr sieht die Zeit gekommen für einen deutschen Weg:"Wir müssen unbelastet unsere Interessen vertreten und die Angst vor uns selbst verlieren. Sie ist nicht mehr nötig." Wer seine Interessen nicht durchsetze, werde zum Spielball anderer.
>Bahr leitet seinen deutschen Weg nicht aus der üblichen moralisch-ethischen, der historischen und kulturell-mentalen Prägung ab: Für ihn geht es schlicht um machtstrategische Fragen im Verhältnis zu den Vereinigten Staaten. Solche Machtfragen seien in Deutschland"unterbelichtet", während sie in den USA"einen entscheidenden Kern amerikanischer Politik darstellen".
>"Ein normales Verhältnis zu Nation"
>Bahr wird mit seinen Thesen viele erschrecken - vor allem im eigenen Lager. Er plädiert nachdrücklich für den Verzicht auf eine moralische Beurteilung Amerikas, eben auf das"Jammern und Schimpfen" - man solle die USA so nehmen, wie sie sind. Andererseits will er diese rational-realistische Sicht nicht zum entscheidenden Motiv seiner Ideen machen: Das Streben nach einer multipolaren Weltordnung als Reaktion auf die unipolare Haltung Amerikas sei eine Frage der Würde - und des Stolzes."Sie rangiert noch vor allen Zielen, die Vernunft und Interesse gebieten."
>Bei der Kombination der Begriffe vom deutschen Weg, Würde, Stolz, Interessen und Machtpolitik dürfte manchem Genossen das linke Herz in die Hose rutschen. Für Gesinnungsgenossen kommt es noch dicker: Bahr fordert"deutsche Normalität". Sie sei notwendig im Sinne geistiger und politischer Gesundheit, er fordert,"ein ähnlich normales Verhältnis zur Nation zu entwickeln" wie andere Europäer. Der Kern deutscher Normalität in Bahrs Verständnis ist das von ihm geforderte Ende des"Axioms, auch in Zukunft zuverlässig Amerika zu folgen".
>Der Mann ist 81 Jahre alt, sitzt leicht gebeugt in seinem Stuhl, aber reckt immer noch provozierend den Kopf nach oben, spricht mit scharfem Verstand und deutlichen Sätzen, als kontrolliere er eine unterdrückte Wut. Er spricht von"US-Willigen" und"UN-Willigen", wobei er den zweiten Begriff dann doch polemisierend als ein Wort ausspricht, als"Unwillige". Bahr:"Die Position: Wer nicht für mich ist, ist gegen mich, verlangt die Weigerung, sich dieser Behauptung zu unterwerfen." Dieses Todschlagargument sei schlicht"falsch".
>Bahr fürchtet keinen deutschen"Sonderweg", weil er denkt, alle anderen gingen einen solchen bereits:"Die Welt der Völker besteht aus Singularitäten." Für ihn führt der deutsche Weg zu einem Europa, das in Militär- und Sicherheitsfragen zu einem selbstbewussten Partner der USA wird. Deutschland als Vorbild:"Der deutsche Weg hat dahin geführt, dass unsere Verfassung dem Völkerrecht entspricht. Dieser Weg verlangt nun ein Deutschland im Dienste Europas, das seine Interessen verfolgt und seine Zukunft nicht von der Vergangenheit behindern lässt. Die europäische Zukunft ist wichtiger als die deutsche Vergangenheit."
>"Entscheidung von geschichtlicher Dimension"
>Es geht ihm nicht darum,"zwischen Unterwerfung und Feindschaft" zu wählen. Er fürchtet nur, die"amerikanische Mission könnte die europäische Vision zerstören". Die USA zwingen Europa zu einer Entscheidung von"geschichtlicher Dimension: der Weltführungsmacht oder dem Weltordnungssystem zu folgen". Europa müsse es gelingen, Amerika für die Auffassung zu gewinnen,"dass es zwei westliche Modelle der Lebensform und der Politik gibt, dass Arbeitsteilung für beide lohnt".
>Einen Rückfall in deutsches, aggressives Machtstreben hält Bahr schon deshalb für ausgeschlossen, weil Artikel 26 des Grundgesetzes die Beteiligung an Angriffskriegen und auch ihre Vorbereitung verbietet."Jeder Kanzler, der das missachtet, kommt vor den Kadi", sagt Bahr. Aber Gesetze sind interpretierbar und dehnbar. Man erinnert sich noch gut, wie sich Außenminister Joschka Fischer wand, um den US-Feldzug gegen den Irak nicht als Angriffskrieg zu bezeichnen: Dann hätte Deutschland keine Überflugrechte gewähren dürfen und die Nutzung der US-Basen in Deutschland verhindern müssen.
>Bahrs Streitschrift in sensiblen Zeiten dürfte für Aufruhr sorgen, nicht nur in der SPD. Er drängt Schröder und bedauert,"dass der Bundeskanzler, als er vom deutschen Weg sprach, das auf die Innenpolitik, die Sozialpolitik beschränkte" - bedingt durch das reflexartige Echo aus dem eigenen Lager auf solche Begriffe. Der 81-jährige SPD-Vordenker hat noch einmal ein paar Pflöcke eingeschlagen. Er selbst sieht seinen Text offenbar als eine Art Vermächtnis:"So bald ist von mir kein weiteres Buch mehr zu erwarten."
>Egon Bahr: „Der deutsche Weg. Selbstverständlich und normal“. Blessing Verlag, München; 160 Seiten; 12 Euro
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>....Ich denke, dass Bahr damit eher richtig liegt.
>Von einem"Pamphlet" zu sprechen, einem Begriff, der meiner Meinung nach negativ besetzt ist, ist fehl am Platz.
>Mit dem Begriff"Antiamerikanismus" zu jonglieren hat der Spiegel eigentlich auch nicht nötig.
>Und das wiederholte nennen von Bahr´s Alter wirkt wie ein verdeckter Ellenbogenstoß nach oberflächlichen Streicheleinheiten (spricht mit scharfem Verstand, SPD-Vordenker, pp..) ich lese daraus: ...toll, dass er das in dem Alter noch was zustande kriegt....
>Aber Weisheit gibt es in Deutschland ja nicht, sondern nur die"altersbedingte Müllhalde". Vielleicht aber bin ich auch bloß übersensibel und interpretiere Dinge in den Artikel, die so nicht gedacht waren.... obwohl ich"Pamphlet" schon sehr entlarvend fand... [img]" alt="[image]" style="margin: 5px 0px 5px 0px" />
>winkääää
>stocksorcerer
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