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ftd.de, Fr, 17.10.2003, 7:00
Harte Rendite mit Aktien von Metallproduzenten
Von Horst Fugger
Für viele überraschend entwickeln sich Aktien von Metallproduzenten zu Highflyern an der Börse. Wer in diese Rohstofftitel investieren will, sollte sich außerhalb des Euro-Raums umsehen.
In den vergangenen Monaten ist eine Branche in den Vordergrund des Anlegerinteresses gerückt, von der man schon lange nichts mehr gehört hatte - zumindest nichts Gutes. Wer Aktien von Basismetallproduzenten in seinem Depot hatte, zählte während der großen Hausse der 90er Jahre zu den wenigen Verlierern an der Börse. In den Zeiten der Hightech- und Interneteuphorie konnte sich kaum jemand für Uraltbranchen wie den Abbau von Metallerzen erwärmen. Seit Geschäftskonzepte wie B2B und B2C allerdings von der schmerzhaften Erkenntnis B2R (" back to reality) abgelöst worden sind, hat sich das Bild ein wenig gewandelt.
Die Aktien der Metallproduzenten haben in den vergangenen dreieinhalb Jahren zwar nicht durch enorme Kursgewinne geglänzt, aber zumindest kam es auch nicht zu derart exorbitanten Verlusten wie in vielen anderen Industriezweigen.
Metallaktien unabhängig von der allgemeinen Börsentendenz
Die Entwicklung der Metallaktien wies in den vergangenen 20 Jahren eine sehr geringe Korrelation mit der allgemeinen Börsentendenz auf. Und da es sich hier um einen der ältesten Industriezweige überhaupt handelt, kann man nach eingehender Beschäftigung mit der Börsengeschichte feststellen: Das war schon immer so. Einerseits handelt es sich zwar um eine sehr konjunktursensitive Branche, die vor allem dann aufblüht, wenn die wichtigsten Verbraucher, sprich: die großen Industrieländer, die Wende von der Rezession in eine konjunkturelle Aufwärtsbewegung vollziehen.
Andererseits gibt es im Metallbereich sehr ausgeprägte Preiszyklen, die Jahre, manchmal Jahrzehnte dauern. Vielleicht haben diejenigen unter den Experten also Recht, die den jüngsten Preisauftrieb bei Aluminium, Kupfer oder Nickel als Beginn einer sehr langen Aufwärtsbewegung werten. Für eine solche Sichtweise spricht auch, dass die Preise im historischen Langfristvergleich noch immer recht niedrig sind. Gleiches gilt übrigens auch für die Aktienkurse der Produzenten.
Wachstumsmotor China als Hauptargument
Als wichtigstes Argument für einen lang andauernden Aufschwung nennen die Metall-Optimisten, dass China als bevölkerungsreichste Volkswirtschaft der Erde eben dabei ist, endgültig den Schritt vom Schwellenland zur Industrienation zu vollziehen. Die Chinesen haben sicherlich das nötige Fachwissen und Kapital, ihre eigenen Fernsehapparate, Autos und Microchips zu produzieren. Was sie aber nicht haben, sind Rohstoffe. Das drittgrößte Land der Welt leidet unter einem angesichts seiner geografischen Ausdehnung erstaunlichen Mangel an Erz-, Kohle- und Ã-lvorkommen. Schon jetzt importiert China 20 Prozent des weltweiten Bedarfs an Industriemetallen, mit deutlich steigender Tendenz.
Wer in Aktien von Basismetallproduzenten investieren will, muss sich außerhalb des Euro-Raums umsehen, denn die Branchengrößen kommen aus Nordamerika, Australien und Südafrika. Ein solches Engagement ist also zwangsläufig mit einem Währungsrisiko verbunden: Ein weiterhin starker Euro wird eventuelle Kursgewinne in der jeweiligen Landeswährung reduzieren, eine Euro-Abschwächung wird zu einem Zusatzgewinn oder zu einer Verlustminderung führen.
Spezialisieren oder Diversifizieren?
Derzeit gehen die Meinungen auseinander, welche Aktien die besten Chancen bieten. In dieser Branche gibt es nämlich Spezialisten, die sich auf ein ganz bestimmtes Metall konzentrieren, und Generalisten, die eine Vielzahl von Metallen fördern und oft auch im Ã-l-, Gas- oder Kohlebereich tätig sind. Von Letzteren gehören einige auch bei Edelmetallen und Diamanten zu den wichtigsten Produzenten. Generell weisen sie eine deutlich höhere Marktkapitalisierung (Börsenwert) auf als die spezialisierten Unternehmen. Zu den Generalisten zählen der weltgrößte Rohstoffkonzern BHP Billiton aus Australien (Eisenerz, Kupfer, Aluminium, Nickel, Ã-l, Gas), die ähnlich breit aufgestellte britisch-australische Rio Tinto, Anglo American aus Südafrika (Basismetalle, Diamanten, Gold, Platin, Eisenerz, Kohle, Holz) oder die kanadische Noranda (Zink, Kupfer, Nickel, Aluminium, Blei, Gold, Silber und Kobalt).
Zu den aus Anlegersicht interessantesten Spezialisten gehören die Aluminiumproduzenten Alcoa (USA) und Alcan (Kanada). Alcan hat kürzlich die französische Pechiney geschluckt und wird Alcoa als Weltmarktführer im Alu-Bereich ablösen. Bei Nickel sind Norilsk Nickel (Russland), Inco und Falconbridge (beide Kanada) führend. Norilsk gehört auch bei Platin und Palladium zu den Großen, Inco fördert nebenbei bedeutende Mengen Kupfer und Kobalt, Falconbridge befindet sich zu 59,6 Prozent im Besitz des Generalisten Noranda. Wer einen Kupferspezialisten sucht, wird bei Phelps Dodge (USA) fündig.
Spezialisten stehen nach jüngster Aufwärtsbewegung besser da
In der jüngsten Aufwärtsbewegung haben sich die Aktienkurse der Spezialisten allgemein besser entwickelt als die der breit diversifizierten Rohstoffkonzerne. Der Grund ist simpel: Ein stark steigender Kupferpreis wirkt sich für Phelps Dodge eben weit stärker aus als zum Beispiel für BHP Billiton, denn für die Australier ist der Rohölpreis weitaus wichtiger. Vor allem Fondsmanager in den USA haben sich stark auf diese so genannten" pure plays" konzentriert, und wenn man sich die Kursentwicklung der vergangenen Monate ansieht, behielten sie damit auch Recht.
Wenn sich der Trend zu allgemein steigenden Preisen im Metallsektor allerdings stabilisiert, spricht auch wenig gegen ein Engagement in BHP, Rio Tinto oder Anglo American. Der preiswerteste und somit vielleicht chancenreichste" Gemischtwarenladen" im Nichtedelmetallbereich ist allerdings Noranda. Die Aktie des kanadischen Unternehmens ist erst vor kurzem aus ihrem jahrelangen Tiefschlaf erwacht. Und bis zum Allzeithoch von 33,40 kanadischen Dollar aus dem Jahr 1997 hat das Papier noch sehr viel Luft.
© 2003 Financial Times Deutschland, © Illustratio
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