-->Kupferchart London Metal - Exchange
Eklatante Schieflagen bei der Beurteilung der Metallmärkte - Die Visionen entfernen sich mehr und mehr von der Realität
(13.10.2003)
Die in London gehandelten Industriemetalle befinden sich nun allesamt auf neuen zyklischen Höchstständen. Dies ist zu einem Zeitpunkt geschehen, da das traditionelle Treffen der London Metal Exchange (LME) stattfindet, zu dem sich so gut wie alle treffen, die im Metallgeschäft Rang und Namen haben. Die jüngste Preisentwicklung wird die Stimmung bei diesem Ereignis gewiss prägen. Was in den nächsten Tagen an Äußerungen und Prognosen aus London zur vernehmen sein wird, dürfte unter dem Eindruck des Preisgeschehens stehen. Nicht schwer zu erahnen, dass der Optimismus wohl überwiegt.
Es gibt aber auch einige gewichtige Stimmen, die sich nicht vom Main Stream hinreißen lassen. Sie unterscheiden sehr genau zwischen den tatsächlichen fundamentalen Bedingungen und deren Einschätzung durch die"herrschende Meinung". Vor allem aber verkennen sie den Einfluss der spekulativen Fonds auf das Preisgeschehen nicht.
In London kann noch nicht einmal am Rande zuverlässig abgeschätzt werden, wie stark die Spekulation auf welcher Seite engagiert ist. Da helfen nur die von Woche zu Woche neu erscheinenden amtlichen amerikanischen Zahlen zu den Verhältnissen dort. Am Freitag sind die jüngsten Zahlen zur Aufteilung der offenen Positionen beim Terminhandel mit Kupfer an der Comex in New York erschienen. Sie weisen Netto-Kaufengagements der Spekulation in Rekordhöhe aus. Daraus kann ohne weiteres geschlossen werden, dass es sich bei den an der LME gehandelten Metallen ähnlich verhält.
Nach Lage der Dinge ist es die alte Geschichte, nach der der Schwanz mit dem Hund wackelt. Die Fonds denken überwiegend nicht in fundamentalen, sondern in technischen Kategorien. So stricken sie sich mit immer neuen Engagements ihre eigene Story, die sich immer weiter von den fundamentalen Gegebenheiten entfernt. Und wenn sie doch einmal auf ein fundamentales Argument für ihr Vorgehen angewiesen sind, schallt es einhellig und lautstark"Chiiiina!"
Übersehen oder verdrängt wird, dass allein die sichtbaren Metallbestände fast durchweg über dem wirklich langjährigen, also 10, 15 oder gar 20 Jahre zurückreichenden Durchschnitt liegen. Betrachtet man sie im Verhältnis zum geschätzten Verbrauch, so relativiert sich diese Aussage zwar, doch bleiben mit wenigen Ausnahmen noch immer Deckungsgrade des Verbrauchs, die sich sehen lassen können.
Übersehen oder verdrängt wird ferner, dass die Preissteigerungen der jüngsten Zeit auf breiter Front eine Reaktivierung stillgelegter Produktionskapazitäten ausgelöst haben.
Übersehen oder verdrängt wird auch, dass die Preissteigerungen das Angebot an Schrott mit der Zeit spürbar wachsen lassen.
Doch die Legende von der drohenden Knappheit an Metallen leibt und lebt. Sie dürfte anlässlich des LME-Treffens weiter geschürt werden. Wer ihr auf den Leim geht, kann sich bald im Tal der Tränen wiederfinden.
Arnd Hildebrandt
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