-->Karriere: Banken bauen Spezialabteilungen für faule Kredite weiter aus
Niemand hat die Absicht, eine"Bad Bank" zu errichten. Das sagen sogar die, die schon eine haben. Gerade weil der Begriff so klar macht, was dort gespielt wird, mögen die Banken ihn nicht.
Die Dresdner und die BHF-Bank haben zwar bereits eine eigene Organisation zur Spezialbehandlung Not leidender oder sonst wie ungeliebter Firmenkredite aufgebaut, aber sie haben sich für den Namen IRU entschieden: Institutional Restructuring Unit.
Der Vorstandschef der IRU der Dresdner Bank, Jan Eric Kvarnström, immerhin Herr über ein Kreditengagement von 30 Mrd. Euro, begründet die Namenswahl damit, dass ein großer Teil der auf die IRU übertragenen Kredite ordnungsgemäß bedient werde, aber nicht mehr in das strategische Konzept der Bank passe:"Im Wesentlichen sind die Kreditengagements werthaltig." Er redet denn auch lieber von einer Kreditwerkstatt:"Unsere Toolbox ähnelt sehr viel mehr einem Wartungs-, Pflege- und Instandhaltungsprogramm." Von seinen Mitarbeitern erwartet Kvarnström allerdings mehr als nur handwerkliches Geschick. Neben dem unverzichtbaren Fachwissen sind für Vorstandschef Kvarnström vor allem"frisches unternehmerisches Denken" und"echter Teamgeist" wichtig.
Spezialabteilungen für Problemkredite wachsen
Auch wenn die meisten Banken bisher nicht den Weg einer organisatorischen Ausgliederung gewählt haben: Spezialabteilungen für Problemkredite gibt es überall. Und angesichts der immer noch schwachen Konjunktur und jährlich neuen Pleiterekorden handelt es sich hier für die Banken, notgedrungen, um einen echten Wachstumsmarkt. In der Commerzbank-Zentrale etwa arbeiten 150 Beschäftigte in der Kredit-Intensivabteilung. Commerzbank-Sprecher Peter Pietsch:"Wenn Probleme absehbar werden, geht die Verwaltung des Kredits von der Filiale an die Zentrale über, in der die entsprechenden Risikokapazitäten vorhanden sind." Neben hervorragender Kenntnis des Kreditgeschäfts müssen die Problemkredit-Betreuer auch mit den juristischen Aspekten des Geschäfts vertraut sein.
Großen Wert auf juristische Qualifikationen legt auch die"Bankaktiengesellschaft Hamm" (BAG), die Mutter aller deutschen Bad Banks. Sie sitzt fernab der großen Finanzzentren in der westfälischen Provinz. Alles, was im großen Reich der deutschen Volksbanken-Organisation besonders große Probleme macht, landet auf den Schreibtischen der BAG.
Abwicklungszentrale in Hamm
Vor 20 Jahren war sie selbst eine in Schieflage geratene Volksbank. Doch weil sich damals bei Sanierung und Abwicklung der Problemkredite so viel Know-how angehäuft hatte, dass es schade gewesen wäre, dieses wieder über die Organisation zu verteilen, landen nun die Problemkredite aus vielen anderen Volksbanken zur Abwicklung in Hamm - regelmäßig sind etwa 100 bis 150 Institute"Kunden" der BAG.
Und manchmal schluckt sie auch gleich ein ganzes Problem-Institut, wie 2001 die aus der Bahn geworfene Ã-kobank. Inzwischen wurden deren Reste an die GLS Gemeinschaftsbank weiterverkauft, doch die Arbeit wird den Hammer Abwicklern in nächster Zeit gewiss nicht ausgehen: Zum Jahresanfang wurde die DG Immobilien Management von der DZ Bank auf die BAG übertragen. Laut jüngstem Geschäftsbericht erwartet der Vorstand zudem"in erheblichem Umfang weitere Übernahmen von Problemkrediten anderer Genossenschaftsbanken". Das hat auch entsprechende Auswirkungen auf die Personalstärke: Im vergangenen Jahr stieg die Zahl der Beschäftigten von 203 auf immerhin 214.
Die Personalsuche gestaltet sich dabei nicht immer einfach. BAG-Sprecher Thomas Pieper:"Wir finden entweder klassische Juristen oder klassische Banker, aber nur selten verfügen Kandidaten über gleichwertige Qualifikationen in beiden Bereichen." Die in den vergangenen Jahren stark gestiegene Zahl von Wirtschaftsjuristen hat hier den Engpass allerdings gelindert.
Eine weitere Eigenschaft, so Pieper, ist bei der BAG weit stärker gefragt als bei den Problemkredit-Abteilungen der Großbanken:"Unsere Mitarbeiter müssen in der Lage sein, sehr schnell auf neue Situationen zu reagieren. Während bei Großbanken die Wackelkandidaten meist schon lange unter Beobachtung stehen, ist für die BAG jeder neue Fall auch tatsächlich neu: Wir übernehmen von anderen Banken Forderungen, und da können wir weder den Umfang noch den Zeitpunkt planen. So ähnelt unsere Arbeit eher den Aufgaben, die an einen Insolvenzverwalter gestellt werden."
© 2003 Financial Times Deutschland
URL des Artikels:
http://www.ftd.de/pw/ka/1066030076095.html
|