-->RAG-Chef Werner Müller könnte die Freude an seiner neuen Tochter Degussa erst einmal wieder vergangen sein. Im Frühjahr hatte der Steinkohlekonzern seine Anteile an Ruhrgas gegen ein dickes Degussa-Aktienpaket eingetauscht. Das Chemieunternehmen galt als Hoffnungsträger im RAG-Konzern. Doch jetzt überraschte Degussa-Chef Utz-Hellmuth Felcht mit einer schlechten Nachricht. 2003 wird das Unternehmen rote Zahlen schreiben. Grund: eine außerordentliche Abschreibung von einer halben Milliarde Euro auf den Bereich Feinchemie.
Den britischen Hersteller Laporte hatte Degussa 2001 für rund zwei Milliarden Euro gekauft, um am vermeintlichen Boom im Zulieferergeschäft mit Arzneiwirkstoffen teilzuhaben. Jetzt rächt sich die zu optimistische Einschätzung des Degussa-Managements: Der übernommene Bereich hielt dem Impairment-Test, wie Buchhalter die Überprüfung von Vermögenswerten auf deren Werthaltigkeit nennen, nicht stand - die notwendige Abschreibung verhagelt das Ergebnis.
„Degussa im Impairment-Stress“ kommentierte die „Börsen-Zeitung“. Damit stehen die Düsseldorfer nicht alleine: Auch bei Dax-Schwergewichten wie der Allianz, TUI, Deutsche Telekom oder RWE stehen Milliardenbeträge an so genannten immateriellen Vermögenswerten in der Bilanz, die die Wirtschaftsprüfer künftig regelmäßig dem Test auf Werthaltigkeit unterziehen müssen (siehe Tabelle letzte Seite).
Bereits seit 2002 müssen alle börsennotierten Unternehmen, die wie Degussa nach den amerikanischen Rechnungslegungsregeln US-GAAP (Generally Accepted Accounting Principles) bilanzieren, ihre immateriellen Vermögenswerte mindestens einmal jährlich einem Impairment-Test unterziehen. Im Deutschen Aktien Index gehören dazu unter anderem DaimlerChrysler, Deutsche Bank, E.On und Siemens. Dabei steht im Zentrum des Interesses der so genannte Goodwill. Diese Bilanzgröße - auch Firmenwert genannt - ist besonders in Zeiten der Übernahmeeuphorie entstanden, wenn Unternehmen zu einem hohen Preis gekauft wurden, der deutlich über dem eigentlichen Substanzwert lag. Die Differenz zwischen Substanz und Kaufpreis ist der Goodwill.
Solche Bilanzbrummer finden sich auch bei Konzernen, die nach den Regeln des Handelsgesetzbuchs (HGB) oder den International Accounting Standards (IAS, künftig IFRS) bilanzieren. Unternehmen wie die Allianz mit der teuren Übernahme der Dresdner Bank oder TUI mit dem Kauf von Thomson Travel könnten bald von den Sünden der Vergangenheit eingeholt werden
Dax-30-Unternehmen mit hohem Goodwill aus Firmenkäufen
1 in Milliarden Euro; 2 per 30.6.2003; 3 geschätzt; Quellen: Unternehmensangaben, eigene Recherchen
Unternehmen Bilanzierung
nach Goodwill-
Buchwert1, 2 Eigen-
kapital1 Goodwill in
Prozent des
Eigenkapitals wichtigste Goodwill-Positionen
Allianz IAS 13,2 27,4 48,2 Dresdner Bank, Pimco, Nicholas-Applegate
Deutsche Bank US-GAAP 7,4 29,9 24,7 Bankers Trust, Scudder
Deutsche Post IAS 5,3 3 5,3 100,0 Postbank, Danzas, DHL
Deutsche Telekom HGB, US-GAAP 26,8 35,0 76,6 VoiceStream, T-Mobile UK, Debis
E.On US-GAAP 13,3 27,4 48,5 Powergen, Ruhrgas
Metro IAS 4,1 3,7 110,8 C&C, Allkauf
RWE IAS 16,5 8,8 189,7 Wassergeschäft, Innogy, Transgas
TUI IAS
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