-->SPIEGEL ONLINE - 12. November 2003, 7:33
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Commerzbank
2,3 Milliarden Euro müssen raus
Commerzbank-Chef Klaus-Peter Müller hat die Bilanz seiner Bank mit einem radikalen Schnitt bereinigt. Der Wert der Beiteiligungen wurde nach unten korrigiert, 2,3 Milliarden Euro musste abgeschrieben werden.
Frankfurt am Main - Mit einer umfassenden Neubewertung des Beteiligungsportfolios gehe die Commerzbank in die Offensive, hieß es in einer Ad-hoc-Meldung des Geldinstituts. Um zu verhindern, dass das Eigenkapitalpolster zu dünn wird, beabsichtigt das Geldinstitut außerdem, am Kapitalmarkt 53,3 Millionen eigene Aktien anzubieten. Zu Schlusskursen am Dienstag von 15,30 Euro würde die Bank damit rund 810 Millionen Euro erlösen.
Mit der Bereinigung der Bilanz wolle Commerzbank-Vorstandschef Müller das Geldinstitut attraktiver für mögliche Partnerbanken machen, hatte die"Welt" zuvor berichtet."Dieser radikale Schritt signalisiert, dass es keine faulen Eier mehr in der Bilanz gibt", zitiert die Zeitung einen Banker.
Nach eigenen Angaben hat die Commerzbank im dritten Quartal stille Lasten aus ihren börsennotierten Beteiligungen in Höhe von rund 2,3 Milliarden Euro realisiert. Sie weist deshalb für das abgelaufene Quartal einen Konzernverlust in dieser Größenordnung aus. Für das Gesamtjahr wird von einem Fehlbetrag in der Größenordnung von zwei Milliarden Euro ausgegangen.
Operativ erfüllte die Bank trotz eines schwachen Handelsergebnisses fast die Analystenerwartungen. Ohne die Abschreibungen lag das Ergebnis vor Steuern bei 72 Millionen Euro, während Analysten 75 Millionen erwartet hatten. Der Zinsüberschuss sei auf 662 (Vorquartal: 746) Millionen gefallen und der Eigenhandel noch deutlicher gesunken auf 107 (278) Millionen Euro. Analysten hatten hier im Schnitt 184 Millionen Euro erwartet.
Die Bilanzbereinigung der Commerzbank setzt nach Einschätzung der"Welt" nicht nur andere Finanzinstitute wie die Allianz oder die HypoVereinsbank unter Druck. In Fachkreisen sei bekannt, dass viele deutsche Konzerne Tochterunternehmen und Beteiligungen zu Werten in den Büchern stehen hätten, die über den marktüblichen Kursen oder ihrem geschätzten Marktpreis lägen.
Zu den größten börsennotierten Beteiligungen der Bank außerhalb des Finanzbereiches zählten zum Halbjahr Pakete an der der Heidelberger Druckmaschinen (10 Prozent), Linde (10 Prozent), MAN (6,8 Prozent). Den 10,5-prozentigen Anteil am Heiztechnik-Spezialisten Buderus hatte die Bank im zweiten Quartal verkauft und dabei einen Netto-Gewinn von 50 bis 60 Millionen Euro erzielt.
Außerdem ist die Bank an der spanischen Bankengruppe SCH mit gut zwei Prozent beteiligt und hält etwa 4,3 Prozent an der italienischen Banca Intesa sowie 1,4 Prozent an der ebenfalls italienischen Versicherungsgruppe Generali.
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