wheely
01.10.2003, 14:19 |
Der Abschreibungshammer Thread gesperrt |
-->manager-magazin.de, 30.09.2003, 15:40 Uhr
http://www.manager-magazin.de/geld/artikel/0,2828,267818,00.html
L E B E N S V E R S I C H E R E R
Der Abschreibungshammer
Von Lutz Reiche
Die Ratingagentur Fitch rechnet mit weiteren Insolvenzen deutscher Lebensversicherer. Abschreibungen auf Aktienbestände und drohende Steuernachzahlungen in Milliardenhöhe könnten viele Unternehmen nicht verkraften. Versicherte müssen sich auf eine geringere Gewinnbeteiligung einstellen.
Köln/Hamburg/London - Um viele Lebensversicherer in Deutschland ist es nach Einschätzung der Ratingagentur Fitch bedrohlich bestellt. Wie aus einer manager-magazin.de vorliegenden Studie zu 86 Gesellschaften hervorgeht, werden Abschreibungen in Milliardenhöhe zum Ende dieses Jahres eine Vielzahl der Unternehmen in ihrer Existenz gefährden.
© Mannheimer Versicherung
Mannheimer: Die Insolvenz der Lebengesellschaft dürfte nicht die einzige in der Branche bleiben
Trotz der jüngsten Erholung an den Kapitalmärkten müsse sich die Auffanggesellschaft Protektor nach dem Fall der Mannheimer Leben auf weitere Insolvenzfälle einstellen, heißt es in dem Report. Bereits Mitte September hatten sich zur Überraschung vieler Marktbeobachter erstmals Vertreter der Assekuranzbranche selbst ähnlich geäußert.
Fitch hat auf Basis der Geschäftsberichte des Jahres 2002 die Sicherheitsmittel- und Kapitalausstattung der Unternehmen unter die Lupe genommen. Das Ergebnis ist niederschmetternd. So haben der Studie zufolge zahlreiche deutsche Lebensversicherer zum Stichtag 31. Dezember 2002 auf Basis von Marktwerten die gesetzlich geforderten Solvabilitätsanforderungen nicht erreicht.
Den bislang vermiedenen Abschreibungen auf Aktien und Investmentfondsanteile in den Portfolios der Versicherer in Höhe von rund 16,3 Milliarden Euro stehen rund 20 Milliarden Euro stille Reserven auf Immobilien und festverzinsliche Wertpapiere gegenüber, schreibt Fitch. Unter dem Strich verfügten die Unternehmen damit zum Stichtag 31.12.2002"kaum noch über nennenswerte Reserven zur Glättung zukünftiger Belastungen".
Insgesamt haben die Gesellschaften im vergangenen Jahr 51,1 Milliarden Euro Verluste mit ihren Kapitalanlagen erwirtschaftet. Im März hatte Fitch diese stillen Lasten und Abschreibungen noch auf 45 bis 50 Milliarden Euro geschätzt (wir berichteten).
Die Kapitalerträge der Branche bezifferte Fitch auf Basis der Markterwartungen im Jahr 2002 auf minus 0,1 Prozent. Die durchschnittliche Gewinnbeteiligung auf die Sparanteile der Versicherten betrug 4,7 Prozent. Die Analysten in London gehen deshalb davon aus, dass trotz der jüngsten Erholung an den Kapitalmärkten nur wenige Lebensversicherer in Zukunft in der Lage sein dürften, kapitalbildende Lebens- und Rentenversicherungen profitabel anzubieten.
Die Gewinnbeteiligung wird sinken
Die Konsequenzen liegen für die Experten auf der Hand. Die Lebensversicherer werden ihrer Ansicht nach die Gewinnbeteiligung für die Sparanteile der Versicherten weiter senken müssen. Eine Vielzahl der Unternehmen werde dabei dem neuen gesetzlichen Minimum von 2,75 Prozent sehr nahe kommen, heißt es in der Studie weiter.
Zwar hätten die Lebensversicherer im laufenden Jahr ihr Portfolio bereinigt und zum Stichtag 30.06.2003 die"reine Aktienquote" auf durchschnittlich sieben Prozent reduziert. Damit hätten die Gesellschaften allerdings auch nur unterproportional von der Erholung der Kapitalmärkte profitieren können.
Assekuranz droht Steuernachzahlung von 20 Milliarden
Erschwerend käme hinzu, dass durch die gestiegenen langfristigen Zinsen die stillen Reserven in diesen Kapitalanlagen schwinden dürften. Zugleich drohten der Branche Steuerbelastungen aus Verlusten von Aktien- und Investmentfondsanteilen in Höhe von bis zu 20 Milliarden Euro.
Nach der Steuerreform für Unternehmen zur Jahreswende 1999/2000 müssen Konzerne ihre Gewinne aus Beteiligungsverkäufen nicht mehr versteuern. Die Kehrseite der Medaille: Abschreibungen und mögliche Veräußerungsverluste auf Aktienbestände sind seitdem beim Finanzamt nicht mehr von der Steuer abzusetzen. Dies wird insbesondere Lebens- und Krankenversicherer in Bedrängnis bringen, da laut Fitch nur wenige Unternehmen für die drohenden Steuerforderungen Rückstellungen gebildet hätten.
Diesen"weiteren externen Schock" könnten einige Versicherer nicht durch Eigenkapital und Reserven auffangen. Daher sei mit weiteren Fällen für die Auffanggesellschaft Protektor zu rechnen, schreiben die Experten von Fitch.
Nach Einschätzung von Fitch müssten die Lebensversicherer insgesamt ihr Eigenkapital bis zu 50 Milliarden Euro erhöhen, um für stabile Verhältnisse in der Branche zu sorgen.
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Mat72
01.10.2003, 14:32
@ wheely
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"Steuerbelastungen aus Verlusten von Aktien- und Investmentfondsanteilen"????? |
-->"Steuerbelastungen aus Verlusten von Aktien- und Investmentfondsanteilen in Höhe von bis zu 20 Milliarden Euro."
wassn das?
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Mat72
01.10.2003, 14:36
@ Mat72
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aah steht ja da, versteh ich trotzdem nicht...aber ist eigentlich egal. *sorry* (owT) |
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Toby0909
01.10.2003, 14:47
@ Mat72
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die haben schon abgeschrieben und das wird jetzt nicht mehr anerkannt = Steuerna |
-->Steuernachzahlung - steht doch sogar im Text
!
Toby
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dottore
01.10.2003, 15:15
@ Mat72
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Re: So schaut's aus: |
-->Hi,
LV hat zwei Aktienpekate, beide für 100 Mios gekauft.
Paket 1 wird zu 200 verkauft - Gewinn bleibt steuerfrei.
Pekat 2 muss auch verkauft werden, Liqui-Probleme.
Paket 2 bringt 20 Mio Liqui. 80 Mio Verlust.
Der kann nicht mehr abgesetzt oder gegengerechnet werden.
Klartext: LV muss den Verlust realisieren, hat nur 20 in der Kasse.
Früher: Beide Pakete zu 220 verkauft. 20 Mio mussten versteuert werden, da der Gewinn aus Paket 1 mit Verlust aus 2 verrechnet werden konnte.
Normalerweise müsste es heute so sein, dass der Verlust"vorgetragen" werden kann, um ihn so nach und nach durch sonstige Erträge aus der Bilanz zu manövrieren. Jetzt geht das nicht mehr.
Kritisch also wird's, wenn mit Verlust verkauft werden muss. Der Verlust schlägt im selben Jahr in die Bilanz durch. Und Verlustbilanzen bedeuten: Es wird eng und enger, vor allem fürs Neugeschäft, weil die Versicherungen sofort mit der ganzen Summe haften (und entsprechendes Kapital nachweisen) müssen, lange bevor sie vom Versicherten entsprechende Prämien kassieren konnten.
Daher ja auch die Einschätzung, dass 50 Mrd neues Kapital gebraucht wird (letzte Zeilen).
Einziger Ausweg sonst: Die Börse steigt und steigt, wieder und weiter...
Gruß!
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Mat72
01.10.2003, 15:37
@ dottore
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Ersteinmal vielen Dank, dennoch Nachfrage: |
-->Ich hab dennoch eine weitere Verständnisfrage:
Die Versicherer müssen laut obigem Artikel mit 20 Mrd Stuernachforderungen rechnen. Dies auf Grund der Verluste aus den Beteiligungsveräußerungen.
Wie toby schon anmerkte sind dies wahrscheinlich Nachforderungen, weil Verluste geltend gemacht wurden, die dies erlaubende Regelung aber nunmehr ungültig ist.
Das widerspricht meinem Rechtsverständnis:
Entweder die Gesellschaften haben Verluste bereits im Jahr 99 für 2000 geltend gemacht, ohne zu wissen, daß diese Änderung im Steuerrecht kommt.
Wenn ich mir allerdings überlege, daß unsere GmbH hier immer noch an der Bilanz 01 rumwerkelt, kann ich mir bei einer Versicherungsgesellschaft nicht recht vorstellen, daß die Bilanz am 1.1. zum Vorjahr schon fertig sein soll.
oder aber:
Die Gesetzesänderung kam nachträglich und völlig überraschend, so daß die Gesellschaften in der Zwischenzeit die Bilanze bereits fertig hatten. Dies würde auf eine sehr sprunghafte Administration schließen lassen, die Unternehmern wenig Platz gibt um vernünftig zu planen (uups).
Sehen Sie einen anderen Grund, weswegen es durch diese Rechtsänderung zu Stuernachforderungen kommen kann?
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Grundsätzlich finde ich aber, daß die Steuerprobleme von Versicherungen eben die Probleme der Versicherungen sind und nicht meine. Da zuviel Beschäftigung mit Absurdistans Steuerrecht weltfremd macht (kennen Sie einen Steuerberater, mit dem Sie freiwillig auf einer einsamen Insel sein wollen?), sträubt sich in mir einiges, die Problematik richtig zu durchdenken(steuerlich bedingter Lebenserhaltungstrieb).
Na ja. Eins hab ich gelernt: Im Januar zum 12. Geburtstag meiner LV gibts ein paar Unzen Gold auf Kosten des Bestandgeschäftes der R+V.
Vielen Dank.
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dottore
01.10.2003, 16:47
@ Mat72
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Re: Ersteinmal vielen Dank, dennoch Nachfrage: |
-->Hi,
einzige Erklärung, die mir einfällt: Die Gesellschaften waren bekanntlich überrascht, dass es zu steuerfreien Veräußerungsgewinnen kommen kann. Daraufhin haben sie wohl überlesen, wie das mit den fehlenden Verlustabzügen ist.
Man hat also verkauft und Gewinne realisiert (steuerfrei).
Jetzt wird mit Verlust verkauft. Dieser Verlust kann nicht mehr gegen die anderen Erträge gerechnet werden, so dass diese voll versteuert werden müssen. Ungefähr so, als würde man Löhne, die zwar im Vorjahr fällig waren, die man aber übers Jahr als Passiva genommen hat, nicht mehr im neuen Jahr als Kosten abgezogen werden können.
In toto heißt das: Firmen, die aufgepasst haben, haben Rückstellungen für entsprechende Steuerzahlungen gebildet, die Steuerbescheide dauern halt. Doofe Firmen haben das nicht gemacht und stehen jetzt vor einem cash-drain, da sie den Steuerforderungen nachkommen müssen. Wo keine Rückstellungen gebildet wurden, kann man auch keine auflösen.
Ungefähr so, wie wenn eine Fa. Betriebsrenten ab 65 verspricht, dafür keine Rückstellungen bildet und sich wundert, dass die Leute älter als 65 werden.
Gruß!
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