Tassie Devil
20.10.2003, 17:28 |
@popeye - Frage Thread gesperrt |
-->Hallo popeye,
wir beide hatten mal vor kurzem einen Gedankenaustausch bzgl. der Frage, warum die Aboriginees Australiens in 60000 Jahren keine Machtstrukturen herausgebildet haben.
Meine Frage: ist es immer noch verwunderlich, warum deren Entwicklung so verlief, oder hast Du neuere Erkenntnisse diesbezueglich?
Gruss
TD
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Popeye
20.10.2003, 19:28
@ Tassie Devil
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Re: @TD - Antwort |
-->>Hallo popeye,
>wir beide hatten mal vor kurzem einen Gedankenaustausch bzgl. der Frage, warum die Aboriginees Australiens in 60000 Jahren keine Machtstrukturen herausgebildet haben.
>Meine Frage: ist es immer noch verwunderlich, warum deren Entwicklung so verlief, oder hast Du neuere Erkenntnisse diesbezueglich?
>Gruss
>TD
Hallo, @TD
es wĂ€re ja ein kleines Wunder, wenn ich des RĂ€tsels Lösung schon gefunden hĂ€tte, nachdem sich bessser Köpfe, insbesondere unter den Anthropologen, schon hundert Jahre lang darĂŒber den Kopf zerbrochen haben. Wie ich leider erst sehr spĂ€t in meinem Leben feststelle, ist Anthropologie eine Ă€uĂerst interessante Wissenschaft.
Aber wie in der Ă-konomie auch hat man es halt mit Menschen zu tun und obwohl es Theorien zu Hauf gibt, kenne ich bisher keine schlĂŒssige, die alle Erscheinungsformen bis zur Staatsbildung ableiten kann. Die Aboriginees sind ein Fall, der ĂŒberall durchs Raster fĂ€llt. Ein anderer ist Buganda in Afrika - ein stolzes Königreich von einer Million Einwohner - ohne Zivilisationskontakt noch Mitte des 1900 Jh. als Speke/Stanley den Ursprung des Nils suchten/fanden. Und rings herum 'Sammler und JĂ€ger'. (Schön beschrieben in Eli Sagan, At the Dawn of Tyranny, New York,1985).
Am schlĂŒssigsten finde ich bisher: Robert L. Carneiro in mehreren Veröffentlichungen und (leider) liegt das ziemlich nahe an @dottores Thesen - zunehmende Siedlungsdichte, Streit um Resourcen etc. etc.
Ich melde mich mit dem weiteren Verlauf meiner Erkenntnisse.
GrĂŒĂe an down under und diese streitbaren kleinen Tierchen:-)
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Tassie Devil
20.10.2003, 20:33
@ Popeye
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Re: @popeye - Idee |
-->>>Hallo popeye,
>>wir beide hatten mal vor kurzem einen Gedankenaustausch bzgl. der Frage, warum die Aboriginees Australiens in 60000 Jahren keine Machtstrukturen herausgebildet haben.
>>Meine Frage: ist es immer noch verwunderlich, warum deren Entwicklung so verlief, oder hast Du neuere Erkenntnisse diesbezueglich?
>>Gruss
>>TD
>Hallo, @TD
>es wĂ€re ja ein kleines Wunder, wenn ich des RĂ€tsels Lösung schon gefunden hĂ€tte, nachdem sich bessser Köpfe, insbesondere unter den Anthropologen, schon hundert Jahre lang darĂŒber den Kopf zerbrochen haben. Wie ich leider erst sehr spĂ€t in meinem Leben feststelle, ist Anthropologie eine Ă€uĂerst interessante Wissenschaft.
Ja, das kann ich mir gut vorstellen.
Ich weiss zwar was es ist und um was es dabei geht, aber Mann kann nicht auf allen Hochzeiten tanzen.
Ich habe schon seit Jahr und Tag eine Menge damit zu tun, den Sack Floehe namens Computerei und Kommunikation nicht aus meiner Kontrolle zu entlassen, i.e. die Uebersicht dabei zu verlieren.
>Aber wie in der Ă-konomie auch hat man es halt mit Menschen zu tun und obwohl es Theorien zu Hauf gibt, kenne ich bisher keine schlĂŒssige, die alle Erscheinungsformen bis zur Staatsbildung ableiten kann. Die Aboriginees sind ein Fall, der ĂŒberall durchs Raster fĂ€llt. Ein anderer ist Buganda in Afrika - ein stolzes Königreich von einer Million Einwohner - ohne Zivilisationskontakt noch Mitte des 1900 Jh. als Speke/Stanley den Ursprung des Nils suchten/fanden. Und rings herum 'Sammler und JĂ€ger'. (Schön beschrieben in Eli Sagan, At the Dawn of Tyranny, New York,1985).
>Am schlĂŒssigsten finde ich bisher: Robert L. Carneiro in mehreren Veröffentlichungen und (leider) liegt das ziemlich nahe an @dottores Thesen - zunehmende Siedlungsdichte, Streit um Resourcen etc. etc.
Ich habe da so eine Idee.
Eines duerfte wohl unbestreitbar klar sein: vor dem Druck und dem Zwang, den eine sich entwickelnde Macht zusaetzlich impliziert, war immer schon der Druck der Urschuld gegeben, d.h. Druck und Zwang der Urschuld ist untrennbar mit dem Menschen verbunden, ohne Mensch keine Urschuld und umgekehrt.
Das gilt selbstverstaendlich auch fuer Deine Beispiele der Aboriginees und Buganda, die bis zu ihrer Entdeckung mit dem Druck ihrer Urschulden lebten und zu leben hatten, ohne dass es zuvor ueber -zig Jahrtausende zu einer Machtausbildung kam.
Der Grund, dass und warum es zu einer Machtausbildung kommt, kann m.E. nur in der Bewaeltigung der Urschuld liegen.
Ich habe meine Idee noch nicht rausgelassen, mich wuerde Deine Meinung zu dem soeben geschriebenen interessieren.
>Ich melde mich mit dem weiteren Verlauf meiner Erkenntnisse.
Ja, danke.
>GrĂŒĂe an down under und diese streitbaren kleinen Tierchen:-)
Mach ich doch glatt ;-)
Gruss
TD
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BillyGoatGruff
20.10.2003, 21:15
@ Tassie Devil
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mögliche Lösung - extrem geringe Siedlungsdichte, |
-->>Hallo popeye,
>wir beide hatten mal vor kurzem einen Gedankenaustausch bzgl. der Frage, warum die Aboriginees Australiens in 60000 Jahren keine Machtstrukturen herausgebildet haben.
>Meine Frage: ist es immer noch verwunderlich, warum deren Entwicklung so verlief, oder hast Du neuere Erkenntnisse diesbezueglich?
>Gruss
>TD
...wie bei den San ("BuschmĂ€nnern") und den Khoi ("Hottentotten") im sĂŒdlichen Afrika in den immens grossen semi-ariden Landschaften. Ein Stamm konnte jahrelang wandern, ohne einem andern Stamm zu begegnen.
Gruss,
BillyGoat
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Popeye
20.10.2003, 21:17
@ Tassie Devil
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Hallo, @TD |
-->Hallo, @TD
Du schreibst:
âEines duerfte wohl unbestreitbar klar sein: vor dem Druck und dem Zwang, den eine sich entwickelnde Macht zusaetzlich impliziert, war immer schon der Druck der Urschuld gegeben, d.h. Druck und Zwang der Urschuld ist untrennbar mit dem Menschen verbunden, ohne Mensch keine Urschuld und umgekehrt.â
Dazu folgendes Zitat:
Die Urschuld ( culpa ) ergibt sich aus der Existenz des Menschen und seiner Umwelt. Sie trĂ€gt zunĂ€chst friedlichen Charakter. Der Mensch muĂ sich am Leben erhalten, das ist er sich schuldig. In klimatisch gĂŒnstiges Gebieten bedarf es einer Leistung von ca. 1000 Watt, um ein Ăberleben zu ermöglichen, wozu der Mensch mit einem Teil seiner eigenen Leistung von ca. 100 Watt beitrĂ€gt. In unseren Breiten wĂŒrde wahrscheinlich bei bescheidenem Komfort eine Leistung von 3000 Watt ausreichen. Bei einem Lebensalter von 70 Jahren summiert sich das nach heutigen Preisen auf ca. DM 450.000,00. TatsĂ€chlich konsumiert der MitteleuropĂ€er im Durchschnitt 10 - 12 kW, und der US-BĂŒrger 14 - 16 kW. Die Urschuld ist nicht nur eine Selbstschuld. Sie hat Varianten, wie die Kindschuld, die Ahnschuld und die Stammschuld. Die Gottschuld war ursprĂŒnglich wohl nichts anderes, als die Götter durch Opfergaben gnĂ€dig stimmen zu wollen. Quelle
Ich nehme an, dies umschreibt so etwa das, was wir hier als Urschuld diskutieren. UrsprĂŒnglich kommt der Begriff wohl aus dem religiösen Bereich.
Ich habe mich in diese Diskussionen nie eingemischt, weil mir (als völlig areligiösem Menschen) das Konzept befremdlich erscheint.
Zu nÀchst formal: Wenn es eine Urschuld gibt, wer ist der UrglÀubiger? Religiöse Menschen werden auf diese Frage sicherlich eine andere Antwort finden als ich. Ich sehe keinen UrglÀubiger. Also bleibt nur die Schuld an sich selbst. Aber ist es dann noch eine Schuld?
Buchhalterisch sicher nicht. Aber könnte es eine Schuld an mich selbst geben mich am Leben zu erhalten. Auch da sind wir wieder schnell im religiösen Bereich, wo meine Sprachlosigkeit beginnt.
Man könnte das ganze aber andersherum aufdröseln: Eine Schuld kann erst entstehen wenn eine Forderung gestellt wird. Hier die Forderung nach Leben. Will ich nicht leben - erlöscht jedes Konzept von Urschuld. Also ist die Forderung nach Leben, welche die âUrschuldâ entstehen lĂ€sst. Also zeitlich erst die Forderung, dann die Schuld - eigentlich der normale Gang der Dinge.
Damit wird das Konzept der Urschuld als Mittel zum Zweck entlarvt. Solange wir leben wollen, mĂŒssen wir (oder andere fĂŒr uns) die 3000 Watt Leistung fĂŒr unseren Lebensunterhalt beischaffen. Aber in jeder Minute unseres Lebens haben wir aber die Wahl. Der letzte Freiheitsgrad, der uns praktisch immer bleibt, jedenfalls solange wir selbst die 3000 Watt beischaffen mĂŒssen.
Ich befĂŒrchte, ich habe Deine Frage nicht zufriedenstellend beantwortet - oder doch:
Denn natĂŒrlich ist Deine Aussage: âDruck und Zwang der Urschuld ist untrennbar mit dem Menschen verbunden, ohne Mensch keine Urschuld und umgekehrtâ, richtig soweit wir leben wollen, sie ist sogar fĂŒr alle Lebewesen richtig und nur wir haben - soweit ich sehe - diesen letzten Freiheitsgrad âjaâ oder âneinâ zum Leben zu sagen.
Sorry, fĂŒr diese etwas abgrĂŒndige Antwort!
GrĂŒĂe
Popeye
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Popeye
20.10.2003, 21:56
@ BillyGoatGruff
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Re: mögliche Lösung - extrem geringe Siedlungsdichte, |
-->Hallo,@BillyGoat - ja, ich glaube das ist die tragfÀhigste ErkÀrung - sie auch mein Posting an @TD.
GrĂŒĂe
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Tassie Devil
21.10.2003, 00:42
@ Popeye
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Re: Hallo, @popeye |
-->>Hallo, @TD
Hi popeye,
>Du schreibst:
>âEines duerfte wohl unbestreitbar klar sein: vor dem Druck und dem Zwang, den eine sich entwickelnde Macht zusaetzlich impliziert, war immer schon der Druck der Urschuld gegeben, d.h. Druck und Zwang der Urschuld ist untrennbar mit dem Menschen verbunden, ohne Mensch keine Urschuld und umgekehrt.â
>Dazu folgendes Zitat:
>Die Urschuld ( culpa ) ergibt sich aus der Existenz des Menschen und seiner Umwelt. Sie trÀgt zunÀchst friedlichen Charakter.
Hier muss ich sofort eingreifen: wer traegt zunaechst friedlichen Charakter?
Wenn es denn die Existenz des Menschen sein soll, dann muss ich das als nicht zu beweisende Mutmassung zurueckweisen, denn die Existenz, das Dasein, das Leben des Menschen kann aber muss nicht friedlichen Charakter haben, weil die Friedlichkeit mit den Parametern der individuellen Urschuld und der Umwelt in Abhaengigkeit steht.
Sollte der friedliche Charakter jedoch auf den Menschen selbst bezogen sein, i.e. auf seinen ihm imanenten Willen und seinen Charakter, dann stimme ich der Aussage vorbehaltlos zu, denn wer macht sich unnoetig Aerger, Stress, und schafft Unfriedlichkeit, wenn es auch anders geht, die Urschuld zu bewaeltigen!?
Der Mensch ist von Hause aus faul, dieses Verhalten ist der Erzeuger seiner friedlichen Grundhaltung, denn einem unfriedlichen Charakter staende die eigene Faulheit entgegen.
Jedoch steht dieser faulen Grundhaltung die Bewaeltigung der Urschuld entgegen, er wird sich folglich dabei oekonomisch moeglichst effizient aus der Affaere ziehen, was nicht nur seiner Faulheit entgegenkommt, sondern auch wiederum den friedmoeglichsten Charakter zur Folge hat.
Weiter in Deinem Text:
>Der Mensch muĂ sich am Leben erhalten, das ist er sich schuldig. In klimatisch gĂŒnstiges Gebieten bedarf es einer Leistung von ca. 1000 Watt, um ein Ăberleben zu ermöglichen, wozu der Mensch mit einem Teil seiner eigenen Leistung von ca. 100 Watt beitrĂ€gt. In unseren Breiten wĂŒrde wahrscheinlich bei bescheidenem Komfort eine Leistung von 3000 Watt ausreichen. Bei einem Lebensalter von 70 Jahren summiert sich das nach heutigen Preisen auf ca. DM 450.000,00. TatsĂ€chlich konsumiert der MitteleuropĂ€er im Durchschnitt 10 - 12 kW, und der US-BĂŒrger 14 - 16 kW.
Rein technisch mit statistischen Augen betrachtet ist die Rechnung wohl richtig und gilt fuer das Heute, das die Macht schon lange implementiert hat, sie ist aber fuer die Entstehung der Macht in einem reinem nur von der Urschuld gepraegtem Environment frueherer Zeiten nur sehr begrenzt, um nicht minimal zu schreiben, anwendbar, weil sie auch jede Dynamik bei der Bewaeltigung der Urschuld weit aussen vorlaesst, die im Gegensatz zu frueher heutzutage eine wesentlich geringere Rolle spielt.
>Die Urschuld ist nicht nur eine Selbstschuld. Sie hat Varianten, wie die Kindschuld, die Ahnschuld und die Stammschuld. Die Gottschuld war ursprĂŒnglich wohl nichts anderes, als die Götter durch Opfergaben gnĂ€dig stimmen zu wollen. Quelle
Veto. Die Urschuld ist nach meinen Begriffen eine reine Selbstschuld.
Alle anderen Schulden sind Kontraktschulden, die der Urschuldner deshalb eingeht, weil er sich hieraus zu irgendeinem Zeitpunkt seines Lebens wirtschaftliche Vorteile daraus verspricht. Manche dieser Zeitpunkte sind sehr zeitnah, andere liegen wiederum in zeitlicher Ferne, wie z.B. das"Alter", das im Zeitablauf zunehmende Schwierigkeiten bei der permanenten Bewaeltigung der Urschuld des Urschuldners fuer ihn selbst mit sich bringt, was bei dynamischer Anforderung schnell die Grenzbelastungsbereiche ueberschreiten kann und den sicheren Tod bedeutet.
>Ich nehme an, dies umschreibt so etwa das, was wir hier als Urschuld diskutieren. UrsprĂŒnglich kommt der Begriff wohl aus dem religiösen Bereich.
Bei der von Dir spezifizierten Quelle mit ihrer Definition der Urschuld muss letztere zwangslaeufig in die Religoesitaet abdriften, und schon ist man aus der Kurve geflogen.
Falls Du meinen Beitrag"Balance of life - Lebensbilanz" letztens nicht gelesen hast, Du kannst eindeutig daraus entnehmen, dass die Urschuld immer nur auf der Passivaseite der Bilanz des neugeborenen Urschuldners eingeht, und nirgendwo sonst, sie ist eine reine Selbstschuld ohne jegliche Ambitionen in Sachen Moral, Religoesitaet etc. pp.
>Ich habe mich in diese Diskussionen nie eingemischt, weil mir (als völlig areligiösem Menschen) das Konzept befremdlich erscheint.
Ich kann Dich verstehen, popeye, aber die Urschuld hat ueberhaupt nichts mit Religion am Hut.
Die Urschuld hat es schon gegeben, als es noch ueberhaupt keine Religionen gab.
>Zu nÀchst formal: Wenn es eine Urschuld gibt, wer ist der UrglÀubiger?
Na der Urschuldner selbst in personam, weil Schulden und Guthaben seiner Lebensbilanz zumindest soweit immer ausgeglichen sein muessen, dass die Passivaseite nicht ueberwiegt.
>Religiöse Menschen werden auf diese Frage sicherlich eine andere Antwort finden als ich.
Religoese und areligoese Menschen synchronisieren sich beim Begriff Urschuld sofort mit Ursuende, Erbsuende und solchen Dingen, das ist zwar verstaendlich jedoch grundfalsch.
>Ich sehe keinen UrglÀubiger. Also bleibt nur die Schuld an sich selbst. Aber ist es dann noch eine Schuld?
Urglaeubiger s.o., ansonsten ja, weil eine materielle Forderung dahinter steckt, die wiederum Leistung abfordert, und sei sie noch so gering.
>Buchhalterisch sicher nicht.
Doch, siehe meinen Beitrag bzgl. der Eroeffnung und Fortschreibung der Lebensbilanz.
>Aber könnte es eine Schuld an mich selbst geben mich am Leben zu erhalten. Auch da sind wir wieder schnell im religiösen Bereich, wo meine Sprachlosigkeit beginnt.
Lieber popeye, wir sind ganz weit weg von der Religion: eine Schuld gibt es fuer einen Urschuldner nur so lange, wie er selbst gewillt ist seine Lebensbilanz fortzuschreiben und wie dies die Umstaende bei der Bewaeltigung seiner Urschuld zulassen. Geraet die Balance zu Gunsten der Passiva ausser Kontrolle, dann ist das sein Tod, seine Lebensbilanz wird geschlossen.
Die Motivation eines jeden Urschuldners, sich selbst am Leben zu erhalten, nuja, die ist sicherlich in nicht wenigen Faellen religioes begruendet, aber keinesfalls bei allen Menschen, da gibt es vordergruendig massig andere Motivationsgrundlagen.
>Man könnte das ganze aber andersherum aufdröseln: Eine Schuld kann erst entstehen wenn eine Forderung gestellt wird.
Ja, ja, genau!
>Hier die Forderung nach Leben.
Neeiiiin!
Die Forderung schreit nach Leistung zwecks Ausgleich der Passivaseite, und nicht nach Leben. Leben oder nicht (mehr) Leben, das ist von keiner Forderung abhaengig sondern ausschliesslich vom Willen und der Entscheidung des Urschuldners, dessen Motivation ihm selbst obliegt.
>Will ich nicht leben - erlöscht jedes Konzept von Urschuld.
Hanoi!
Du kannst hoechstens sagen: will ich nicht mehr leben, dann sterbe ich als unausweichliche Folge. Zu dem Zeitpunkt jedoch, an dem Du diesen Willen erstmalig ueberhaupt denken und aeussern koenntest, da laeuft Deine fortgeschriebene Lebensbilanz bereits seit laengerem.
Nicht das Konzept erlischt, nein, Deine Lebensbilanz mit den darin festgehaltenen Guthaben und Schulden wird zum Abschluss gebracht.
>Also ist die Forderung nach Leben, welche die âUrschuldâ entstehen lĂ€sst.
Nein, s.o.
Die Urschuld entsteht fuer einen Urschuldner in spe parallel zu seinem Wachstum waehrend seiner Tragezeit im Leib seiner Mutter, mit deren Lebensbilanz er zu diesem Zeitpunkt zu 100 Prozent adaptiert ist, er lebt intern ausschliesslich von den Aktiva und Passiva seiner Mutter, denen er seine eigenen Guthaben und Urschulden addierend hinzufuegt.
>Also zeitlich erst die Forderung, dann die Schuld - eigentlich der normale Gang der Dinge.
>Damit wird das Konzept der Urschuld als Mittel zum Zweck entlarvt.
Das sehe ich nicht so.
>Solange wir leben wollen, mĂŒssen wir (oder andere fĂŒr uns) die 3000 Watt Leistung fĂŒr unseren Lebensunterhalt beischaffen.
Ja, wenn ein Urschuldner weiterhin leben will, dann braucht er Leistung fuer seine Aktivaseite, weil auf der Passivaseite stets die Urschulden druecken.
>Aber in jeder Minute unseres Lebens haben wir aber die Wahl. Der letzte Freiheitsgrad, der uns praktisch immer bleibt, jedenfalls solange wir selbst die 3000 Watt beischaffen mĂŒssen.
Der letzte"Freiheitsgrad" in Form des JA oder NEIN zu weiterem Leben ist letztlich nur des Menschen eigenem Willen unterworfen, unabhaengig davon, wem die Beschaffung der statistischen 3000 Watt obliegt.
>Ich befĂŒrchte, ich habe Deine Frage nicht zufriedenstellend beantwortet - oder doch:
>Denn natĂŒrlich ist Deine Aussage: âDruck und Zwang der Urschuld ist untrennbar mit dem Menschen verbunden, ohne Mensch keine Urschuld und umgekehrtâ, richtig soweit wir leben wollen, sie ist sogar fĂŒr alle Lebewesen richtig und nur wir haben - soweit ich sehe - diesen letzten Freiheitsgrad âjaâ oder âneinâ zum Leben zu sagen.
Ja, das sehe ich auch so, aber die Urschuld per se ist nicht mit dem cogito ergo sum konzeptionell verknuepft, die ist schon lange zuvor da, der letzte Freiheitsgrad ist ausschliesslich dem Willen unterworfen, der dann auf das weitere Bedienen der Urschuld in Folge Einwirkung nach sich zieht.
>Sorry, fĂŒr diese etwas abgrĂŒndige Antwort!
Oh, it's ok, popeye!
Ich hoffe, ich habe Dich entweder ueberzeugen koennen, oder Dir doch zumindest soviele Nuesse zum Knacken vorgelegt, sodass Du pragmatisch entscheiden musst, was Dich urschuldungstechnisch guenstiger kommt: Zahnarzt oder Perspektivenumbau. [img][/img]
>GrĂŒĂe
>Popeye
Gruss
TD
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Popeye
21.10.2003, 07:29
@ Tassie Devil
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Hanoi, @TD, |
-->(nun weiĂ ich doch endlich wo Du Deine Kindergartentage verbracht hast!), hier ist es âTibingaâ.
Zur Sache:
Nachdem ich nun den gesamten thread (Lebensbilanz) nachgelesen habe, muss ich Dir gestehen, Du hast mich immer noch nicht davon ĂŒberzeugt, dass ich mit einer Urschuld rumlaufen muss.
Dabei konkretisieren sich unsere Meinungsunterschiede wohl in Deinem folgenden Satz:
âDie Forderung schreit nach Leistung zwecks Ausgleich der Passivaseite, und nicht nach Leben. Leben oder nicht (mehr) Leben, das ist von keiner Forderung abhaengig sondern ausschliesslich vom Willen und der Entscheidung des Urschuldners, dessen Motivation ihm selbst obliegt.â
FĂŒr mich besteht zwischen Willen und Forderung kein brauchbarer Unterschied.
Der Ăberlebenswille ist (im Normalfall) biologisch so tief und stark in uns angelegt, dass wir darĂŒber gar nicht nachdenken und im Zweifel auch alle Zivilisations-TĂŒnche sehr schnell abstreifen, um zu ĂŒberleben.
Aber, ob nun biologisch angelegt oder bewusst reflektiert und Ausfluss unseres Willens, ohne dieses PhÀnomen gibt es kein Eröffnungsbilanz des Lebens - es bleibt alles zufÀllig.
Dabei spielt es fĂŒr mich keinerlei Rolle, wo Du anfĂ€ngst den Faden aufzugreifen: Ob bei der Schwangerschaft oder erst mit der Bewusstwerdung. M.a.W., ob eine Mutter ihr Kind am Leben erhĂ€lt oder Du selbst bewusst âentscheidestâ, dass Du weiterleben willst - es ist der gleiche Faden:
Das ich âwillâ, d.h. in meiner Diktion: die Forderung nach (ĂŒber)leben ist die entscheidende Triebfeder fĂŒr praktisch alles was wir tun. Daraus ein âSchuldâ zu konstruieren, lĂ€sst (bei mir) das gedankliches Bild eines beladenen Menschen entstehen, der lebt um âSchuldâ abzutragen, d.h. um zu arbeiten. Zumindest ich sehe die KausalitĂ€t umgekehrt: Ich arbeite um zu leben.
Wenn die Konsequenz daraus âUrschuldâ genannt werden soll - seiâs drum.
FĂŒr mich ist diese âSchuldâ Mittel zum Zeck, die ich jederzeit abstreifen kann. Wie heiĂt es in der Genesis der Christen:
âSeid fruchtbar, und vermehret euchâ und auch das ist wohlweiĂlich in eine Auf-Forderung keine Schuld gekleidet.
Adele & Time out bis Fr.
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Tassie Devil
21.10.2003, 16:16
@ Popeye
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Re: Hadoch, @popeye |
-->>(nun weiĂ ich doch endlich wo Du Deine Kindergartentage verbracht hast!), hier ist es âTibingaâ.
>Zur Sache:
>Nachdem ich nun den gesamten thread (Lebensbilanz) nachgelesen habe, muss ich Dir gestehen, Du hast mich immer noch nicht davon ĂŒberzeugt, dass ich mit einer Urschuld rumlaufen muss.
>Dabei konkretisieren sich unsere Meinungsunterschiede wohl in Deinem folgenden Satz:
>âDie Forderung schreit nach Leistung zwecks Ausgleich der Passivaseite, und nicht nach Leben. Leben oder nicht (mehr) Leben, das ist von keiner Forderung abhaengig sondern ausschliesslich vom Willen und der Entscheidung des Urschuldners, dessen Motivation ihm selbst obliegt.â
>FĂŒr mich besteht zwischen Willen und Forderung kein brauchbarer Unterschied.
Dann will ich mal hier einhaken.
Hinter einer Forderung steckt auch ein Wille, und zwar der Wille etwas zu haben, ggf. haben zu muessen.
Sitzt der Wille in zwei verschiedenen Personen, dann ist zwar der Wille als solcher bei beiden vorhanden, diesbezueglich ist kein Unterschied festzustellen, aber Du wirst brauchbare Unterschiede zwischen beider Willen beider Personen nicht abstreiten wollen, die Folgen und Konsequenzen hieraus sind wohl klar.
Jeder Mensch, der bei Sinnen ist, hat zwei Willen: einmal den Willen seines Verstandes namens cogito ergo sum, der zweite Wille versteckt sich in der Forderung seines physikalischen Koerpers, denn der will auch gelegentlich etwas.
Dir sind sicherlich auch Ausdrucksweisen wie"Der Koerper fordert sein Recht","Die Natur will auch zu ihrem Recht kommen" usw. nicht ganz unbekannt,
sie weisen darauf hin, dass es da etwas gibt, was nicht immer synchron mit dem Willen des Verstandes laeuft.
Es ist genau dieses etwas, das von der Urschuld adressiert wird, nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Ein Mensch, der nicht bei Sinnen ist, dem das cogito ergo sum zu diesem Zeitpunkt fehlt, sei es, dass er ohnmaechtig ist, sei es, dass er noch als Leibesfrucht heranwaechst, der ist willenlos bzgl. seines vom Verstand namens Bewusstsein gesteuerten Willens, dennoch ist der andere als Forderung versteckte Wille seines Koerpers stets praesent.
>Der Ăberlebenswille ist (im Normalfall) biologisch so tief und stark in uns angelegt, dass wir darĂŒber gar nicht nachdenken und im Zweifel auch alle Zivilisations-TĂŒnche sehr schnell abstreifen, um zu ĂŒberleben.
Ja.
Der vom Verstand gesteuerte Ueberlebenswille ist deshalb biologisch so tief verankert, damit er genau weiss, dass ein Nichtfolgeleisten des koerperlichen Willens, der immer als unausweichliche Forderung gestellt wird - mit anderen Worten das Nichtbedienen der menschlichen Urschuld - nicht nur den Tod des Koerpers zur Folge hat, sondern auch umgehende gravierendste Aenderungen fuer ihn selbst zur Folge hat.
>Aber, ob nun biologisch angelegt oder bewusst reflektiert und Ausfluss unseres Willens, ohne dieses PhÀnomen gibt es kein Eröffnungsbilanz des Lebens - es bleibt alles zufÀllig.
>Dabei spielt es fĂŒr mich keinerlei Rolle, wo Du anfĂ€ngst den Faden aufzugreifen: Ob bei der Schwangerschaft oder erst mit der Bewusstwerdung. M.a.W., ob eine Mutter ihr Kind am Leben erhĂ€lt oder Du selbst bewusst âentscheidestâ, dass Du weiterleben willst - es ist der gleiche Faden:
>Das ich âwillâ, d.h. in meiner Diktion: die Forderung nach (ĂŒber)leben ist die entscheidende Triebfeder fĂŒr praktisch alles was wir tun.
Ja, ok.
Wer aber stellt Forderungen zuerst, Dein Koerper oder der Wille Deines Verstandes?
Popeye, wenn Dir der Magen knurrt, weil Du Deine Urschuld schon seit laengerem nicht mehr bedient hast, dann kannst Du vom Verstandeswillen her machen was Du willst, die auf Dauer unausweichliche Forderung nach Nahrung wird von Deinem Koerper gestellt, Dein Verstandeswillen wird dadurch gezwungen, etwas dagegen zu tun.
Es ist auch keine Frage, dass Dein Koerper Deinen Verstandeswillen beeinflusst und ihn steuert, zwar nicht aussschliesslich, aber doch in nicht unerheblichem Masse.
>Daraus ein âSchuldâ zu konstruieren, lĂ€sst (bei mir) das gedankliches Bild eines beladenen Menschen entstehen, der lebt um âSchuldâ abzutragen, d.h. um zu arbeiten.
Ganz klar, der Mensch muss zumindest insoweit leisten, um seine Urschuld abzutragen.
Daraus jetzt aber ein Leben ausschliesslich mit Schwerstarbeit beladen zu machen, wenn es denn nur um die Bedienung der Urschuld geht, das muss keinesfalls immer und stets zutreffen und hat auch in der Vergangenheit nicht immer und stets zugetroffen, also das ist nach meinem gusto dann doch etwas zuviel des Guten.
>Zumindest ich sehe die KausalitÀt umgekehrt: Ich arbeite um zu leben.
Ja, so haben es die Aboriginees auch lange Zeit handhaben koennen, weil deren Bedienung ihrer Urschulden in Abhaengigkeit ihrer selbst (ihrer Koerper) und ihrem Lebensenvironment ihr easy-going-Leben ermoeglichte. Sie arbeiteten um zu leben.
>Wenn die Konsequenz daraus âUrschuldâ genannt werden soll - seiâs drum.
>FĂŒr mich ist diese âSchuldâ Mittel zum Zeck, die ich jederzeit abstreifen kann.
Mit der Konsequenz dass Du ins Gras beissen musst, es sei denn, ein anderer bedient nicht nur seine eigene Urschuld sondern auch Deine, auch dann hast Du sie abgestreift, u.U aber nur ueber einen begrenzten Zeitraum, danach stellt sich Dir selbst wiederum Dein Urschuldproblem.
>Wie heiĂt es in der Genesis der Christen:
>âSeid fruchtbar, und vermehret euchâ und auch das ist wohlweiĂlich in eine Auf-Forderung keine Schuld gekleidet.
Doch, zumindest zieht die Aufforderung zusaetzliche Bedienung von Urschulden nach sich, die ein vermehrtes Aufziehen unausweichlich fuer die ebenfalls urschuldigen Eltern mit sich bringt.
Popeye, sorry, aber die Physik und Chemie funktionieren seit Jahrmillionen auf dieser Erde, ohne dass eine sehr lange Zeit dem Menschen diese Vorgaenge ueberhaupt bewusst und bekannt waren.
Genau so verhaelt es sich mit der Theorie der Urschuld, fuer mich ist das keine Frage.
Genauso wenig wie ich aber meinen Tod staendig vor Augen habe, genauso wenig habe ich staendig meine Urschuld vor Augen, mit Verdraengen hat das nichts zu tun, nein, damit muss und kann ich leben.
>Adele & Time out bis Fr.
Gruss
TD
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