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Argentiniens Präsident fürchtet Pfändung des Dienstflugzeugs
02. Oktober 2003 Argentiniens Staatspräsident Néstor Kirchner hat aus Angst vor der Pfändung seines Dienstflugzeuges durch private Anleihegläubiger einen für den 9. und 10. Oktober geplanten Besuch in Deutschland abgesagt.
Kirchner wollte in Berlin Regierungsgespräche führen. Wie diese Zeitung aus gutunterrichteten Kreisen erfahren hat, hatte die argentinische Regierung bei der Bundesregierung um"hundertprozentige Garantien" gebeten, daß eine Pfändung des Dienstflugzeuges"Tango 01" auf deutschem Boden ausgeschlossen sei.
Zwar sind zahlreiche gegen Argentinien laufende Klage- und Vollstreckungsverfahren verschiedener Gläubiger vor deutschen Gerichten derzeit ausgesetzt. Eine Pfändung wäre somit höchst unwahrscheinlich gewesen. Doch hundertprozentigen Schutz gegen gerichtliche Pfändungsbeschlüsse konnte die Bundesregierung den Argentiniern nicht geben, schon allein weil in Deutschland die Gewaltenteilung zwischen Exekutive und Justiz respektiert wird.
Anders als die Gebäude der diplomatischen Vertretungen genießt das übrige Staatseigentum Argentiniens in Deutschland keine Immunität - auch nicht das Dienstflugzeug des Präsidenten. Früher in diesem Jahr soll schon das argentinische Segelschulschiff"Libertad" aus Angst vor möglicher Pfändung deutsche Häfen gemieden haben.
Argentinien fordert 75 Prozent Schuldenerlaß
Den Vorschlag, nur bis in die Schweiz zu fliegen und von dort eine Linienmaschine nach Berlin zu benutzen, wollte Kirchner nicht akzeptieren. Geplante Besuche in Italien und der Schweiz wurden ebenfalls abgesagt. Auch in diesen Ländern hat Argentinien Anleihen begeben.
Argentinien hatte Ende 2001 den bislang größten Zahlungsausfall eines souveränen Staates erklärt und erst in der vergangenen Woche Grundlinien eines"Umschuldungsangebots" vorgelegt (F.A.Z. vom 23. und 24. September). Danach fordert Argentinien von den privaten Anleihegläubigern einen Verzicht auf 75 Prozent ihrer Forderungen von insgesamt rund 87 Milliarden Dollar.
Die rückständigen Zinsen, die sich bislang auf etwa 13 Milliarden Dollar addieren, will Argentinien überhaupt nicht zahlen. Rund 17 Prozent der unbezahlten Anleihen sind nach deutschem Recht begeben worden, deutsche Anleger halten gut 5 Prozent der gesamten Anleiheschulden, also rund 4,4 Milliarden Dollar.
Kritik am selbstauferlegtem Ausreiseverbot
Mehrere Anleger haben Argentinien vor deutschen Gerichten mit Erfolg in erster Instanz auf volle Zahlung der Anleiheschulden verklagt. Argentinien wehrt sich mit der Berufung auf einen"Staatsnotstand" gegen Vollstreckungsmaßnahmen. Bis zu einer ausstehenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber, ob dieses Notstandsargument anerkannt wird oder nicht, sind alle laufenden Verfahren ausgesetzt.
Der"Staatsnotstand" hat Argentinien indes nicht davon abgehalten, seit der Zahlungseinstellung gegenüber den Privatgläubigern bereits mehr als 4 Milliarden Dollar Schulden (netto) an den Internationalen Währungsfonds und andere multilaterale Kreditgeber zurückzuzahlen. Auch inländische Sparer und Banken wurden großzügig für die Verluste aus der 2002 verfügten Pesoabwertung entschädigt.
Bei der Deutschen Botschaft in Buenos Aires wurde die Absage des Kirchner-Besuchs bedauert. Beobachter kritisierten Kirchners Rückzug, der einem selbstauferlegten Ausreiseverbot gleichkomme. Der Vorfall gießt Wasser auf die Mühlen sogenannter"Holdouts" (Umschuldungsverweigerer), die nicht auf ihre Forderungen verzichten wollen und darauf setzen, vor Gericht oder durch einen Vergleich eine volle Befriedigung ihrer Ansprüche zu erreichen.
<ul> ~ Quelle, FAZ</ul>
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